Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2088971 times)

Warzenharry

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8940 am: 15.12.2023 10:17 »
Antwort: Ja ich bin BuBea muss aber "nur" 40h arbeiten, da ich Kinder im berechtigendem Alter habe.

Natürlich kenne ich die Storry mit der wöchentlichen Arbeitszeit, die 2006 zur Haushalts­konsolidierung eingeführt wurde. Ich kenne den Erlass aber nicht mit dem dies geschehen ist. Daher kann ich nicht sagen, ob dort eine Befristung zu erkennen ist oder nicht. Sollte sich die Befristung bis auf weitere oder / zur Erreichung eines nicht näher definierten Zustandes beziehen, hat die BREg natürlich deutlich mehr "Spiel", als wenn man äußert.

"Angesichts der ausstehenden Anpassung des Bundesbesoldungsgesetzes an die Maßstäbe des BVerfG ab dem Jahr 2021 verzichtet der Bund gegenüber allen Besoldungs- und Versorgungsberechtigten des Bundes auf das Erfordernis einer haushaltsjahrnahen Geltendmachung wie auch auf die Erhebung der Einrede der Verjährung ab diesem Jahr. Widersprüche gegen die Höhe der Besoldung oder Versorgung sind also ab dem Jahr 2021 nicht mehr erforderlich."

Diese Aussage inhaltlich sowie auch zeitlich, befristet bis zur finalen Anpassung des Bundesbesoldungsgesetzes, klar definiert.
Will heißen. Dieses Schreiben verliert seine Wirkung ab dem Moment, wo der Gesetzgeber der Meinung ist, dass das BBVAngG den anforderungen des BVerfG entspricht und in Kraft ist, unabhänig davon ob das BBVAngG dann später erneut als verfassungswidrig eingestuft wird.

xyz123

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8941 am: 15.12.2023 10:36 »

Diese Aussage inhaltlich sowie auch zeitlich, befristet bis zur finalen Anpassung des Bundesbesoldungsgesetzes, klar definiert.
Will heißen. Dieses Schreiben verliert seine Wirkung ab dem Moment, wo der Gesetzgeber der Meinung ist, dass das BBVAngG den anforderungen des BVerfG entspricht und in Kraft ist, unabhänig davon ob das BBVAngG dann später erneut als verfassungswidrig eingestuft wird.

Absolut richtig. Und genau das versteht bei uns nicht mal der höhere Dienst, der für den Bereich Besoldung zuständig ist. Im Gegenteil. Die raten sogar noch aktiv vom Widerspruch ab.

Einfach unglaulich.

Warzenharry

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8942 am: 15.12.2023 10:47 »
Lieber Swen, da du definitiv eine Menge Ahnung von der Rechtsmaterie hast hätte ich nicht erwartet, dass du den Effekt des Rundschreibens nicht genau so siehst wie ich.

Wenn ich dir begründen müsste warum ich das so sehe, würde ich es mit dem Latainischem:
"Praesumptio iuris tantum" versuchen.

Die Bedeutung: Bei Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes zieht das Gesetz daraus einen bestimmten Schluss, es sei denn, das Gegenteil kann bewiesen werden.

Auf den Fall angewendet: Um den Missstand der mir zu Teil gewordenen verfassungswidrigen Alimentation zu beseitigen, müsste ich per Gestz einen Widerspruch einlegen. Das Gegenteil wird hier jedoch vom BMI selbst geliefert. Bezogen auf die Fragen nach der verfassungegemäßen Alimentation hat das BMI hier ganz klar darauf verzichtet.

Auch "argumentum e contrario" könnte hier zum Einsatz kommen.
Durch das Schreiben des BMI lässt sich ableiten, dass mir, bezogen auf die verfassungswidrigen Alimentation, keine Nachteil entstehen darf, wenn ich nicht, wie eigentlich im Gesetz gefordert, Widerspruch einlege.
Im Normalfall müsste ich das und würde meinen Anspruch verlieren, wenn ich keinen Einreiche.

Durch den Schlusssatz des BMI in jenem Schreiben egalisiert sich das ganze meiner Meinung aber.

