Autor Thema: Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst  (Read 553719 times)

Organisator

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #1305 am: 10.04.2025 15:11 »
Wir werden halt immer mehr "amerikanisch".

Für jeden Mist gibts irgendwelche Vorschriften.
Alle Geräte die auch nur den Anschein erwecken, es könnte gefährlich werden dürfen nur mit Unterweisung bedient werden.

Mittlerweile weiß doch niemand mehr was er darf oder nicht darf, weil keiner weiß welche Vorschriften existieren.

Eigentlich ist es eher umgekehrt. Es gibt weniger Vorgaben (die den Nutzer vor Schäden schützen) jedoch im Schadensfall höhere Strafen. Daher erfolgen solche Warnhinweise oder Unterweisungen vom Hersteller bzw. Arbeitgeber aus eigenem Interesse.

SwenTanortsch

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #1306 am: 10.04.2025 17:11 »
Auch hier stimme ich Dir zu, Organisator, wobei hier gleichfalls der Teufel im Detail schlummert:

Denn zwar kann bspw. die Schulbibliothek von nicht-lehrendem Personal betreut werden, was vielfach auch geschieht. Allerdings sieht sich in Niedersachsen der Schulleiter nun gezwungen, Lehrerstunden zu kapitalisieren, um so die finanziellen Mittel zu erhalten, um entsprechend nicht-lehrerendes Personal finanzieren zu können. Darüber hinaus muss er nun eine oder mehrerere solcher Kräfte selbst finden, auswählen, die vertragliche Gestaltung übernehmen (gerne auch mit der Arbeitsagentur zusammen, um entsprechend zumindest für eine Übergangszeit Fördermittel zu erlangen) und am Ende dafür Sorge tragen, dass sie eingearbeitet werden, was er in der Regel nicht selbst vollzieht, sondern delegiert, und zwar in der Regel an das lehrende Personal, das bislang oder in Teilen weiterhin die Bibliothek betreut. Der Verwaltungsaufwand ist so für ihn beträchtlich größer, unabhängig auch hinsichtlich eines finanziellen Risikos, das sich aus Formfehlern ergeben kann und das er ggf. selbst nach § 48 BeamtStG trägt. Wundert es da, dass nicht wenige Schulleitungen das Risiko scheuen?

und das ist ein schönes Beispiel für schlechte organisatorische Vorgaben. Hier kümmen sich dann schon wieder Lehrkräfte um Verwaltungsthemen. Das ginge besser, z.B. durch eine Verwaltungskraft in jeder Schule, die entweder solche Aufgaben selbst übernimmt oder das passende Personal dafür rekrutiert und steuert.

Das meine ich im Sinne von Bürokratismusabbau innerhalb bestehender rechtlicher Regelungen.

Genau so ist es: Es würde aber auf dem Papier teurer werden, weil nun entsprechende Verwaltungskräfte eingestellt werden müssten. So bleibt es scheinbar günstiger, da ja das Personal, das sich nun kümmert, eh schon vorhanden ist.

Tatsächlich dürfte es einen gewaltigen Effizenzgewinn geben, wenn so verfahren werden würde, wie Du es beschreibst. Da Schulen heute wie ein nicht ganz kleines Unternehmen gestaltet sind - jedenfalls jene mit mehr als 100 Lehrkräften und eine Vielzahl von weiteren Beschäftigten -, sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass entsprechende Verwaltungsaufgaben von Profis vollzogen werden. Das wird aber nicht kommen, weil man erstens für geringes Geld keine hinreichend qualifiziertes Personal erhält und weil es zweitens so, wie es jetzt ist, auf dem Papier noch einmal günstiger aussieht, als wenn man weiteres Personal einstellte.

Organisator

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #1307 am: 10.04.2025 18:01 »
Das wird aber nicht kommen, weil man erstens für geringes Geld keine hinreichend qualifiziertes Personal erhält und weil es zweitens so, wie es jetzt ist, auf dem Papier noch einmal günstiger aussieht, als wenn man weiteres Personal einstellte.

