Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 5870952 times)

Organisator

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 7,502
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14445 am: 26.09.2024 17:43 »
Eigentlich schade, weil wir als Beamte und TB eigentlich ein gemeinsames Interesse verfolgen sollten.

Ja! Ich beziehe das "wir" noch sogar weiter als Bürger dieses Landes. Aber irgendwie sehe ich hier nur Individualinteressen und irgendwelchen Spezialfälle (A3/1 in München). Ich glaube, das sind keine 10 Personen...
Und dann noch das Schielen auf die Bürgergeldbezieher und das Treten nach unten.

Ziel sollte doch ein auskömmliches Miteinander sein, wobei ich auskömmlich auch auf das Einkommen aller im öD Beschäftigten beziehe.

Und da - ich vesuchs nochmal - sollte man doch mal die 50er-Jahre 4K-Alleinverdiener - Denke verlassen. Das ist vom BVerfG eine Hilfskrücke mit dem Anstoß, sich doch mal was moderneres zu überlegen.

Ich würde mich freuen, wenn mal eine Diskussion aufkäme, wie das funktionieren könnte, statt nur, warum das nicht geht.

Word zum Feierabend.

HochlebederVorgang

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 326
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14446 am: 26.09.2024 17:45 »
Wir sollten 5000 Beamte einstellen, um die Prüfung der "Bedürftigkeit" jedes einzelnen Beamten zu prüfen.

Wenn du mir erklärst, warum ein A3/1 Beamter in einer 50qm Wohnung in München inkl. Auto wohnen muss, dann gerne. ;)

Auto beiseite. Weil es die derzeitige Rechtsprechung so vorsieht, wenn man die Wohnkosten lt. BVerfG ermittelt.

Organisator

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 7,502
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14447 am: 26.09.2024 17:48 »
Die neue Methodik wäre?

Genau dafür gibts ja hier das Schwarmwissen. Ein paar wilde Gedanken habe ich ja in den Raum geworfen.
Mit den Ortszuschlägen hat der Gesetzgeber auch schon eine Idee gestartet.

Einfach mal überlegen:

- Was könnte im gesamtgesellschaftlichen Gefüge "amtsangemessen" sein?
- Wie wird die Rolle der Beamtenfamilie und deren Alilmentation heutzutage gesehen ?
- Wie denken wir für die 95% der Beamten ohne uns mit den Diskussionen um die Ränder kaputt zu machen
- Wie viel sollte ein Beamter mehr bekommen, um die statusbedingten Nachteile auszugleichen

BVerfGBeliever

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 666
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14448 am: 26.09.2024 17:48 »
Nochmal die Frage: Warum soll sich der am schlechtesten bezahlte Beamte eine Wohnung in der teuersten Gegend leisten können müssen.

Das ergibt sich aus den Vorgaben des BVerfG (beispielsweise Randnummer 55-59 der 2020er-Entscheidung).

Der Dienstort eines Bundesbeamten kann im gesamten Bundesgebiet liegen. So lange es keine Ortszuschläge gibt, muss also der teuerste Ort herangezogen werden. Und dort muss dann das 95%-Perzentil der tatsächlich anerkannten Grundsicherungsbedarfe als Wert genommen werden.

Und ja, das kann man kritisieren. Aber ist es nun mal die aktuell gültige höchstrichterliche Rechtsprechung.

Organisator

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 7,502
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14449 am: 26.09.2024 17:49 »
Wir sollten 5000 Beamte einstellen, um die Prüfung der "Bedürftigkeit" jedes einzelnen Beamten zu prüfen.

Wenn du mir erklärst, warum ein A3/1 Beamter in einer 50qm Wohnung in München inkl. Auto wohnen muss, dann gerne. ;)

Auto beiseite. Weil es die derzeitige Rechtsprechung so vorsieht, wenn man die Wohnkosten lt. BVerfG ermittelt.

Genau. "Wenn". Meiner Meinung nach muss er halt nicht in München leben. Böse gesagt, ist dann der nicht ganz so teure Rest Deutschlands amtsangemessen.

Organisator

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 7,502
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14450 am: 26.09.2024 17:51 »
Das ergibt sich aus den Vorgaben des BVerfG (beispielsweise Randnummer 55-59 der 2020er-Entscheidung).

Der Dienstort eines Bundesbeamten kann im gesamten Bundesgebiet liegen. So lange es keine Ortszuschläge gibt, muss also der teuerste Ort herangezogen werden. Und dort muss dann das 95%-Perzentil der tatsächlich anerkannten Grundsicherungsbedarfe als Wert genommen werden.

Und ja, das kann man kritisieren. Aber ist es nun mal die aktuell gültige höchstrichterliche Rechtsprechung.

Danke für die Herleitung. Und genau das kritisiere ich. Der Gesetzgeber kann daher dem entsprechend entgegenwirken, was ich propagiere.

Daher auch die Idee, mal Alternativen zu überlegen, statt am bestehenden zu haften. Status quo ist klar - denken wir doch mal neu!

InternetistNeuland

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 381
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14451 am: 26.09.2024 17:51 »
Eigentlich schade, weil wir als Beamte und TB eigentlich ein gemeinsames Interesse verfolgen sollten.

