Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 3743587 times)

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6885 am: 27.12.2024 13:36 »
Gern geschehen, Verwaltungsgedöns. Ich würde auf jeden Fall mal bei der Kanzlei nachfragen, also nicht nur über den Klagezeitraum, sondern auch über den Stand des Verfahrens. Da ja heute der Rechtsverkehr zwangsläufig elektronisch verläuft, kannst Du ggf. auch um Einsicht in Deine Akte bitten, die Dir die Kanzlei dann zumailen kann (wobei solche Akten nicht selten recht umfangreich sind). Daraus lässt sich auch bis zu einem gewissen Grad ablesen, bis wohin Dein Verfahren heute gediehen ist. Zugleich macht man Kanzleien so auch klar, dass man den Gang des Verfahrens mit Interesse verfolgt...

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6886 am: 27.12.2024 16:34 »
Beide Sachverhalte sind allerdings getrennt voneinander zu betrachten.

Der DRB/BW teilt zunächst mit, dass von den drei vor den Verwaltungsgerichten Freiburg und Karlsruhe anhängigen Musterklagen gegen die R-Besoldung des Jahres 2022 eines vom zuständigen Gericht für März terminiert worden sei. Diese Terminierung ist aber von den internen Interessen des BDR zu unterscheiden.

Darüber hinaus wird also erneut das Interesse des DRB/BW hervorgehoben, die "echte Abkoppelung" der Besoldung aller Kolleginnen und Kollegen an den Gerichten und bei den Staatsanwaltschaften von der sonstigen Beamtenbesoldung und eine Anhebung auf ein mittleres europäisches Niveau zu erreichen, wobei für mich weiterhin nicht ersichtlich ist, wie ein solches Unterfangen gelingen sollte.

Denn zunächst einmal handelt es sich bei Staatsanwälten um weisungsgebundene Beamte, die jedoch ebenfalls wie die von Weisungen unabhängigen Richter nach der Besoldungsordnung R besoldet werden. Diese spezielle besoldungsrechtliche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht bereits in den 1960er Jahren als unschädlich betrachtet. Es spricht also nichts dagegen, eine entsprechende Subsumtion von Staatsanwälten und Richtern in einer gemeinsamen Besoldungsordnung vorzunehmen, auch wenn das Amt des weisungsgebundenen Staatsanwalts diesbezüglich den weiteren Ämtern Bediensteter näher steht als dem eines nicht weisungsgebundenen Richters.

Wie man nun eine entsprechende "echte Abkopplung" der der Besoldungsordnung R von den weiteren Besoldungsordnungen - also insbesondere von der Besoldungsordnung A - erreichen wollte, ohne damit gegen das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen verstoßen zu wollen, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Denn selbst, wenn man eine Neubetrachtung der Ämterwertigkeit von Richtern und Staatsanwälten vollziehen wollte, bleibe dennoch der Grundsatz bestehen, dass sich die Amtsangemessenheit der Alimentation der Beamten auch durch ihr Verhältnis zur Besoldung anderer Beamtengruppen bestimmt.

Eine Neubetrachtung des Amts eines Staatsanwalts kann also kaum allein, sondern muss im Zusammenhang mit einer entsprechenden Betrachtung der weiteren Ämter geschehen. Dabei bliebe, sofern sich die Anforderungen an das Amt eines Staatsanwalts grundlegend geändert hätte, ja zunächst einmal die überkommene Qualifikation dieselbe, wie sie seit jeher durch in der Regel zwei qualifizierte Staatsexamina zu erbringen ist. Der Nachweis einer grundlegend geänderten Anforderung an das Amt des Staatsanwalts, die also allein eine deutlich höhere Besoldung rechtfertigen könnte oder sollte, könnte also kaum davon absehen, dass sich entsprechend höhere Anforderungen dann mit einiger Wahrscheinlichkeit in ähnlichen Ämtern finden lassen sollten, die bislang in ähnlicher Höhe besoldet worden sind.

Entsprechend stellt Karlsruhe ja weiterhin darauf ab, dass sich die Wertigkeit eines Amtes insbesondere durch die mit ihm verbundene Verantwortung und Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die mit dem Amt des Staatsanwalts einhergehende Verantwortung hat sich aber in den letzten Jahrzehnten ebenfalls nicht geändert, womit also die Inanspruchnahme verbliebe, um - sofern sich das nicht durch eine höhere Qualifikation oder Verantwortung rechtfertigen ließe - nun ein signifikant höheres Besoldungsniveau für Staatsanwälte zu fordern. Auch hier sehe ich allerdings nicht, wie man deren grundlegende Erhöhung begründen wollte, ohne dabei nicht auch die ähnlich besoldeter Ämter in den Blick zu nehmen. Denn offensichtlich findet sich hier ggf. ebenfalls eine höhere Inanspruchnahme, wie sie sich zum Beispiel aus der Bewältigung der Digitialisierung ergibt.

Der lange Rede kurzer Sinn: Die Konkretsisierung der Forderung, wie sie seit geraumer Zeit aus Baden-Württemberg zu vernehmen ist, würde mich weiterhin interessieren. Die Forderung einer "echt Abkopplung" der Besoldungsordnung R von den anderen Besoldungsordnungen ist nun bereits verschiedentlich von dortaus gestellt worden. Aber eine Forderung allein dürfte kaum ausreichen, um damit eigene Interessen durchzusetzen, vermute ich.

Es ist anzunehmen, dass wir nächstes Jahr ein Urteil des BVerfG über die Berliner Besoldung bekommen, welches aussagt, dass eine Beschränkung eines Reparaturgesetzes allein auf die Besoldung der Richter und Staatsanwälte unzulässig ist, wenn die Grundzüge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gleichermaßen auch die gesamte Beamtenschaft betrifft, aber das weißt du selbst natürlich am besten. Dann werden wir sicherlich mehr über den Zusammenhang zwischen R- und A-Besoldung erfahren.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6887 am: 27.12.2024 18:57 »
Beide Sachverhalte sind allerdings getrennt voneinander zu betrachten.

Der DRB/BW teilt zunächst mit, dass von den drei vor den Verwaltungsgerichten Freiburg und Karlsruhe anhängigen Musterklagen gegen die R-Besoldung des Jahres 2022 eines vom zuständigen Gericht für März terminiert worden sei. Diese Terminierung ist aber von den internen Interessen des BDR zu unterscheiden.

Darüber hinaus wird also erneut das Interesse des DRB/BW hervorgehoben, die "echte Abkoppelung" der Besoldung aller Kolleginnen und Kollegen an den Gerichten und bei den Staatsanwaltschaften von der sonstigen Beamtenbesoldung und eine Anhebung auf ein mittleres europäisches Niveau zu erreichen, wobei für mich weiterhin nicht ersichtlich ist, wie ein solches Unterfangen gelingen sollte.

