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Vaterschaftsurlaub

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danbir:
Ich sehe das mit dem "sollte" in den Erwägungen nicht so kritisch, sondern würde das so lesen, dass die Erwägungen eine nähere Begründung für die nachfolgende Richtlinie liefern. Eine nationale Gesetzesbegründung hat ja auch keine unmittelbaren Auswirken, sondern ggf. erst im Falle der historischen Auslegung, falls eine Regelungslücke vorhanden ist bzw. vermutet wird.
In der (rechtlich relevanten) Richtlinie steht aber im von mir zitierten Artikel 8 Abs. 3 ganz klar: "Bei Vaterschaftsurlaub nach Artikel 4 Absatz 1 ist eine Bezahlung oder Vergütung in einer Höhe zu entrichten, die mindestens der Höhe der Bezahlung oder Vergütung entspricht, die der betreffende Arbeitnehmer vorbehaltlich der im nationalen Recht festgelegten Obergrenzen im Fall einer Unterbrechung seiner Tätigkeit aus Gründen im Zusammenhang mit seinem Gesundheitszustand erhalten würde."

Insofern handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Kein Ermessen, kein "soll ist muss wenn kann" oder ähnliche Spielchen.

P.S.: Für Tarifbeschäftige könnte der Hinweis auf den Gesundheitszustand natürlich kritisch sein. Bezieht sich die Richtlinie hier auf die 100% Gehalt während der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder auf das (geringere) Krankengeld?

Manuel123:
Falls zur anstehenden Geburt bei Dir kein nationales Gesetz zur Gewährung von Vaterschaftsurlaub eingeführt werden sollte, welchen konkreten Weg der Beantragung würdest du wählen? Wie schätzt du die Bereitschaft deines Vorgesetzten ein, dir diesen Vaterschaftsurlaub zu gewähren? Hast du schon eine Meinung dazu wie weit du rechtlich gehen würdest?

danbir:
Mein Vorgesetzter dürfte das geringste Problem sein, da kann ich mich in keiner Weise beschweren. Das Problem dürfte eher die Personalabteilung sein. Ich stehe zumindest aktuell auf dem Standpunkt: Antrag (hilfsweise EU, um definitiv frei zu haben, dann aber inkl. Antrag auf Wiedergutschrift) => Widerspruch => Klage

Kaldron:

--- Zitat von: danbir am 19.02.2024 12:42 ---Mein Vorgesetzter dürfte das geringste Problem sein, da kann ich mich in keiner Weise beschweren. Das Problem dürfte eher die Personalabteilung sein. Ich stehe zumindest aktuell auf dem Standpunkt: Antrag (hilfsweise EU, um definitiv frei zu haben, dann aber inkl. Antrag auf Wiedergutschrift) => Widerspruch => Klage

--- End quote ---

Gegen wen soll sich denn Deine Klage richten? Du hast zwar schon aufgeführt "...gegen den Bund als Dienstherrn...". Dies wird mEn aber ins Leere laufen, da der Bund als Dienstherr lediglich bestehende Gesetze umzusetzen hat, jedoch keine EU-Richtlinien. Dies ist ausschließlich dem Bund als Gesetzgeber vorbehalten.
Somit kann der Dienstherr (Arbeitgeber) Dir nicht abhelfen. Die Klage führt ins Nichts.
Klagst Du gegen den Bund als Gesetzgeber, dass er die EU-Richtlinie nicht umgesetzt hat, dann ist dies analog des EU-Vertragsverletzungsverfahren. Was soll aber der outcome daraus sein? Die EU oder das Gericht werden kein Gesetz in Kraft treten lassen können (s BVerfG mit Alimentation), sondern ggf Druckmittel in Form von Strafzahlungen o.ä. (s. Verfahren gegen Polen aufgrund der Richter) einsetzen. Da enden jedoch auch schon die Möglichkeiten.
Die bestehenden Konjunktive in der EU-Richtlinie lassen jedoch auch einen großen Spielraum in der nationalen Umsetzung zu. Daher auch die konkurrierenden Meinungen, ob der Bund nun bereits genug getan hat oder nicht sowie Bezahlung oder nicht. Das Prozessrisiko ist daher enorm hoch, da es wohl auf viele juristische Feinheiten ankommt. Am Ende wird Dir/Euch weder kurz, noch mittelfristig abgeholfen werden. Wahrscheinlicher ist eher, dass geurteilt wird "Ja, ihr habt Recht, müsst aber trotzdem warten, bis ein Gesetz verabschiedet wird, gegen das ihr dann wiederum klagen könnt" (auch hier analog Alimentation).
Es sei jedem gegönnt und im Zuge der Familienfreundlichkeit auch sinnstiftend. Jedoch sehe ich hier das berühmte mit Kanonen auf Spatzen schießen. Der Bund ist dran, etwas zu tun, wenn auch deutlich zu spät und die EU ist dran, dem Bund auf die Zehenspitzen zu treten. Ob eine extra Klage zur Beschleunigung beiträgt, sehe ich zumindest nicht. Ob die Ansprüche gewahrt werden, sehe ich nur bedingt. Ob es den Schweiß, die Nerven, die Zeit und das Geld wert ist, muss dann jeder selbst entscheiden.

Manuel123:
Nach meinen Recherchen und kurzen mündlichen Gesprächen mit den Interessensverbänden gilt jedoch der öffentliche Arbeitgeber als Staat, der es verpasst hat ein passendes Gesetzt zu erlassen und der dann angehalten ist im Sinne der Richtlinie zu entscheiden. Zitat meines Eingangsposts von Anwalt24: „ Dabei gilt der öffentliche Arbeitgeber als Staat.“

Hier finden sich übrigens einige Parallelen zur EU Arbeitszeitverordnung wo entsprechende Beamten in einem ähnlichen „Begründungskonstrukt“ die Umsetzung auf sich erwirkt haben.

Gegen einen abgelehnten Urlaubsantrag kann man übrigens nach Durchlauf des Widerspruchswegs, klagen. Man müsste also nicht gegen die fehlende Umsetzung direkt vorgehen. Sondern nur dagegen, dass die unmittelbare Wirkung der Richtlinie nicht erfolgte.

Die Verhältnismäßigkeit dieses ganzen Weges ist natürlich so eine Sache, unkritisch sehe ich das auch nicht. Ob ich weitere Wege gehe bleibt ungewiss, insbesondere die finanziellen Risiken scheue ich. Nach bisheriger Auskunft würde die erste Instanz im Verwaltungsgericht jedoch nur einen unteren 3 stelligen Betrag kosten und diesen kann man ohne Rechtsbeistand gehen.

Habe heute die Eingangsbestätigung des Gerichts erhalten. Jetzt heißt es abwarten ob das Thema überhaupt angenommen wird.

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