Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 5868040 times)

PublicTim

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15480 am: 06.11.2024 12:37 »
Hallo in die Runde,

ich wollte mal euer Schwarmwissen nutzen und fragen, ob euch auch zu Ohren gekommen ist, dass es eine Haushaltssperre geben wird? Dies habe ich aus mehreren teils sicheren Quellen gehört. 


SimsiBumbu

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15482 am: 06.11.2024 12:47 »
In dem Zusammenhang mal ein paar sachliche Ausführungen von Swen zur Höhe von Familienzuschlägen:

"Das Bundesverfassungsgericht verlangt im dargestellten Rahmen aber gerade keine Besserstellung der Kinder von Richtern und Beamten. Seine Rechtsprechung zum steuerfreien Existenzminimum (vgl. BVerfGE 99, 246) bezieht sich auf alle Kinder. Der Gesetzgeber wäre entsprechend nicht gehindert, den Bedürfnissen von kinderreichen Familien generell in einer Weise Rechnung zu tragen, die jegliche Besserstellung von Beamten gegenüber anderen Erwerbstätigen vermeidet (BVerfGE 155, 77 <94 f f. Rn. 36), was ebenso auf Familien mit einem oder zwei Kindern übertragen werden kann. Von daher haben unlängst die beiden maßgeblichen Besoldungsrechtler des dbb Andreas Becker und Alexia Tepke die Frage aufgeworfen, ob nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von Mai 2020 zur Mindest- und Familienalimentation goldene Besoldungszeiten für Beamte mit Kindern insbesondere gegenüber privatrechtlich Beschäftigten ausbrechen würden und entsprechend hervorgehoben: "Es besteht die Gefahr, dass allein der Familienkomponente mehr oder weniger die gleiche Bedeutung zukommt wie der mit dem Amt verbundenen und in der Grundbesoldung zum Ausdruck kommenden Leistung jeder einzelnen Beamtin bzw. jedes einzelnen Beamten. Zudem ist es der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln, dass 'Beamtenkinder' das Vielfache von 'Nichtbeamten-Kindern' wert sein sollen." (Tepke/Becker, ZBR 2022, S. 145 <154>). Sie weisen damit schlank darauf hin, dass sich das Leistungsprinzip in den unmittelbar amtsbezogenen und also familienneutralen Besoldungskomponenten und mittelbar im Grundgehalt verwirklicht (BVerfGE 145, 304 >326 f. Rn. 69 f.; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html) und eben nicht in den familienbezogenen Besoldungsbestandteilen.

Betrachten wir nun das 2024 vom Land Niedersachsen gewährte Besoldungsniveau, dann finden wir hinsichtlich des in der zweiten Erfahrungsstufe der untersten Besoldungsgruppe A 5 eingruppierten verheirateten Beamten mit zwei Kindern, der seine Familie allein ernährt, folgendes Besoldungsniveau auf Basis folgender Besoldungskomponenten (vgl. Entwurf eines Niedersächsisches Gesetzes über die Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge in den Jahren 2024 und 2025 sowie zur Änderung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften, S. 17, wie ihn Vier hier unlängst gepostet hat: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,122255.240.html sowie die Anlage 1 zur FEZVO unter https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/source/csh-da-filter%21a52e918e-8a02-41f8-8b62-1c4b6a92ff6a--WKDE_LTR_0000003520%234598741d09b43d5889346722969e29ab):

Grundgehalt:                          29.746,- € (leistungsbezogene Komponente)
Sonderzahlung:                        1.200,- € (in weiten Teilen leistungsbezogene Komponente)
Familienzuschlag:                     7.227,43 € (familienbezogene Komponente)
Sonderzahlung Kinder:                500,- € (familienbezogene Komponente)
Einmalzahlung Kinder:              2.000,- € (familienbezogene Komponente)
Familienergänzungszuschlag:    7.066,56 € (familienbezogene Komponente)

So verstanden stehen dem leistungsbezogenen familienneutralen Grundgehalt in Höhe von 29.746,- € familienbezogene Besoldungskomponenten in Höhe von 16.793,99 € gegenüber. Der Grundgehaltssatz wird so von 29.746,- € auf 46.539,99 € bzw. um 56,5 % erhöht. Der prozentuale Anteil der familienbezogenen Besoldungskomponenten an der Gesamtbesoldung in Höhe von 47.739,99 beträgt 35,2 %.

Damit sich eine solch hohe Familienbesoldung und so ein offensichtliches Nebengehalt neben dem Grundgehalt sachlich rechtfertigen ließe, müsste der Besoldungsgesetzgeber zunächst einmal sachlich anhand des tatsächlichen Bedarfs begründen, dass dieser allein hinsichtlich des Ehepartners und der beiden Kinder monatlich rund 1.400,- € ausmachen würde. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zum alimentationsrechtlichen Mehrbedarf kinderreicher Beamter hinsichtlich der drei- und vierköpfigen Beamtenfamilie hervorgehoben:

"Legt man etwa das gegenwärtige System der Besoldungsstruktur zugrunde, das, wie dargelegt, verfassungsrechtlich nicht festgeschrieben ist, so entspricht es bei natürlicher Betrachtung einer gewissen Selbstverständlichkeit, daß bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten. In diesem Fall bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, wenn dieser Betrag in seiner Höhe erheblich unter den Beträgen bleibt, die von der Rechtsordnung als Regelsätze für Kindesunterhalt als angemessen erachtet und veranschlagt werden." (BVerfGE 44, 240 <274 f.>; https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv044249.html)."