Denn zunächst einmal handelt es sich bei Staatsanwälten um weisungsgebundene Beamte, die jedoch ebenfalls wie die von Weisungen unabhängigen Richter nach der Besoldungsordnung R besoldet werden. Diese spezielle besoldungsrechtliche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht bereits in den 1960er Jahren als unschädlich betrachtet. Es spricht also nichts dagegen, eine entsprechende Subsumtion von Staatsanwälten und Richtern in einer gemeinsamen Besoldungsordnung vorzunehmen, auch wenn das Amt des weisungsgebundenen Staatsanwalts diesbezüglich den weiteren Ämtern Bediensteter näher steht als dem eines nicht weisungsgebundenen Richters.

Wie man nun eine entsprechende "echte Abkopplung" der der Besoldungsordnung R von den weiteren Besoldungsordnungen - also insbesondere von der Besoldungsordnung A - erreichen wollte, ohne damit gegen das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen verstoßen zu wollen, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Denn selbst, wenn man eine Neubetrachtung der Ämterwertigkeit von Richtern und Staatsanwälten vollziehen wollte, bleibe dennoch der Grundsatz bestehen, dass sich die Amtsangemessenheit der Alimentation der Beamten auch durch ihr Verhältnis zur Besoldung anderer Beamtengruppen bestimmt.

Eine Neubetrachtung des Amts eines Staatsanwalts kann also kaum allein, sondern muss im Zusammenhang mit einer entsprechenden Betrachtung der weiteren Ämter geschehen. Dabei bliebe, sofern sich die Anforderungen an das Amt eines Staatsanwalts grundlegend geändert hätte, ja zunächst einmal die überkommene Qualifikation dieselbe, wie sie seit jeher durch in der Regel zwei qualifizierte Staatsexamina zu erbringen ist. Der Nachweis einer grundlegend geänderten Anforderung an das Amt des Staatsanwalts, die also allein eine deutlich höhere Besoldung rechtfertigen könnte oder sollte, könnte also kaum davon absehen, dass sich entsprechend höhere Anforderungen dann mit einiger Wahrscheinlichkeit in ähnlichen Ämtern finden lassen sollten, die bislang in ähnlicher Höhe besoldet worden sind.

Entsprechend stellt Karlsruhe ja weiterhin darauf ab, dass sich die Wertigkeit eines Amtes insbesondere durch die mit ihm verbundene Verantwortung und Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die mit dem Amt des Staatsanwalts einhergehende Verantwortung hat sich aber in den letzten Jahrzehnten ebenfalls nicht geändert, womit also die Inanspruchnahme verbliebe, um - sofern sich das nicht durch eine höhere Qualifikation oder Verantwortung rechtfertigen ließe - nun ein signifikant höheres Besoldungsniveau für Staatsanwälte zu fordern. Auch hier sehe ich allerdings nicht, wie man deren grundlegende Erhöhung begründen wollte, ohne dabei nicht auch die ähnlich besoldeter Ämter in den Blick zu nehmen. Denn offensichtlich findet sich hier ggf. ebenfalls eine höhere Inanspruchnahme, wie sie sich zum Beispiel aus der Bewältigung der Digitialisierung ergibt.

Der lange Rede kurzer Sinn: Die Konkretsisierung der Forderung, wie sie seit geraumer Zeit aus Baden-Württemberg zu vernehmen ist, würde mich weiterhin interessieren. Die Forderung einer "echt Abkopplung" der Besoldungsordnung R von den anderen Besoldungsordnungen ist nun bereits verschiedentlich von dortaus gestellt worden. Aber eine Forderung allein dürfte kaum ausreichen, um damit eigene Interessen durchzusetzen, vermute ich.

Es ist anzunehmen, dass wir nächstes Jahr ein Urteil des BVerfG über die Berliner Besoldung bekommen, welches aussagt, [1] dass eine Beschränkung eines Reparaturgesetzes allein auf die Besoldung der Richter und Staatsanwälte unzulässig ist, wenn die Grundzüge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gleichermaßen auch die gesamte Beamtenschaft betrifft, aber das weißt du selbst natürlich am besten. [2] Dann werden wir sicherlich mehr über den Zusammenhang zwischen R- und A-Besoldung erfahren.

[1] Das ist in dieser allgemeinen Form eher nicht zu erwarten, lotsch - ggf. wird ein Zusammenhang des verletzten Mindestabstandsgebots mit der Ausgestaltung der Besoldungsstaffelung weiterhin betrachtet. Aber eine übergreifende Regelung wird selbst dann kaum hergestellt werden (können), wenn eine Vollstreckungsanordnung erlassen werden sollte.

[2] Über den Zusammenhang von R- und A-Besoldung hat sich das Bundesverfassungsgericht nach meiner Erinnerung bereits zu Beginn der 1960er Jahre geäußert, ohne dass ich das jetzt hier weitgehender erinnere (ich erinnere nur die maßgeblichen Grundzüge der Betrachtung). Was ich darüber hinaus erinnere, ist, dass ich dazu in der Vergangenheit auch hier im Forum bereits ausführlicher geschrieben habe, ohne jedoch zu erinnern, wann und wo genau. Es dürfte deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit keine weitgehendere Darlegung des Senats zu erwarten sein, da alles, was hierzu notwendig ist, eben bereits vor rund 60 Jahren gesagt worden ist, wenn ich mich nicht falsch erinnere. Sofern sich das Bundesverfassungsgericht diesbezüglich überhaupt äußern sollte, dürfte es vor allem auf diese Entscheidungen - die ihren Ausgangspunkt nach meiner Erinnerung in den 1950er Jahren haben - rekurrieren.

Dem Besoldungsgesetzgeber steht es heute offensichtlich frei, Staatsanwälte auch im Rahmen der Besoldungsordnung A zu besolden, wobei der Senat in den 1960er Jahren dazu keine unmittelbare Notwendigkeit gesehen hat (wenn ich mich nicht falsch erinnere). Denn es steht ihm ebenso frei, sie weiterhin im Rahmen der Besoldungsordnung R zu besolden, was der Senat in den 1960er Jahren als sachgerecht betrachtet hat.

Was ihm nicht frei steht, ist, die Wertigkeit des Amtes nicht hinreichend in den Blick zu nehmen. Sofern er also die Wertigkeit der heute in der Besoldungsordnung R besoldeten Ämter grundlegend verändern wollte, bedürfte es dafür einen sachlichen Grund. Die damit einhergehenden Schwierigkeiten habe ich vorhin dargelegt. Daran kann sich offensichtlich als Folge des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen - einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, der als Teil des Alimentationsprinzips zu beachten ist - nichts ändern. In diesem Sinne ist zu verstehen, was ich in meinem letzten Beitrag am Ende ausgeführt habe: Wie wollte man das vom DRB/BW bekundete Interesse sachlich konkretisieren? Ich sehe dafür keinen anderen Weg als über eine Neubetrachtung der Ämterwertigkeit - und dieser Weg lässt m.E. keine "echte Abkoppelung" der R- von der A-Besoldung zu.

