Autor Thema: 7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …  (Read 24203 times)

Jochen1976

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Liebe Community,

nach sieben Jahren im öffentlichen Dienst als Beamter im höheren Dienst bei der Polizei NRW möchte ich meine Erfahrungen und die Gründe für meinen bevorstehenden Austritt mit euch teilen. Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht, aber sie ist das Ergebnis zahlreicher frustrierender Erlebnisse und tiefgehender Überlegungen.

Ein zentraler Punkt ist die Missachtung der Alimentation durch meinen Dienstherrn. Trotz der hohen Verantwortung und des enormen Engagements, das wir bei der Polizei täglich erbringen, bleibt die finanzielle Anerkennung weit hinter den Erwartungen zurück. Während die Lebenshaltungskosten stetig steigen, bleibt die Alimentation nahezu unverändert. Diese Diskrepanz macht es schwer, eine angemessene Lebensqualität zu sichern und langfristig finanziell planen zu können. Es ist schlichtweg enttäuschend, dass unser Einsatz so wenig wertgeschätzt wird.

In meiner Position als Führungskraft stoße ich immer wieder auf massive Mauern. Die Möglichkeiten, meine Mitarbeiter zu fördern und ihnen Entwicklungschancen zu bieten, sind stark eingeschränkt. Die starren Karrierewege lassen kaum Spielraum für individuelle Entwicklung und beruflichen Aufstieg. Dies ist besonders frustrierend für ambitionierte Kollegen und macht es nahezu unmöglich, sie langfristig zu motivieren. Es tut weh, talentierte und engagierte Mitarbeiter zu sehen, die in einem System gefangen sind, das ihre Bemühungen nicht anerkennt.

Der alltägliche Kampf mit übermäßiger Bürokratie erschwert die Arbeit zusätzlich. Unzählige bürokratische Hürden verlangsamen nicht nur unsere Prozesse, sondern ersticken auch innovative Ideen im Keim. Als Führungskraft möchte ich effiziente und innovative Lösungen vorantreiben, doch langwierige Genehmigungsverfahren und starre Strukturen bremsen uns immer wieder aus. Diese Bürokratie lähmt uns und verhindert, dass wir unser volles Potenzial entfalten können.

Die mangelnde Wertschätzung und Anerkennung seitens des Dienstherrn ist ein weiterer schwerwiegender Punkt. Es reicht nicht, nur finanzielle Mittel zu kürzen – auch die emotionale Anerkennung fehlt. Die Arbeit meiner Mitarbeiter und meine eigene werden selten ausreichend gewürdigt, was die Motivation erheblich beeinträchtigt. Es ist demotivierend, wenn der tägliche Einsatz und die Opfer, die wir bringen, nicht gesehen und geschätzt werden. Die unflexiblen Arbeitsstrukturen sind ebenfalls ein großes Problem. Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Möglichkeiten sind im öffentlichen Dienst noch lange nicht Standard. In einer Zeit, in der Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit immer wichtiger werden, ist dies ein erheblicher Nachteil. Es frustriert mich zutiefst, dass wir hier so weit hinterherhinken.

Besonders besorgniserregend ist der Ausblick auf die kommenden Jahre. Massive Einsparungen stehen bevor, was zu einer weiteren Arbeitsverdichtung führen wird. Als Führungskraft werde ich gezwungen sein, diese zusätzlichen Belastungen meinen Mitarbeitern zu vermitteln, obwohl ich selbst nicht mehr bereit bin, diese Bedingungen zu akzeptieren. Es ist nicht hinnehmbar, dass wir ständig mehr leisten sollen, ohne dass sich unsere Arbeitsbedingungen verbessern. Ich kann und will diese Mehrbelastung nicht länger meinen Mitarbeitern verkaufen, da ich weiß, wie stark sie bereits jetzt unter den aktuellen Bedingungen leiden.