Quelle: https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,122255.msg362968.html#msg362968

Das BVerwG hat den Begriff "ganz überwiegend" in einem Urteil zum Unterhaltsvorschuss vom 12.12.2023
BVerwG 5 C 9.22 https://www.bverwg.de/de/121223U5C9.22.0 im ersten Leitsatz definiert:

1. Die Gewährung von Unterhaltsvorschuss setzt bei Mitbetreuung des Kindes durch den anderen Elternteil voraus, dass der Schwerpunkt der Betreuung ganz überwiegend, d. h. zu mehr als 60 vom Hundert bei dem den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteil liegt.

Da für einen A5 verheirateten Beamten mit zwei Kindern der Anteil der familienbezogenen Besoldungskomponenten an der Gesamtbesoldung in Höhe von 47.739,99 € mit 35,2 % kleiner als 40 % ist, kann doch entsprechend des oben genannten Urteils der Kindesunterhalt für ein oder zwei Kinder ganz überwiegend aus der familienneutralen Besoldung bestritten werden.

Wäre damit die Alimentation für den 4K-A5 Beamten - jedenfalls in Niedersachsen - angemessen und für einen A5-Single-Beamten, sofern sie 15% über dem Existenzminimum liegt nicht auch?


DerAlimentierte

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15484 am: 06.11.2024 12:54 »
Der Regierungsentwurf ist identisch mit dem letzten Referentenentwurf.

Ergo: Es wurde tatsächlich KEINE Änderungen vorgenommen!


PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15486 am: 06.11.2024 13:04 »

Das BVerwG hat den Begriff "ganz überwiegend" in einem Urteil zum Unterhaltsvorschuss vom 12.12.2023
BVerwG 5 C 9.22 https://www.bverwg.de/de/121223U5C9.22.0 im ersten Leitsatz definiert:

1. Die Gewährung von Unterhaltsvorschuss setzt bei Mitbetreuung des Kindes durch den anderen Elternteil voraus, dass der Schwerpunkt der Betreuung ganz überwiegend, d. h. zu mehr als 60 vom Hundert bei dem den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteil liegt.

Da für einen A5 verheirateten Beamten mit zwei Kindern der Anteil der familienbezogenen Besoldungskomponenten an der Gesamtbesoldung in Höhe von 47.739,99 € mit 35,2 % kleiner als 40 % ist, kann doch entsprechend des oben genannten Urteils der Kindesunterhalt für ein oder zwei Kinder ganz überwiegend aus der familienneutralen Besoldung bestritten werden.

Wäre damit die Alimentation für den 4K-A5 Beamten - jedenfalls in Niedersachsen - angemessen und für einen A5-Single-Beamten, sofern sie 15% über dem Existenzminimum liegt nicht auch?

Inwiefern sollte das Urteil Einfluss auf die amtsangemessene Alimentation von Beamten haben? Hier geht es um den Unterhaltsvorschuss, da der Kindsvater keine Alimente für seine Kinder zahlt, wenn ich das richtig überblicke.

GentleGiant

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15487 am: 06.11.2024 13:07 »
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2024/11/beamtenalimentation.html

Vielleicht sollte man mit Blick auf die vermeintlichen Verfassungsfeinde bei der sogenannten Alternative für Deutschland einfach resignierend zur Kenntnis nehmen, dass sich die Verfassungsfeinde bereits in Amt und Würden befinden. Frustrierend.

Hummel2805

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15488 am: 06.11.2024 13:15 »
Jetzt bekommt unser Onkel Johann erstmal von mir eine 12er Kiste Lafite Rothschild.
Das hat er sich redlich verdient. Und man muss sagen: "Letztendlich hat er Wort gehalten!"

Neu555

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15489 am: 06.11.2024 13:18 »
Man kann nur jedem raten aus den Gewerkschaften auszutreten. Der gesamte dbb hat den gleichen Einfluss wie eine einzelne Privatperson. Peinlich ...

Schlüüü

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15490 am: 06.11.2024 13:23 »
Jetzt Karlsruhe BITTE

Hans1W

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15491 am: 06.11.2024 13:27 »
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/Downloads/kabinettsfassung/D3/BBVAngG_Kabinettvorlage.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [PDF, 1MB]
Direktlink zum Regierungsentwurf vom 06.11.2024 
Ab Seite 117 wird auf die Stellungnahmen der Verbände eingegangen, diese sind aber nicht im Orginal zu finden. Sondern nur Aussagen darüber.
« Last Edit: 06.11.2024 13:37 von Hans1W »

tigertom

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15492 am: 06.11.2024 13:30 »
Es wurde also doch nichts angepasst.

Ergo für mich, A9, verheiratet 1 Kind im teuren HH (Mietstufe VI) wohnend also 86 EUR (155 minus 69 Abschmelz) brutto mehr und somit gelte ich endlich anscheinend als amtsangemessen alimentiert.

Danke. Auch Dank an den Märchenonkel.

Widerspruch für 2024 geht nächste Woche raus.


Ndsftw

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« Antwort #15493 am: 06.11.2024 13:56 »
Ich bin kinderlos und verheiratet, bekomme nun mehr wegen Wegfallender Konkurrenzregelung. Vermutlich bin ich der einzige, der von diesem Entwurf wirklich profitiert, obwohl ich alles andere als die Zielgruppe sein dürfte. Das sagt viel über das Gesetz aus.

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15494 am: 06.11.2024 14:02 »
Möge sie alle der Blitz beim schei*en treffen, aber ehrlich.