Ozymandias

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6888 am: 28.12.2024 08:08 »
In BW könnte ich mir so was aber gut vorstellen, es ist dann wieder so lange gültig, bis das BVerfG oder der noch nicht in Erscheinung getretene Verfassungsgerichtshof das ganze kippt.
Die Logik dahinter ist auch ganz einfach, Richter und Staatsanwälte sind von der Anzahl relativ überschaubar im Vergleich zu Lehrern...

Der ganze Mittelbauch der Beamten hat es dann noch schwerer die amtsangemessene Alimentation einzuklagen.

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6889 am: 28.12.2024 09:09 »
In BW könnte ich mir so was aber gut vorstellen, es ist dann wieder so lange gültig, bis das BVerfG oder der noch nicht in Erscheinung getretene Verfassungsgerichtshof das ganze kippt.
Die Logik dahinter ist auch ganz einfach, Richter und Staatsanwälte sind von der Anzahl relativ überschaubar im Vergleich zu Lehrern...

Der ganze Mittelbauch der Beamten hat es dann noch schwerer die amtsangemessene Alimentation einzuklagen.

Kann schon sein, dass dies die Strategie ist. Dazu passt dann auch die Mitteilung aus dem Berlin-Thread:
https://www.berlin.de/sen/justiz/service/gesetze-und-verordnungen/2024/ausgabe-nr-41-vom-28122024-s-633-660.pdf

Artikel 5 Nr. 3 BerlBVAnpG 2024-2026 ist ganz interessant. Da werden mehrere Leute von A15 und A16 per Dekret auf B2 und B3 gehoben. Leistungslos.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Das ist kein Tippfehler. Ein Jahr rückwirkend. Was entstehen da für Nachzahlungen für diese verdienten Leute?

Anscheinend bekommt man ganz oben keine geeigneten Leute mehr für das Geld. Weiter gehört zur Strategie wahrscheinlich, dass die große Masse der Versorgungsempfänger mit ihren niedrigeren BesGr. Versorgungsbezüge erhalten. Bald wird man den mittleren Dienst komplett abschaffen und neue B-Besoldungsstufen einführen.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6890 am: 28.12.2024 09:20 »
In Anbetracht der allenthalben in Gange seienden Verstümmelung des Alimentationsprinzips will ich gleichfalls eine "echte Abkopplung" der R- von der A-Besoldung in Baden-Württemberg nicht von vornherein ausschließen, da man einem Gesetzgebers, der ein spezifisches "Vier-Säulen-Modell" einführt und dabei auf allenfalls geringen Widerstand gestoßen ist, auch eine weitere gezielte Missachtung der Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen zutrauen darf, denke ich.

Allerdings sollte man sich damit ggf. gehörigen Ärger mit allen anderen Gewerkschaften und Verbänden mit Ausnahme jener, die unmittelbar die Interessen von Richtern und Staatsanwälten vertreten, einhandeln; ebenso dürften die anderen 16 Besoldungsgesetzgeber eine erhebliche Anhebung der R-Besoldung in Baden-Württemberg mit Argusaugen beobachten und entsprechende Regelungen sicherlich weit überwiegend bis einheitlich nicht goutieren. Die politische Verantwortlichen in Baden-Württemberg sollten sich so also - ohne politische Not - in eine Situation begeben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von vornherein weniger zu kontrollieren wäre als der Ist-Zustand, was die Parteien im Tagesgeschäft eher zu vermeiden trachten.

Und darüber hinaus dürfte man zurzeit in allen 17 Rechtskreisen mit einiger Anspannung auf die angekündigten Entscheidungen in den "Pilotverfahren" warten, eben weil sie ggf. zu nicht geringen Diskussionen führen könnten. Entsprechend schon vorher besoldungsrechtliche Debatten zu entfachen, dürfte politisch in Anbetracht einer im Frühjahr 2026 ins Haus stehenden Landtagswahl kaum den Beifall der eigenen Abgeordneten finden.

Ergo: Der DRB/BW dürfte mit seinen Forderungen recht alleine sein und es auch bleiben. Das ist zumeist keine allzu gute Voraussetzung, um Regierende in einem Politikfeld zum Handeln zu bewegen, in dem man nachweislich eher nicht handeln will - denn man hat doch in der eigenen Lesart gerade durch eine fast schon geradezu geniale Besoldungsrechtsreform ein so tragfähiges "Vier-Säulen-Modell" entwickelt, für das einen in der eigenen Lesart mindestens die 16 anderen Rechtskreise, wenn nicht sogar die gesamte Welt bis hinter dem Mond (oder hinter die nächste Fichte) beneiden, dass es doch gar nicht nötig sein muss, nun noch dem Kartenhaus eine fünfte Säule unterzuschieben. Jeder, der mal an Kartenhäusern rumgebastelt hat, weiß dabei, dass man nachträglich am Fundament eher nicht mehr allzu viel ändern sollte, um den zwangsläufigen Einsturz nicht selbst noch zu beschleunigen.

Ergo: Besoldungsrechtlich ist nicht nur in Baden-Württemberg nun Ruhe erste Politikerpflicht. Wer will schon noch mehr Leichen im eigenen Keller zum Leben erwecken, nachdem man nun selbst in letzter Zeit schon so viele besoldungsrechtliche Zombies gezüchtet hat?

NordWest

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6891 am: 28.12.2024 17:44 »
Und darüber hinaus dürfte man zurzeit in allen 17 Rechtskreisen mit einiger Anspannung auf die angekündigten Entscheidungen in den "Pilotverfahren" warten

Glaube ich noch nicht einmal. Ich kenne keinen Politiker, dem die Unterbesoldung und das Ausmaß der Offenkundigkeit des Verfassungsbruchs bewusst wären. Wahrscheinlich ist man mit "dem Problem" zu externen Beratern von KPMG, EY, Boston Consulting oder wie sie auch heißen gegangen und hat es sich "lösen" lassen - zumindest bis die Lösung zusammenbricht. Eine Ahnung von der Wackeligkeit könnte außerhalb dieser Beratungshäuser in den 17 Rechtskreisen tatsächlich abgesehen von ganz einzelnen Personen sogar kaum jemand haben. Und die Berater haben sich natürlich rechtlich abgesichert und reiben sich wahrscheinlich schon die Hände, wenn es ein neues Urteil und damit ein neues zu lösendes Problem gibt...

Auf dem Schirm hat das Ausmaß des Risikos meines Erachtens so gut wie niemand.

Versuch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6892 am: 28.12.2024 17:54 »
Und darüber hinaus dürfte man zurzeit in allen 17 Rechtskreisen mit einiger Anspannung auf die angekündigten Entscheidungen in den "Pilotverfahren" warten

Glaube ich noch nicht einmal. Ich kenne keinen Politiker, dem die Unterbesoldung und das Ausmaß der Offenkundigkeit des Verfassungsbruchs bewusst wären. Wahrscheinlich ist man mit "dem Problem" zu externen Beratern von KPMG, EY, Boston Consulting oder wie sie auch heißen gegangen und hat es sich "lösen" lassen - zumindest bis die Lösung zusammenbricht. Eine Ahnung von der Wackeligkeit könnte außerhalb dieser Beratungshäuser in den 17 Rechtskreisen tatsächlich abgesehen von ganz einzelnen Personen sogar kaum jemand haben. Und die Berater haben sich natürlich rechtlich abgesichert und reiben sich wahrscheinlich schon die Hände, wenn es ein neues Urteil und damit ein neues zu lösendes Problem gibt...

