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Entwurf zum Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz - BBVAngG

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xyz123:
Hat schon jemand irgendwas von den Gewerkschaften gehört?
Ich habe mir gerade nochmal aus Spaß die Stellungnahme zum alten Entwurf vom dbb durchgelesen. Dort waren die schon entsetzt, wie gering der AEZ im Vergleich zu NRW ist.
Die müssen jetzt ja völlig aus den Latschen gefallen sein, wenn sie den aktuellen Entwurf lesen.

Knecht:
Naja, die GDP feiert es ja schon auf Facebook. Zum Glück wenigstens mit entsprechender Resonanz, unglaublich...

SwenTanortsch:
Hey Tom, die 1977 einsetzende Rechtsprechung zum alimentationsrechtlichen Mehrbedarf ab dem dritten Kind der Beamtenfamilie ist aus verschiedenen Gründen sehr interessant und verdient eigentlich eine umfängliche eigene Betrachtung, zu der ich aber im Moment nicht komme. Die Rechtsprechung endet - ebenfalls natürlich nur vorläufig - bislang gleichfalls am 04. Mai 2020 mit der Entscheidung 2 BvL 6/17 = BVerfGE 155, 77 (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000617.html;jsessionid=F15D9E0AB3D4E7830D5F99FC4048432D.internet991).

Auch in dieser Entscheidung hat der Zweite Senat - ähnlich wie in der aktuellen Parallelentscheidung über das Mindestabstandsgebot - eine umfangreiche Methodik zur Prüfung und gerichtlichen Kontrolle des amtsangemessenen Gehalts des vom Besoldungsgesetzgebers gewährten alimentativen Mehrbedarfs entwickelt (vgl. dort ab den Rn. 38). Entsprechend hat er in enger Anlehnung an die Parallelentscheidung in der Rn. 32 ausgeführt:

"Dabei lässt ein um 15 % über dem grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarf liegender Betrag den verfassungsgebotenen Unterschied zwischen der von der Grundsicherung zu leistenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem den Richtern und Beamten sowie ihren Familien geschuldeten Unterhalt hinreichend deutlich werden. Diese Berechnungsmethode dient nicht dazu, die angemessene Höhe der Alimentation zu ermitteln, sondern die Grenze zur Unteralimentation. Führen die den Richtern und Beamten für ihr drittes und jedes weitere Kind gewährten Zuschläge jedoch nicht einmal zu einer Erhöhung des Nettoeinkommens um 115 % des grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarfs für das hinzutretende Kind, überschreitet der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 81, 363 <382 f.>; 99, 300 <321 f.>; ferner mit Blick auf die Mindestalimentation am Maßstab einer vierköpfigen Familie BVerfGE 140, 240 <286 f. Rn. 93 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn. 47)."

Als Ergebnis wird also vom Senat ebenso hinsichtlich des alimentativen Mehrbedarfs eine Methodik erstellt, mit der die Grenze der Unteralimentation konkret und realitätsgerecht betrachtet werden kann, die also parallel zur Mindestalimentation der bis zu vierköpfigen Beamtenfamilie ab dem dritten Kind der Beamtenfamilie den 15 %igen Abstand zum Grundsicherungsniveau als Grenze zur Unteralimentation festlegt, diese Betragshöhe der zu gewährenden Nettoalimentation so ebenfalls dem absoluten Alimentationsschutz unterwirft und damit klarstellt, dass in diese Grenze zur Unteralimentation keine Einschnitte möglich sind. Der Betrag, der genau auf Höhe des 15 %igen Abstands zum realitätsgerecht ermittelten Grundsicherungsniveau liegt, sagt entsprechend also nichts über den amtsangemessenen Gehalt des alimentationsrechtlich zu gewährenden Mehrbedarfs aus; in diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn der Senat ausführt, dass die von ihm begründete Berechnungsmethode nicht dazu dient, die angemessene Höhe der Alimentation zu ermitteln, sondern "nur" die Grenze zur Unteralimentation. Auch hier wird also eine sachliche Parallelität zur 15 % oberhalb des Grundsicherungsniveaus liegenden Mindestalimentation hergestellt (was wenig verwundert, da der Senat diesen 15 %igen Abstand in der Vergangenheit ursprünglich in seiner Rechtsprechung zum alimentationsrechtlichen Mehrbedarfs ab dem dritten Kind entwickelt und ihn schließlich 2015 auf die Beamtenalimentation als Ganze übertragen hat, was er schließlich 2020 zu einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums erklärt hat, weshalb sich die Besoldungsgesetzgeber seitdem gezwungen sehen, diesen Betrag als maßgeblichen Bestandteil des Alimentationsprinzips aus Art. 33 Abs. 5 GG in seinem sachlichen Gehalt zu beachten).

Damit legt er fest, dass der Gesetzgeber noch im Gesetzgebungsverfahren im Rahmen seines weiten Entscheidungsspielraums dazu verpflichtet ist, die Höhe der familienbezogenen Besoldungskomponenten ab dem dritten Kind sachgerecht zu begründen, weshalb es für ihn empfehlenswert ist, hierzu die realitätsgerechte Höhe der Grenze zur Unteralimentation ebenso für das dritte und die jeweils weiteren Kinder noch im Gesetzgebungsverfahren zu bemessen, um so seinen weiten Entscheidungsspielraum sachgerecht auszufüllen, eben einen jeweils bestimmten Betrag zur Befriedigung des Mehrbedarfs zu gewähren, der dem Beamten aus dem dritten und jedem weiteren Kind erwächst und der als solcher also - wie oben gerade dargelegt - zwangsläufig oberhalb von 15 % des realitätsgerecht zu ermittelnden Grundsicherungsniveaus liegen muss.

