Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 415951 times)

Knecht

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 969
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3000 am: 15.12.2025 14:40 »
@Kasio

Interessanter Gedanke. Dem könnte man als fürsorglicher Staat doch sicher mit einer Wegzugsteuer des Ehepartners begegnen - so hält man ja schließlich auch die meisten Mittelständler im Land.

Kasio1983

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 6
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3001 am: 15.12.2025 14:44 »
Dieser ChatGPT Mist nervt.

Danke, hab ein paar Tage dafür gebraucht!

Durgi

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 131
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3002 am: 15.12.2025 15:05 »
@Rentenonkel
Wir haben es laengst nicht mehr mit einem Erkenntnisdefizit zu tun, sondern mit einer strategisch verfestigten, bewusst einkalkulierten Divergenz zwischen juristischer Gebotenheit und fiskalischer Steuerungslogik. Erkennbar spaetestens seitdem der Gesetzgeber gelernt hat, dass Grenzgang, Teilheilung, Zeitverzug und erneuter Gang nach Karlsruhe fiskalisch kalkulierbarer sind als verfassungstreue Vollumsetzung.


NWB

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 457
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3003 am: 15.12.2025 15:10 »
Das halte ich für so wahr wie es bitter ist

BVerfGBeliever

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,049
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3004 am: 15.12.2025 15:12 »
Zur Diskussion über die Abkopplung vor 1996:

Die von Believer gezeigten Daten sind zweifellos beeindruckend. Ein Gericht müsste aber tiefer eintauchen und sich mit den Besonderheiten der 70er und 80er beschäftigten. Es ist ja nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass es Gründe für eine Abkopplung gibt. Gab es besondere Belastungen für Arbeitnehmer (z.B. Erhöhungen SV-Beiträge)? Besonderheiten bei Beihilfe, Versorgung, Zuschlagswesen? Ölkrise, Arbeitslosigkeit, Strukturwandel, Bildungsniveau? you name it. Ohne da jetzt tiefer einzutauchen: Es wäre viel Arbeit für die Fachgerichte. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Rechtsprechung der Zeit,
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv099300.html
wo teils auch der Zeitraum bis 1996 beleuchtet wird.

Und sagen wir es doch mal, wie es ist: Die Grundgehälter des Jahres 1996 als Fortschreibungsbasis zu wählen, ohne davon überzeugt zu sein, dass sie amtsangemessen sind, wäre doch so ziemlich die dümmste Aktion, die man sich vorstellen könnte.

Also selbst wenn vorher eine Abkopplung stattgefunden hat, so ist doch im Lichte des Urteils davon auszugehen, dass das Basisjahr 1996 in Ordnung ist. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass man sich das Basisjahr nicht angeschaut hat. Die Höhe der Grundgehälter im Jahr 1996 und die auch Tatsache, dass nach den neuen Maßstäben das Mindestabstandsgebot im Ausgangspunkt nicht eingehalten war, müssen doch in Karlsruhe bekannt sein. Jeder kann dass in in wenigen Minuten überprüfen, warum nicht das BVerfG. Einen solchen Fauxpas kann man sich doch nicht erlauben.

Ich halte die Idee, die Fachgerichte von einer Abkopplung vor 1996 zu überzeugen, für aussichtslos. Die ganze Argumentation (ob zutreffend oder nicht) wird stets unterstellen müssen, dass man in Karlsruhe ziemlich dämlich gehandelt hat und wichtige Fakten übersehen hat. Ich denke, die Fachgerichte werden sich nicht darauf einlassen, zumal die klaren Vorgaben ja nun eine deutliche Arbeitsentlastung für sie bedeuten.

Hallo Ryan, vielen Dank für deine Antwort!