Auf dem Schirm hat das Ausmaß des Risikos meines Erachtens so gut wie niemand.
Wie kommst du darauf?

Es ist so offensichtlich, dass ich es mir eigentlich nicht vorstellen kann.

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6893 am: 29.12.2024 09:19 »
Ich denke ebenfalls, dass den meisten Abgeordneten die verfassungs- und beamtenrechtlichen Probleme nicht im Detail klar sein dürften, NordWest. Sicherlich klar sind sie den allermeisten Mitglieder des jeweils federführenden Ausschusses sowie zumindest des zumeist beteiligten Rechtsausschusses, die sich mit ihren weiteren Abgeordnetenkollegen in einem regen Austausch befinden.

Darüber hinaus ist es mit Ausnahme der beiden deutschlandweit bekannten Abgeordneten Robinson C. und Chuck N., die allerdings in den letzten Monaten (glaube ich) seltener im jeweiligen Parlament gesehen wart (ich kann mich jedenfalls an keinen Redebeitrag von ihnen aus der aktuellen Legislaturperiode erinnern), ausnahmslos jedem Abgeordneten bekannt, dass das jeweils geltende Besoldungsgesetz nicht mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist, weshalb sie an dessen Verabschiedung wissentlich beteiligt waren. Dieses Wissen wird bei nicht wenigen Abgeordneten nicht differenziert sein. Da aber im Verlauf der letzten Abstimmungsverfahren in allen Rechtskreisen ausnahmslos - und zwischenzeitlich auch nicht selten in den Medien - vor, während und nach den entsprechenden Gesetzgebungsverfahren umfassend über die jeweiligen Problematiken gesprochen und zugleich die Prozesse zum konzertierten Verfassungsbruch über den einzelnen Rechtskreis hinaus vollzogen worden sind (was ebenfalls ausnahmslos in den Fraktionen bekannt ist), gibt es außer den beiden genannten keinen anderen Abgeordneten, der keine Ahnung von dem hat, wofür die 17 Besoldungsgesetzgeber qua Mandat die Verantwortung tragen.

Da der einzelne Abgeordnete darüber hinaus seine Hand freiwillig zur Zustimmung oder Enthaltung gehoben hat, wenn er nicht dagegen gestimmt haben (was weiterhin in den 17 Rechtskreisen eher die Ausnahme ist), muss darüber hinaus davon ausgegangen werden, denke ich, dass ihr entsprechendes Absrtimmungsverhalten willentlich geschehen ist.

Als Ergebnis muss von einem regelmäßig wissentlich und willentlich vollzogenen Verfassungsbruch im Besoldungsrecht ausgegangen werden, was ich für mich zunächst einmal nicht moralisch, sondern als eine Tatsachenbehauptung verstanden wissen möchte. Moralisch will ich das für mich nicht werten, da ich davon ausgehe, dass ich mir nicht sicher wäre, wie ich handeln würde, wäre ich Abgeordneter einer Regierungsfraktion in einem Parlament, und weil ich über mich als Einzelfall hinausgehend davon ausgehe, dass das auch den meisten anderen der hier Lesenden und Schreibenden so gehen dürfte, wenn sie ehrlich zu sich selbst sind. Wir Helden der Wahrscheinlichkeit dürften moralisch ebenfalls kaum besser oder schlechter als der durchschnittliche Abgeordnete sein, befürchte ich. Das macht aber weder in meinem noch in jedem anderen Fall das eigene Handeln nicht besser, denke ich. Denn die Verfassung beansprucht Gütigkeit über die Moral jedes einzelnen hinweg.

Entsprechend weiß auch jeder Abgeordnete - der eine detailierter als der andere - um das Kartenhaus, das spätestens in den letzten Jahren regelmäßig im Besoldungsrecht des jeweiligen Rechtskreises errichtet worden ist. Dass sicherlich ein nicht geringer Prozentsatz von ihnen davon nicht wissen will und also vor den von ihm spezifisch mit vollzogenen Problemen, für die er also moralisch entsprechend Mitverantwortung trägt, die Augen verschließt, ist ebenfalls menschlich - ändert aber nichts daran, dass auf den Gängen, Fluren und Büros sowie im weiteren geselligen Beisammensein von Abgeordneten die Frage im Raum stehen dürfte, was in Anbetracht der Haushaltslage zu machen sein sollte, falls alsbald die 64 Vorlagen aus 12 Bundesländer schneller als bislang einer rechtskräftigen Entscheidung zugeführt werden sollten, und zwar mit dem Ergebnis, das auch für die Abgeordneten in der Regel erwartbar ist.

Entsprechend sollte sich ihr Blick - mal mehr und mal weniger häufig, mal detaillierter und mal weniger detailliert wissend, aber insgesamt - gespannt gen Karlsruhe richten, und zwar gespannt nicht zuletzt deshalb, weil sich ebenfalls mehr und mehr in Abgeordnetenkreisen herumspricht, dass ggf. eine Vollstreckungsanordnung im Raum stehen könnte, sodass die Frage auch für die 16 anderen Rechtskreise im Raum steht, was nun daraus folgen dürfte - und dabei sollte allerdings noch kaum diskutiert worden sein, was aus dem zwischenzeitlich verkündeten Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 93 und 94) vom 20. Dezember 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 439; https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/439/VO) in den nächsten Jahren für das Besoldungsrecht folgen könnte, da Karlsruhe ja nun als einziges Verfassungsorgan dazu ermächtigt ist, rechtskräftig auszulegen, was Art. 94. Abs. 5 GG eigentlich aussagt (vgl., was ich am 19.12. im Parallelforum dazu geschrieben habe https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.6870.html). Aber auch diese Diskussionen dürften in der mittelfristigen Zukunft dann auch nicht nur im geselligen Verkehr der Abgeordneten ihren Platz finden, ist zu vermuten.

lotsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6894 am: 29.12.2024 10:16 »
Ich denke ebenfalls, dass den meisten Abgeordneten die verfassungs- und beamtenrechtlichen Probleme nicht im Detail klar sein dürften, NordWest. Sicherlich klar sind sie den allermeisten Mitglieder des jeweils federführenden Ausschusses sowie zumindest des zumeist beteiligten Rechtsausschusses, die sich mit ihren weiteren Abgeordnetenkollegen in einem regen Austausch befinden.

