OK, dann extra für dich nochmal ausführlich:
1.) Aktuelle Besoldung: Brutto 38.439 - Steuer 2.088 - PKV 7.847 + Kindergeld 6.000 = netto 34.504 €
2.) Verfassungsgemäß: Brutto 68.085 - Steuer 10.000 - PKV 7.847 + Kindergeld 6.000 = netto 56.238 €
Mit anderen Worten: Die Bruttobesoldung müsste laut DRB sogar um 77% (!) höher als heute sein.
[P.S. Die Steuer von 10.000 € ist übrigens nicht gerundet, sondern kommt laut Steuerrechner zufällig exakt so raus.]
Lustig, das einzige was mich irritierte ist, dass das Kindergeld als Besoldung tituliert wird.
Das einem jedem Beamten mit 2 Kinder und Partner mindestens im Jahr Netto 56t€ zustehen, sofern 300€ Heizkosten monatlich notwendig sind und 1600€ für die Miete benötigt wird, steht und stand für mich nie ausser Frage.
Und wie gesagt in meiner Stadt würden 12t€ netto weniger benötigt für diese Mindestalimentation.
Oder wenn wir eine bedingungslose Kindergrundsicherung einführten, dann dürften abermals locker 14t€ weniger Nettobesoldung notwendig sein, weil die Kinder ohne Famzuschläge schon versorgt ups besoldet wären.
Das Bundesverfassungsgericht betrachtet zunächst das Besoldungsniveau, hinsichtlich der Betrachtung des Mindestabstandsgebots - jenes hat, wie ich hier ja wiederkehrend hervorhebe, nichts mit der amtsangemessenen Alimentation zu tun, sondern beschreibt mit der Mindestalimentation sachlich den Betrag der zu gewährenden Nettoalimentation, der vom absoluten Alimentationsschutz umfasst ist und in den dem Besoldungsgesetzgeber deshalb keine Einschnitte gestattet sind (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 95;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html) - also neben dem Grundgehalt jene Besoldungsbestandteile, die allen Beamten einer Besoldungsgruppe gewährt werden (Rn. 73). Im Anschluss an eine solche Bemessung ist die Steuerlast in Abzug zu bringen (Rn. 79). Dabei ist auch die nach dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung aus dem Jahr 2009 zu betrachtende steuerliche Absetzbarkeit der Kranken- und Pflegeversicherung zu beachten (ebd.). Im Ergebnis erhält man so die
Nettobesoldung.
Um nun mit der Nettoalimentation den Betrag betrachten zu können, über den der Beamte am Ende tatsächlich verfügt - nur so kann ein sachgerechter Vergleichsgegenstand zum Grundsicherungsniveau gebildet werden -, sind weiterhin von der Nettobesoldung die Kosten abzuziehen, die dem Beamten aus seiner Pflicht erwachsen, eine Krankenversicherung abzuschließen, sofern der Dienstherr keine freie Heilfürsorge gewährleistet (Rn. 76 ff.). Darüber hinaus ist nun das Kindergeld als eine Sozialleistung zu addieren, die allen Kindern zuteil wird. Sozialleistungen wie das Kindergeld, die allen hier wesentlich Gleichen gewährt werden, dürfen, da sich so kein Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz erhärten lässt, auf die Besoldung und Alimentation angerechnet werden: "Die Gewährung eines allgemeinen Kindergeldes ist Bestandteil eines gesetzlichen Leistungsprogramms, das für alle Unterhaltspflichtigen - und nicht nur für die Beamten - familienbedingte Mehrbelastungen verringern soll." (BVerfGE 81, 363 <375 f.>;
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv081363.html#375). Entsprechend hebt der Senat in seiner Entscheidung BVerfGE 99, 300 (315) hervor: "Ob die Dienstbezüge des Beamten amtsangemessen sind, beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen. Daher steht es dem Gesetzgeber frei, das von der Verfassung vorgegebene Ziel durch eine entsprechende Bemessung der Bruttobezüge zu erreichen, die Beamten an einem allgemein gewährten Kindergeld teilhaben zu lassen, steuerrechtlich die durch den Kindesunterhalt verminderte Leistungsfähigkeit auszugleichen oder diese Möglichkeiten miteinander zu verbinden (vgl. BVerfGE 81, 363 <375 f.>)." (
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv099300.html)
Nachdem also von der Nettobesoldung die Kosten einer die Beihilfeleistungen des Dienstherrn ergänzenden Krankheitskosten- und Pflegeversicherung in Abzug gebracht worden sind und das Kindergeld addiert wurde (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 79), erhalten wir die
Nettoalimentation. Sie ist bei der Betrachtung des Mindestabstandsgebots der Vergleichsgegenstand zur Mindestalimentation. Entsprechend führt der Senat in der Rn. 47 der aktuellen Entscheidung aus: Das "Mindestabstand wird unterschritten, wenn die Nettoalimentation (unter Berücksichtigung der familienbezogenen Bezügebestandteile und des Kindergelds) um weniger als 15 % über dem Grundsicherungsniveau liegt".
