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Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?

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Casa:

--- Zitat ---Was verstehst du jedoch nicht daran, dass durch das handeln (den Vertrag unterschreiben) der Ag nicht mehr in der Lage ist förderliche Zeiten anzuerkennen!
Da eben die Voraussetzung "Zur Deckung des Personalbedarfs" nicht eingetreten ist und auch eingetreten wäre, kann (tariflich gesehen) und darf (haushaltsrechtlich gesehen) der AG keine förderliche Zeiten anerkennen.
--- End quote ---

Die "Deckung des Personalbedarfs" ist als "Mangel geeigneter Bewerber" definiert.
Siehe Durchführungshinweise:


--- Zitat ---1. Es handelt sich um besonders gesuchte Berufsgruppen. Das ist insbesondere anzunehmen
bei Berufen im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik),
sonstigen Spezialistinnen und Spezialisten sowie bei Ärztinnen und Ärzten oder;
2. bei dem zu besetzenden Arbeitsplatz liegt ein ortsbezogener Bewerbermangel vor oder;
3. es liegen nur wenige geeignete Bewerbungen vor.
--- End quote ---

Es handelt sich dabei um einen objektiven Tatbestand, der positiv oder negativ festzustellen ist. Ist die Feststellung negativ, ist der Tatbestand nicht erfüllt und es kann keine Rechtsfolge "Ermessensausübung" geben. Ist der objektive Tatbestand "Bewerbermangel" erfüllt, darfst du bei der Ermessensausübung nicht mehr sagen, eigentlich besteht gar kein Bewerbermangel, weil dies in Widerspruch zum objektiven Tatbestand steht. Damit entziehst du dir die Grundlage, um überhaupt Ermessen ausüben zu dürfen.

Nun sagt das BAG, der Bewerber muss die Anerkennung förderlicher Zeiten nicht verlangen. In dem Fall hat der Bewerber das bei Einstellung auch nicht getan. Er hat in dem Fall - und das sagt das BAG auch deutlich - dennoch Anspruch auf die Ermessensausübung.
Das hat zur Konsequenz, dass die Erfüllung des Tatbestands "Mangel an Bewerbern" einer Zäsur unterliegt oder wenigstens losgelöst von der Rechtsfolge der Ermessenausübung zu betrachten ist. Andernfalls hätte das BAG die Aussage "hat Anspruch auf Ermessensausübung, auch ohne es zu fordern" nicht getätigt.
Die Aussage "Bewerber hat Stelle angenommen, ohne Anerkennung förderlicher Zeiten zu fordern", ist mit dem Ergebnis, ein "Mangel an Bewerbern" liegt nicht vor, nicht mit der Aussage des BAG zu vereinbaren.


Hier nochmal das BAG:

--- Zitat ---Zwar kann die Forderung des – einzigen – Bewerbers nach einer höheren als der tariflich für Einstellungen vorgesehenen Vergütung dazu führen, dass der Arbeitgeber seinen Personalbedarf ohne die Berücksichtigung von Zeiten einer förderlichen Tätigkeit nicht decken kann. Daraus folgt aber nicht, dass ein entsprechendes ausdrückliches Verhalten des Bewerbers auch zwingende Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Tarifnorm ist. Dies würde bedeuten, dass das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen vom jeweiligen Verhandlungsgeschick des Bewerbers abhinge. Zudem wäre es einem Arbeitgeber, der in der Vergangenheit für den Bereich, in dem die Stelle besetzt werden soll, keine (geeigneten) Bewerber ohne Anerkennung von Zeiten förderlicher Tätigkeiten gefunden hat, verwehrt, die Berücksichtigung solcher Zeiten von vornherein bei der zu besetzenden Stelle vorzusehen und damit den Bewerberpool – auch unter dem Gesichtspunkt der Bestenauslese (zum Prinzip der Bestenauslese vgl. BAG 1. Dezember 2020 – 9 AZR 192/20 – Rn. 26 f. mwN) – zu erweitern.
--- End quote ---

Und hier zum Haushaltsargument:

--- Zitat --- Daraus folgt zugleich, dass entgegen der Auffassung der Revision auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit iSv. § 7 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung (LHO) Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 1971 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. November 2019, GVBl. S. 333) das vom beklagten Land angenommene subjektive Element nicht erfordern. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit verlangt lediglich, die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den dafür einzusetzenden Mitteln anzustreben. Das Gebot der Sparsamkeit als Unterfall der Wirtschaftlichkeit (Dittrich Bundeshaushaltsordnung § 7 BHO Stand Juli 2020 Erläuterung Ziff. 2.2; von Lewinski/Burbat Bundeshaushaltsordnung § 7 Rn. 9) bedeutet nicht, dass die öffentliche Hand losgelöst von den Zielen ihres Handelns im konkreten Fall stets verpflichtet ist, möglichst wenig Geld auszugeben. Vielmehr genügt eine Maßnahme dem Gebot der Sparsamkeit, wenn sie wirtschaftlich im Sinne des Minimalprinzips ist. Dieses Prinzip verlangt allerdings keinen Mitteleinsatz auf dem untersten möglichen Niveau, sondern den Einsatz, der im konkreten Fall von der Sache her geboten ist (vgl. Dittrich aaO Stand Juli 2020 Erläuterung Ziff. 2.1, 2.3 und Stand Januar 2019 Erläuterung Ziff. 2.6; von Lewinski/Burbat aaO Rn. 5). Darum ist dem Gebot der Wirtschaftlichkeit einschließlich der Sparsamkeit genügt, wenn objektiv nachvollziehbare Gründe für eine Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L vorliegen (vgl. BAG 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12 – Rn. 20 mwN, BAGE 148, 217). Dafür ist – wie ausgeführt – nicht erforderlich, dass der zur Einstellung vorgesehene Bewerber die Anerkennung förderlicher Zeiten fordert.
--- End quote ---
https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/6-azr-254-20/


Ich verstehe deine Ansicht, er hat keine Anerkennung gefordert und die Stelle trotzdem angenommen, folglich ist eine Anerkennung nicht notwendig, um dem Bewerbermangel zu begegnen. Die Meinung kannst du haben, nur widersprichst du damit deutlich der Meinung des BAG. Eine andere Ansicht zu haben ist auch nicht falsch. Wenn es aber um die Erfolgaussichten in einer Sache geht, darfst du die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht außer acht lassen.

MoinMoin:
Wenn ich objektive nachvollziehbare Zweifel habe, dass ich die Stelle nicht besetzen kann, ohne förderliche Zeiten anzuwenden, dann kann ich sie als Massnahme einsetzen. So machen wir es und nutzen es.

Wenn ich eine Ausschreibung erfolgreich mit einem Bewerber besetzen kann, dann besteht jedoch keine Notwendigkeit ihn mittels Anerkennung von förderlichen Zeiten mit mehr Geld zu versorgen.
Ganz im Gegenteil! Ich darf es nicht.


Du willst uns also erzählen, dass das BAG der Meinung ist, dass man trotzdem förderliche Zeiten anerkennen muss?
Kann?
Darf?

Na prima, dass werde ich bei meinem nächstem Rechnungshofbericht berücksichtigen.

Und wenn ich die Stelle ohne Anwendung von förderliche Zeiten mit meinem Wunschkandidaten besetzt bekommen habe, dann darf ups muss, könnte ich ihm rückwirkend, die förderliche Zeiten anerkennen? Weil ich verpasst habe mein Ermessen auszuüben. :P
Und der Rechnungshof darf das nicht bemängeln, weil ich habe nur rückwirkend mein Ermessen ausgeübt. :-\

 Merkst du eigentlich wie lächerlich diese Theorie klingt.
Und du glaubst wirklich, dass das umgesetzt werden kann.

Ich weiß nicht wieviel Einstellungsverfahren du bisher Real betrieben hat.
Oder wieviele Menschen durch dich mehr als den tariflichen Mindestlohn bekommen haben und in wievielen Verwaltungen du in echt unterwegs warst.

Ich weiß nicht in welcher Position und mit welchem realem Wissen du unterwegs bist, aber wenn du dass tatsächlich erfolgreich vor einer Rüge des Rechnungshofes verteidigen kannst, bzw. für einige meiner Kollegen vor Gericht durchsetzen kannst, dann hätte ich da ein lukrativen Job für dich. Melde dich per PM.

Bis dahin, treibe ich die Bewerber dahin, dass sie das Pokerspiel aktiv mitbetreiben und die Aussage tätigen, ich muss mir überlegen, ob ich die Stelle annehme, wenn meine förderliche Zeiten nicht anerkannt werden.

Denn das spart mir hinterher die Diskussion mit dem Haushältern, dem Rechnungshof und anderen Menschen, die auf dem Geld sitzen. Und dort nutzen deine verwaltungsrechtlichen Theorien reichlich wenig und deine Interpretationen der BAG Urteile zeigen nur wie man vorgehen darf, aber nicht wie man vorgehen muss.

Und wenn ein Mensch den AV ohne zu zucken unterschreibt, obwohl ich ihm mehr geben könnte und sogar wollte, dann ist dein Vorschlag: Hau Raus das Geld, BAG gibt dir grünes Licht und du machst damit nichts falsch.
Und ich habe schon eine Menge Einstellungen begleitet und auch schon einer Menge Menschen im TVL zu Zulagen verholfen.
Schön wäre es wenn die reale Welt so wäre wie du sie dir zurecht legst.