Darüber hinaus ist es mit Ausnahme der beiden deutschlandweit bekannten Abgeordneten Robinson C. und Chuck N., die allerdings in den letzten Monaten (glaube ich) seltener im jeweiligen Parlament gesehen wart (ich kann mich jedenfalls an keinen Redebeitrag von ihnen aus der aktuellen Legislaturperiode erinnern), ausnahmslos jedem Abgeordneten bekannt, dass das jeweils geltende Besoldungsgesetz nicht mit Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist, weshalb sie an dessen Verabschiedung wissentlich beteiligt waren. Dieses Wissen wird bei nicht wenigen Abgeordneten nicht differenziert sein. Da aber im Verlauf der letzten Abstimmungsverfahren in allen Rechtskreisen ausnahmslos - und zwischenzeitlich auch nicht selten in den Medien - vor, während und nach den entsprechenden Gesetzgebungsverfahren umfassend über die jeweiligen Problematiken gesprochen und zugleich die Prozesse zum konzertierten Verfassungsbruch über den einzelnen Rechtskreis hinaus vollzogen worden sind (was ebenfalls ausnahmslos in den Fraktionen bekannt ist), gibt es außer den beiden genannten keinen anderen Abgeordneten, der keine Ahnung von dem hat, wofür die 17 Besoldungsgesetzgeber qua Mandat die Verantwortung tragen.

Da der einzelne Abgeordnete darüber hinaus seine Hand freiwillig zur Zustimmung oder Enthaltung gehoben hat, wenn er nicht dagegen gestimmt haben (was weiterhin in den 17 Rechtskreisen eher die Ausnahme ist), muss darüber hinaus davon ausgegangen werden, denke ich, dass ihr entsprechendes Absrtimmungsverhalten willentlich geschehen ist.

Als Ergebnis muss von einem regelmäßig wissentlich und willentlich vollzogenen Verfassungsbruch im Besoldungsrecht ausgegangen werden, was ich für mich zunächst einmal nicht moralisch, sondern als eine Tatsachenbehauptung verstanden wissen möchte. Moralisch will ich das für mich nicht werten, da ich davon ausgehe, dass ich mir nicht sicher wäre, wie ich handeln würde, wäre ich Abgeordneter einer Regierungsfraktion in einem Parlament, und weil ich über mich als Einzelfall hinausgehend davon ausgehe, dass das auch den meisten anderen der hier Lesenden und Schreibenden so gehen dürfte, wenn sie ehrlich zu sich selbst sind. Wir Helden der Wahrscheinlichkeit dürften moralisch ebenfalls kaum besser oder schlechter als der durchschnittliche Abgeordnete sein, befürchte ich. Das macht aber weder in meinem noch in jedem anderen Fall das eigene Handeln nicht besser, denke ich. Denn die Verfassung beansprucht Gütigkeit über die Moral jedes einzelnen hinweg.

Entsprechend weiß auch jeder Abgeordnete - der eine detailierter als der andere - um das Kartenhaus, das spätestens in den letzten Jahren regelmäßig im Besoldungsrecht des jeweiligen Rechtskreises errichtet worden ist. Dass sicherlich ein nicht geringer Prozentsatz von ihnen davon nicht wissen will und also vor den von ihm spezifisch mit vollzogenen Problemen, für die er also moralisch entsprechend Mitverantwortung trägt, die Augen verschließt, ist ebenfalls menschlich - ändert aber nichts daran, dass auf den Gängen, Fluren und Büros sowie im weiteren geselligen Beisammensein von Abgeordneten die Frage im Raum stehen dürfte, was in Anbetracht der Haushaltslage zu machen sein sollte, falls alsbald die 64 Vorlagen aus 12 Bundesländer schneller als bislang einer rechtskräftigen Entscheidung zugeführt werden sollten, und zwar mit dem Ergebnis, das auch für die Abgeordneten in der Regel erwartbar ist.

Entsprechend sollte sich ihr Blick - mal mehr und mal weniger häufig, mal detaillierter und mal weniger detailliert wissend, aber insgesamt - gespannt gen Karlsruhe richten, und zwar gespannt nicht zuletzt deshalb, weil sich ebenfalls mehr und mehr in Abgeordnetenkreisen herumspricht, dass ggf. eine Vollstreckungsanordnung im Raum stehen könnte, sodass die Frage auch für die 16 anderen Rechtskreise im Raum steht, was nun daraus folgen dürfte - und dabei sollte allerdings noch kaum diskutiert worden sein, was aus dem zwischenzeitlich verkündeten Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 93 und 94) vom 20. Dezember 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 439; https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/439/VO) in den nächsten Jahren für das Besoldungsrecht folgen könnte, da Karlsruhe ja nun als einziges Verfassungsorgan dazu ermächtigt ist, rechtskräftig auszulegen, was Art. 94. Abs. 5 GG eigentlich aussagt (vgl., was ich am 19.12. im Parallelforum dazu geschrieben habe https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.6870.html). Aber auch diese Diskussionen dürften in der mittelfristigen Zukunft dann auch nicht nur im geselligen Verkehr der Abgeordneten ihren Platz finden, ist zu vermuten.

@ Swen,
zu deinen Ausführungen über Moral möchte ich noch ergänzen: Vertrauen in die Demokratie wird nicht durch Moral, sondern durch einen funktionierenden Rechtsstaat hergestellt.

Ansonsten denke ich, dass die Haushaltslage so desaströs ist, dass man sich bewusst, also vorsätzlich, zu diesen Einsparungen bei der Besoldung und zum Verfassungsbruch entschieden hat. Außerdem wurden sie ja von den Wirtschaftsweisen dazu aufgefordert (https://www.spiegel.de/wirtschaft/beamten-pensionen-wirtschaftsweiser-martin-werding-fordert-kuerzung-a-c11f01a1-4242-426a-84c7-da7c973b80c2), (Wirtschaftsweiser Werding regt Sonderopfer der Beamten an, https://www.wiwo.de/politik/deutschland/oeffentlicher-dienst-wirtschaftsweiser-werding-regt-sonderopfer-der-beamten-an/29067268.html). Auch die anderen Eliten im Land, Massenpresse, Wissenschaft, Wirtschaft, hohe Verwaltung, usw., sehen hier Einsparpotential, und welcher Politiker will sich schon mit all den Eliten im Land anlegen. Wir sind mitten im Verteilungskampf. Unsere letzte Chance ist das BVerfG. Sollte dies positiv für die Beamten entscheiden, wird es interessant, wie sich die Eliten dann verhalten werden.

SwenTanortsch

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« Antwort #6895 am: 29.12.2024 11:59 »


@ Swen,
zu deinen Ausführungen über Moral möchte ich noch ergänzen: Vertrauen in die Demokratie wird nicht durch Moral, sondern durch einen funktionierenden Rechtsstaat hergestellt.