Ich gebe die Hoffnung noch nicht ganz auf.

In Berlin z.B. gibt es in den Schulen "Schulverwaltungspersonal", also ein Angestellter mD, der eben solche Verwaltungs- und Assistenzaufgaben übernimmt, für die pädagogisches Personal bzw. die Sekretärin ungeeignet wären.
Ähnliches gilt für die regionalen Schulaufsichten; in denen neben den Schulräten auch (mindestens) eine Verwaltungskraft (gD) installiert wurde, um das pädagogische Personal ebenfalls von übergreifenden Verwaltungsthemen zu entlasten.

Insoweit könnte man den Effizienzgewinn auch monetär betrachten und käme zu erstaunlichen Ergebnissen, die ggf. sogar Entscheider beeindrucken könnten.

Alexander79

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #1308 am: 10.04.2025 18:13 »
Betrifft zwar vorrangig im Artikel erstmal die Länder, aber ich denke das wird beim Bund nicht anders sein.

Aber schon "nett".

Fallen beim Einstellungstest in Sport zuviele Bewerber durch, schafft man den Sporttest ab.
Fallen anschließend im Deutschtest zuviele Bewerber durch, schafft man das Diktat ab.

https://www.bild.de/news/inland/nach-schockierende-zahlen-polizei-schafft-diktat-bei-eignungstest-ab-67f5f45538c3276cfc91c1d6

Ob man hier noch von Bestenauslese reden kann?  :o

Einigung2023

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« Antwort #1309 am: 10.04.2025 19:04 »
Betrifft zwar vorrangig im Artikel erstmal die Länder, aber ich denke das wird beim Bund nicht anders sein.

Aber schon "nett".

Fallen beim Einstellungstest in Sport zuviele Bewerber durch, schafft man den Sporttest ab.
Fallen anschließend im Deutschtest zuviele Bewerber durch, schafft man das Diktat ab.

https://www.bild.de/news/inland/nach-schockierende-zahlen-polizei-schafft-diktat-bei-eignungstest-ab-67f5f45538c3276cfc91c1d6


Ist beim Zoll tatsächlich nicht anders.
Ob man hier noch von Bestenauslese reden kann?  :o

Knecht

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« Antwort #1310 am: 10.04.2025 20:20 »
Das Beste, das man für die viele Wertschätzung bekommt eben.

waynetology

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« Antwort #1311 am: 11.04.2025 06:21 »
Betrifft zwar vorrangig im Artikel erstmal die Länder, aber ich denke das wird beim Bund nicht anders sein.

Aber schon "nett".

Fallen beim Einstellungstest in Sport zuviele Bewerber durch, schafft man den Sporttest ab.
Fallen anschließend im Deutschtest zuviele Bewerber durch, schafft man das Diktat ab.

https://www.bild.de/news/inland/nach-schockierende-zahlen-polizei-schafft-diktat-bei-eignungstest-ab-67f5f45538c3276cfc91c1d6

Ob man hier noch von Bestenauslese reden kann?  :o

Das merkt man doch seit Jahren, bei den Menschen die von Jahr zu Jahr dazukommen :)

Knarfe1000

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« Antwort #1312 am: 11.04.2025 07:26 »
Betrifft zwar vorrangig im Artikel erstmal die Länder, aber ich denke das wird beim Bund nicht anders sein.

Aber schon "nett".

Fallen beim Einstellungstest in Sport zuviele Bewerber durch, schafft man den Sporttest ab.
Fallen anschließend im Deutschtest zuviele Bewerber durch, schafft man das Diktat ab.

https://www.bild.de/news/inland/nach-schockierende-zahlen-polizei-schafft-diktat-bei-eignungstest-ab-67f5f45538c3276cfc91c1d6

Ob man hier noch von Bestenauslese reden kann?  :o
Soweit ist es hier noch nicht. Ca. 5 Bewerber pro Stelle, was aber viel zu wenig ist, wegen der recht hohen Grundanforderungen. Die Tests wurde daher vereinfacht, aber einfach abgeschafft wurden Teile davon NOCH nicht.