1.) Entwicklung des realen Durchschnittslohns

- Du hast völlig Recht, dass die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten „unterschiedlich“ war, was natürlich auch Einfluss auf die jeweilige Lohnentwicklung hatte.
- Zur Verdeutlichung habe ich unten mal den realen Durchschnittslohn dargestellt, also unter Berücksichtigung der Inflation (grüne Linie).
- Man sieht beispielsweise, dass es Anfang der 1980er Jahre Reallohnverluste gab (oder z.B. auch im Jahr 2022 aufgrund der hohen Inflation).
- Man sieht aber auch, dass der durchschnittliche Reallohn insbesondere zu Beginn des betrachteten Zeitraums deutlich gestiegen ist, und zwar um satte 44,6% zwischen 1970 und 1996 (sowie anschließend um weitere 17,6% zwischen 1996 und 2024).
- Und ja, der von mir verwendete „Index der durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste“ scheint wie erwähnt etwas ausgeprägter anzusteigen als der Nominallohnindex.
- Ich habe keine Ahnung, worin genau der Unterschied begründet liegt (müsste man mal recherchieren). Aber auch der Nominallohnindex (falls man ihn künstlich zurückrechnen würde) dürfte zwischen 1970 und 1996 deutlich angestiegen sein.

2.) Entwicklung der realen A15-Besoldung

- Völlig anders sieht hingegen die Entwicklung der realen A15-Besoldung aus (rote Linie in der Grafik).
- In den ersten zehn Jahren ist die reale Besoldung „immerhin“ um gut 16% angestiegen.
- Seitdem gibt es aber im Großen und Ganzen lediglich eine Seitwärtsbewegung, mit kleineren Ausschlägen nach oben und unten.
- Entsprechend lag die reale A15-Besoldung im Jahr 1996 gerade einmal 16,3% höher als 1970.
- Nochmals zum Vergleich: Der reale Durchschnittslohn lag hingegen 44,6% höher als 1970.

Somit denke ich durchaus, dass man argumentieren kann, dass die A15-Besoldung in den Jahren zwischen 1970 und 1996 der „Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards“ nicht hinreichend Rechnung getragen hat. Daher erscheint mir die Wahl des Basisjahres 1996 weiterhin als hochproblematisch. Und wie gesagt, die Begründung des BVerfG in Rn. 80 ist in meinen Augen recht dünn („hinreichender Abstand zur Wiedervereinigung sowie den prüfungsgegenständlichen Gesetzen“).



Etwaiger „Fauxpas“ des BVerfG

- Nochmals: Ich bin sehr froh, in einem Rechtsstaat wie dem Unsrigen zu leben.
- Außerdem habe ich absolute Hochachtung vor unseren Gerichten (sowie natürlich sämtlichen sich hier tummelnden Juristen :) ).
- Lediglich bei Fragen mit einem eher mathematisch/ökonomischen Inhalt handelt die Juristerei aus meiner Sicht gelegentlich ein wenig „seltsam“.
- Konkretes Beispiel (was wir ja vor einigen Monaten bereits diskutiert hatten): Im Jahr 1923 gab es bekanntlich eine Hyperinflation. Im Rahmen der „damaligen Zeit des völligen Währungszusammenbruchs“ (späterer BGH-Sprech) wurde daher am 12.12.1923 festgelegt, dass es bei einer verspäteten Zahlung von Dienst- und Versorgungsbezügen keinen „Rechtsanspruch auf Verzinsung oder Ersatz“ gibt. Angesichts der damaligen Situation war diese Regelung aus meiner Sicht absolut logisch und nachvollziehbar.
- Erstaunlicherweise ist diese Regel jedoch auch 102 Jahre und 3 Tage später immer noch rechtswirksam. Als Nicht-Jurist erschließt sich mir diese Tatsache nicht auf Anhieb (und auch nicht beim zweiten Nachdenken)..


Somit wissen wir nicht, wie intensiv sich die BVerfG-Richter mit der Frage des Basisjahres beschäftigt haben und ob sie sich dabei des oben beschriebenen (mathematisch/ökonomischen) Sachverhalts vollumfänglich bewusst waren..


Große Grafik: https://s1.directupload.eu/images/251215/oqp3aivc.png

Kleine Grafik:

vermessen

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 89
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3005 am: 15.12.2025 15:36 »
Das ist jetzt nur ein Beispiel mit dem fiktiven Partner Einkommen und was an Dienststellen mittlerweile diskutiert wird. Auch wenn es moralisch verwerflich sein mag.