"Widersprüche gegen die Höhe der Besoldung oder Versorgung sind also ab dem Jahr 2021 nicht mehr erforderlich"

Die Entscheidung BVerwG, welche du anführst, ist vom 21.02.2019.
Das Rundschreiben des BMI, in dem es auf dass, was das BVerfG mit schreiben vom 21.02.2019 empfohlen hat, verzichtet ist hingegen vom 14.6.2021.
Somit aktueller und für mich maßgeblicher.


Warzenharry

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8943 am: 15.12.2023 10:50 »

Diese Aussage inhaltlich sowie auch zeitlich, befristet bis zur finalen Anpassung des Bundesbesoldungsgesetzes, klar definiert.
Will heißen. Dieses Schreiben verliert seine Wirkung ab dem Moment, wo der Gesetzgeber der Meinung ist, dass das BBVAngG den anforderungen des BVerfG entspricht und in Kraft ist, unabhänig davon ob das BBVAngG dann später erneut als verfassungswidrig eingestuft wird.

Absolut richtig. Und genau das versteht bei uns nicht mal der höhere Dienst, der für den Bereich Besoldung zuständig ist. Im Gegenteil. Die raten sogar noch aktiv vom Widerspruch ab.

Einfach unglaulich.

I'm blushing  ;D

ChRosFw

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8944 am: 15.12.2023 10:58 »
Diese Antwort beschreibt zwar eine anzunehmenden Ablauf, beantwortet aber meine Frage nicht.
Der erste Beamte, der mangels fehlenden Widerspruchs "hinten runter fällt" und deshalb dagegen vorgeht, wird ja eine Begründung erhalten, spätestens dann, wenn er vor das Verwaltungsgericht zieht.

Und nichts mehr als dass, also eine mögliche rechtliche Begründung, versuche ich den Mitwirkenden hier im Forum zu entlocken.

Diese Antwort ist hier bereits vielfach gegeben und regelmäßig von mir zitiert worden. Es ist die Rn. 27 der bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidung BVerwG 2 C 50.16 vom 21.02.2019 (https://www.bverwg.de/210219U2C50.16.0; Hervorhebungen durch mich):

"Für die Geltendmachung des Anspruchs genügt es, dass der Beamte zum Ausdruck bringt, sich mit der Höhe seiner Besoldung oder Versorgung insgesamt nicht mehr zufrieden zu geben. So hätte es im vorliegenden Fall ausgereicht, wenn der Kläger - so wie später im gerichtlichen Verfahren - im Jahr 2004 erklärt hätte, dass er für den Fall einer zulässigen Kürzung der jährlichen Sonderzahlung jedenfalls die danach verbleibende Gesamthöhe seiner Versorgungsbezüge für zu niedrig halte, weil sie ihm und seiner Familie keinen angemessenen Lebensstandard mehr ermögliche und sie sich in ihrer Lebensführung einschränken müssten. Ein solches Vorbringen wäre ihm auch als juristischen Laien möglich gewesen. Rechtskenntnisse sind dafür nicht erforderlich."

Da der Beamte verpflichtet ist, seinen Dienstgeschäften aktiv nachzugehen, muss er sich ebenso um seine Alimentation kümmern. Tut er das nicht, akzeptiert er damit für seine persönlichen Belange die damit einhergehenden Rechtsfolgen. Mehr als einen wiederkehrenden und vielfach begründeten Ratschlag kann man auch hier nicht geben. Handeln muss jeder selbst. Tut er's nicht, ist auch das seine Sache. Die Wahrscheinlichkeit, dass er es dereinst bereuen könnte, keinen Widerspruch eingelegt zu haben, dürfte nicht ganz gering sein.

Denn Deine Sichtweise : "Faktisch haben somit ALLE Beamten, die in diesem Rundschreiben genannt werden, einen Widerspruch eineglegt und auch haushaltsnah geltend gemacht" ist sachlich falsch. Ein statthafter Rechtsbehelf ist nur dann gegeben, wenn er aktiv vom Beamten vollzogen worden ist. Du kannst das selbst zwar anders sehen, nur wirst Du für Deine Meinung keine juristische Begründung finden. Insofern ist auch Dir hier nun wiederkehrend eine sachliche Begründung gegeben worden - wo ist nun Deine Begründung, die über eine Meinung hinausgeht? Dein Flugzeugbeispiel hat für die, die sich nicht auskennen, die verführerische Qualität, dass es sich schlüssig anhört - ein Rechtsverhältnis ist aber kein Flugzeug. Und wer das nicht glaubt, darf gerne die oben verlinkte Entscheidung in seiner Gänze lesen, um festzustellen, dass selbst ein Widerspruch ggf. nicht hinreicht, um die eigenen Ansprüche zu wahren - nämlich in dem Moment, wo jener Rechtsbehelf in nicht statthafter Form gestellt worden ist.