Diese Erfahrungen und die ständige Frustration haben mich zu dem Entschluss gebracht, meine berufliche Zukunft außerhalb des öffentlichen Dienstes zu suchen. Ich brauche ein Umfeld, das meine Fähigkeiten und Leistungen angemessen honoriert und mir sowie meinem Team echte berufliche Perspektiven bietet. Ich hoffe, meine Schilderungen können anderen, die ähnliche Überlegungen anstellen, weiterhelfen.

clarion

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #1 am: 05.06.2024 06:24 »
Wenn dieses Schreiben keine Kurzschlussreaktion nach einem schlechten ist, sondern das Ergebnis einer längeren Überlegung hoffe ich, dass Du an MI und an den/die Polizeipräsident*n schreibst, und das noch mit ganz konkreten Beispielen unterfüttert. Welche Innovationen schwebt Dir vor und welcher Bürokrtismus hindert Dich?

Herbert Meyer

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #2 am: 05.06.2024 09:33 »
Meine Polizisten-Freunde, denen es finanziell tatsächlich nicht schlecht geht, sagen immer "zumindest die Bezahlung ist gut". Die restlichen Punkte werden aber deckungsgleich empfunden.

SamFisher

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #3 am: 05.06.2024 10:29 »
Welche Innovationen schwebt Dir vor und welcher Bürokrtismus hindert Dich?

Da Jochen sein Konto direkt wieder gelöscht hat, ist er an einer Diskussion oder Rückfrage gar nicht interessiert.

Da wollte sich also jemand mal so richtig auskotzen. Soll er machen, braucht die Seele auch mal.

FearOfTheDuck

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #4 am: 05.06.2024 10:38 »
Wenn ich richtig liege, war Jochen länger hier und hat sich auch gern beteiligt. Es ist eher ein Abschiedsbrief an seine ÖD-Zeit, auch hier im Forum. Alles Gute sei ihm zu wünschen.

Dennoch lässt sich der Strang weiterführen. Jochen legt hier gefühlt alle zehn Finger in die Wunde(n). Ohne dass wir auf die Probleme des TE en detail eingehen können, aber - auch mit Blick auf die Breite des ÖD: Inwieweit hat Jochen recht?

Finanzer

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #5 am: 05.06.2024 10:51 »
Ein wichtiger Punkt den Jochen ansprach ist die Rolle der unteren Führungskräfte. In den Fällen in denen diese Gut und motiviert sind, besteht die Gefahr das man sich zwischen den (teilweise sinnlosen) Anweisungen von oben und der Verantwortung für seine Mitarbeiter aufreibt.

Einer der Gründe warum ich nie Führungskraft im ÖD werde.

Taigawolf

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #6 am: 05.06.2024 11:40 »
Wenn ich richtig liege, war Jochen länger hier und hat sich auch gern beteiligt. Es ist eher ein Abschiedsbrief an seine ÖD-Zeit, auch hier im Forum. Alles Gute sei ihm zu wünschen.

Dennoch lässt sich der Strang weiterführen. Jochen legt hier gefühlt alle zehn Finger in die Wunde(n). Ohne dass wir auf die Probleme des TE en detail eingehen können, aber - auch mit Blick auf die Breite des ÖD: Inwieweit hat Jochen recht?

Ich denke es spiegelt das wieder, was in den anderen Threads zur Alimentation inzwischen auf tausenden Seiten ausgebreitet vor uns liegt. Wer noch nicht zu lange im öD und noch relativ jung ist, der überlegt sich momentan, ob ein Tapetenwechsel nicht evtl. die bessere Alternative wäre. Das mit der Jobsicherheit früher zieht in heutigen Zeiten des Fachkräftemangels nicht mehr so, die Bezahlung hinkt immer weiter hinterher.

Wer momentan noch keine drei Kinder oder dergleichen hat, momentan aber z.B. eine Familie gründet, ein Haus bauen will etc., der merkt relativ schnell, dass er momentan im öD einfach nicht mehr die besten Rahmenbedingungen vorfindet.