Zitat: (von einem Kollegen)

„Wenn ich das aus dem Forum mit dem fiktiven Partnereinkommen raus lese, dann stellt sich für mich die Frage ob es nicht besser ist sich scheiden zu lassen. Nur mal angenommen!

Ich werfe meine Frau aus dem Haus (nicht wirklich) aber wir lassen uns scheiden, meine Frau zieht zwei Häuser weiter und nimmt sich ein Zimmer. Die Kinder bleiben bei mir. Somit fällt der verheiratete Zuschlag weg. Allerdings bleiben die Kinder bei mir. Ergo behalte ich den Familienzuschlag für beide Kinder. Meine Frau wird wegen dem Selbstbehalt kein Unterhalt zahlen müssen/können. Also bekomme ich Unterhaltsvorschuss. Mir kann dann das fiktive Partnereinkommen nicht angerechnet werden und würde sehr wahrscheinlich, nach den aktuellen Diskussionen, einen Ergänzungszuschlag bekommen. Dazu käme noch die bessere Steuerklasse 2 für Al-leinerziehende.
Möchte der DH wirklich so beschissen werden?
Die Sache ist die, ich brauche das Geld heute um meine Familie zu ernähren nicht erst in acht bis „X“ Jahren. Bis das Bundesverfassungsgericht dies endlich geklärt hat ob das fiktive Partnereinkommen verfassungsgemäß-/ Verfassungswidrig ist.
Der Gedanke ist für mich hochkriminell und kommt bei uns auf der Dienststelle zwischendurch als Argument um endlich vernünftig alimentiert zu werden.“
Zitat Ende:

Meine Antwort darauf
Ich verstehe deinen Gedankengang sehr gut – und du bist mit dieser Überlegung definitiv nicht allein. Genau diese Diskussion wird gerade in vielen Dienststellen geführt, weil das System fak-tisch ökonomische Fehlanreize setzt. Ich versuche das nüchtern und ohne Schönreden einzuordnen

Da lach ich selbst als Nicht-Jurist drüber.....

1. Kosten der Unterkunft für die Frau
2. Unterhaltsvorschuss ist ein Vorschuss. Sind die wirtschaftlichen Verhätnisse wieder okay darf die Frau alles nachzahlen
3. Sollte die Frau im Selbstbehalt bleiben wollen dann viel Spaß mit der Rente.
4. Da wird es im (fiktiven) Trennungsjahr seeehr traurig auf dem Konto aussehen. Stichwort 3-7tel-Regelung


Ich danke, dass sich der DH keine neue Flanke aufmacht bei einer faktischen Benachteiligung der Ehe.

Rentenonkel

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,603
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3006 am: 15.12.2025 16:01 »
@Rentenonkel
Wir haben es laengst nicht mehr mit einem Erkenntnisdefizit zu tun, sondern mit einer strategisch verfestigten, bewusst einkalkulierten Divergenz zwischen juristischer Gebotenheit und fiskalischer Steuerungslogik. Erkennbar spaetestens seitdem der Gesetzgeber gelernt hat, dass Grenzgang, Teilheilung, Zeitverzug und erneuter Gang nach Karlsruhe fiskalisch kalkulierbarer sind als verfassungstreue Vollumsetzung.

Alles, was ich dazu noch sagen kann, würde mindestens gegen die Netiquette des Forums verstoßen, wahrscheinlich sogar gegen mein Mäßigungsgebot.  :o

GoodBye

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 338
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3007 am: 15.12.2025 16:15 »
Zur Diskussion über die Abkopplung vor 1996:

Die von Believer gezeigten Daten sind zweifellos beeindruckend. Ein Gericht müsste aber tiefer eintauchen und sich mit den Besonderheiten der 70er und 80er beschäftigten. Es ist ja nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass es Gründe für eine Abkopplung gibt. Gab es besondere Belastungen für Arbeitnehmer (z.B. Erhöhungen SV-Beiträge)? Besonderheiten bei Beihilfe, Versorgung, Zuschlagswesen? Ölkrise, Arbeitslosigkeit, Strukturwandel, Bildungsniveau? you name it. Ohne da jetzt tiefer einzutauchen: Es wäre viel Arbeit für die Fachgerichte. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Rechtsprechung der Zeit,
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv099300.html
wo teils auch der Zeitraum bis 1996 beleuchtet wird.