SwenTanortsch

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« Antwort #1313 am: 11.04.2025 07:55 »
Das wird aber nicht kommen, weil man erstens für geringes Geld keine hinreichend qualifiziertes Personal erhält und weil es zweitens so, wie es jetzt ist, auf dem Papier noch einmal günstiger aussieht, als wenn man weiteres Personal einstellte.

Ich gebe die Hoffnung noch nicht ganz auf.

In Berlin z.B. gibt es in den Schulen "Schulverwaltungspersonal", also ein Angestellter mD, der eben solche Verwaltungs- und Assistenzaufgaben übernimmt, für die pädagogisches Personal bzw. die Sekretärin ungeeignet wären.
Ähnliches gilt für die regionalen Schulaufsichten; in denen neben den Schulräten auch (mindestens) eine Verwaltungskraft (gD) installiert wurde, um das pädagogische Personal ebenfalls von übergreifenden Verwaltungsthemen zu entlasten.

Insoweit könnte man den Effizienzgewinn auch monetär betrachten und käme zu erstaunlichen Ergebnissen, die ggf. sogar Entscheider beeindrucken könnten.

Die offensichtlich - was die Einsparung von finanziellen Mitteln anbelangt - effizienteste Maßnahme dürfte auch in Berlin allerdings weiterhin der Lehrkräftemangel sein. Berlin geht derzeit von durchschnittlichen Jahreskosten für eine sogenannte Vollzeitlehrereinheit (VZE) in Höhe von 78.000,- € bei einer pauschalen Darstellung aus (vgl. https://www.bildungsstatistik-berlin.de/p1/dac/r/UVers.html). Je nach Statistik und ihrem Zeitpunkt sind derzeit zwischen 695 und 749 VZE unbesetzt (vgl. als weitere Quelle: https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/lehrermangel-bleibt-bundesweit-ein-problem/). Das führt zu jährlichen Einsparung von Personalkosten in Höhe von zwischen gut 54 Mio. und rund 58,4 Mio. €.

Sehr viel effizienter kann man letztlich kaum haushalten. Die Unteralimentation auch von Lehrkräften hat also auch hier sein Gutes: Nicht zuletzt durch die schon lange vollständig abgekoppelte Besoldung auch in Berlin hat man auch dort das Lehramt so unattraktiv gemacht, dass wir dort wie in der gesamten Republik nicht erst seit heute einen massiven Lehrkräftemangel haben. Das führt dazu, dass in der weit überwiegenden Zahl an Bundesländern regelmäßig eine hohe Zahl an Unterrichtsstunden ausfällt (und darüber hinaus, dass ein nicht geringer Teil der Kollegen in nicht unerheblichem Maße unbezahlte Überstunden leisten, um die Not zu lindern, was auch dadurch begünstigt wird, dass regelmäßig keine Arbeitszeiterfassung erfolgt, obgleich man davon ausgehen darf, dass auch Lehrerkräfte ein Recht darauf haben, dass ihre Arbeitszeit erfasst wird). Und dieser Stundenausfall gemeinsam mit der nicht amtsangemessenen Alimentation ist ein wahrer Born an Haushaltsmitteleinsparung. Effizienter kann man also offensichtlich kaum haushalten, was brauchte man also noch regelmäßiges Schulverwaltungspersonal, das am Ende gar noch dafür sorgte, dass mehr Leute an die Schulen wollten und einem damit womöglich die schönen Effizenzgewinne zerstörte?