Und eine Familie gründet man nicht in 10 oder 20 Jahren, wenn das BVerfG durchgeurteilt hat. Man bräuchte jetzt schleunigst eine konkurrenzfähige Besoldung, sonst wandern immer mehr junge Leute ab. Nebenbei noch zu der Problematik, dass sowieso schon nicht genug Nachwuchs für die anstehenden Pensionierungswellen ausgebildet wird. Das kann sich zu einer Lawine für den öD entwickeln. Aber was soll man sagen...so wurde es politisch herbeigeführt.

Ich kann seine Beweggründe auf jeden Fall sehr gut nachvollziehen.

BAT

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #7 am: 05.06.2024 11:43 »
Ist die Förderung von Etagenheizungen in Mehrparteienhaus schon geregelt?

Schokobon

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #8 am: 05.06.2024 21:14 »
Die Motivation fällt in der freien Wirtschaft auch nicht vom Himmel. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass in der privaten Wirtschaft ausnahmslos top Führungskräfte und Bedingungen vorherrschen. Auch - oder besser gesagt: gerade dort wird gern ausgebeutet bis zum Erbrechen. Nach Jahren der Ausbeutung wird mit 100,- Euro/Mon. Bruttoerhöhung auf weitere Jahre oder sogar Jahrzehnte abgespeist. Da hat auch niemand was zu verschenken.

Hier wurden subjektiv schlechte Erfahrungen bei der Polizei gemacht.
Aber es wurde vielleicht auch mit der unzutreffenden Einstellung an die ganze Sache "ÖD" herangegangen.
Wer nach 1-2 Jahren nicht verstanden hat wie der eigene Dienstherr tickt ist entweder naiv oder blind. Und wer dann trotzdem glaubt seine eigenen Prinzipien oder Vorstellungen zu etablieren ist einfach ein Träumer



Schinkensandwich

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #9 am: 07.06.2024 13:35 »
Und eine Familie gründet man nicht in 10 oder 20 Jahren, wenn das BVerfG durchgeurteilt hat. Man bräuchte jetzt schleunigst eine konkurrenzfähige Besoldung, sonst wandern immer mehr junge Leute ab.

Naja was soll man als Tarifbeschäftigter dazu sagen. Als Tarifbeschäftigter müsste man sich ja längst erschießen, wenn man das Gejammer über die nicht konkurrenzfähige Besoldung von den Beamten immer hört. Auch bei mir in der Dienststelle jammern die Beamten am lautesten, obwohl die meist für die identische Tätigkeit ein erheblich höheres Nettogehalt ausbezahlt bekommen.

Tagelöhner

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #10 am: 07.06.2024 13:56 »
Viel Erfolg in der freien Wirtschaft (in der auch nicht alles Gold ist was glänzt, aber der Rasen des Nachbarn ist halt immer grüner)...wenn sich jetzt sogar schon Beamte im höheren Dienst unteralimentiert fühlen, dann gute Nacht. Ich kenne nach wie vor sehr viele, die mit Ihrem Sold absolut zufrieden sind. Das sieht im mD und gD ganz anders aus.

Seit dem das BVerfG dieses Urteil zur verfassungsgemäßen Alimentation gesprochen hat, hat es leider auch zur kollektiven Selbstbemitleidung und teils sicherlich auch kognitiven Verzerrung beigetragen.

Taigawolf

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #11 am: 10.06.2024 14:30 »
Und eine Familie gründet man nicht in 10 oder 20 Jahren, wenn das BVerfG durchgeurteilt hat. Man bräuchte jetzt schleunigst eine konkurrenzfähige Besoldung, sonst wandern immer mehr junge Leute ab.

Naja was soll man als Tarifbeschäftigter dazu sagen. Als Tarifbeschäftigter müsste man sich ja längst erschießen, wenn man das Gejammer über die nicht konkurrenzfähige Besoldung von den Beamten immer hört. Auch bei mir in der Dienststelle jammern die Beamten am lautesten, obwohl die meist für die identische Tätigkeit ein erheblich höheres Nettogehalt ausbezahlt bekommen.

Dem Tarifbeschäftigten wird aber im Gegensatz zum Beamten nicht durch das Grundgesetz garantiert, dass er als Alleinverdiener eine vierköpfige Familie ernähren können muss. Weiterhin haben es Tarifbeschäftigte deutlich leichter, dem öD den Rücken zu kehren.

