Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3804755 times)

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7410 am: 15.04.2025 09:25 »


Das VG Karlsruhe hat nun allerdings insofern gezeigt, dass Du Recht hast, weil es ja keine Vorlage erstellt hat. Insofern hat es seine ihm gegebenen Spielräume genutzt und bspw. überhaupt nicht mittels eigener Berechnungen geprüft, ob die von der Gesetzesbegründung bspw. in der Betrachtung des Mindestabstandsgebots vollzogenen Behauptungen (die die Gesetzesbegründung auch in diesen Teilen Begründungen nennt) sachgerecht sind, so wie ich das vorhin exemplarisch gezeigt habe. Das konnte es tun, weil es keinen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss gefasst hat. Hätte es einen entsprechenden Beschluss gefasst, dabei aber dann u.a. eben keine hinreichenden eigenen Berechnungen zur Prüfung der rechtlichen Regelungen, die es in der Vorlage als evident sachwidrig betrachten wollte, durchgeführt, dürfte man davon ausgehen, dass das Bundesverfassungsgericht eine solche Vorlage - wie in den letzten Absätzen dargelegt - ohne viel Federlesens als unbegründet betrachtet hätte.

Meine Aussage bezog sich nun - in der Begründung dessen, wieso ich dem VG Hamburg meinen Respekt für den von ihm geleisteten Aufwand zolle, obgleich ich an grundlegenden Punkten seiner Entscheidungsbegründung zu anderen Schlüssen komme - auf eben genau diese Fällen: besoldungsrechtliche Klagen, die in einen Vorlage- und Aussetzungsberschluss münden. Ich wäre beim Schreiben meiner Zeilen nicht auf den Gedanken gekommen, dass man das anders verstehen könnte. Mein Respekt liegt also genau darin begründet, das VG Hamburg hat keine Vorlage erstellt, dem Kläger aber in der systematischen Abarbeitung des "Pflichtenhefts" und darüber hinaus in weiterer Anwendung bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung eine hervorragende Grundlage gegeben, um nun in einer ggf. vom Kläger vollzogenen Sprungrevision vor dem Bundesverwaltungsgericht seine Klage hinreichend zu substantiieren. Das war und ist nicht selbstverständlich, eben weil hier keine Vorlage erstellt worden ist. Deshalb zolle ich der Kammer meinen Respekt. Das VG Karlsruhe hat das nicht getan, und zwar aus Gründen, die ich nicht kenne. Es hat seine von Dir genannten Freiräume genutzt, die ihm niemand verwehren kann, da es keine Vorlage erstellt hat.


Das Grundproblem der Verwaltungsgerichte ist erst einmal, dass es sich bei den Richtern um Alleinkämpfer handelt. In den letzten Jahren hat sowohl die Quantität der Klagen zugenommen wie auch die Qualität der zugrunde liegenden Gesetze an Komplexität gewonnen. Ein solcher Einzelrichter sieht sich daher erst einmal mit einer Vielzahl von Klagen gegenüber, die er oder sie erledigen muss. Somit ist die Zeit, mit der er sich einer Sache widmen kann, auch limitiert. Bei höheren Gerichten ist diese Zeit deutlich üppiger und es ist regelmäßig auch mehr als ein Volljurist pro Kammer beschäftigt.

Bei einer Vorlage vor dem BVerfG besteht immer für den Einzelrichter immer die große Gefahr, dass diese Vorlage zurück gewiesen wird und man sich erneut mit dem Fall auseinander setzen muss. Die Zeit, die ein Richter an einem höheren Gericht hat, um sich mit dem Fall so intensiv auseinander zu setzen, dass er eine wasserdichte Vorlage schreiben kann, hat ein Richter am Verwaltungsgericht schlicht nicht.

Daher ist es umso erstaunlicher, dass das VG Hamburg sich soviel Mühe gemacht hat, ein so umfangreiches Urteil zu fällen. Erwartbar wäre eher ein Urteil gewesen ähnlich wie das des VG Karlsruhe.