BWBoy

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« Antwort #1314 am: 11.04.2025 08:28 »

Die offensichtlich - was die Einsparung von finanziellen Mitteln anbelangt - effizienteste Maßnahme dürfte auch in Berlin allerdings weiterhin der Lehrkräftemangel sein. Berlin geht derzeit von durchschnittlichen Jahreskosten für eine sogenannte Vollzeitlehrereinheit (VZE) in Höhe von 78.000,- € bei einer pauschalen Darstellung aus (vgl. https://www.bildungsstatistik-berlin.de/p1/dac/r/UVers.html). Je nach Statistik und ihrem Zeitpunkt sind derzeit zwischen 695 und 749 VZE unbesetzt (vgl. als weitere Quelle: https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/lehrermangel-bleibt-bundesweit-ein-problem/). Das führt zu jährlichen Einsparung von Personalkosten in Höhe von zwischen gut 54 Mio. und rund 58,4 Mio. €.

Sehr viel effizienter kann man letztlich kaum haushalten. Die Unteralimentation auch von Lehrkräften hat also auch hier sein Gutes: Nicht zuletzt durch die schon lange vollständig abgekoppelte Besoldung auch in Berlin hat man auch dort das Lehramt so unattraktiv gemacht, dass wir dort wie in der gesamten Republik nicht erst seit heute einen massiven Lehrkräftemangel haben. Das führt dazu, dass in der weit überwiegenden Zahl an Bundesländern regelmäßig eine hohe Zahl an Unterrichtsstunden ausfällt (und darüber hinaus, dass ein nicht geringer Teil der Kollegen in nicht unerheblichem Maße unbezahlte Überstunden leisten, um die Not zu lindern, was auch dadurch begünstigt wird, dass regelmäßig keine Arbeitszeiterfassung erfolgt, obgleich man davon ausgehen darf, dass auch Lehrerkräfte ein Recht darauf haben, dass ihre Arbeitszeit erfasst wird). Und dieser Stundenausfall gemeinsam mit der nicht amtsangemessenen Alimentation ist ein wahrer Born an Haushaltsmitteleinsparung. Effizienter kann man also offensichtlich kaum haushalten, was brauchte man also noch regelmäßiges Schulverwaltungspersonal, das am Ende gar noch dafür sorgte, dass mehr Leute an die Schulen wollten und einem damit womöglich die schönen Effizenzgewinne zerstörte?


Du klingst merklich frustreiert Swen. Aber es ist verständlich, neben den X Unbezahlten Überstunden, den fachfremden Zusatzaufgaben, der Mangelbesetzung, mangelhaften Besoldung und mangelhaften Wertschätzung fällt mir durchaus noch andere Gründe ein, warum heutzutage kaum einer noch Lehrer werden will.

Theoretisch hätte ich auch Spaß daran, aber mit dem aktuellen Schlag Helikoptereltern möchte ich mich definitiv nicht herumschlagen müssen.

SwenTanortsch

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« Antwort #1315 am: 11.04.2025 08:42 »

Die offensichtlich - was die Einsparung von finanziellen Mitteln anbelangt - effizienteste Maßnahme dürfte auch in Berlin allerdings weiterhin der Lehrkräftemangel sein. Berlin geht derzeit von durchschnittlichen Jahreskosten für eine sogenannte Vollzeitlehrereinheit (VZE) in Höhe von 78.000,- € bei einer pauschalen Darstellung aus (vgl. https://www.bildungsstatistik-berlin.de/p1/dac/r/UVers.html). Je nach Statistik und ihrem Zeitpunkt sind derzeit zwischen 695 und 749 VZE unbesetzt (vgl. als weitere Quelle: https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/lehrermangel-bleibt-bundesweit-ein-problem/). Das führt zu jährlichen Einsparung von Personalkosten in Höhe von zwischen gut 54 Mio. und rund 58,4 Mio. €.