Ergo: Wo ist nun Deine juristische Begründung für Deine Meinung?

Bevor es mich auch trifft: Dass der Widerspruch nach geltender Rechtslage einzulegen ist, ist selbstverständlich!

Mir geht es darum, hier auch neue Ansätze mit in die Diskussion einzubringen. Unabhängig davon, dass das Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung besteht, kann man durchaus über diese Voraussetzung diskutieren.

M.E. ist die Zumutbarkeit für einen Laien in der zitierten Entscheidung zutreffend gegeben. Hierbei handelt es sich allerdings um die Konstellation einer unmittelbaren Kürzung, die einen festen Anknüpfungspunkt darstellt.
Deshalb halte ich den Sachverhalt für einen Laien schwieriger einzuschätzen, in dem sich die unzureichende Alimentation aus einem Besoldungsgesetz ergibt, in dessen Begründung eine scheinbare Verfassungsmäßigkeit vorgegaukelt wird.


ChRosFw

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8945 am: 15.12.2023 11:10 »
Lieber Swen, da du definitiv eine Menge Ahnung von der Rechtsmaterie hast hätte ich nicht erwartet, dass du den Effekt des Rundschreibens nicht genau so siehst wie ich.

Wenn ich dir begründen müsste warum ich das so sehe, würde ich es mit dem Latainischem:
"Praesumptio iuris tantum" versuchen.

Die Bedeutung: Bei Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes zieht das Gesetz daraus einen bestimmten Schluss, es sei denn, das Gegenteil kann bewiesen werden.

Auf den Fall angewendet: Um den Missstand der mir zu Teil gewordenen verfassungswidrigen Alimentation zu beseitigen, müsste ich per Gestz einen Widerspruch einlegen. Das Gegenteil wird hier jedoch vom BMI selbst geliefert. Bezogen auf die Fragen nach der verfassungegemäßen Alimentation hat das BMI hier ganz klar darauf verzichtet.

Auch "argumentum e contrario" könnte hier zum Einsatz kommen.
Durch das Schreiben des BMI lässt sich ableiten, dass mir, bezogen auf die verfassungswidrigen Alimentation, keine Nachteil entstehen darf, wenn ich nicht, wie eigentlich im Gesetz gefordert, Widerspruch einlege.
Im Normalfall müsste ich das und würde meinen Anspruch verlieren, wenn ich keinen Einreiche.

Durch den Schlusssatz des BMI in jenem Schreiben egalisiert sich das ganze meiner Meinung aber.

"Widersprüche gegen die Höhe der Besoldung oder Versorgung sind also ab dem Jahr 2021 nicht mehr erforderlich"

Die Entscheidung BVerwG, welche du anführst, ist vom 21.02.2019.
Das Rundschreiben des BMI, in dem es auf dass, was das BVerfG mit schreiben vom 21.02.2019 empfohlen hat, verzichtet ist hingegen vom 14.6.2021.
Somit aktueller und für mich maßgeblicher.

Ich denke, es geht hier eher um Vorsicht.

In einem Diskussionsforum kann es durchaus unterschiedliche Ziele geben:

Natürlich ist dies der richtige Ort, um Gedanken und Ansichten auszutauschen, um die Diskussion inhaltlich weiter voranzutreiben. Dies kann jedoch teilweise auch für Verunsicherung sorgen.

Auf der anderen Seite stet der informatorische Zweck im Sinne einer Appellfunktion, was nicht zuletzt auch der gemeinsamen Sache dienen soll. Insoweit ist es richtig, ausgehend vom Verständnis des Durchschnittsbegabten, dass bitte jeder, unabhängig von juristischen Feinheiten, Widerspruch einlegt.