Es ist aufgrund der Komplexität des Rechts nicht zu erwarten, dass sich jedes VG in epischer Tiefe mit der Beamtenbesoldung beschäftigt. Der Amtsermittlungsgrundsatz hat auch hier seine Grenzen.

Der Gang durch die Instanzen kommt daher für mich nicht überraschend. Auch die dem Grunde nach abweisenden Urteile der VG kommt für mich nicht überraschend.

Dennoch muss man das, was Swen sagt, lobend hervorheben. Die Kammer des VG Hamburg hat sich in einer Tiefe mit dem Thema auseinander gesetzt, die nicht von vorneherein erwartbar war.

Besser hätte ich das nicht formulieren können, Rentenonkel: Genauso ist es. Die dreiköpfige Kammer überträgt i.d.R. den besoldungsrechtlichen Fall an seinem Beginn auf einen Einzelrichter, der dann als Berichterstatter, wenn er den Fall wirklich tief behandeln will, eine Unzahl an Daten einholen muss, sich mit einer Vielzahl an verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen, einer Vielzahl an rechtswissenschaftlicher Literatur, mit den jeweiligen gesetzlichen Regelungen und deren Begründungen sowie den Kommentaren und schließlich - besonders - mit der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auseinandersetzen muss, da das notwendig ist, wenn die Kammer am Ende einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss fassen will. Wenn der Berichterstatter dann am Ende so weit ist, wird der Fall wieder auf die Kammer übertragen, die nun eine Entscheidung trifft. Bis dahin aber hat der Berichterstatter über einen langen Zeitraum Kraft und Arbeit in den Fall gesteckt, die ihm an anderer Stelle fehlen, und zwar in einem Maße, die ggf. nur tiefen Respekt abverlangt. Denn jeder, der sich mal ein wenig mit der Materie auseinandergesetzt hat, weiß, mit welchem Aufwand die ernsthafte Beschäftigung mit ihr verbunden ist.

Das VG Hamburg - so darf man vermuten - möchte auch hinsichtlich der über 8.000 anhängigen Klagen Rechtssicherheit und dürfte deshalb diese von ihm geleistete Mammutaufgabe angegangen sein, nämlich durchaus in der Hoffnung, dass der Kläger versteht, welches Geschenk ihm hier gemacht worden ist, um sich nun auf den Hosenboden zu setzen und im Sinne aller anzufangen, die Sprungrevision in Angriff zu nehmen, und zwar präzise und klar. Dafür liegt ihm so viel bereits ausgearbeitetes Material neben der vorzüglichen Entscheidungsbegründung vor, dass man sich echt große Mühe geben muss, um die Revision nicht zu einem Erfolg zu machen. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat ja im Herbst letzten Jahres deutlich gemacht, dass es seiner Meinung nach Zeit für einen Rechtsprechungswandel ist. Es wartet jetzt also mit einiger Wahrscheinlichkeit auf eine hervorragend substantiierte Klageschrift, um an dieser dann die besoldungsrechtlichen Probleme aus seiner Sicht anzugehen, die nun anzugehen sind, und seine Sicht auf die Dinge am Ende Karlsruhe vorzulegen, das ja im vorletzten Winter hervorgehoben hat, dass es gerne Entscheidungen in "Pilotverfahren" fällen möchte.

Schauen wir also mal, wie die Geschichte in Hamburg weitergeht...