Sehr viel effizienter kann man letztlich kaum haushalten. Die Unteralimentation auch von Lehrkräften hat also auch hier sein Gutes: Nicht zuletzt durch die schon lange vollständig abgekoppelte Besoldung auch in Berlin hat man auch dort das Lehramt so unattraktiv gemacht, dass wir dort wie in der gesamten Republik nicht erst seit heute einen massiven Lehrkräftemangel haben. Das führt dazu, dass in der weit überwiegenden Zahl an Bundesländern regelmäßig eine hohe Zahl an Unterrichtsstunden ausfällt (und darüber hinaus, dass ein nicht geringer Teil der Kollegen in nicht unerheblichem Maße unbezahlte Überstunden leisten, um die Not zu lindern, was auch dadurch begünstigt wird, dass regelmäßig keine Arbeitszeiterfassung erfolgt, obgleich man davon ausgehen darf, dass auch Lehrerkräfte ein Recht darauf haben, dass ihre Arbeitszeit erfasst wird). Und dieser Stundenausfall gemeinsam mit der nicht amtsangemessenen Alimentation ist ein wahrer Born an Haushaltsmitteleinsparung. Effizienter kann man also offensichtlich kaum haushalten, was brauchte man also noch regelmäßiges Schulverwaltungspersonal, das am Ende gar noch dafür sorgte, dass mehr Leute an die Schulen wollten und einem damit womöglich die schönen Effizenzgewinne zerstörte?


Du klingst merklich frustreiert Swen. Aber es ist verständlich, neben den X Unbezahlten Überstunden, den fachfremden Zusatzaufgaben, der Mangelbesetzung, mangelhaften Besoldung und mangelhaften Wertschätzung fällt mir durchaus noch andere Gründe ein, warum heutzutage kaum einer noch Lehrer werden will.

Theoretisch hätte ich auch Spaß daran, aber mit dem aktuellen Schlag Helikoptereltern möchte ich mich definitiv nicht herumschlagen müssen.

Nein, BW, das war eine eher freundliche Form des Sarkasmus in Richtung des Berliner Rechtskreises. Frustriert bin ich nicht. Ich kenne das Chaos im bundesdeutschen Schulgebirge ja doch schon etwas länger und der Mensch gewöhnt sich an alles. Darüber hinaus sind ja die Sonnenaufgänge im Gebirge am Schönsten und werden eigentlich nur noch von den Sonnenuntergängen an der Küste getoppt. Und wenn man so lange Lehrer ist wie ich, weiß man, in regelmäßigen Abständen formuliert das jeweilige Kultusministerium ganz sicher wieder die schönsten Sonnenaufgänge im Gebirge, weshalb der gemeine Lehrer, an der Küste sitzend, sich der noch viel schöneren Sonnenuntergänge im Wasser erfreut und sich sagt, die Sonne hat einen Schlag bei mir, schon wieder einen richtig Schlag ins Wasser.

Heine dürfte an das bundesdeutsche Schulwesen gedacht haben, als er seinen Sänger im tiefen Winter die schönste Seite der im hellen Glanze stehenden deutschen Sonne besingen ließ: Sonne, du klagende Flamme...

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #1316 am: 11.04.2025 09:20 »
Effizienter kann man also offensichtlich kaum haushalten, was brauchte man also noch regelmäßiges Schulverwaltungspersonal, das am Ende gar noch dafür sorgte, dass mehr Leute an die Schulen wollten und einem damit womöglich die schönen Effizenzgewinne zerstörte?

Na sonderlich effizient ist das aber nicht, gerade einmal 2% der Stellen unbesetzt zu lassen. Das ist wahrscheinlich auch ein Wert, den so ziemlich jede andere Behörde durch Fluktuation hat.

SwenTanortsch

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #1317 am: 11.04.2025 09:38 »
Die Unterrichtsversorgung an Schulen sollte nach Expertenmeinung regelmäßig bei rund 105 % liegen, damit dann auch tatsächlich alle Dienstleistungen erbracht werden können (es gab Zeiten, da war die landläufige Expertenmeinung, dass die Unterrichtsversorgung eher oberhalb von 105 % liegen sollte; aber das waren andere Zeiten). 100 % Unterrichtsversorgung bedeutet weitgehend, dass der Unterricht dann ausnahmslos vollzogen werden könnte, sofern es zu keiner Zeit einen Krankenstand geben würde. Eine Unterrichtsversorgung von weniger als 100 % bedeutet folglich, dass an irgendeiner Stelle vonseiten der Schulleitung Unterrichtskapazitäten eingespart werden müssen, um nach Möglichkeit den Unterricht zu gewährleisten.

