Autor Thema: Erfahrungsstufe als Neueinsteiger im ö.D. mit Berufserfahrung  (Read 2320 times)

Lollu

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Hallo und guten Abend,
ich habe mich gerade versucht einzulesen und bin leider aus den älteren Beiträgen nicht so richtig fündig geworden. Ich entschuldige mich daher jetzt schon für die Frage...

Ich arbeite seit 10 Jahren als ausgebildete Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte  in einer Rechtsanwaltskanzlei. Aus verschiedenen Gründen bin ich dort nicht mehr so glücklich und spiele mit dem Gedanken mich umzuorientieren und mich auf eine Stelle im öffentlichen Dienst zu bewerben.

Die Stelle, auf welche ich mich bewerben möchte, ist speziell für Rechtsanwaltsfachangestellte ausgeschrieben. Wie funktioniert das dann mit den Erfahrungsstufen? Kann man gleich auf eine höhere Stufe gehen, aufgrund der Berufserfahrung als ReFa? Oder beginne ich automatisch in Stufe 1? Entgeltgruppe 8 TV-L, falls das wichtig ist..

Viele liebe Grüße


Gewerbler

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Grundsätzlich hast du erstmal nur Anspruch auf die Stufe 1 in der jeweiligen Entgeltgruppe.

Es gibt dann zwei Sachverhalte zu unterscheiden:

a) Einschlägige Berufserfahrung: Diese kann bis zu 3 Jahren (entspricht dann Stufe 3) anerkannt werden. Im Allgemeinen sind das Vorzeiten, die auf einer Stelle im öD in der gleichen Entgeltgruppe abgeleistet wurden.

b) Förderliche Zeiten: Das sind Zeiten, die wie der Name schon sagt, der Verwendung förderlich sind. Die können prinzipiell sogar bis zur Stufe 6, also der Endstufe führen, wenn man 15 Jahre zusammen hat. 10 Jahre dann entsprechend Stufe 5.
Allerdings muss das im Allgemeinen VOR Vertragsschluss verhandelt werden und es darf sonst keinen Kandidaten geben und du musst glaubhaft vermitteln, dass du für weniger nicht kommst. Es handelt sich bei der Anerkennung nämlich um eine Kann-Regelung zur Deckung des Personalbedarfs (falls der AG das nicht intern anders verbucht, was dir aber egal sein kann...)

So viel mal in Kürze, andere User hier können sicherlich noch etwas mehr ins Detail gehen :)

Lollu

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Danke schon mal für die Antwort. In der Stellenbeschreibung steht außerdem, dass man nach 13 Monaten in die Entgeltgruppe 9a TV-L fällt (die Qualifizierung hierfür erhält man in der Zeit berufsbegleitend).

Wenn ich es nun schaffen würde gleich mit Stufe 3 oder 4 einzusteigen, bringt mir das dann wahrscheinlich gar nicht so viel, da ich dann  in der neuen Entgeltgruppe sofort wieder auf Stufe 1 zurückfallen würde? Oder gibt es da eine Regel, dass man zum Beispiel nur eine Stufe runterfällt oder so?

Gewerbler

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Es geht um TV-L, richtig? Da ist es etwas komplizierter, als im TVöD (dort gilt stufengleiche Höhergruppierung).

Im TV-L gibt es bei Höhergruppierung, wenn ich mich recht erinnere, immer mindestens Stufe 2 und ansonsten so, dass man nicht weniger kriegt als vorher. Gibt auch glaub noch irgendwelche Garantiebeträge, ggf. als vorübergehende Zulage.
Ich meine, irgendwo auf der Seite müsste eine Höhergruppierungsmatrix sein, wo man das ablesen kann, wie die Sprünge sind.

Edit: Hier sind die ausführlichen Infos. Die Matrix gibt es im Moment wohl nicht, aber einen Rechner: https://oeffentlicher-dienst.info/tv-l/allg/hoehergruppierung.html

Lollu

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Genau, es geht um TV-L. Danke für den Link. Da bin ich schon mal schlauer.
Das heißt ja dann, dass es doch nicht "für die Katz" wäre, erst Mal über eine möglichst hohe Stufe am Anfang zu  verhandeln, da man nach dem Wechsel in die höhere Gruppe zumindest nicht weniger verdienen darf als vor dem Wechsel.. verstehe ich das richtig?

Albeles

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Eine HG macht nur in ganz wenigen Fällen, bei kurzer Restarbeitszeit bis Rente keinen Sinn. Langfristig zahlt sich eine HG immer finanziell aus. Und ja ich würde versuchen möglichst hoch zu Pokern, da Du ja wieder nach hinten fällst von den Stufen. Zwar hast Du keine Gehaltseinbußen von der E8 nach E9a, aber alles was Du vorher nicht bekommen hast, kannst Du ja nie mehr reinholen.