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7411 am: 15.04.2025 10:29 »
Mich macht dieses Verfahren wütend. Wie soll ein kleiner Beamter hier zu seinem Recht kommen, wenn ein riesiger Staatsapparat, konzertiert und vorsätzlich verfassungswidrig die Beamtenbesoldung niederknüppelt. Die haben Ministerien, sprechen sich untereinander ab und versuchen alle möglichen klar verfassungswidrigen Schweinereien um einen mürbe zu machen, das ist keine juristische Waffengleichheit, und das alles ist noch geschützt durch das Streikverbot. Stoiber in Bayern hat das Motto bereits um das Jahr 2004 ausgegeben: Wir müssen bei den Beamten einsparen, und mindestens seit damals wird das mit allen Mitteln verfolgt, und unsere Justiz ist so träge, dass das bis heute alles so durchgeht. Ich denke, dass diese Trägheit im System bereits vorsätzlich ist. So kann man praktisch über Jahrzehnte immense Haushaltsmittel einsparen. Ich muss echt aufpassen was ich schreibe, wenn ich so in Rage komme. In Frankreich würde so etwas aus zweierlei Gründen nicht gehen, erstens würde Paris stillgelegt werden und zweitens werden dort, so viel ich weiß, Gesetze vor Inkrafttreten von einem Verfassungsrat auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft. Nicht wie bei uns, evtl. nach 15 Jahren, wenn man es durch diesen ganzen Justizirrsinn, bis zum BVerfG geschafft hat. (Sogar Altkanzler Schröder hat es jetzt aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, nach drei Instanzen, wegen seinem Büro weiter vor das BVerfG zu ziehen.) So ein willkürliches Besoldungssystem kann man keinem jungen Menschen anraten. Ich rechne übrigens damit, dass die Regierungen in unserem Land noch lange nicht mit den Beamten fertig sind, angesichts der dramatischen Haushaltslage in Bund und Ländern. Die Regierungen werden da weitermachen, womit sie 2004 angefangen haben. Wenn den Beamten nicht irgendetwas anderes einfällt um ihre Rechte durchzusetzen, als das Anrennen gegen juristische Windmühlen, wird es den Beamten nicht anders ergehen, als in den 1930er-Jahren. Man kann nur allen raten, in die freie 'Wirtschaft zu wechseln. Ich treffe immer wieder einen Freund, der zur Rüstungsindustrie gewechselt ist. Der lacht alle Beamten aus. Er war A 11er und ordnet sein Gehalt mittlerweile der B-Besoldung zu, und arbeitet wirklich nicht viel. Solche Unterschiede müssten z.B. alle Beamten und auch die Gewerkschaften offensiv in der Öffentlichkeit und an junge Leute verbreiten, damit die mit ihrer Personalpolitik so richtig auf die Schnauze fallen. Das war jetzt sehr unsachlich und hoch emotional, musste aber mal raus. Der juristische Weg ist zu wenig.

HansGeorg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7412 am: 15.04.2025 10:55 »
In Frankreich würde so etwas aus zweierlei Gründen nicht gehen, erstens würde Paris stillgelegt werden und zweitens werden dort, so viel ich weiß, Gesetze vor Inkrafttreten von einem Verfassungsrat auf ihre Verfassungsmäßigkeit geprüft.

Gibt es bei uns auch, zumindest auf Ebene des Bundes, nennt sich Bundespräsident.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7413 am: 15.04.2025 11:21 »
Deine Wut und Enttäuschung ist gut nachvollziehbar, lotsch, und dürfte in nicht allzu ferner Zukunft nur noch größer werden, da dann eine umfangreicherer Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse möglich sein wird.

Auf der anderen Seite ist die richterliche Gewalt heute bereits deutlich weiter, als sich das viele hier vorstellen. Denn die Langsamkeit, mit denen die Mühlen der Justiz mahlen, verdeckt die vielen bereits gegangenen kleinen Schritte, die am Ende ob ihrer Anzahl einen erheblichen Fortschritt darstellen und erheblich meint hier erheblich, nämlich entscheidungserheblich. Man muss Engels - naturwissenschaftlich falsche - Idee vom Umschlag von Quantität in Qualität nicht teilen und schon gar nicht das, was die marxistisch-leninistische Ideologie des 20. Jh.s daraus gemacht hat.

