Er erhebt - so wie ich das gestern geschrieben habe - den Anspruch der "Dokumentation von einigen Plagiaten", Alex, was ich entsprechend so betrachte, denn er nimmt für sich selbst ja offensichtlich in Anspruch für "gute wissenschaftliche Praxis. Für ehrliche Akademiker" zu arbeiten (
https://plagiatsgutachten.com/). Wenn man diesen Anspruch hat, muss man sich gefallen lassen, an ihm gemessen zu werden. Seine Auflistung ist allerdings keine gute wissenschaftliche Praxis, da keinerlei methodischen Standards zu erkennen sind, wie gesagt, nach seinen eigenen Maßstäben liegt hier der Verdacht des Ghostwritings vor, den nur er selbst ausräumen könnte, indem er mitteilte, ob und ggf. in welchem Maße er Unterstützung Dritter erhalten und welche Mittel er eingesetzt hat, um zu seiner Auflistung zu kommen. Ebenso mag er die zwischenzeitliche erfolgte Auflistung "aus freien Stücken" vorgenommen haben; allerdings dürfte es gleichfalls ohne weitere Angabe von geflossenen Geldleistungen zweifelhaft sein, wenn er ausführt: "Allerdings haben wir mittlerweile Spenden erhalten, die die Kosten zu circa 50 Prozent decken können." (
https://plagiatsgutachten.com/blog/ghostwriting-verdacht-brosius-gersdorf/). Denn die kurze Zeit, die die professionellen Plagiatsprogramme benötigen, um entsprechende Auflistungen vorzunehmen, können ja nur Kosten im vielleicht zweistelligen Bereich nach sich gezogen haben, wenn man von einem Stundensatz von 160,- € ausgeht und eine maximals Beschäftigungszeit von einer halben Stunden ansetzt, was sicherlich eine zu lange Beschäftigungszeit voraussetzt (die Programme können ja laufen, während andere Tätigkeiten vollzogen werden).
Darüber hinaus hat die Autorin - wie ich das bereits in der Vergangenheit hier ausgeführt habe - im Vorwort ihrer Disseration auf die wiederkehrende Diskussion mit ihrem Mann hingewiesen, sodass man davon ausgehen darf, dass sich Sichtweisen im Dialog gemeinsam ausgeprägt haben, was jeder kennt, der in seinem Leben bereits eine Disseration geschrieben und dabei nicht im Elfenbeinturm gesessen hat - denn genau das ist einer von mehreren Zwecken solcher Qualifikationsarbeiten, zu zeigen, dass man in der Lage ist, die eigene Arbeit im Dialog mit anderen zu vollbringen, wobei da regelmäßig unklar ist, wer von wem profitiert, da der Erkenntnisgewinn eben dialogisch entsteht.
Da der größte Teil von uns, die in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre entsprechende Qualifikationsschriften erarbeitet haben, vielfach noch Zettelkästen zur Strukturierung der Materie verwendet haben, werden uns allen wiederkehrend Formulierungen unterlaufen sein, die man heute als Ghostwriting betrachten kann, da man das, was man damals in der Regel analog gelesen hat, entsprechend expediert hat, um darauf dann ggf. Monate oder Jahre später zurückzugreifen. Kein Mensch hat damals in den vielhundertseitigen sozial- und rechtswissenschaftlichen Qualifiaktionsarbeiten noch einmal jedes von ihm in den Jahren zuvor verwendete Buch oder jeden Zeitschriftenartikel erneut zur Hand genommen und geschaut, ob die expedierten Informationen textnah oder textindentisch formuliert worden sind; der Standard war, die verwendete Information mit dem Quellenbeleg als Fußnote zu verzeichnen. "Ghostwriting" war außerhalb unserer Vorstelungswelt; denn zwar gab es bereits das Internet, aber wissenschaftlich wertvolle Daten waren ihm zu jener Zeit in den Sozialwissenschaften zumeist noch kaum zu entnehmen.
Schaut man sich die Dissertation unter diesem Fokus an, dann stellt man fest, eine mit Fußnoten gesättigte Qualifikationsschrift vorzufinden, die also die verwendete Literatur penibel dokumentiert - genau deshalb müsste ein Gutachten, das unredliches Arbeiten nachweisen wollte, Textstelle für Textstelle analysieren und also in den Kontext stellen, um entweder den Nachweis eines Plagiats oder die Entlastung von diesem Vorwurf zu konkretisieren. Das ist regelmäßig eine umfangreiche Arbeit, da sich die Frage nach dem geistigen Eigentum stellt.
Eine von einem oder mehreren Programmen erstellte Sammlung ist das nicht, ist weder eine aufwändige eigene Arbeit, noch könnte sie entsprechende Nachweise vollziehen. Die Behauptungen bleiben so weitgehend unseriös, weil ohne sachlichem Nachweis. Wer auf seiner Homepage gute wissenschaftliche Praxis für ehrliche Akademiker anpreist, sollte sich erst einmal an die eigene Nase fassen und also entsprechend handeln. Ansonsten bleibt's bei Budenzauber, den man journalistisch ausschlachten, aber wissenschaftlich keinen Wert geben kann.