Und sagen wir es doch mal, wie es ist: Die Grundgehälter des Jahres 1996 als Fortschreibungsbasis zu wählen, ohne davon überzeugt zu sein, dass sie amtsangemessen sind, wäre doch so ziemlich die dümmste Aktion, die man sich vorstellen könnte.

Also selbst wenn vorher eine Abkopplung stattgefunden hat, so ist doch im Lichte des Urteils davon auszugehen, dass das Basisjahr 1996 in Ordnung ist. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass man sich das Basisjahr nicht angeschaut hat. Die Höhe der Grundgehälter im Jahr 1996 und die auch Tatsache, dass nach den neuen Maßstäben das Mindestabstandsgebot im Ausgangspunkt nicht eingehalten war, müssen doch in Karlsruhe bekannt sein. Jeder kann dass in in wenigen Minuten überprüfen, warum nicht das BVerfG. Einen solchen Fauxpas kann man sich doch nicht erlauben.

Ich halte die Idee, die Fachgerichte von einer Abkopplung vor 1996 zu überzeugen, für aussichtslos. Die ganze Argumentation (ob zutreffend oder nicht) wird stets unterstellen müssen, dass man in Karlsruhe ziemlich dämlich gehandelt hat und wichtige Fakten übersehen hat. Ich denke, die Fachgerichte werden sich nicht darauf einlassen, zumal die klaren Vorgaben ja nun eine deutliche Arbeitsentlastung für sie bedeuten.

Hallo Ryan, vielen Dank für deine Antwort!

1.) Entwicklung des realen Durchschnittslohns

- Du hast völlig Recht, dass die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten „unterschiedlich“ war, was natürlich auch Einfluss auf die jeweilige Lohnentwicklung hatte.
- Zur Verdeutlichung habe ich unten mal den realen Durchschnittslohn dargestellt, also unter Berücksichtigung der Inflation (grüne Linie).
- Man sieht beispielsweise, dass es Anfang der 1980er Jahre Reallohnverluste gab (oder z.B. auch im Jahr 2022 aufgrund der hohen Inflation).
- Man sieht aber auch, dass der durchschnittliche Reallohn insbesondere zu Beginn des betrachteten Zeitraums deutlich gestiegen ist, und zwar um satte 44,6% zwischen 1970 und 1996 (sowie anschließend um weitere 17,6% zwischen 1996 und 2024).
- Und ja, der von mir verwendete „Index der durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste“ scheint wie erwähnt etwas ausgeprägter anzusteigen als der Nominallohnindex.
- Ich habe keine Ahnung, worin genau der Unterschied begründet liegt (müsste man mal recherchieren). Aber auch der Nominallohnindex (falls man ihn künstlich zurückrechnen würde) dürfte zwischen 1970 und 1996 deutlich angestiegen sein.

2.) Entwicklung der realen A15-Besoldung

- Völlig anders sieht hingegen die Entwicklung der realen A15-Besoldung aus (rote Linie in der Grafik).
- In den ersten zehn Jahren ist die reale Besoldung „immerhin“ um gut 16% angestiegen.
- Seitdem gibt es aber im Großen und Ganzen lediglich eine Seitwärtsbewegung, mit kleineren Ausschlägen nach oben und unten.
- Entsprechend lag die reale A15-Besoldung im Jahr 1996 gerade einmal 16,3% höher als 1970.
- Nochmals zum Vergleich: Der reale Durchschnittslohn lag hingegen 44,6% höher als 1970.