Aber der Rechtsprechungswandel, wie ihn das Bundesverfassungsgericht seit spätestens 2012/15 vollzieht und den - wenn ich das richtig sehe - das Bundesverwaltungsgericht nun gerne beschleunigen möchte, sofern man es lässt, lässt sich bar jeder Ideologie als ein Weg des Umschlags von Quantität in Qualität lesen: Je mehr Entscheidungen in konkreten Normenkontrollverfahren erfolgen, desto mehr werden entscheidungserhebliche Tatsachen offenbar, die als solche ab einen bestimmten Punkt eine neue Qualität im Besoldungsrecht schaffen, also eine neue normative Kraft des Faktischen. Diese Normativität des Faktischen dürfte sich dann insbesondere in wiederkehrenden Vollstreckungsanordnungen zeigen oder offenbaren, die kommen werden, wenn die Besoldungsgesetzgeber nicht von selbst hinreichend auf den Rechtsprechungswandel reagieren werden.

Das mag für viele der hier regelmäßig Lesenden und Schreibenden - nicht zuletzt, weil seit mittlerweile fünf Jahren keine weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgericht erfolgt ist - weiterhin in weiter Ferne liegen. Aber sollte das Bundesverfassungsgericht in den angekündigten Berliner "Pilotverfahren" eine entsprechende Vollstreckungsanordnung vollziehen, wäre das genau jener weitere kleine Schritt, der den Umschlag von Quantität in Qualität beschleunigen wird. Denn eines sollte man bei aller nachvollziehbaren Wut weiterhin - im eigenen Sinne, Wut macht meist nichts Gutes mit uns selbst - nicht aus dem Blick verlieren: Mit Ausnahme des Saarlands und des Bunds haben mittlerweile alle Besoldungsgesetzgeber bereits das Besoldungsniveau in der oder den unter(st)en Besoldungsgruppen durch starke Anhebung von familienbezogenen Besoldungskomponenten deutlich vergrößert, darin zeigt sich bereits der sich vollziehende Umschlag von Quantität in Qualität.

Lass Dich nicht entmutigen, lotsch: in alter Verbundenheit, Du wirst alsbald Fortschritte sehen.

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7414 am: 15.04.2025 11:22 »
Es wird weiter gemutmaßt: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/neuwahl-von-drei-verfassungsrichterinnen und die LTO ("oberflächlich" S.T.)  beginnt bereits mit dem ersten Satz eine Falschaussage: "Im Jahr 2025 muss der Bundestag drei neue Bundesverfassungsrichter wählen." Richtigerweise muss der Bundestag gar nichts.

Von Interesse ist hier hauptsächlich "Außerdem will Richter Ulrich Maidowski ... am 30. September aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig ausscheiden." und könnte von einer Linken-SPD nominierten Richter:in/out beerbt werden. Irgendwelche Personalvorschläge?

Laut diesem Artikel könnte man meinen, das Dr. Maidowski seinen Ruhestand nach hinten verschiebt...

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundesverfassungsgericht-bei-der-richterwahl-muss-merz-die-linke-einbinden-a-ff11caf1-ac67-4509-a4b2-8461be4a0484
...

Hätten die Autoren nicht nur die einseitige Sichtweise des weisungsgebundenen und ahnungslos gebenden Stimmviehs wiedergegeben, wäre die Formulierung eher, dass ihm sein Ruhestand nach hinten verschoben wird.

Ihm wird es egal sein, ob er seine ärztlich attestierten Verzögerungsbeschwerden bei vollen Dienstbezügen unabsehbar lange per gelben Schein kuriert (Sprachregelung Langenfeld: 'rasche' Genesung im BVerfGlichen Maßstab). Er hat rechtzeitig angezeigt, dass ein Wechsel bis nächstes Jahr ansteht. Wann die wertschätzenden Politiker "Ihre" Richter wieder weit jenseits der gesetzten Fristen entlassen, steht auf einem anderen Blatt. Herbst 25 wäre schon blitzschnell, Sommerpause des Parlaments hat Vorrang.