Darüber hinaus fällt die Unterrichtsversorgung regelmäßig in den verschiedenen Bereichen des Schulwesens unterschiedlich aus, in der Regel ist sie im Berufsschulwesen am Geringsten, da der Mangel an Berufsschullehrer aus verschiedenen Gründen zumeist am Größten ist.

Für Berlin kann man sich hier einen allgemeinen aktuellen Überblick verschaffen:

https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2025/03/interview-schulen-lehrermangel-unterrichtsausfall-marcel-helbig.html

lotsch

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« Antwort #1318 am: 11.04.2025 09:42 »
Das wird aber nicht kommen, weil man erstens für geringes Geld keine hinreichend qualifiziertes Personal erhält und weil es zweitens so, wie es jetzt ist, auf dem Papier noch einmal günstiger aussieht, als wenn man weiteres Personal einstellte.

Ich gebe die Hoffnung noch nicht ganz auf.

In Berlin z.B. gibt es in den Schulen "Schulverwaltungspersonal", also ein Angestellter mD, der eben solche Verwaltungs- und Assistenzaufgaben übernimmt, für die pädagogisches Personal bzw. die Sekretärin ungeeignet wären.
Ähnliches gilt für die regionalen Schulaufsichten; in denen neben den Schulräten auch (mindestens) eine Verwaltungskraft (gD) installiert wurde, um das pädagogische Personal ebenfalls von übergreifenden Verwaltungsthemen zu entlasten.

Insoweit könnte man den Effizienzgewinn auch monetär betrachten und käme zu erstaunlichen Ergebnissen, die ggf. sogar Entscheider beeindrucken könnten.

Die offensichtlich - was die Einsparung von finanziellen Mitteln anbelangt - effizienteste Maßnahme dürfte auch in Berlin allerdings weiterhin der Lehrkräftemangel sein. Berlin geht derzeit von durchschnittlichen Jahreskosten für eine sogenannte Vollzeitlehrereinheit (VZE) in Höhe von 78.000,- € bei einer pauschalen Darstellung aus (vgl. https://www.bildungsstatistik-berlin.de/p1/dac/r/UVers.html). Je nach Statistik und ihrem Zeitpunkt sind derzeit zwischen 695 und 749 VZE unbesetzt (vgl. als weitere Quelle: https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/lehrermangel-bleibt-bundesweit-ein-problem/). Das führt zu jährlichen Einsparung von Personalkosten in Höhe von zwischen gut 54 Mio. und rund 58,4 Mio. €.

Sehr viel effizienter kann man letztlich kaum haushalten. Die Unteralimentation auch von Lehrkräften hat also auch hier sein Gutes: Nicht zuletzt durch die schon lange vollständig abgekoppelte Besoldung auch in Berlin hat man auch dort das Lehramt so unattraktiv gemacht, dass wir dort wie in der gesamten Republik nicht erst seit heute einen massiven Lehrkräftemangel haben. Das führt dazu, dass in der weit überwiegenden Zahl an Bundesländern regelmäßig eine hohe Zahl an Unterrichtsstunden ausfällt (und darüber hinaus, dass ein nicht geringer Teil der Kollegen in nicht unerheblichem Maße unbezahlte Überstunden leisten, um die Not zu lindern, was auch dadurch begünstigt wird, dass regelmäßig keine Arbeitszeiterfassung erfolgt, obgleich man davon ausgehen darf, dass auch Lehrerkräfte ein Recht darauf haben, dass ihre Arbeitszeit erfasst wird). Und dieser Stundenausfall gemeinsam mit der nicht amtsangemessenen Alimentation ist ein wahrer Born an Haushaltsmitteleinsparung. Effizienter kann man also offensichtlich kaum haushalten, was brauchte man also noch regelmäßiges Schulverwaltungspersonal, das am Ende gar noch dafür sorgte, dass mehr Leute an die Schulen wollten und einem damit womöglich die schönen Effizenzgewinne zerstörte?