Bitte nicht falsch verstehen. Ich glaube nicht an die immer herbeigedichteten Unterschiede zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten. Aber man muss auch so ehrlich bleiben zuzugeben, dass die rechtlichen Voraussetzungen einfach andere sind. Und wenn dann ein Beamter verlangt, dass er gemäß dem Grundgesetz behandelt wird, weil er durch seine Dienststellung eben auch in Grundrechten eingeschränkt wird, dann hat das nichts mit Arroganz zu tun. Es geht hier um den Rechtsstaat ansich.

Warnstreik

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #12 am: 10.06.2024 15:11 »
Und eine Familie gründet man nicht in 10 oder 20 Jahren, wenn das BVerfG durchgeurteilt hat. Man bräuchte jetzt schleunigst eine konkurrenzfähige Besoldung, sonst wandern immer mehr junge Leute ab.

Naja was soll man als Tarifbeschäftigter dazu sagen. Als Tarifbeschäftigter müsste man sich ja längst erschießen, wenn man das Gejammer über die nicht konkurrenzfähige Besoldung von den Beamten immer hört. Auch bei mir in der Dienststelle jammern die Beamten am lautesten, obwohl die meist für die identische Tätigkeit ein erheblich höheres Nettogehalt ausbezahlt bekommen.

Dem Tarifbeschäftigten wird aber im Gegensatz zum Beamten nicht durch das Grundgesetz garantiert, dass er als Alleinverdiener eine vierköpfige Familie ernähren können muss. Weiterhin haben es Tarifbeschäftigte deutlich leichter, dem öD den Rücken zu kehren.

Bitte nicht falsch verstehen. Ich glaube nicht an die immer herbeigedichteten Unterschiede zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten. Aber man muss auch so ehrlich bleiben zuzugeben, dass die rechtlichen Voraussetzungen einfach andere sind. Und wenn dann ein Beamter verlangt, dass er gemäß dem Grundgesetz behandelt wird, weil er durch seine Dienststellung eben auch in Grundrechten eingeschränkt wird, dann hat das nichts mit Arroganz zu tun. Es geht hier um den Rechtsstaat ansich.

Auch das ist einer der Punkte, die das Ganze eben so verkrustet aussehen lässt. Es gibt heute keinen Grund mehr für die "althergebrachten Prinzipien des Berufsbeamtentums" - wirft man das zum Großteil über Bord könnte man in der Breite bessere Löhne zahlen, die Bedingungen verbessern und damit frisches Blut in den Öffentlichen Dienst ziehen. Dann könnte es oft auch erheblich unbürokratischer gehen (vor allem in internen Prozessen) und Leistung könnte/würde sich lohnen können. Bei den Tarifverhandlungen der Angestellten ist Regelmäßig das Beamtentum Argument Nummer 1, wieso man sich zurückhalten müsse. (gerade im TV-L)

Und ja: Solange es noch gesetzlich geregelt ist hat natürlich jeder das Recht seine Rechte auch einzufordern. Ein Großteil der Fesseln die oben erwähnt werden, sind aber system-immanent und eng mit eben diesen antiquarischen Regelungen verbunden. Nebenbei behindern diese Regelungen auch die Volkswirtschaft ansich, aber das ist ein anderes Thema.

pvenj

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #13 am: 12.06.2024 16:37 »
Zitat
In meiner Position als Führungskraft stoße ich immer wieder auf massive Mauern. Die Möglichkeiten, meine Mitarbeiter zu fördern und ihnen Entwicklungschancen zu bieten, sind stark eingeschränkt. Die starren Karrierewege lassen kaum Spielraum für individuelle Entwicklung und beruflichen Aufstieg. Dies ist besonders frustrierend für ambitionierte Kollegen und macht es nahezu unmöglich, sie langfristig zu motivieren. Es tut weh, talentierte und engagierte Mitarbeiter zu sehen, die in einem System gefangen sind, das ihre Bemühungen nicht anerkennt.