Zum einen wird so sichergestellt, dass sich keiner, der vielleicht nicht so tief in der Materie steckt, seiner Rechte begibt. Auf der anderen Seite haben Einsprüche, vor allem in großer Zahl (man schaue nach NRW) immer auch eine Signalfunktion an den Gesetzgeber.

xap

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8946 am: 15.12.2023 11:30 »
Lieber Swen, da du definitiv eine Menge Ahnung von der Rechtsmaterie hast hätte ich nicht erwartet, dass du den Effekt des Rundschreibens nicht genau so siehst wie ich.

Wenn ich dir begründen müsste warum ich das so sehe, würde ich es mit dem Latainischem:
"Praesumptio iuris tantum" versuchen.

Die Bedeutung: Bei Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes zieht das Gesetz daraus einen bestimmten Schluss, es sei denn, das Gegenteil kann bewiesen werden.

Auf den Fall angewendet: Um den Missstand der mir zu Teil gewordenen verfassungswidrigen Alimentation zu beseitigen, müsste ich per Gestz einen Widerspruch einlegen. Das Gegenteil wird hier jedoch vom BMI selbst geliefert. Bezogen auf die Fragen nach der verfassungegemäßen Alimentation hat das BMI hier ganz klar darauf verzichtet.

Auch "argumentum e contrario" könnte hier zum Einsatz kommen.
Durch das Schreiben des BMI lässt sich ableiten, dass mir, bezogen auf die verfassungswidrigen Alimentation, keine Nachteil entstehen darf, wenn ich nicht, wie eigentlich im Gesetz gefordert, Widerspruch einlege.
Im Normalfall müsste ich das und würde meinen Anspruch verlieren, wenn ich keinen Einreiche.

Durch den Schlusssatz des BMI in jenem Schreiben egalisiert sich das ganze meiner Meinung aber.

"Widersprüche gegen die Höhe der Besoldung oder Versorgung sind also ab dem Jahr 2021 nicht mehr erforderlich"

Die Entscheidung BVerwG, welche du anführst, ist vom 21.02.2019.
Das Rundschreiben des BMI, in dem es auf dass, was das BVerfG mit schreiben vom 21.02.2019 empfohlen hat, verzichtet ist hingegen vom 14.6.2021.
Somit aktueller und für mich maßgeblicher.

Zu dem von dir zitierten Rundschreiben wird es ein weiteres Rundschreiben seitens BMI geben, welches das aktuelle Rundschreiben aufheben wird. Dann lösen sich deine Konjunktive in Wohlgefallen auf. Aber sinniere gern weiter darüber.

Warzenharry

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8947 am: 15.12.2023 11:44 »
Das neue Rundschreiben kann ja ab einem gewissen Zeitpunkt auflösen aber nicht rückwirkend.

Wo ist das Problem?
Dann haben wir natürlich eine ganz andere Situation.
Aber bis das aktuelle Rundschreiben nicht zu einem bestimmten, in der Zukunft liegendem Zeitpunkt seine Wirkung verliert, ist es nun mal da und entfaltet nun mal Rechtscharakter.

Kannst du nicht mal sachlich bleiben?

"deine Wohlgefallen" "sinniere gern weiter darüber" Wasn los mit dir??

Vollzug122

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8948 am: 15.12.2023 11:53 »
Mein Widerspruch für 2023 ist raus. Ich habe gelernt, wenn es ums Geld geht, kann man dem Dienstherren nicht vertrauen.
Warum?
Seit 2017 ist die Alimentation für Familien mit 3 und mehr Kindern verfassungswidrig.
In den Genuss einer Nachzahlung kommt man aber auch nur, wenn man einen Widerspruch gegen seine Besoldung eingelegt hat. D.h. wer das nicht wusste oder auf den Bund und die verfassungskonforme Besoldung vertraut hat, geht für die Jahre 2017 - 2020 leer aus obwohl die Parameter zur Inanspruchnahme der Besoldung Familienzuschlag) vorlagen.

dirtyharry

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8949 am: 15.12.2023 11:56 »
Mein Widerspruch für 2023 ist raus. Ich habe gelernt, wenn es ums Geld geht, kann man dem Dienstherren nicht vertrauen.
Warum?
Seit 2017 ist die Alimentation für Familien mit 3 und mehr Kindern verfassungswidrig.
In den Genuss einer Nachzahlung kommt man aber auch nur, wenn man einen Widerspruch gegen seine Besoldung eingelegt hat. D.h. wer das nicht wusste oder auf den Bund und die verfassungskonforme Besoldung vertraut hat, geht für die Jahre 2017 - 2020 leer aus obwohl die Parameter zur Inanspruchnahme der Besoldung Familienzuschlag) vorlagen.