Das KarlsRuher Plenum hat für sich bereits entschieden die Vorschläge gem §7a BVerfGG erst dem neuen Bundestag vorzulegen. Dann hat es ja selbst jetzt erst mal bis zu vier Jahre Zeit, den Christ und die weiteren in ihren Reihen zu belassen. Ob hingenommen oder darauf angelegt, möchten sie notfalls einen SED oder AFD affinen Richter in ihre Reisegruppe aufnehmen.

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7415 am: 15.04.2025 11:36 »
... Denn das Bundesverwaltungsgericht hat ja im Herbst letzten Jahres deutlich gemacht, dass es seiner Meinung nach Zeit für einen Rechtsprechungswandel ist.

In der Annahme das der 5. Senat als gesamtes Bundesverwaltungsgericht spricht, und nicht z.B. per großen Senat eingefangen wird, denn eigentlich ist es doch nur ein delegiertes "Anhängsel":

2. Revisionssenat ist ein Spruchkörper des Bundesverwaltungsgerichts, zuständig für Sachen aus den Gebieten des Rechts des öffentlichen Dienstes, soweit sie nicht dem 5. Revisionssenat oder dem 6. Revisionssenat zugewiesen sind.

Zugroaster

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7416 am: 15.04.2025 12:22 »
@lotsch:
Ich verstehe deinen Ärger auch nur zu gut. Irgendwo muss man aber auch mal die Kirche im Dorf lassen:

Ich treffe immer wieder einen Freund, der zur Rüstungsindustrie gewechselt ist. Der lacht alle Beamten aus. Er war A 11er und ordnet sein Gehalt mittlerweile der B-Besoldung zu, und arbeitet wirklich nicht viel.

Dieser Freund lacht dann auch über 99% aller anderen Berufsgruppen, denn er dürfte damit zu den Top 3-5%-Verdienern in Deutschland gehören. Dass sowas mit wenig Arbeit möglich ist, ist dann eher kein Problem des Beamtentums, sondern sollte seinem Arbeitgeber zu denken geben.

Auch als A11 wäre er wohl in den Top-15% was den bundesweiten Verdienst angeht.

Wie gesagt, ich verstehe die Wut darüber wie das alles abläuft und ich verstehe auch, dass wir bei verfassungsgemäßer Besoldung alle mehr im Geldbeutel hätten. Bei A11 (ohne jetzt deine Besoldungsgruppe zu kennen) aufgrund der Höhe des Gehalts zu jammern halte ich aber für den falschen Weg.....bzw. verkennt die Realität. Der Ärger sollte dann doch eher an anderen Stellen ansetzen.

Bastel

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7417 am: 15.04.2025 12:44 »


Auch als A11 wäre er wohl in den Top-15% was den bundesweiten Verdienst angeht.



Man sollte schon Gleiches mit Gleichem vergleichen. Und einen Vollzeit A11 Beamten nicht mit der Teilzeit Friseuse...

SwenTanortsch

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« Antwort #7418 am: 15.04.2025 12:44 »
@lotsch:
Ich verstehe deinen Ärger auch nur zu gut. Irgendwo muss man aber auch mal die Kirche im Dorf lassen:

Ich treffe immer wieder einen Freund, der zur Rüstungsindustrie gewechselt ist. Der lacht alle Beamten aus. Er war A 11er und ordnet sein Gehalt mittlerweile der B-Besoldung zu, und arbeitet wirklich nicht viel.

Dieser Freund lacht dann auch über 99% aller anderen Berufsgruppen, denn er dürfte damit zu den Top 3-5%-Verdienern in Deutschland gehören. Dass sowas mit wenig Arbeit möglich ist, ist dann eher kein Problem des Beamtentums, sondern sollte seinem Arbeitgeber zu denken geben.