Das ist tatsächlich ein sehr wunder Punkt.

Ich sehe das auch in meiner (nicht Polizei-)Behörde. Engagement lohnt sich nicht. Die meisten direkten Vorgesetzten können gute Leistung mit warmen Worten anerkennen, aber nicht entscheiden, dass jemand nächsten Monat höhergruppiert oder befördert wird. Sie können auch keine Prämie auszahlen oder den Beschäftigten andere Benefits geben. Motivierte Beschäftigte und high Performer werden nur mit noch mehr Arbeit belohnt.

Die starren "Karrierewege" führen dazu, dass sich eine Weiterbildung hier nicht lohnt. Nebenbei einen Master studieren? Na Glückwunsch, kannst dir das Zeugnis ins Klo hängen. Für einen Qualifikationsaufstieg kannst du in 20 Jahren nochmal zart anfragen.

10 Jahre lang als Chemikant in einem Umweltabor gearbeitet, nebenberuflich studiert und danach in die Umweltbehörde gewechselt? Herzlich willkommen, Sie bekommen E10 Stufe 1 weil wir Ihre Berufserfahrung vor dem Studienabschluss nicht anerkennen, auch wenn Sie super einschlägig ist. Hier ist ein Kugelschreiber.

Organisator

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Antw:7 Jahre im Öffentlichen Dienst: Mein Abschied …
« Antwort #14 am: 13.06.2024 08:56 »
Zitat
In meiner Position als Führungskraft stoße ich immer wieder auf massive Mauern. Die Möglichkeiten, meine Mitarbeiter zu fördern und ihnen Entwicklungschancen zu bieten, sind stark eingeschränkt. Die starren Karrierewege lassen kaum Spielraum für individuelle Entwicklung und beruflichen Aufstieg. Dies ist besonders frustrierend für ambitionierte Kollegen und macht es nahezu unmöglich, sie langfristig zu motivieren. Es tut weh, talentierte und engagierte Mitarbeiter zu sehen, die in einem System gefangen sind, das ihre Bemühungen nicht anerkennt.

Das ist tatsächlich ein sehr wunder Punkt.

Ich sehe das auch in meiner (nicht Polizei-)Behörde. Engagement lohnt sich nicht. Die meisten direkten Vorgesetzten können gute Leistung mit warmen Worten anerkennen, aber nicht entscheiden, dass jemand nächsten Monat höhergruppiert oder befördert wird. Sie können auch keine Prämie auszahlen oder den Beschäftigten andere Benefits geben. Motivierte Beschäftigte und high Performer werden nur mit noch mehr Arbeit belohnt.

Die starren "Karrierewege" führen dazu, dass sich eine Weiterbildung hier nicht lohnt. Nebenbei einen Master studieren? Na Glückwunsch, kannst dir das Zeugnis ins Klo hängen. Für einen Qualifikationsaufstieg kannst du in 20 Jahren nochmal zart anfragen.

10 Jahre lang als Chemikant in einem Umweltabor gearbeitet, nebenberuflich studiert und danach in die Umweltbehörde gewechselt? Herzlich willkommen, Sie bekommen E10 Stufe 1 weil wir Ihre Berufserfahrung vor dem Studienabschluss nicht anerkennen, auch wenn Sie super einschlägig ist. Hier ist ein Kugelschreiber.

Das kommt immer auf den Arbeitgeber an. Ich habe beobachtet, dass ein Aufstieg möglich ist, wenn man persönlich dafür auch geeignet ist. Nur ein Master (nebenbei) zu machen ist alleine nicht ausreichend, man muss auch in der Lage für die höherwertigen Tätigkeiten sein.

Ansonsten gilt beim AG-Wechsel: Verhandeln. Wer bei meinem AG nicht anspricht, dass er mehr als Stufe 1 haben möchte, bekommt auch nur Stufe 1. Wer gut verhandelt, bekommt auch höhere Stufen. Oder - bei passender Tätigkeit - auch entsprechende Zulagen bis 1.000 € im Monat.