Somit denke ich durchaus, dass man argumentieren kann, dass die A15-Besoldung in den Jahren zwischen 1970 und 1996 der „Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards“ nicht hinreichend Rechnung getragen hat. Daher erscheint mir die Wahl des Basisjahres 1996 weiterhin als hochproblematisch. Und wie gesagt, die Begründung des BVerfG in Rn. 80 ist in meinen Augen recht dünn („hinreichender Abstand zur Wiedervereinigung sowie den prüfungsgegenständlichen Gesetzen“).



Etwaiger „Fauxpas“ des BVerfG

- Nochmals: Ich bin sehr froh, in einem Rechtsstaat wie dem Unsrigen zu leben.
- Außerdem habe ich absolute Hochachtung vor unseren Gerichten (sowie natürlich sämtlichen sich hier tummelnden Juristen :) ).
- Lediglich bei Fragen mit einem eher mathematisch/ökonomischen Inhalt handelt die Juristerei aus meiner Sicht gelegentlich ein wenig „seltsam“.
- Konkretes Beispiel (was wir ja vor einigen Monaten bereits diskutiert hatten): Im Jahr 1923 gab es bekanntlich eine Hyperinflation. Im Rahmen der „damaligen Zeit des völligen Währungszusammenbruchs“ (späterer BGH-Sprech) wurde daher am 12.12.1923 festgelegt, dass es bei einer verspäteten Zahlung von Dienst- und Versorgungsbezügen keinen „Rechtsanspruch auf Verzinsung oder Ersatz“ gibt. Angesichts der damaligen Situation war diese Regelung aus meiner Sicht absolut logisch und nachvollziehbar.
- Erstaunlicherweise ist diese Regel jedoch auch 102 Jahre und 3 Tage später immer noch rechtswirksam. Als Nicht-Jurist erschließt sich mir diese Tatsache nicht auf Anhieb (und auch nicht beim zweiten Nachdenken)..


Somit wissen wir nicht, wie intensiv sich die BVerfG-Richter mit der Frage des Basisjahres beschäftigt haben und ob sie sich dabei des oben beschriebenen (mathematisch/ökonomischen) Sachverhalts vollumfänglich bewusst waren..


Große Grafik: https://s1.directupload.eu/images/251215/oqp3aivc.png

Kleine Grafik:


Wenn man Ökonomen fragt, bekommt man auch die Antwort eines Ökonomen. Das sage ich aus Erfahrung in der Arbeit mit Ökonomen.

Insoweit mein Vorwurf: Man hat das Ganze vom Ergebnis aus betrachtet - das was Ökonomen häufig tun - und sich danach das entsprechende Basisjahr ausgesucht.

BVerfGBeliever

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,049
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3008 am: 15.12.2025 16:26 »
Insoweit mein Vorwurf: Man hat das Ganze vom Ergebnis aus betrachtet - das was Ökonomen häufig tun - und sich danach das entsprechende Basisjahr ausgesucht.

Der Gedanke hat sich mir in der Tat auch schon aufgedrängt.

Wobei sich natürlich die Frage stellt, woher genau die etwaige (implizite) "Vorgabe" kam..

GoodBye

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 338
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3009 am: 15.12.2025 16:38 »
Die Antwort hast du ja mit deiner Grafik bereits gegeben.

Nun kann man sich natürlich auch fragen, welchen tieferen Sinn es hat, die höheren Besoldungsgruppen knapp zu halten. Auch da lehne ich mich aus dem Fenster: Man will die Besten garnicht erst anlocken.

Das sind nämlich Leute die hinterfragen, Unruhe stiften und nicht jeden Blödsinn mitmachen.

Ozymandias

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,457
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3010 am: 15.12.2025 16:41 »
Dr. Färber ist mehr Ökonomin als Rechtswissenschaftlerin.
Gab es das eigentlich schon mal, dass Gerichte ihre Rechenarbeit so auslagern?
Warum hat das kein wissenschaftlicher Mitarbeiter gemacht?