Auch als A11 wäre er wohl in den Top-15% was den bundesweiten Verdienst angeht.

Wie gesagt, ich verstehe die Wut darüber wie das alles abläuft und ich verstehe auch, dass wir bei verfassungsgemäßer Besoldung alle mehr im Geldbeutel hätten. Bei A11 (ohne jetzt deine Besoldungsgruppe zu kennen) aufgrund der Höhe des Gehalts zu jammern halte ich aber für den falschen Weg.....bzw. verkennt die Realität. Der Ärger sollte dann doch eher an anderen Stellen ansetzen.

Wenn ich den Ärger, die Wut oder Enttäuschung nicht weniger der hier regelmäßig Schreibenden richtig verstehe, Zugroaster (das Folgende muss nicht richtig sein, ich halte es aber für wahrscheinlich), dann entzünden sie sich vor allem an der Unaufrichtigkeit, mit der sie von ihrem Dienstherrn behandelt werden, wobei die monetäre Ebene davon sicherlich nicht zu trennen ist. Sie beziehen sich ebenfalls bei nicht wenigen darauf, dass der Zweite Senat seit mittlerweile fünf Jahren ebenfalls keine weitere Entscheidungen gefällt hat. Und sie dürften sich auch darauf beziehen, dass sich nicht wenige in ihren grundrechtgleichen Individualrechten alleingelassen fühlen - diese Entwertungserfahrungen sind nach dem, was ich wahrnehme (hier und auch an anderen Stellen), eine starke Triebfeder dafür, dass wir gesamtgesellschaftlich in einer nicht geringen Krise sind.

Dass dabei das reale Besoldungsniveau der bundesdeutschen Bediensteten seit Jahr und Tag immer weiter gegenüber der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse abgesenkt wird, kann zugleich nicht ausgeklammert werden, da die von Dir genannten Zahlen sich vor allem auf das Einkommen aus Lohnarbeit bezieht. Nicht geringe Teile der Bevölkerung beziehen ihr Einkommen aber nicht mehr überwiegend aus Lohnarbeit bzw. verfügen über weitere Einkünfte, die nicht aus Lohnarbeit resultieren, sodass Verdienststatistiken die tatsächliche Realität der Einkünfte nur noch bedingt so wiedergeben dürften, dass daraus ein sachgerechter Überblick über die Vermögensverhältnisse in Deutschland möglich ist, vermute ich, ohne dass ich diese Vermutung hinreichend begründen oder gar beweisen könnte.

Zugroaster

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« Antwort #7419 am: 15.04.2025 12:52 »


Auch als A11 wäre er wohl in den Top-15% was den bundesweiten Verdienst angeht.



Man sollte schon Gleiches mit Gleichem vergleichen. Und einen Vollzeit A11 Beamten nicht mit der Teilzeit Friseuse...

Ich hoffe das war ironisch gemeint und nicht dein ernst. Ansonsten bitte ich dich, nochmal drüber nachzudenken was bei der generellen Einordnung des eigenen Gehalts aussagekräftiger ist:

Ein deutschlandweiter Einkommensvergleich oder ein einzelner Freund, der es sehr gut getroffen hat.  ;)

Zugroaster

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« Antwort #7420 am: 15.04.2025 12:57 »
@lotsch:
Ich verstehe deinen Ärger auch nur zu gut. Irgendwo muss man aber auch mal die Kirche im Dorf lassen:

Ich treffe immer wieder einen Freund, der zur Rüstungsindustrie gewechselt ist. Der lacht alle Beamten aus. Er war A 11er und ordnet sein Gehalt mittlerweile der B-Besoldung zu, und arbeitet wirklich nicht viel.

Dieser Freund lacht dann auch über 99% aller anderen Berufsgruppen, denn er dürfte damit zu den Top 3-5%-Verdienern in Deutschland gehören. Dass sowas mit wenig Arbeit möglich ist, ist dann eher kein Problem des Beamtentums, sondern sollte seinem Arbeitgeber zu denken geben.