In unserem Landkreis wurden die "Störer" aus den Mittelschulen in einer Ganztagsintensivklasse (GIK) zusammengefasst, wo sie umfassend, beginnend mit gemeinsamen Frühstück und Zeitunglesen (was sie bis dahin nicht kannten), bis Nachmittags mit verstärktem Personal betreut wurden. Und es geschah ein Wunder, aus den "Störern" wurden durchwegs gute, aufmerksame, soziale Schüler. Das ist effizient, weil man dadurch dem Staat sicherlich enorme Folgekosten eingespart hat. Mittlerweile wurde das Projekt aus Kostengründen beendet, und es gab auch Eltern, die sich beschwerten, weil ihre Kinder diese umfassende Betreuung nicht erhielten.

SwenTanortsch

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Antw:Tarifverhandlungen 2024/2025 Öffentlicher Dienst
« Antwort #1319 am: 11.04.2025 10:41 »
Die Unterrichtsversorgung an Schulen sollte nach Expertenmeinung regelmäßig bei rund 105 % liegen, damit dann auch tatsächlich alle Dienstleistungen erbracht werden können (es gab Zeiten, da war die landläufige Expertenmeinung, dass die Unterrichtsversorgung eher oberhalb von 105 % liegen sollte; aber das waren andere Zeiten). 100 % Unterrichtsversorgung bedeutet weitgehend, dass der Unterricht dann ausnahmslos vollzogen werden könnte, sofern es zu keiner Zeit einen Krankenstand geben würde. Eine Unterrichtsversorgung von weniger als 100 % bedeutet folglich, dass an irgendeiner Stelle vonseiten der Schulleitung Unterrichtskapazitäten eingespart werden müssen, um nach Möglichkeit den Unterricht zu gewährleisten.

Darüber hinaus fällt die Unterrichtsversorgung regelmäßig in den verschiedenen Bereichen des Schulwesens unterschiedlich aus, in der Regel ist sie im Berufsschulwesen am Geringsten, da der Mangel an Berufsschullehrer aus verschiedenen Gründen zumeist am Größten ist.

Für Berlin kann man sich hier einen allgemeinen aktuellen Überblick verschaffen:

https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2025/03/interview-schulen-lehrermangel-unterrichtsausfall-marcel-helbig.html

Das ist ein schönes Beispiel, lotsch, weil es zeigt, was es für gelingende Schule bedarf: Bindung, Ruhe, Anerkennung, Aufmerksamkeit und gemeinsame Ziele. Das, worum es Schule regelmäßig geht und gehen muss, jungen Menschen die Chance geben zu können, sich zu bilden, kommt dann fast von allein. Tatsächlich führt der stetige Lehrermangel zu deutlich häufigeren Lehrerwechseln, die eine geringere Chance, langfristiger Bindung zu ermöglichen, beinhalten, auch deshalb wird Unruhe in die Schule getragen, Unruhe erhöht die Chance für Unsicherheit, die einer der größten Feinde von Anerkennung ist, sodass die Aufmerksamkeit aller nachlässt und die ggf. gemeinsam - häufig aber nur einsam - formulierten Ziele ins Leere laufen. Insofern wirkt auf BW das, was ich schreibe, wie Frust. Tatsächlich höre ich mir das ewige Gelabere größter Teile der Bildungspolitker an, denen es regelmäßig ja nicht um Schule geht, sondern um ihr Vexierbild von Schule, und weiß, dass das ganze Gelabere zum Glück eh nix mit mir zu tun hat.

Aber nun genug off topic. Organisator hat Recht, man kann Schule effizienter machen, indem man weitere Profis in sie hineinholt, was eine Chance größerer Effizienz beinhaltete. Allerdings sind die Widerstände gegen solche Vrränderungen regelmäßig - nicht selten auch in den Schulen selbst - aus unterschiedlichen Gründen so groß, dass das weiterhin eher als Ausnahme und nicht als Regel geschieht.