Genauso ist das, was Du hinsichtlich des Rechtsstaats schreibst, lotsch - genau deshalb erfolgen ja meine wiederkehrend umfassenden Darlegungen. Darüber hinaus treffen wir alle - ob nun Politiker oder kein Politiker - jeden Tag Werteentscheidungen, die wiederkehrend durchaus erhebliche Auswirkungen auf andere haben (können). Entsprechend basiert das Vertrauen in eine Demokratie eben gerade auch darauf, dass sich alle an die rechtsstaatlichen Regeln halten. Dass das im Besoldungrecht wissentlich und willentlich, also zielgerichtet, in allen 17 Rechtskreisen nicht passiert, muss m.E. als schwere Anschlag auf unseren Rechtsstaat gewehrtet werden, da das zu einer schwärenden Wunde unseres Verfassungsrechts führt, die sich über kurz oder lang zu einer Verfassungskrise ausweiten kann. Dass also ggf. zielgerichtet eine Verfassungskrise heraufbeschworen wird, ist also offensichtlich ebenfalls eine Werteentscheidung. Dabei sollte man sich - denke ich - bewusst sein, dass man selbst mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit ähnlich wie die Politiker handeln würden, die so handeln (die Frage bleibt kontrafaktisch, sofern sie sich nicht in der Praxis stellt). Das macht aber das Handeln nicht besser.

A6 ist das neue A10

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« Antwort #6896 am: 30.12.2024 07:51 »
Beide Sachverhalte sind allerdings getrennt voneinander zu betrachten.

Der DRB/BW teilt zunächst mit, dass von den drei vor den Verwaltungsgerichten Freiburg und Karlsruhe anhängigen Musterklagen gegen die R-Besoldung des Jahres 2022 eines vom zuständigen Gericht für März terminiert worden sei. Diese Terminierung ist aber von den internen Interessen des BDR zu unterscheiden.

Darüber hinaus wird also erneut das Interesse des DRB/BW hervorgehoben, die "echte Abkoppelung" der Besoldung aller Kolleginnen und Kollegen an den Gerichten und bei den Staatsanwaltschaften von der sonstigen Beamtenbesoldung und eine Anhebung auf ein mittleres europäisches Niveau zu erreichen, wobei für mich weiterhin nicht ersichtlich ist, wie ein solches Unterfangen gelingen sollte.

Denn zunächst einmal handelt es sich bei Staatsanwälten um weisungsgebundene Beamte, die jedoch ebenfalls wie die von Weisungen unabhängigen Richter nach der Besoldungsordnung R besoldet werden. Diese spezielle besoldungsrechtliche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht bereits in den 1960er Jahren als unschädlich betrachtet. Es spricht also nichts dagegen, eine entsprechende Subsumtion von Staatsanwälten und Richtern in einer gemeinsamen Besoldungsordnung vorzunehmen, auch wenn das Amt des weisungsgebundenen Staatsanwalts diesbezüglich den weiteren Ämtern Bediensteter näher steht als dem eines nicht weisungsgebundenen Richters.

Wie man nun eine entsprechende "echte Abkopplung" der der Besoldungsordnung R von den weiteren Besoldungsordnungen - also insbesondere von der Besoldungsordnung A - erreichen wollte, ohne damit gegen das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen verstoßen zu wollen, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Denn selbst, wenn man eine Neubetrachtung der Ämterwertigkeit von Richtern und Staatsanwälten vollziehen wollte, bleibe dennoch der Grundsatz bestehen, dass sich die Amtsangemessenheit der Alimentation der Beamten auch durch ihr Verhältnis zur Besoldung anderer Beamtengruppen bestimmt.

Eine Neubetrachtung des Amts eines Staatsanwalts kann also kaum allein, sondern muss im Zusammenhang mit einer entsprechenden Betrachtung der weiteren Ämter geschehen. Dabei bliebe, sofern sich die Anforderungen an das Amt eines Staatsanwalts grundlegend geändert hätte, ja zunächst einmal die überkommene Qualifikation dieselbe, wie sie seit jeher durch in der Regel zwei qualifizierte Staatsexamina zu erbringen ist. Der Nachweis einer grundlegend geänderten Anforderung an das Amt des Staatsanwalts, die also allein eine deutlich höhere Besoldung rechtfertigen könnte oder sollte, könnte also kaum davon absehen, dass sich entsprechend höhere Anforderungen dann mit einiger Wahrscheinlichkeit in ähnlichen Ämtern finden lassen sollten, die bislang in ähnlicher Höhe besoldet worden sind.

Entsprechend stellt Karlsruhe ja weiterhin darauf ab, dass sich die Wertigkeit eines Amtes insbesondere durch die mit ihm verbundene Verantwortung und Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die mit dem Amt des Staatsanwalts einhergehende Verantwortung hat sich aber in den letzten Jahrzehnten ebenfalls nicht geändert, womit also die Inanspruchnahme verbliebe, um - sofern sich das nicht durch eine höhere Qualifikation oder Verantwortung rechtfertigen ließe - nun ein signifikant höheres Besoldungsniveau für Staatsanwälte zu fordern. Auch hier sehe ich allerdings nicht, wie man deren grundlegende Erhöhung begründen wollte, ohne dabei nicht auch die ähnlich besoldeter Ämter in den Blick zu nehmen. Denn offensichtlich findet sich hier ggf. ebenfalls eine höhere Inanspruchnahme, wie sie sich zum Beispiel aus der Bewältigung der Digitialisierung ergibt.

Der lange Rede kurzer Sinn: Die Konkretsisierung der Forderung, wie sie seit geraumer Zeit aus Baden-Württemberg zu vernehmen ist, würde mich weiterhin interessieren. Die Forderung einer "echt Abkopplung" der Besoldungsordnung R von den anderen Besoldungsordnungen ist nun bereits verschiedentlich von dortaus gestellt worden. Aber eine Forderung allein dürfte kaum ausreichen, um damit eigene Interessen durchzusetzen, vermute ich.

Es ist anzunehmen, dass wir nächstes Jahr ein Urteil des BVerfG über die Berliner Besoldung bekommen, welches aussagt, [1] dass eine Beschränkung eines Reparaturgesetzes allein auf die Besoldung der Richter und Staatsanwälte unzulässig ist, wenn die Grundzüge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gleichermaßen auch die gesamte Beamtenschaft betrifft, aber das weißt du selbst natürlich am besten. [2] Dann werden wir sicherlich mehr über den Zusammenhang zwischen R- und A-Besoldung erfahren.

[1] Das ist in dieser allgemeinen Form eher nicht zu erwarten, lotsch - ggf. wird ein Zusammenhang des verletzten Mindestabstandsgebots mit der Ausgestaltung der Besoldungsstaffelung weiterhin betrachtet. Aber eine übergreifende Regelung wird selbst dann kaum hergestellt werden (können), wenn eine Vollstreckungsanordnung erlassen werden sollte.

[2] Über den Zusammenhang von R- und A-Besoldung hat sich das Bundesverfassungsgericht nach meiner Erinnerung bereits zu Beginn der 1960er Jahre geäußert, ohne dass ich das jetzt hier weitgehender erinnere (ich erinnere nur die maßgeblichen Grundzüge der Betrachtung). Was ich darüber hinaus erinnere, ist, dass ich dazu in der Vergangenheit auch hier im Forum bereits ausführlicher geschrieben habe, ohne jedoch zu erinnern, wann und wo genau. Es dürfte deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit keine weitgehendere Darlegung des Senats zu erwarten sein, da alles, was hierzu notwendig ist, eben bereits vor rund 60 Jahren gesagt worden ist, wenn ich mich nicht falsch erinnere. Sofern sich das Bundesverfassungsgericht diesbezüglich überhaupt äußern sollte, dürfte es vor allem auf diese Entscheidungen - die ihren Ausgangspunkt nach meiner Erinnerung in den 1950er Jahren haben - rekurrieren.

