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Nach Einstellungszusage trotzdem Absage aufgrund von Krankheitstagen?

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2strong:
Und dass die Einstellungszzsage nur vorbehaltlich der Akteneinsicht erfolgt, ignoriert Ihr einfach? Wenn ein hoher Krankenstand oder ein ergangenes Disziplinarverfahren keinen zulässigen "Rücktrittsgrund" darstellen würden, weshalb sollte man dann überhaupt die Unterlagen einsehen?

clarion:
Meinst Du nicht, das Krankheit und Abmahnung bzw. Disziplinarverfahren ganz unterschiedliche Paar Schuhe sind?

Casa:

--- Zitat ---Und dass die Einstellungszzsage nur vorbehaltlich der Akteneinsicht erfolgt, ignoriert Ihr einfach? Wenn ein hoher Krankenstand oder ein ergangenes Disziplinarverfahren keinen zulässigen "Rücktrittsgrund" darstellen würden, weshalb sollte man dann überhaupt die Unterlagen einsehen?
--- End quote ---

Wir haben hier einen Beschäftigten.


Mir fällt nicht sonderlich viel ein, was vor Einstellung in der Personalakte zu prüfen wäre. Laufende oder abgeschlossene Straf- und Disziplinarverfahren können abhängig vom konkreten Einzelfall zum Ausschluss des Bewerbers führen. Selbiges dürfte einzelfallabhängig auch für Abmahnungen gelten.

2strong:
Es sind nicht viele, sondern eher eine knappe Hand voll Fälle, die mir bewusst in Erinnerung sind, in denen eine vorläufige Einstellungszusage nach Akteneinsicht widerrufen wurde. In diesen Fällen (alles Beamte) ließen sich der Akte erhebliche Fehlzeiten (noch deutlich weitreichender, als dies beim TE der Fall zu sein scheint) entnehmen. Dass ein Arbeitgeber einen dankend ablehnt, wenn er erwarten muss, dass der potentiellen Mitarbeiter ein Drittel des Jahres fehlt, halte ich (jedenfalls grundsätzlich) nicht nur für nachvollziehbar, sondern auch für legitim.

Casa:

--- Zitat ---Es sind nicht viele, sondern eher eine knappe Hand voll Fälle, die mir bewusst in Erinnerung sind, in denen eine vorläufige Einstellungszusage nach Akteneinsicht widerrufen wurde. In diesen Fällen (alles Beamte) ließen sich der Akte erhebliche Fehlzeiten (noch deutlich weitreichender, als dies beim TE der Fall zu sein scheint) entnehmen. Dass ein Arbeitgeber einen dankend ablehnt, wenn er erwarten muss, dass der potentiellen Mitarbeiter ein Drittel des Jahres fehlt, halte ich (jedenfalls grundsätzlich) nicht nur für nachvollziehbar, sondern auch für legitim.
--- End quote ---


Ich verstehe dein Ansinnen, gesunde und arbeitsame Mitarbeiter zu beschäftigen. Krankheitszeiten bleiben ohne Weiteres kein Auswahlkriterium gem. Art. 33 II GG. Womöglich war das Aussortieren der von dir genannten Bewerber rechtswidrig und es hat sich schlicht niemand gewehrt?


Folgendes habe ich gefunden:


--- Zitat ---b) Die Verfügungsklägerin hat auch einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Dieser besteht auf der Grundlage von Art. 33 Abs. 2 GG.

Nach dieser Bestimmung hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Anders als bei einem privaten Arbeitgeber muss jede Bewerbung nach diesen Kriterien beurteilt werden. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind dabei nicht nur Beamtenstellen, sondern auch solche Stellen, die von Arbeitnehmern besetzt werden können. Beamte und Angestellte haben nach Art. 33 Abs. 2 GG bei der Besetzung von Ämtern des öffentlichen Dienstes den grundrechtsgleichen Anspruch auf sachgerechte und zeitnahe Entscheidung über ihre Bewerbung. Dabei folgt aus der Festlegung der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren. Erweist sich die vom öffentlichen Arbeitgeber getroffene Auswahlentscheidung vor dem Hintergrund dieser Kriterien als rechtsfehlerhaft und ist die ausgeschriebene Stelle nicht schon besetzt oder das Auswahlverfahren rechtmäßig abgebrochen, kann die Wiederholung der Auswahlentscheidung unter Beachtung der gerichtlichen Vorgaben verlangt werden (BAG, Urteil vom 12. Oktober 2010 – 9 AZR 518/09 – Rn. 16, AP Nr. 72 zu Art 33 Abs. 2 GG).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Auswahlentscheidung der Verfügungsbeklagten erweist sich als rechtsfehlerhaft.

Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten kann allein die Auflistung von 31 Fehltagen im Jahr 2011 in zehn Krankheitszeiträumen nicht ohne Weiteres zur Annahme der Nichteignung der Verfügungsklägerin führen.

Zwar können die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers und somit die krankheitsbedingten Fehlzeiten durchaus im Rahmen der von der Verfügungsbeklagten zu treffenden Auswahlentscheidung für eine zu besetzende Stelle Berücksichtigung finden. Da zur Eignung eines Bewerbers auch die gesundheitliche Eignung für eine Stelle gehört, ist es der anstellenden Behörde im Rahmen der Überprüfung der Eignung grundsätzlich nicht verwehrt, auch die gesundheitliche Eignung in ihre Entscheidung mit einzubeziehen und dafür auf vergangene Krankheitszeiten zurückzugreifen (vgl. VG Düsseldorf vom 11.02.2011, 13 L 1746/10 – juris).

Für eine Aussage zum allgemeinen Gesundheitszustand des Bewerbers und erst Recht für die Annahme einer Nichteignung für die zu besetzende Stelle kann es allerdings nicht ausreichen, wenn die Behörde bloß auf den Umfang der krankheitsbedingten Fehltage hinweist. Es bedarf vielmehr einer wertenden Einschätzung der Eignung des Bewerbers in gesundheitlicher Hinsicht, die dann anhand der krankheitsbedingten Fehlzeiten erläutert werden kann (vgl. VG Düsseldorf vom 11.02.2011, 13 L 1746/10 – juris, so auch VG Gelsenkirchen vom 27.07.2006, 1 L 913/06 – juris). Vorliegend vermag die Kammer nach dem Vortrag der Verfügungsbeklagten keine wertende Einschätzung erkennen, die diesen Kriterien standhält. Die Verfügungsbeklagte hat vorliegend allein aufgrund der Anzahl der Fehltage und Häufigkeit der Krankheitsperioden auf die Nichteignung der Verfügungsklägerin geschlossen, ohne dieser zuvor die Gelegenheit zu geben, etwa im Rahmen des durchgeführten Bewerbergesprächs, sich zu den Ausfallzeiten zu erklären und so Bedenken gegen den ihr gegenüber bestehenden Verdacht der Nichteignung auszuräumen. Bereits aus diesem Grunde erweist sich die Auswahlentscheidung der Verfügungsbeklagten als inhaltlich fehlerhaft.

Es kann daher dahinstehen, ob 31 Krankheitstage innerhalb eines Jahres für die Annahme der Ungeeignetheit eines Bewerbers grundsätzlich ausreichen können.
--- End quote ---
ArbG Hamburg, Az.: 22 Ga 1/12, Urteil vom 20.02.2012

Hier liegen zudem 2 "Schicksalsschläge" - wohl äußere Einflüsse vor - statt ein dem Bewerber innewohnendes, ggf. dauerhaftes, gesundheitliches Problem (Grunderkrankung + Infektanfälligkeit, kaputter Rücken, COPD, was auch immer).

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