Auch als A11 wäre er wohl in den Top-15% was den bundesweiten Verdienst angeht.

Wie gesagt, ich verstehe die Wut darüber wie das alles abläuft und ich verstehe auch, dass wir bei verfassungsgemäßer Besoldung alle mehr im Geldbeutel hätten. Bei A11 (ohne jetzt deine Besoldungsgruppe zu kennen) aufgrund der Höhe des Gehalts zu jammern halte ich aber für den falschen Weg.....bzw. verkennt die Realität. Der Ärger sollte dann doch eher an anderen Stellen ansetzen.

Wenn ich den Ärger, die Wut oder Enttäuschung nicht weniger der hier regelmäßig Schreibenden richtig verstehe, Zugroaster (das Folgende muss nicht richtig sein, ich halte es aber für wahrscheinlich), dann entzünden sie sich vor allem an der Unaufrichtigkeit, mit der sie von ihrem Dienstherrn behandelt werden, wobei die monetäre Ebene davon sicherlich nicht zu trennen ist. Sie beziehen sich ebenfalls bei nicht wenigen darauf, dass der Zweite Senat seit mittlerweile fünf Jahren ebenfalls keine weitere Entscheidungen gefällt hat. Und sie dürften sich auch darauf beziehen, dass sich nicht wenige in ihren grundrechtgleichen Individualrechten alleingelassen fühlen - diese Entwertungserfahrungen sind nach dem, was ich wahrnehme (hier und auch an anderen Stellen), eine starke Triebfeder dafür, dass wir gesamtgesellschaftlich in einer nicht geringen Krise sind.

Dass dabei das reale Besoldungsniveau der bundesdeutschen Bediensteten seit Jahr und Tag immer weiter gegenüber der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse abgesenkt wird, kann zugleich nicht ausgeklammert werden, da die von Dir genannten Zahlen sich vor allem auf das Einkommen aus Lohnarbeit bezieht. Nicht geringe Teile der Bevölkerung beziehen ihr Einkommen aber nicht mehr überwiegend aus Lohnarbeit bzw. verfügen über weitere Einkünfte, die nicht aus Lohnarbeit resultieren, sodass Verdienststatistiken die tatsächliche Realität der Einkünfte nur noch bedingt so wiedergeben dürften, dass daraus ein sachgerechter Überblick über die Vermögensverhältnisse in Deutschland möglich ist, vermute ich, ohne dass ich diese Vermutung hinreichend begründen oder gar beweisen könnte.

Dann verstehen wir die Wut der Leute hier gleich - und die Art und Weise wie man behandelt wird macht mich auch fassungslos. Hier überhaupt kein Widerspruch von mir, im Gegenteil.

Es bringt einen nur auch nicht weiter, die A11-Besoldung in der Form abzutun, dass man hier für Spitzenarbeit am Hungertuch nagen muss. Natürlich kann ich Lohnarbeit nur mit Lohnarbeit vergleichen - hätte aber anhand des Bezugs auf Arbeitnehmer präziser formulieren müssen, solltest du das damit angeprangert haben.

Worauf ich letztlich hinaus will ist, dass es ab einer gewissen Besoldungsgruppe (die Grenze möchte ich hier nicht ziehen) zwar immer noch richtig ist, sich komplett vera**** und hintergangen zu fühlen. Die Karte des wahnsinnig schlecht bezahlten Beamten sollte man dann aber vielleicht nicht mehr ziehen. Das fühlt sich in meinen Augen dann schon irgendwann leicht pervers an. Ich würde mich zum Beispiel hüten zu behaupten, ich wäre schlecht bezahlt. Allerdings habe ich kein Problem damit anzuprangern, wie unfair die ganze Besoldungsgeschichte (von ganz unten bis ganz oben) praktiziert wird.