Feivel:

--- Zitat von: UNameIT am 08.04.2025 18:24 ---
--- Zitat von: Feivel am 08.04.2025 13:42 ---Die Intervention hatte ich bereits in Einzelgesprächen. Ich drücke es mal in ähnlichen Worten aus: Ich bin der Jungspund (m36) und alle hier könnten meine Eltern oder Großeltern sein, haben in allen Belangen mehr Erfahrung und und und...

--- End quote ---

Und doch ist Erfahrung kein Grund jemanden anzuschreien. Respektlosigkeit ist nie in Ordnung.

--- End quote ---

Korrekt  ;D

Feivel:

--- Zitat von: Fettschwanzmaki am 08.04.2025 19:58 ---
--- Zitat von: Feivel am 08.04.2025 13:42 ---Na ja, ich sage es mal so: Ich war der Meinung, dass ich gut vorbereitet war, zumindest aus fachlicher Sicht.
Im Vorfeld hatte ich damals ein Gespräch mit den Personalern geführt, die mir von vornherein gesagt haben, dass die Kommune Quereinsteigende ausschließlich in Stufe 1 einstellt. Dazu kam noch, dass das Bewerbungsgespräch online stattfand (total ungewohnt) und ich nach der Bundeswehr ohnehin jetzt nicht so das Selbstbewusstsein ausgestrahlt habe, um das Thema trotzdem breitzuschlagen.
--- End quote ---

Ich habe nur ein wenig gefrotzelt, "Wer den Schaden hat..." - das wird mir hier sonst alles zu trocken. Da kann ich ja gleich in den ÖD gehen.

Die Nummer mit der "1" sollte sich jetzt ja erledigt haben, für zukünftige Gespräche bist Du gewappnet. Bei mir gab es damals zudem auch einen wesentlichen Unterschied: Endstufe. Den "17.2er" hatte ich dabei nicht vor Augen, kam in meiner damaligen Situation logischerweise nicht zum Tragen.
--- End quote ---

Ja, für zukünftige Gespräche definitiv. Ich werde nach meinem Urlaub auch mit den Personalern über die Laufzeitverkürzung sprechen, ansonsten werden meine bisherigen Projekte nicht fertig.
Ne, ist ja auch nicht so, dass man jeden Mist kennt und weiß. Das sagt einem ja auch keiner. Gut, dass es solche Plattformen wie diese hier gibt, bei denen man sich austauschen kann.

Ach, das frotzeln kann ich ab, mache ich ja auch. Ist nur durch den beruflichen Alltag etwas eingeschlafen.


--- Zitat ---
--- Zitat ---(...) Ich bin der Jungspund (m36) und alle hier könnten meine Eltern oder Großeltern sein, haben in allen Belangen mehr Erfahrung und und und...

--- End quote ---

Herrje, "Unter den Talaren - Muff von 1000 Jahren...". Wechsel am besten den AG, das klingt nach "ÖD in Bestform" - aber auch diese "Führungsunkultur" wird früher oder später aussterben.

Ich wünsche Dir für die Zukunft ein gut vorbereitetes (sry!) und glückliches Händchen.

--- End quote ---

Wasser predigen und Wein trinken...das beschreibt die Führungskultur ganz gut. Man hat hier zwar auch erkannt, dass die anderen Kommunen deutlich moderner sind und man nachziehen muss, aber das wird wohl noch Jahre dauern.

Ich danke Dir, künftig bin ich deutlich besser aufgestellt  ;D

MoinMoin:

--- Zitat von: Feivel am 11.04.2025 08:35 ---Ja, für zukünftige Gespräche definitiv.

--- End quote ---
Damit bei uns sowas, wie es dir widerfahren ist, nicht passiert und man dann irgendwann frustrierte Mitarbeiter hat, klären wir im Vorstellungsgespräch die Menschen darüber auf, welchen Verhandlungsspielraum es gibt und welche Entwicklungsmöglichkeiten.
Insbesondere was den Einsatz von förderliche Zeiten angeht. Wir machen uns vorher darüber Gedanke, welche Zeiten es beim Bewerber gibt, die man als förderlich ansehen kann, erläutern dieses und fragen ab, zu welchen Bedingungen die Bewerber sofort einer Einstellung zustimmen würden und bei welchen sie sich es überlegen würden.
Das erleichtert ungemein die Erstellung der Auswahlvermerke und der darauf folgenden Einstellungsvermerke inkl. der Begründung über die Gewährung der förderlichen Zeiten.

Und wenn dann jemand ohne Anerkennung von fZ eingestellt wird, kann er sich hinterher nicht darüber beklagen.

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