Ja! Ich beziehe das "wir" noch sogar weiter als Bürger dieses Landes. Aber irgendwie sehe ich hier nur Individualinteressen und irgendwelchen Spezialfälle (A3/1 in München). Ich glaube, das sind keine 10 Personen...
Und dann noch das Schielen auf die Bürgergeldbezieher und das Treten nach unten.

Ziel sollte doch ein auskömmliches Miteinander sein, wobei ich auskömmlich auch auf das Einkommen aller im öD Beschäftigten beziehe.

Und da - ich vesuchs nochmal - sollte man doch mal die 50er-Jahre 4K-Alleinverdiener - Denke verlassen. Das ist vom BVerfG eine Hilfskrücke mit dem Anstoß, sich doch mal was moderneres zu überlegen.

Ich würde mich freuen, wenn mal eine Diskussion aufkäme, wie das funktionieren könnte, statt nur, warum das nicht geht.

Word zum Feierabend.

Es gibt 120.000 Bürgergeldempfänger im Raum München. Jeder erhält eine vom Grundgesetz garantierte Grundsicherung unabhängig ob er dort alleine oder als Familie wohnt. Exakt das gleiche steht auch Beamten zu die dort arbeiten + ein Aufschlag von 15% oder noch mehr je nach Amt das bekleidet wird.

Das ist Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und entbehrt jeglicher Diskussion.

HochlebederVorgang

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 326
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14452 am: 26.09.2024 17:52 »
Es geht um Methodik.

Wir können uns um die 115 % an sich streiten und um die Ermittlung dieser 115%.

Wenn wir dieses Thema geklärt haben, können wir weiter einsteigen in die Amtsangemessenheit im Eigentlichen Sinne. Ein Punkt, zu dem das BVerfG übrigens noch nicht gekommen ist.

Und dann können wir klären, inwieweit man dies durch Familienzuschläge, Ortszuschläge etc. regeln kann.

NelsonMuntz

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,172
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14453 am: 26.09.2024 18:00 »
Es geht um Methodik.

Wir können uns um die 115 % an sich streiten und um die Ermittlung dieser 115%.

Wenn wir dieses Thema geklärt haben, können wir weiter einsteigen in die Amtsangemessenheit im Eigentlichen Sinne. Ein Punkt, zu dem das BVerfG übrigens noch nicht gekommen ist.

Und dann können wir klären, inwieweit man dies durch Familienzuschläge, Ortszuschläge etc. regeln kann.

... und Du freust Dich mit Deiner A12 (?) als kinderloser Single bereits schon heute auf Deinen künftigen Nettoverdienst in Höhe von 126.428 € - das habe ich dann doch richtig verstanden, oder?

HochlebederVorgang

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 326
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14454 am: 26.09.2024 18:09 »
Nö, wir sind momentan ein A30 Haushalt (jeweils 3-stellige Zahl von Beschäftigten leitend) bei 175% und ziehen gleichzeitig 4 Kinder groß.

Wenn du schon fragst. Verstehen tust du weder mich noch den Kern der Sache. Es geht hier um juristische Methodik. Mir ist es egal was am Ende rauskommt, so lange der Mißstand der verfassungswidrigen Besoldung behoben wird.

SwenTanortsch

  • Erweiterter Zugriff
  • Hero Member
  • *
  • Beiträge: 2,534
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14455 am: 26.09.2024 18:36 »
"Die Gewährung eines allgemeinen Kindergeldes ist Bestandteil eines gesetzlichen Leistungsprogramms, das für alle Unterhaltspflichtigen - und nicht nur für die Beamten - familienbedingte Mehrbelastungen verringern soll." (BVerfGE 81, 363 <375 f.>; https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv081363.html#375).
Und Wohngeld ist das nicht, korrekt?

Ja, das ist genauso: Der Besoldungsgesetzgeber darf eine Sozialleistung auf die Besoldung oder Alimentation anrechnen, wenn er damit nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt und sich die Sozalleistung hinreichend konkretisieren lässt. Das ist beim Kindergeld der Fall, beim Wohngeld aber nicht.

Ihr diskutiert ja heute doch recht umfangreich und es steht mir nicht an, das im Einzelnen zu kommentieren, nicht zuletzt, weil es ja doch recht viele Beiträge sind. Allerdings verbleibt es bei den meisten Beiträgen ausschließlich bei der Darstellung der jeweils eigenen Meinung unter Absehung vom Verfassungsrecht, sodass die Darlegung der jeweiligen Meinung - verfassungsrechtlich betrachtet - in diesem Fall unbegründet erfolgt. Deswegen kann man sie weiterhin austauschen und über die jeweilige Meinung diskutieren. Allerdings bleibt eine entsprechende Meinung trotzdem verfassungsrechtlich unbegründet. Ein Vorschlag kann sich als die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung für ein Problem zeigen, sie muss sich aber dennoch sachgerecht und das heißt im Rahmen unserer Verfassung begründen lassen. Ansonsten darf sie von staatlichen Organen nicht vollzogen werden.