Dem Besoldungsgesetzgeber steht es heute offensichtlich frei, Staatsanwälte auch im Rahmen der Besoldungsordnung A zu besolden, wobei der Senat in den 1960er Jahren dazu keine unmittelbare Notwendigkeit gesehen hat (wenn ich mich nicht falsch erinnere). Denn es steht ihm ebenso frei, sie weiterhin im Rahmen der Besoldungsordnung R zu besolden, was der Senat in den 1960er Jahren als sachgerecht betrachtet hat.

Was ihm nicht frei steht, ist, die Wertigkeit des Amtes nicht hinreichend in den Blick zu nehmen. Sofern er also die Wertigkeit der heute in der Besoldungsordnung R besoldeten Ämter grundlegend verändern wollte, bedürfte es dafür einen sachlichen Grund. Die damit einhergehenden Schwierigkeiten habe ich vorhin dargelegt. Daran kann sich offensichtlich als Folge des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen - einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, der als Teil des Alimentationsprinzips zu beachten ist - nichts ändern. In diesem Sinne ist zu verstehen, was ich in meinem letzten Beitrag am Ende ausgeführt habe: Wie wollte man das vom DRB/BW bekundete Interesse sachlich konkretisieren? Ich sehe dafür keinen anderen Weg als über eine Neubetrachtung der Ämterwertigkeit - und dieser Weg lässt m.E. keine "echte Abkoppelung" der R- von der A-Besoldung zu.


Ich erinnere, dass „sich erinnern“ in seiner nicht anglizismierten, internationalisierten Form dereinst ein reflexives Verb war, kann mich aber auch täuschen. Die neue Form mag modern sein, klingt aber genauso stümperhaft wie jegliche Genderformen.

HansGeorg

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6897 am: 30.12.2024 08:41 »
Ein Artikel, allerdings hinter Paywall. Es geht darum, dass das Finanzministerium SH mit einer Nachzahlung (im Falle eine Urteils) in Höhe von 1,5 Milliarden rechnet. Man hat bisher keine Rücklagen gebildet, weil man diese Summe mit den 1,2 Milliarden aufbringen will, welche sich derzeit im Pensionsfond befinden, welcher größtenteils von Beamten durch Besoldungsverzicht aufgebaut wurde. Frohes neues schonmal.

https://www.kn-online.de/schleswig-holstein/weihnachtsgeld-beamte-in-sh-muessen-auf-bescherung-warten-W43KPJKIIBC5JLM6MODUVDFWCA.html

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6898 am: 30.12.2024 08:48 »
Ein Artikel, allerdings hinter Paywall. Es geht darum, dass das Finanzministerium SH mit einer Nachzahlung (im Falle eine Urteils) in Höhe von 1,5 Milliarden rechnet. Man hat bisher keine Rücklagen gebildet, weil man diese Summe mit den 1,2 Milliarden aufbringen will, welche sich derzeit im Pensionsfond befinden, welcher größtenteils von Beamten durch Besoldungsverzicht aufgebaut wurde. Frohes neues schonmal.

https://www.kn-online.de/schleswig-holstein/weihnachtsgeld-beamte-in-sh-muessen-auf-bescherung-warten-W43KPJKIIBC5JLM6MODUVDFWCA.html

Da bitte:
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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #6899 am: 30.12.2024 10:19 »
Beide Sachverhalte sind allerdings getrennt voneinander zu betrachten.

Der DRB/BW teilt zunächst mit, dass von den drei vor den Verwaltungsgerichten Freiburg und Karlsruhe anhängigen Musterklagen gegen die R-Besoldung des Jahres 2022 eines vom zuständigen Gericht für März terminiert worden sei. Diese Terminierung ist aber von den internen Interessen des BDR zu unterscheiden.

Darüber hinaus wird also erneut das Interesse des DRB/BW hervorgehoben, die "echte Abkoppelung" der Besoldung aller Kolleginnen und Kollegen an den Gerichten und bei den Staatsanwaltschaften von der sonstigen Beamtenbesoldung und eine Anhebung auf ein mittleres europäisches Niveau zu erreichen, wobei für mich weiterhin nicht ersichtlich ist, wie ein solches Unterfangen gelingen sollte.

Denn zunächst einmal handelt es sich bei Staatsanwälten um weisungsgebundene Beamte, die jedoch ebenfalls wie die von Weisungen unabhängigen Richter nach der Besoldungsordnung R besoldet werden. Diese spezielle besoldungsrechtliche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht bereits in den 1960er Jahren als unschädlich betrachtet. Es spricht also nichts dagegen, eine entsprechende Subsumtion von Staatsanwälten und Richtern in einer gemeinsamen Besoldungsordnung vorzunehmen, auch wenn das Amt des weisungsgebundenen Staatsanwalts diesbezüglich den weiteren Ämtern Bediensteter näher steht als dem eines nicht weisungsgebundenen Richters.

Wie man nun eine entsprechende "echte Abkopplung" der der Besoldungsordnung R von den weiteren Besoldungsordnungen - also insbesondere von der Besoldungsordnung A - erreichen wollte, ohne damit gegen das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen verstoßen zu wollen, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Denn selbst, wenn man eine Neubetrachtung der Ämterwertigkeit von Richtern und Staatsanwälten vollziehen wollte, bleibe dennoch der Grundsatz bestehen, dass sich die Amtsangemessenheit der Alimentation der Beamten auch durch ihr Verhältnis zur Besoldung anderer Beamtengruppen bestimmt.

Eine Neubetrachtung des Amts eines Staatsanwalts kann also kaum allein, sondern muss im Zusammenhang mit einer entsprechenden Betrachtung der weiteren Ämter geschehen. Dabei bliebe, sofern sich die Anforderungen an das Amt eines Staatsanwalts grundlegend geändert hätte, ja zunächst einmal die überkommene Qualifikation dieselbe, wie sie seit jeher durch in der Regel zwei qualifizierte Staatsexamina zu erbringen ist. Der Nachweis einer grundlegend geänderten Anforderung an das Amt des Staatsanwalts, die also allein eine deutlich höhere Besoldung rechtfertigen könnte oder sollte, könnte also kaum davon absehen, dass sich entsprechend höhere Anforderungen dann mit einiger Wahrscheinlichkeit in ähnlichen Ämtern finden lassen sollten, die bislang in ähnlicher Höhe besoldet worden sind.