« Last Edit: 15.04.2025 13:05 von Zugroaster »

lumer

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7421 am: 15.04.2025 13:02 »
Die dreiköpfige Kammer überträgt i.d.R. den besoldungsrechtlichen Fall an seinem Beginn auf einen Einzelrichter, der dann als Berichterstatter, wenn er den Fall wirklich tief behandeln will, eine Unzahl an Daten einholen muss, sich mit einer Vielzahl an verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen, einer Vielzahl an rechtswissenschaftlicher Literatur, mit den jeweiligen gesetzlichen Regelungen und deren Begründungen sowie den Kommentaren und schließlich - besonders - mit der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auseinandersetzen muss, da das notwendig ist, wenn die Kammer am Ende einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss fassen will. Wenn der Berichterstatter dann am Ende so weit ist, wird der Fall wieder auf die Kammer übertragen, die nun eine Entscheidung trifft.
Ein kleiner Hinweis am Rande, damit kein falscher Eindruck entsteht: Ein Hin- und Herübertragen von der Kammer auf den Einzelrichter und wieder zurück ist so, wie beschrieben, nicht möglich, siehe § 6 Abs. 1 und 3 VwGO. Der Berichterstatter darf nicht mit dem Einzelrichter verwechselt werden. Da (zurzeit) bei jeder Klage auf Feststellung verfassungswidriger Alimentation eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache anzunehmen sein dürfte (mögliche Verfassungswidrigkeit des zugrungeliegenden Besoldungsgesetzes), darf eigentlich keine dieser Klagen auf den Einzelrichter übertragen werden.

Bastel

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« Antwort #7422 am: 15.04.2025 13:06 »


Auch als A11 wäre er wohl in den Top-15% was den bundesweiten Verdienst angeht.



Man sollte schon Gleiches mit Gleichem vergleichen. Und einen Vollzeit A11 Beamten nicht mit der Teilzeit Friseuse...

Ich hoffe das war ironisch gemeint und nicht dein ernst. Ansonsten bitte ich dich, nochmal drüber nachzudenken was bei der generellen Einordnung des eigenen Gehalts aussagekräftiger ist:

Ein deutschlandweiter Einkommensvergleich oder ein einzelner Freund, der es sehr gut getroffen hat.  ;)

Wenn der Freund einen ähnlichen Background hat, würde ich mich eher mit diesem als mit der Friseuse vergleichen.

Der nächste vergleicht sich mit einem Bürgergeldempfänger... Moment, da war ja was...

Ozymandias

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« Antwort #7423 am: 15.04.2025 13:24 »
6,4k-8,8k für einen OLG-Richter ist heutzutage auch nicht mehr so der Renner.
Früher waren Richter sehr angesehen in den Städten oder Dörfern, große Häuser und oftmals noch mit privatem Dienstmädchen. Heute kann sich das kein OLG-Richter mehr leisten. (Höchstens wenn man aus einer Jura-Dynastie kommt und das Erbe von mehreren vorherigen Juristen in den Händen hält).

Die Richter machen auch immer mehr Nebentätigkeiten. Diese sind zwar oftmals nicht fachfremd. Aber privates VG-Wort Einkommen oder auch Fachbeiträge in Zeitschriften, Gutachten, Lehraufträge... https://www.welt.de/wirtschaft/article231341111/Einkommen-der-Bundesrichter-Nebeneinkuenfte-uebersteigen-im-Extremfall-100-000-Euro.html

... die Nebentätigkeiten sind zwar nicht fachfremd, aber eben auch nicht im Dienste des Staates, sondern Arbeit für die eigene Tasche. Da muss man sich auch fragen, woher die ganze Zeit kommt, bei all den überlasteten Gerichten...

Bastel

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« Antwort #7424 am: 15.04.2025 13:31 »
Früher waren Richter sehr angesehen in den Städten oder Dörfern, große Häuser und oftmals noch mit privatem Dienstmädchen.

Gleiches gilt für den ganzen gD.