Wie gesagt meiner Meinung nach, gibt es für das Jahr 1996 keine vollumfängliche gerichtliche Weisheit. Man hat das Jahr aus dem Bauch heraus ausgesucht und die meiste Rechenarbeit zwar auf Anweisung aber - eine nicht vollständig unabhängige - außerhalb des Gerichtsbereich ansässige Ökonomin machen lassen. (Der Beschluss scheint insgesamt auch aus Zeitdruck entstanden zu sein - jahrelange Denkarbeit würde ich hier eher für ein Gerücht halten).

Ebenso kritisch sehe ich übrigens die Datenübernahme des PKV-Verbands. Das ist zu 99% ein Lobbyverein und keine wissenschaftliche Einrichtung. Da gibt es keinerlei gerichtliche Überprüfung der zur Verfügung gestellten Daten, die einer wissenschaftlichen oder gar gerichtlichen Unabhängigkeit standhalten würde.

=> Man beschädigt seine Autorität und Unabhängigkeit, wenn man sich bei entscheidungserheblichen Daten so auf nicht-unabhängige Dritte verlässt.
« Last Edit: 15.12.2025 16:49 von Ozymandias »

BalBund

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 597
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3011 am: 15.12.2025 17:24 »
@ Durgi

Das entspricht meiner Vermutung von gestern. Rückwärtige Heilung nach alter Gesetzgebung. Also über die Familienzuschläge und ggf. moderat über die Grundbesoldung. In die Zukunft gewandt erfolgt die Einführung eines max. hohen Partnereinkommens, so dass keine weiteren Anpassungen, insbesondere der Grundbesoldung, mehr notwendig sind. Das Spiel wird dann solange fortgesetzt bis das BVerfG die Anrechnung eines fiktiven Partnereinkommens für unzulässig erklärt.

Die rückwärtige Heilung muss auf Basis der aktuellen Gesetzgebung erfolgen, da besteht kein Zweifel. Festzulegen ist, was - im Einklang mit dem Urteil - die unterste mögliche Besoldung ist, sodann was Abteilung V für gerade noch verfassungsgemäß in puncto Abstandsgebot hält und basierend darauf wird dann eine neue Tabelle kommen, die gegengerechnet wird.

den Rest würde ich so allerdings nicht unterschreiben.

lotsch

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,183
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3012 am: 15.12.2025 17:32 »
Die Prekaritätsschwelle zielt stärker auf die Gewährleistung gesellschaftlicher Teilhabe als die bloße Existenzsicherung und liegt damit deutlich höher als 15 % über dem Grundsicherungsniveau.
https://verfassungsblog.de/berliner-beamte-bverfg-besoldung/

Stimmt die Behauptung? Haben die Damen und Herren derZahlen das schon einmal nachgeprüft?

lotsch

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,183
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3013 am: 15.12.2025 17:42 »
Dass Beamte in unteren Besoldungsgruppen – wie nach gegenwärtiger Rechtslage in vielen Bundesländern – erst durch ein Partnereinkommen oder einen Zuschuss des Dienstherrn den Abstand zur Grundsicherung einhalten, ist spätestens mit dem neuen Mindestniveau verfassungsrechtlich nicht mehr zu halten, insbesondere wenn der Zuschuss nur auf Antrag gewährt wird.
https://verfassungsblog.de/berliner-beamte-bverfg-besoldung/

Ryan

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 73
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #3014 am: 15.12.2025 17:50 »
Die Prekaritätsschwelle zielt stärker auf die Gewährleistung gesellschaftlicher Teilhabe als die bloße Existenzsicherung und liegt damit deutlich höher als 15 % über dem Grundsicherungsniveau.
https://verfassungsblog.de/berliner-beamte-bverfg-besoldung/

Stimmt die Behauptung? Haben die Damen und Herren derZahlen das schon einmal nachgeprüft?

Die vom Bund selbst berechnete Mindestalimentation im Jahr 2024 und Mietenstufe VII lag im letzten Entwurf bei 48002 Euro.

MÄE(2024) *1,84 = 27619 * 1,84 = 50818

Also kein wesentlicher Unterschied in der Höhe. Allerdings natürlich weniger Spielraum für den Gesetzgeber hinsichtlich der Idee unterschiedlicher Mindestalimentationen an unterschiedlichen Wohnorten.