Entsprechend stellt Karlsruhe ja weiterhin darauf ab, dass sich die Wertigkeit eines Amtes insbesondere durch die mit ihm verbundene Verantwortung und Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die mit dem Amt des Staatsanwalts einhergehende Verantwortung hat sich aber in den letzten Jahrzehnten ebenfalls nicht geändert, womit also die Inanspruchnahme verbliebe, um - sofern sich das nicht durch eine höhere Qualifikation oder Verantwortung rechtfertigen ließe - nun ein signifikant höheres Besoldungsniveau für Staatsanwälte zu fordern. Auch hier sehe ich allerdings nicht, wie man deren grundlegende Erhöhung begründen wollte, ohne dabei nicht auch die ähnlich besoldeter Ämter in den Blick zu nehmen. Denn offensichtlich findet sich hier ggf. ebenfalls eine höhere Inanspruchnahme, wie sie sich zum Beispiel aus der Bewältigung der Digitialisierung ergibt.

Der lange Rede kurzer Sinn: Die Konkretsisierung der Forderung, wie sie seit geraumer Zeit aus Baden-Württemberg zu vernehmen ist, würde mich weiterhin interessieren. Die Forderung einer "echt Abkopplung" der Besoldungsordnung R von den anderen Besoldungsordnungen ist nun bereits verschiedentlich von dortaus gestellt worden. Aber eine Forderung allein dürfte kaum ausreichen, um damit eigene Interessen durchzusetzen, vermute ich.

Es ist anzunehmen, dass wir nächstes Jahr ein Urteil des BVerfG über die Berliner Besoldung bekommen, welches aussagt, [1] dass eine Beschränkung eines Reparaturgesetzes allein auf die Besoldung der Richter und Staatsanwälte unzulässig ist, wenn die Grundzüge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gleichermaßen auch die gesamte Beamtenschaft betrifft, aber das weißt du selbst natürlich am besten. [2] Dann werden wir sicherlich mehr über den Zusammenhang zwischen R- und A-Besoldung erfahren.

[1] Das ist in dieser allgemeinen Form eher nicht zu erwarten, lotsch - ggf. wird ein Zusammenhang des verletzten Mindestabstandsgebots mit der Ausgestaltung der Besoldungsstaffelung weiterhin betrachtet. Aber eine übergreifende Regelung wird selbst dann kaum hergestellt werden (können), wenn eine Vollstreckungsanordnung erlassen werden sollte.

[2] Über den Zusammenhang von R- und A-Besoldung hat sich das Bundesverfassungsgericht nach meiner Erinnerung bereits zu Beginn der 1960er Jahre geäußert, ohne dass ich das jetzt hier weitgehender erinnere (ich erinnere nur die maßgeblichen Grundzüge der Betrachtung). Was ich darüber hinaus erinnere, ist, dass ich dazu in der Vergangenheit auch hier im Forum bereits ausführlicher geschrieben habe, ohne jedoch zu erinnern, wann und wo genau. Es dürfte deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit keine weitgehendere Darlegung des Senats zu erwarten sein, da alles, was hierzu notwendig ist, eben bereits vor rund 60 Jahren gesagt worden ist, wenn ich mich nicht falsch erinnere. Sofern sich das Bundesverfassungsgericht diesbezüglich überhaupt äußern sollte, dürfte es vor allem auf diese Entscheidungen - die ihren Ausgangspunkt nach meiner Erinnerung in den 1950er Jahren haben - rekurrieren.

Dem Besoldungsgesetzgeber steht es heute offensichtlich frei, Staatsanwälte auch im Rahmen der Besoldungsordnung A zu besolden, wobei der Senat in den 1960er Jahren dazu keine unmittelbare Notwendigkeit gesehen hat (wenn ich mich nicht falsch erinnere). Denn es steht ihm ebenso frei, sie weiterhin im Rahmen der Besoldungsordnung R zu besolden, was der Senat in den 1960er Jahren als sachgerecht betrachtet hat.

Was ihm nicht frei steht, ist, die Wertigkeit des Amtes nicht hinreichend in den Blick zu nehmen. Sofern er also die Wertigkeit der heute in der Besoldungsordnung R besoldeten Ämter grundlegend verändern wollte, bedürfte es dafür einen sachlichen Grund. Die damit einhergehenden Schwierigkeiten habe ich vorhin dargelegt. Daran kann sich offensichtlich als Folge des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen - einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, der als Teil des Alimentationsprinzips zu beachten ist - nichts ändern. In diesem Sinne ist zu verstehen, was ich in meinem letzten Beitrag am Ende ausgeführt habe: Wie wollte man das vom DRB/BW bekundete Interesse sachlich konkretisieren? Ich sehe dafür keinen anderen Weg als über eine Neubetrachtung der Ämterwertigkeit - und dieser Weg lässt m.E. keine "echte Abkoppelung" der R- von der A-Besoldung zu.


Ich erinnere, dass „sich erinnern“ in seiner nicht anglizismierten, internationalisierten Form dereinst ein reflexives Verb war, kann mich aber auch täuschen. Die neue Form mag modern sein, klingt aber genauso stümperhaft wie jegliche Genderformen.

Stimmt, das kann man so sehen und empfinden - und dabei erinnere ich (daran), dass wir hier in unserem schönen deutschen Vater- und ggf. auch Mutterland bzw. diversen weiteren Ländern, das es zum Glück und Glücke auch ist, zunehmend nach Sprache anderer fahnden und sie als Problem ausmachen, als wär's das eigentliche Unterpfand, anstatt die tatsächlichen Probleme anzugehen, gemäß dem Grundsatz, dass nicht die Probleme gelöst werden müssen, die gelöst werden müssen, sondern die Probleme gelöst werden sollen, die gelöst werden können, die man also am besten zunächst einmal selbst schafft. Denn darüber kann man dann herrlich philosophieren, weil's keine Mühe macht und nix kostet. Früher ist man dafür, erinnere ich nicht nur mich, in die Kirche gegangen, aber das ist jetzt ein anderes Thema.

Die einen Besoldungsgesetzgeber gendern in ihren Besoldungsgesetzen und deren jeweiligen Begründungen, die anderen tun das nicht, überschlagen sich aber in Wertschätzungsarien und weitere heben gerne ihr eigenes gesetzgeberisches Tun mit herrlichem (oder dämlichem oder diversen anderem) Wortgeklingel hervor. Aber das Faktum bleibt immer gleich, nämlich ein wissentlich und willentlich, also gezielt verfassungswidriges Handeln.

Ergo: Soll doch jeder Sprache so verwenden, wie sie ihm oder ihr schmeckt, so wie alle das essen oder trinken oder rauchen oder nicht rauchen, nicht trinken oder nicht essen sollen, was sie es nicht oder doch oder vielleicht eventuell gerne und in aller Vielfalt tun wollen. Hauptsache, es bleibt verständlich und schmeckt.

Entsprechend wünsche ich hier nun allen treuen Lesern nicht nur einen guten Appetit, guten Durst und mehr als rauchende Köpfe, sondern vor allem einen guten Rutsch und alles Gute für 2025, insbesondere Gesundheit und Frieden!