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AU Meldung bei Trauerfall / Gutschrift von Urlaubstagen

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Rentenonkel:
Die Erfüllung des Urlaubsanspruchs setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch entsprechende Erklärung von der Arbeitspflicht freistellt (st. Rspr., BAG 25. August 2020 – 9 AZR 612/19 – Rn. 15, BAGE 172, 66; 9. August 2016 – 9 AZR 575/15 – Rn. 11 mwN, BAGE 156, 65) und ihm das Urlaubsentgelt entweder nach § 11 BUrlG vor Antritt des Urlaubs zahlt oder dessen Zahlung vorbehaltlos zusagt (st. Rspr., BAG 19. Februar 2019 – 9 AZR 321/16 – Rn. 56; 19. Juni 2018 – 9 AZR 615/17 – Rn. 21, BAGE 163, 72). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Urlaubserteilung des Arbeitgebers regelmäßig gesetzeskonform so zu verstehen, dass der Arbeitgeber damit zugleich streitlos stellt, für den gewährten Urlaub dem Grunde nach zur Zahlung von Urlaubsentgelt nach den gesetzlichen Vorgaben und etwaigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verpflichtet zu sein (BAG 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 (A) – Rn. 14, BAGE 178, 309; 20. August 2019 – 9 AZR 468/18 – Rn. 22).

Damit die Verpflichtung zur Urlaubserteilung nach § 362 Abs. 1 BGB erlischt, genügt jedoch nicht die Vornahme der erforderlichen Leistungshandlung. Die Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann das Erlöschen des Urlaubsanspruchs nur bewirken, wenn und soweit der Arbeitnehmer für den Freistellungszeitraum zur Arbeitsleistung verpflichtet ist (vgl. BAG 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 (A) – Rn. 15, BAGE 178, 309). Hierfür ist allein die objektive Rechtslage maßgeblich (st. Rspr., BAG 25. Januar 2022 – 9 AZR 230/21 – Rn. 19; 25. August 2020 – 9 AZR 612/19 – Rn. 17, BAGE 172, 66).

Der Arbeitgeber schuldet bezahlte Freistellung zum Zwecke der Erholung und Entspannung, jedoch keinen bestimmten „Urlaubserfolg“ (vgl. BAG 25. August 2020 – 9 AZR 612/19 – Rn. 28, BAGE 172, 66). Mit der Festlegung des Urlaubszeitraums auf Wunsch des Arbeitnehmers (§ 7 Abs. 1 BUrlG) hat der Arbeitgeber als Schuldner des Anspruchs auf bezahlte Freistellung das zu seiner Leistung Erforderliche getan. Die Arbeitspflicht ist – einvernehmlich – mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben. Treten anschließend zusätzlich Umstände eines anderen Freistellungstatbestands ein, kann die mit der Erfüllungshandlung suspendierte Leistungspflicht durch spätere Ereignisse nicht nochmals entfallen. Aufgrund der Urlaubsbewilligung bestand bereits keine Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung mehr (BAG 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 (A) – Rn. 16, BAGE 178, 309).

Nach Urlaubsbewilligung eintretende und vom Arbeitgeber nicht unmittelbar zu beeinflussende Umstände sind regelmäßig dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen und fallen grundsätzlich in seine Risikosphäre. Der Arbeitgeber schuldet als Leistungserfolg allein die bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht; er hat jedoch nicht für eine bestimmte „Qualität“ des Freistellungszeitraums einzustehen. Die zum Zwecke der Erholung und Entspannung des Arbeitnehmers bewilligte bezahlte Freistellung erfüllt daher den Urlaubsanspruch auch dann, wenn er seine Freizeit infolge später eintretender urlaubsstörender Ereignisse nicht uneingeschränkt so gestalten kann, wie er sich dies eigentlich vorgestellt hatte (vgl. BAG 16. August 2022 – 9 AZR 76/22 (A) – Rn. 16, BAGE 178, 309; 25. August 2020 – 9 AZR 612/19 – Rn. 29, BAGE 172, 66).

Dem Arbeitnehmer ist wegen nachträglichen Eintritts urlaubsstörender Umstände der beeinträchtigte Urlaub nur nachzugewähren, soweit der Gesetzgeber oder die Tarifvertragsparteien das Urlaubsrisiko dem Arbeitgeber auferlegt haben.

§ 9 BUrlG bestimmt, dass durch ärztliches Zeugnis nachgewiesene Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den bewilligten Jahresurlaub nicht angerechnet werden. Systematisch handelt es sich bei § 9 BUrlG um eine spezialgesetzliche Ausnahme von der Bestimmung des § 362 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitnehmers (BAG 18. März 2014 – 9 AZR 669/12 – Rn. 23), die unionsrechtlich geboten ist (vgl. EuGH 30. Juni 2016 – C-178/15 – [Sobczyszyn] Rn. 26; 10. September 2009 – C-277/08 – [Vicente Pereda] Rn. 22). Ohne diese Bestimmung verbliebe es in Krankheitsfällen bei der urlaubsbedingten Freistellung, durch die die Arbeitspflicht bereits aufgehoben ist. Die Bestimmung beruht auf dem Gedanken, dass der Arbeitnehmer, der während des Urlaubs erkrankt, sich nicht erholen kann. Urlaub und Krankheit schließen einander aus. Der mit der Urlaubsgewährung verfolgte Zweck wird durch den Eintritt der Krankheit vereitelt. Dies soll nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen, dessen Erholungsbedürfnis weiterbesteht (so bereits BAG 1. Juli 1974 – 5 AZR 600/73 – zu 3 a der Gründe). Der Urlaub wird, soweit er gemäß § 9 BUrlG unterbrochen wird, zu einem späteren Zeitpunkt gewährt. Der Arbeitnehmer hat damit in diesem gesetzlich geregelten Fall keinen Anspruch auf Urlaubsentgelt, sondern auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (vgl. BAG 23. Februar 2021 – 5 AZR 304/20 – Rn. 20; 27. Mai 2020 – 5 AZR 247/19 – Rn. 49, BAGE 170, 311).