Auf dieser Basis gewähren die 17 Besoldungsgesetzgeber jeweils unterschiedlich hohe Familienzuschläge ab dem dritten Kind, die ich seit 2020 zumeist nicht geprüft habe, weil die Einsparungsmöglichkeiten, die sich aus der verhältnismäßig geringen Zahl an betroffenen Beamtenfamilien für sie ergeben, eher überschaubar sind, sodass hier die Wahrscheinlichkeit de facto deutlich höher sein sollte, dass die überwiegende Zahl an Besoldungsgesetzgebern hier seit 2020 sachgerecht vorgeht, was von meiner Seite so verstanden nur ein Postulat ist, eben weil ich i.d.R. nicht in eine differenzierte Prüfung der jeweiligen Regelung eingetreten bin.

Das für die Prüfung Gute an der diesbezüglichen bundesverfassungsrrichtlichen Rechtsprechung ist, dass mit Ausnahme der Beträge der Kosten für die Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie für den monetären Mehrbedarf der Sozialtarife die anderen Bedarfsposten öffentlich zugänglich sind, sodass eine entsprechend Prüfung der Grenze zur Unteralimentation hier verhältnismäßig einfach zu vollziehen ist. Darüber hinaus sollte die unterschiedliche Höhe, die die 17 Besoldungsgesetzgeber hinsichtlich des dritten und jedes weiteren Kindes gewähren, sich neben den unterschiedlich hohen Unterkunfts- und Heizkosten insbesondere aus den gerade genannten Beträgen ergeben. Denn die einen Besolungsgesetzgeber weisen hier eher realitätsgerecht(er)e Beträge aus, während andere auch hier versuchen, (auch) diese Bedarfe eher kleinzurechnen. Die damit zusammenhängenden bzw. daraus resultierenden Probleme lassen sich letztlich nur vergleichend betrachten, indem man den jeweiligen Gesetzesbegründungen der 17 Besoldungsgesetzgebern die Begründung und Bemessungen zum alimentativen Mehrbedarf anhand der jeweiligen Druchsache(n) entnimmt. Auf dieser Basis lässt sich dann abschätzen, wer von ihnen tatsächlich oder ggf. weitgehend(er) das letzte Judikat des Bundesverfassungsgericht als für sich bindend ansieht und wer das nicht tut. Denn vermutlich werden die meisten Besoldungsgesetzgeber hinsichtlich des alimentativen Mehrbedarfs ab dem dritten keine unendlich über dem 15 %igen Abstand zum Grundsicherungsniveau liegende Beträge gewähren (vermute ich), sodass es auch hier also in der Prüfung und Kontrolle darauf ankommt, ob die entsprechenden Bemessungen realitätsgerecht erfolgen oder nicht.

Wenn man also ein entsprechendes Unterforum erstellen will, sollte man - denke ich - hier zunächst insbesondere die entsprechende Prüfung für jeden Rechtskreis durchführen, um so zu sattelfesten Ergebnissen zu gelangen, auf deren Grundlage sich dann eine faktengestützte Diskussion führen lässt. Denn ohne die entsprechenden Fakten dürfte der Gegenstand einer Diskussion wiederkehrend aus dem Blick geraten (können), was in der Natur der Sache, also von nicht faktengestützten Diskussionen, liegt.

uniprof:
Wie sieht es eigentlich mit der Nachberechnung von Versorgungsempfängern aus? Insbesondere wenn die Pension in der Nähe der Mindestpension wäre, müsste der 115%-Abstand doch deutlich gerissen werden? Oder wird hier ein anderer Bezugspunkt gesetzt? Im Entwurf habe ich dazu keine Aussage gefunden ...

Was ist hierbei unter "berücksichtigungsfähigen" Kindern zu verstehen? Sind das nur Kinder, die im Familienzuschlag des Versorgungsempfängers bereits berücksichtigt werden, oder auch Kinder, die berücksichtigt werden könnten, wenn sie z.B. nicht im Familienzuschlag des Partners auftauchen würden?

Nanum:
Hallo,
@SwenTanortsch
eine kurze Frage hätte ich mal hinsichtlich der womöglich avisierten Anpassungen diverser "Erfahrungsstufen" diverser Ämter:
Ist dann nicht eben sowenig auch nur irgendwie verfassungsrechtlich haltbar?
Machen wir mal ein Beispiel:
Beamter/in mD erhält ja gemäß Entwurf nun "Erfahrungsstufe" 3, A6.
Dieser ist nun sehr fleißig und strebt nach kurzer Zeit den Aufstieg an, währenddessen läuft ja die "Erfahrungszeit" nicht von Stufe 1 aus, sondern beginnt quasi mit einem künstlichen Vorsprung.
Nach dem erfolgreichen Aufstieg wird dann der u.U. vorher bereits A7 mD gewordene X ja direkt A9 befördert und hat damit quasi - was Kerngegenstand meiner Frage ist - für IMMER einen Zeitvorsprung für die "Erfahrungsstufe".
Auf die Spitze treiben ließe es sich mit A4 Stufe 5 und ähnlichem "Aufstiegsverlauf".
Kann das überhaupt irgendwie rechtmäßig sein?

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