Darüber hinaus solltet ihr euch in eurer Diskussion - auch gerne in der Betrachtung historischer Entwicklungen; das sage ich auch gerne als der Historiker, der ich hinsichtlich meines wissenschaftlichen Spezialgebiets eigentlich bin - weiterhin mit dem beschäftigen, was das Bundesverfassungsgericht sagt und nicht sagt, denke ich, um nicht hier - um's mal so auszudrücken - in gewisser Weise eher schräger Musik anheimzufallen, bei der bekanntlich ebenfalls nicht jeder Schuss ein Treffer war. Bei der Alleinverdienerannahme handelt es sich, wie das BverfGBeliever korrekt hervorhebt, ausschließlich um einen aus der bisherigen Besoldungspraxis und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung abgeleiteten
Kontrollmaßstab, mit dem der Senat kein gesellschaftliches oder politisches Leitbild erstellen oder eine Aussage über die soziale Wirklichkeit machen will, weder für die heutige Zeit noch für die Vergangenheit. Ein Kontrollmaßstab ist hingegen notwendig - so wie ich das gerade zuvor dargelegt habe -, um hinsichtlich des Mindestabstandsgebots einen sachgerechten Vergleichsgegenstand erstellen zu können (vgl. nur das letzte Zitat aus der Rn. 47). Politische oder gesellschaftliche Leitbilder sind dafür hingegen nicht notwendig.
Dabei steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, einen anderen sachgerechten Kontrollmaßstab als die Alleinverdienerannahme zur Betrachtung des Mindestabstandsgebots zu erstellen, was allerdings bislang kein Besoldungsgesetzgeber getan hat. Sie betrachten hingegen seit 2022 mit dem Ziel hoher Kosteneinsparungen gesellschaftliche oder politische Doppel- oder Mehrverdienermodelle, was ebenfalls ihr gutes Recht ist, jedoch regelmäßig den Kern der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung verfehlt, der es eben - wie ausgeführt - hinsichtlich des Mindestabstandsgebots nicht um Leitbilder oder Familienmodelle geht, sondern um einen sachgerechten Kontrollmaßstab. Insofern könnten sie in ihren Gesetzesbegründungen weiterhin regelmäßig darauf verzichten, seitenlang irgendwelche sachlich unerhebliche Ausführungen über Leitbilder oder Familienmodelle zu machen, da offensichtlich ist, dass neben der Alleinverdienerfamilie, die heute in der Bundesrepublik rund ein Drittel aller Familien betrifft, ebenfalls weitere Familienmodelle wie die Doppel- oder Mehrverdienerfamilie in der Besoldungsbemessung typisiert werden dürfen. Davon braucht niemand und auch nicht das Bundesverfassungsgericht überzeugt werden, da das so banal und offensichtlich ist, dass es dafür nicht vieler Worte bräuchte.
Will man allerdings aus welchen sachlich unerklärlichen Gründen auch immer einen neuen Kontrollmaßstab in das Besoldungsrecht einführen, also bspw. eine Doppel- oder Mehrverdienerannahme, dann muss am Ende weiterhin vom Besoldungsgesetzgeber das Mindestabstandsgebot als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG als Teil des Alimentationsprinzips Beachtung finden. Worin also der Sinn einer solchen Doppel- oder Alleinverdienerannahme als Kontrollmaßstab liegen soll, bleibt wie gehabt auch weiterhin gänzlich im Dunklen und also nach wie vor das unerfindliche Geheimnis aller betreffenden Besoldungsgesetzgeber, die hingegen gerne hinsichtlich des Mindestabstandsgebots sachlich unerhebliche Familienmodelle und politische Leitbilder betrachten, was sicherlich auch Spaß oder Freude macht, weshalb man ihnen diese Freude auch weiterhin gönnen sollte, auch wenn all das Karlsruhe nicht interessieren wird, da es dem Senat bekanntlich vor allem um sachgerechte Begründungen und nicht um politische oder gesellschaftliche Leitbilder geht, die keinerlei sachlichen Nährwert in der Betrachtung eines notwendigen Kontrollmaßstabs haben.
Die diesbezüglich zentrale Ausführung findet sich in der Rn. 37 der Parelleentscheidung vom 04. Mai 2020 und lautet (der Verweis auf die Rn. 47 der aktuellen Entscheidung verweist auf die Parallelität des Kontrollmaßstabs):
"Dass bei der Berechnung des für alle Besoldungsgruppen gleich hohen Mindestmehrbetrags davon ausgegangen wird, dass der Richter oder Beamte die Familie allein unterhält, ist ein aus der bisherigen Besoldungspraxis und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung abgeleiteter Kontrollmaßstab (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn. 47). Es handelt sich nicht um ein Abbild der Wirklichkeit oder das vom Bundesverfassungsgericht befürwortete Leitbild der Beamtenbesoldung, sondern um eine Bezugsgröße, die eine spezifische Funktion bei der Bemessung der Untergrenze der Familienalimentation erfüllt (vgl. Leisner-Egensperger, NVwZ 2019, S. 777 <780>). Sie stellt sicher, dass der Familie für das dritte und jedes weitere Kind der am Grundsicherungsniveau orientierte Mindestmehrbetrag auch dann zur Verfügung steht, wenn der andere Elternteil gar nichts zum Familieneinkommen beisteuern kann, etwa weil behinderte Kinder oder betagte Großeltern dauernder Pflege bedürfen oder er selbst dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt oder gar verstorben ist. Für andere Familienformen nachteilige Auswirkungen sind damit nicht verbunden." (
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000617.html)
PS. Der im Zitat genannte instruktive Beitrag der Jenaer Hochschullehrerin Anna Leisner-Egensperger ist an dieser Stelle empfehlenswert, weshalb ihn der Senat hier hervorhebt.