Das, was Du beschreibst, Organisator, ist tatsächlich möglich und sicherlich sinnvoll, darin liegt ja auch ein nicht geringer Teil der Hoffnung, die mit der Digitalisierung verbunden ist.
Auf der anderen Seite - in meinem Bereich - ist in den letzten Jahren in allen Bundesländern der Ausbau von Ganztagsschulen vorangetrieben worden, was mit einer hohen Zahl weiterer Regularien verbunden ist, da der Ganztag organisiert werden muss. Darüber hinaus führt eine Ganztagsschule gegenüber der traditionellen Halbtagsschule zwangsläufig zu einem signifikant höheren Bedarf an Personal, das hier also nicht abgebaut werden kann, sondern vergößert werden muss. Wenn nun ab dem Sommer des nächsten Jahres durch das Ganztagsförderungsgesetz der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbeschulung für Schüler des ersten Schuljahres greift, um dann ab den folgenden Schuljahren weiter hochzuwachsen, ist offensichtlich, dass das zu einer immer größeren Nachfrage nach - nach Möglichkeit qualifiziertem und also vielfach nicht vorhandenen- Personal führt, also zu einem sukzessiven Aufbau weiteren Personals im öffentlichen Dienst.
Wer sich also über zu viel Bürokratie im öffentlichen Dienst beschwert, sollte entsprechend so, wie ihr beides das gerade tut, differenzieren, was er oder sie eigentlich meinen und wo es denn nun der "Bürokraten" zu viel geben solle. Tatsächlich ist der "Bürokratieabbau" weitgehend eh nur eines der modischen und also populären Schlagwörter, das von daher populistisch in die Bevölkerung gestreut wird, sodass man an die eigentlichen Probleme, die man selbst lösen könnte - nämlich kluge Regularien als Gesetzgeber zu schaffen -, wiederkehrend nach Möglichkeit nicht rangehen muss.
Gesetzentwürfe zu fabrizieren und sie als Gesetzgeber zu verabschieden, ist keine allzu komplizierte Angelegenheit - sie allerdings sinnvoll in das Normengefüge einzupassen und so eine sinnvolle Deregulierung im Rahmen einer weiteren Regulierung zu vollziehen, ist - auch politisch, da mit jedem Gesetz regelmäßig Interessen verbunden sind - ein offensichtlich schwierigeres Unterfangen. Das ist ein zentraler Mitgrund für die hohe Regulierungsdichte, für die unser schönes deutsches Vaterland bekannt und in Teilen der Welt beneidet, in anderen aber spöttisch belächelt wird.
Uund in deinem Bereich gibt es Entlastungsstunden für Lehrer, die z.B. die Ausleihe der Bibliothek durchführen oder die Internetseite der Schule betreiben. Dies sind keine amtsangemessenen (oder ökonomische) Beschäftigungen für Beamte im hD.
Oder um in deinem Beispiel zu bleiben, braucht es nach oberflächlicher Betrachtung für die Schulorganisation nicht unbedingt pädagogisches Personal.
Will sagen, man muss alle Seiten betrachten, ohne sich davon hemmen zu lassen, mal was anzupacken.
- Tätigkeiten dem passendem Personal zuordnen
- Prozesse nach Sinnhaftigkeit und Notwendig hinterfragen
- (Ermessens-)Spielräume nutzen
- Abkehr von einer übertriebenen Absicherungsmentatlität und Mut zum Risiko, wo mögliche Folgen kalkulierbar sind
- Mindset von oben (bzw. nach oben transportieren), was für den Abbau von Bürokratismus erforderlich ist - Schließlich sind sind die Behördenleitungen typischerweise aus dem politischen Raum mit entsprechenden Kontakten zur Regierung / Gesetzgeber.
Auch hier stimme ich Dir zu, Organisator, wobei hier gleichfalls der Teufel im Detail schlummert:
Denn zwar kann bspw. die Schulbibliothek von nicht-lehrendem Personal betreut werden, was vielfach auch geschieht. Allerdings sieht sich in Niedersachsen der Schulleiter nun gezwungen, Lehrerstunden zu kapitalisieren, um so die finanziellen Mittel zu erhalten, um entsprechend nicht-lehrerendes Personal finanzieren zu können. Darüber hinaus muss er nun eine oder mehrerere solcher Kräfte selbst finden, auswählen, die vertragliche Gestaltung übernehmen (gerne auch mit der Arbeitsagentur zusammen, um entsprechend zumindest für eine Übergangszeit Fördermittel zu erlangen) und am Ende dafür Sorge tragen, dass sie eingearbeitet werden, was er in der Regel nicht selbst vollzieht, sondern delegiert, und zwar in der Regel an das lehrende Personal, das bislang oder in Teilen weiterhin die Bibliothek betreut. Der Verwaltungsaufwand ist so für ihn beträchtlich größer, unabhängig auch hinsichtlich eines finanziellen Risikos, das sich aus Formfehlern ergeben kann und das er ggf. selbst nach § 48 BeamtStG trägt. Wundert es da, dass nicht wenige Schulleitungen das Risiko scheuen?
Der Dienstherr hat nicht nur in Niedersachsen die Schulen zu "eigenverantwortlichen Schulen" gemacht, allerdings auch damit offensichtlich Kosteneinsparungen verbunden, indem er Teile der Verwaltung aufgelöst und nicht wenige Verantwortung abgegeben hat, ohne jedoch immer die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, die eine tatsächlich eigenverantwortliche Schule benötigen würde. Auch das dürfte ein zentraler Grund dafür sein, dass sich auch in Niedersachsen der Dienstherr kaum mehr vor Bewerbungen auf Schulleitungsstellen retten kann, weil auch das wie geschildert hochattraktiv ist.
Die nun im Bund angekündigte Planung von Stelleneinsparungen passt da schön ins Bild. Je langsamer die neu beschlossenen Doppelwummse, die heute anders heißen - vielleicht: Effizenz-Doppelkalabumse, wenn die CSU den Finanzminister stellt, oder eben der Gute Doppelkalabums-Etat, wenn's SPD-geführt sein sollte -, ausgegeben werden können, weil die Verfahren nur noch immer länger dauern, desto besser, desto länger liegt das Geld dann in nie zustandekommenden Projekten fest und wird nicht bewegt. Irgendwann ist's dann von der Inflation und den Zinsen eh aufgefressen - und dann braucht man auch kein Personal mehr, das sich um das weggeschmolzene Budget kümmerte. Was will man mehr: Das Problem der vielen Milliarden wird sich schon von allein lösen, da muss man nur lang genug warten... Das ist wahrlich effiziente Politik: Chapeau!