Ohne nun das gesamte Verfassungsrecht runterbeten zu wollen, sollte zumindest beachtet werden, dass das Beamtenverhältnis kein Dienstvertrag im herkömmlichen Sinne ist, insbesondere ist es kein entgeltliches Arbeitsverhältnis, aufgrund dessen eine nach Inhalt, Zeit und Umfang begrenzte Arbeitsleistung geschuldet wird und als Entgelt dafür ein Anspruch auf Entlohnung erwächst. Dabei muss also das Sonderstatusverhältnis beachtet werden, dem der Beamte unterliegt, wie auch nicht das Treueprinzip ausgeklammert werden darf. Beides findet sich in einem privatwirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnis nicht, weshalb Vergleiche zwischen dem Beamten- und privatwirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnis allein deshalb schon nicht so ohne Weiteres möglich sind. Welche Konsequenzen der Besoldungsgesetzgeber und der Dienstherr aus den sie jeweils bindenden Verfassungsnormen ziehen, ist ihre Sache. Die Sache muss sich aber am Ende als verfassungskonform erweisen.

Der langen Rede kurzer Sinn: In den heute geführten Diskussionen solltet ihr zumindest das in eure Argumentation mit einbeziehen, denke ich, was ich in den Nr. 255 f. hier: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,122255.msg362968.html#msg362968 exemplarisch am niedersächsischen Beispiel ausführe. Denn ansonst verbleiben die Argumente im verfassungsrechtlich lurtleeren Raum und kommen also über eine subjektive Meinung zumeist nicht hinaus. Man kann sie dann weiterhin austauschen (denn das ist der Zweck des Forums), man sollte sich aber dann idealerweise der Grenzen der eigenen Meinung bewusst sein, die eben hier in den Forderungen der Verfassung zu suchen sind.

HochlebederVorgang

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 326
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14456 am: 26.09.2024 18:53 »
Danke Swen.

NelsonMuntz

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,172
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14457 am: 26.09.2024 19:01 »
Nö, wir sind momentan ein A30 Haushalt (jeweils 3-stellige Zahl von Beschäftigten leitend) bei 175% und ziehen gleichzeitig 4 Kinder groß.

Wenn du schon fragst. Verstehen tust du weder mich noch den Kern der Sache. Es geht hier um juristische Methodik. Mir ist es egal was am Ende rauskommt, so lange der Mißstand der verfassungswidrigen Besoldung behoben wird.

Ich versuche die Problematik und die Lösungsideen aus einer gesellschaftlich-politischen Perspektive zu beleuchten, ich denke ferner auch, den Kern der Sache in den wesentlichen Grundzügen erfasst zu haben. Eine Bewertung über eine korrekte juristische Methodik maße ich mir an dieser Stelle aber auch gar nicht an.

@SvenTanortsch:

Ein schönes Schlusswort Deinerseits zu diesem Diskussionstag. Möge der Gesetzgeber eine Lösung finden, die gerecht, zweckmäßig und vernünftig ist, und die sich am Ende auch verfassungskonform erweist. :)

Rheini

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 224
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14458 am: 26.09.2024 19:47 »
Eigentlich schade, weil wir als Beamte und TB eigentlich ein gemeinsames Interesse verfolgen sollten.

Ja! Ich beziehe das "wir" noch sogar weiter als Bürger dieses Landes. Aber irgendwie sehe ich hier nur Individualinteressen und irgendwelchen Spezialfälle (A3/1 in München). Ich glaube, das sind keine 10 Personen...
Und dann noch das Schielen auf die Bürgergeldbezieher und das Treten nach unten.

Ziel sollte doch ein auskömmliches Miteinander sein, wobei ich auskömmlich auch auf das Einkommen aller im öD Beschäftigten beziehe.

Und da - ich vesuchs nochmal - sollte man doch mal die 50er-Jahre 4K-Alleinverdiener - Denke verlassen. Das ist vom BVerfG eine Hilfskrücke mit dem Anstoß, sich doch mal was moderneres zu überlegen.

Ich würde mich freuen, wenn mal eine Diskussion aufkäme, wie das funktionieren könnte, statt nur, warum das nicht geht.

Word zum Feierabend.

Warum sollen "Wir" überlegen, wie eine moderne und Verfassungskonforme Besoldung auszusehen hat?

Das ist alleinige Aufgabe des Dienstherrn und liegt in seiner Verantwortung, was dann im Zweifel durch das BVerfG überprüft wird.

BVerfGBeliever

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 666
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14459 am: 26.09.2024 20:50 »
@Swen, auch von meiner Seite herzlichen Dank, insbesondere für deine verlinkten Erläuterungen zu den leistungsbezogenen und leistungslosen Besoldungskomponenten sowie deren jeweiligen "Leitplanken".

Vielleicht hilft das ja, dem sachwidrigen Gerede von einer "Für-Sich-Besoldung" endlich ein Ende zu bereiten.


Und ja, ich werde versuchen, besser zwischen meiner persönlichen Meinung und (hoffentlich) verfassungsrechtlich begründeten Aussagen zu unterscheiden, auch wenn mir das als Laie vermutlich nicht immer sofort gelingen wird.