Der Hinweis, dass es ein solches ärztliches Attest gab, erfolgte jedoch unstreitig erst am Freitag und nicht bereits am Mittwoch. Auch über die Dauer der ärztlichen Krankschreibung wurde der Arbeitgeber erst am Freitag in Kenntnis gesetzt.

Somit lag die AUB entgegen Deiner Annahme nicht schon am Mittwoch beim Arbeitgeber vor.

Und im Übrigen geht es hier ja auch nicht um die Frage, ob für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ein Entgeltanspruch besteht, sondern um die Frage, ob dem TE die Urlaubstage zurück erstattet werden müssen. Insoweit setzt eine statthafte Erstattung auch ein ärztliches Zeugnis sowie Kenntnis des Arbeitgebers darüber voraus.

Daher geht Deine Argumentation, der TE habe sich doch schon am Mittwoch krank gemeldet, etwas fehl. Dieses Argument würde nur greifen, wenn der TE keinen Urlaub gehabt hätte. Das wäre dann aber ein anderer Sachverhalt ...

BAT:
Wobei ich  etwas bezweifle, ob die o. g. Urteile für den konkreten Fall überhaupt einschlägig sind in Bezug auf § 9 BUrlG. Dies spricht von "auf den Jahresurlaub".
Fraglich ist, ob damit eine Abgrenzung zu anderen Urlauben erfolgen sollte, was ich mir so nicht vorstellen kann, oder ob damit der Jahresurlaub des Kalenderjahres der Erkrankung gemeint ist. Und gerade dieser ist hier nicht betroffen, da es sich ausweislich der Schilderung um Urlaub aus anderen Jahren handelt.

Materiell-rechtlich wäre das ja auch logisch, da aufgrund des massiven Überhangs an alten Urlaubstagen in diesem Fall von der Nichtmöglichkeit einer ausreichenden Urlaubsnahme - auch nach Entfall dieser beiden Tag nicht ausgegangen werden kann.

Rentenonkel:
@BAT: Sehr guter Punkt, den hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm.

Allerdings hat der AG ja zumindest für den Freitag den Urlaubstag erstattet.

MoinMoin:
Also ich kann daraus nur lesen, dass der Anspruch auf Urlaub geboten ist.


--- Zitat von: Rentenonkel am 19.11.2024 12:57 ---Der Hinweis, dass es ein solches ärztliches Attest gab, erfolgte jedoch unstreitig erst am Freitag und nicht bereits am Mittwoch. Auch über die Dauer der ärztlichen Krankschreibung wurde der Arbeitgeber erst am Freitag in Kenntnis gesetzt.

Somit lag die AUB entgegen Deiner Annahme nicht schon am Mittwoch beim Arbeitgeber vor.

--- End quote ---
Sofern PR in der GKV ist, ist das nicht richtig, da der AG die eAUB schon am Mittwoch abrufen konnte.

Bleibt die Frage, ob hier ein Versagen des GLs vorliegt oder die vom AN, es nicht deutlich genug kommuniziert zu haben (was im zweifel wohl eher vor Gericht für den AG schwieriger sein dürfte, denn der An wird sagen, ich habe morgens mit meinem GL gesprochen, mich AU gemeldet und meine AG ebenfalls mitgeteilt, das ich zum Arzt gehen zwecks AUB)

Fall Beispiel: AN Erkrankt als Privatpatient auf eine Kreuzfahrtschiff und bekommt vom Schiffsarzt eine AUB ausgestellt, der AN mailt seinen AG, dass er AU ist, die AUB wird nach der Reise dem AG vorgelegt oder per Briefversand, daher wird auch hier nicht Tag gleich die AUB beim AG vorliegen.
Also nach deiner Lesart gibt es den Urlaub dann nicht gutgeschrieben.

Meine Einschätzung, nach Durchsicht deiner zitierten Urteile, ein Gericht ordnet die Gutschrift des mit der AUB abgedeckten Teils des Urlaubs an.

Aber wie schon gesagt, ein AG, der so agiert hat, einfach ein ganz anderes schwerwiegenderes Problem.

BAT:

--- Zitat von: Rentenonkel am 19.11.2024 13:50 ---
Allerdings hat der AG ja zumindest für den Freitag den Urlaubstag erstattet.

--- End quote ---

Und damit womöglich rechtswidrig, ein Klageverfahren könnte somit auch eine "reformatio in peius" ergeben.

Ich denke schon, dass Gutschriften substantiell nur für Urlaub aus laufenden Kalenderjahren gutgeschrieben werden kann, alles andere wäre teleologisch nicht  der Gesetzgebung zum Urlaub im Einklang.

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