Kenne deinen Wert und verkaufe Dich gut  :)

Lollu

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Ok, vielen lieben Dank. Ihr habt mir wirklich sehr geholfen. Ich denke ich mache das so.

Eine schöne Restwoche :)

fair

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Wie kann das mit der Höhergruppierung in so einem Fall eigentlich geregelt werden? Wird irgendwie in den Arbeitsvertrag reingeschrieben, dass ab dem 01.01.2026 (bspw) die Höhergruppierung in Entgeltgruppe 9 erfolgt? Wie genau läuft das (üblicherweise bzw empfohlenermaßen) ab?

Und was wäre, wenn sie zwei Arbeitsverträge abschließen wollen, in Entgeltgruppe 8 bis zum 31.12.2025 und einen in Entgeltgruppe 9 ab dem 01.01.2026? Funktioniert das dann trotzdem genauso unproblematisch mit der Höhergruppierung oder könnte das dazu führen, dass es als neues Arbeitsverhältnis gilt, bei dem die bisherige Erfahrung neu eingeschätzt wird und dann aufgrund der niedrigeren bisherigen Stufe nicht anerkannt wird?

MoinMoin

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Bei der Variante zwei Verträgen kann es in der Tat passieren, dass man dann bei Stufe1 anfängt, weil Neuanstellung.
Es bietet aber auch die Möglichkeit, dass man Stufengleich Eingestellt wird, weil förderliche Zeiten anerkannt werden können.

fair

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Ah, danke. Können Zeiten in E13 als förderliche Zeiten für E14 anerkannt werden oder ist das ausgeschlossen/unwahrscheinlich?

aronzo

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Ah, danke. Können Zeiten in E13 als förderliche Zeiten für E14 anerkannt werden oder ist das ausgeschlossen/unwahrscheinlich?
Wie beachtlich ist die Ansage des Einsteigers, dass man bei einem anspruchsvolleren/besser eingruppierten Job zumindest nicht weniger verdienen möchte? Das kann man allgemein im Vorstellungsgespräch, konkret nach Zusage und vor der Unterschrift kundtun. Wem es natürlich erst beim Blick auf die erste Gehaltsabrechnung auffällt, dem kann in der Regel nicht geholfen werden...

MoinMoin

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Ah, danke. Können Zeiten in E13 als förderliche Zeiten für E14 anerkannt werden oder ist das ausgeschlossen/unwahrscheinlich?
Nein, dass ist tarifliche niemals ausgeschlossen.
Je nach Tätigkeiten könnten sie sogar einschlägige Berufserfahrungen sein, was aber in der Regel verneint wird, da aus eine "niedrigeren Tätigkeit kommend.

fair

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Danke. Was mich noch interessiert, mit welchem formellen Ablauf eine Höhergruppierung üblicherweise umgesetzt wird? Kommt beispielsweise der Arbeitgeber auf den Angestellten zu, bietet es ihm an, dann füllt man gemeinsam ein Formular aus? Wird üblicherweise ein Änderungsvertrag unterzeichnet? Wie genau ist der bürokratische Gang dieser Sache zwischen Dienststelle und Bezügestelle?

TVOEDAnwender

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Die dauerhafte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit muss einvernehmlich vereinbart werden. Da Arbeitsverträge auch wirksam mündlich geändert werden können (die Schriftform ist konstitutiv (zwingend) nur bei Nebenabreden zur Wirksamkeit erforderlich, das Schriftformerfordernis bei AV nach TVöD/TV-L für Arbeitsverträge ist jedoch keine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung), könnte eine Änderung auch mündlich erfolgen oder durch konkludentes Handeln (z.B. durch bewirbst Dich auf einen Arbeitsplatz mit höherwertigen Tätigkeiten und der Arbeitgeber überträgt dir nach erfolgreichen Bewerbungsverfahren die entsprechenden Tätigkeiten = einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages).

MoinMoin

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Danke. Was mich noch interessiert, mit welchem formellen Ablauf eine Höhergruppierung üblicherweise umgesetzt wird? Kommt beispielsweise der Arbeitgeber auf den Angestellten zu, bietet es ihm an, dann füllt man gemeinsam ein Formular aus?
Viele haben solche Formblätter wo sie die Tätigkeiten, die Arbeitsvorgänge entsprechend eintragen mit Zeit Anteil und Einschätzung zur EG
Zitat
Wird üblicherweise ein Änderungsvertrag unterzeichnet?
Wie mein Vorredner schon schrieb, kann man machen, muss man nicht.
Zitat
Wie genau ist der bürokratische Gang dieser Sache zwischen Dienststelle und Bezügestelle?
Bei uns wird der Bezüge Stelle gemeldet, welche EG der Kollege ab wann hat.