Genau zu diesem Schluss bin auch ich gekommen und habe erstmals einen Widerspruch eingelegt.

Ozymandias

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8950 am: 15.12.2023 12:04 »
Einfach jedes Jahr Widerspruch einlegen. So hat man die meiste Rechtssicherheit.
Und das macht am besten so die nächsten 10 Jahre immer schön am Jahresende.

NRW hat z.B. Beamte zu Klagen gezwungen, weil trotz klarer Rechtslage behauptet wurde, dass jedes Jahr Widerspruch eingelegt werden muss. Im Prinzip reicht ein Widerspruch der die Folgejahre einbezieht.

Wer hat Lust sich deswegen oder wegen unklarer Zusagen von Ministerien sich vor Gericht zu streiten?
Der DRB BW bezweiflet z.B. ob der Finanzminister in BW so eine Zusage ähnlich des BMI machen kann.
Ähnliches Problem gab es auch mal, bei unklaren Vorläufigkeitsvermerken in Steuerbescheiden.
Kann und wird im Zweifel alles zu den eigenen Lasten ausgelegt werden. Dabei ist es so einfach, sich rechtssicher seine Ansprüche zu sichern.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8951 am: 15.12.2023 12:11 »
Lieber Swen, da du definitiv eine Menge Ahnung von der Rechtsmaterie hast hätte ich nicht erwartet, dass du den Effekt des Rundschreibens nicht genau so siehst wie ich.

Wenn ich dir begründen müsste warum ich das so sehe, würde ich es mit dem Latainischem:
"Praesumptio iuris tantum" versuchen.

Die Bedeutung: Bei Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes zieht das Gesetz daraus einen bestimmten Schluss, es sei denn, das Gegenteil kann bewiesen werden.

Auf den Fall angewendet: Um den Missstand der mir zu Teil gewordenen verfassungswidrigen Alimentation zu beseitigen, müsste ich per Gestz einen Widerspruch einlegen. Das Gegenteil wird hier jedoch vom BMI selbst geliefert. Bezogen auf die Fragen nach der verfassungegemäßen Alimentation hat das BMI hier ganz klar darauf verzichtet.

Auch "argumentum e contrario" könnte hier zum Einsatz kommen.
Durch das Schreiben des BMI lässt sich ableiten, dass mir, bezogen auf die verfassungswidrigen Alimentation, keine Nachteil entstehen darf, wenn ich nicht, wie eigentlich im Gesetz gefordert, Widerspruch einlege.
Im Normalfall müsste ich das und würde meinen Anspruch verlieren, wenn ich keinen Einreiche.

Durch den Schlusssatz des BMI in jenem Schreiben egalisiert sich das ganze meiner Meinung aber.

"Widersprüche gegen die Höhe der Besoldung oder Versorgung sind also ab dem Jahr 2021 nicht mehr erforderlich"

Die Entscheidung BVerwG, welche du anführst, ist vom 21.02.2019.
Das Rundschreiben des BMI, in dem es auf dass, was das BVerfG mit schreiben vom 21.02.2019 empfohlen hat, verzichtet ist hingegen vom 14.6.2021.
Somit aktueller und für mich maßgeblicher.

Deine letzter Satz ist sachlich unbegründet, lieber Harry, da Du judikative und exekutive Darlegungen nicht in eins setzen kannst. Das Bundesverwaltungsgericht hat 2019 die Ansprüche an einen statthaften Rechtsbehelf betrachtet und eindeutig geklärt; s. meinen letzten Beitrag. Auf dieser Basis hat das Bundesverfassungsgericht in seiner letzten Entscheidung am Ende hervorgehoben:

"Stellt das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit einer Norm oder mehrerer Normen mit dem Grundgesetz fest, folgt daraus grundsätzlich die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Rechtslage rückwirkend verfassungsgemäß umzugestalten. Ausnahmen von dieser Regelfolge der Unvereinbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen bejaht. Speziell bei besoldungsrechtlichen Normen gilt es zu beachten, dass die Alimentation der Richter und Beamten der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln darstellt. Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist daher mit Blick auf die Besonderheiten des Richter- und Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64> m.w.N.). [Absatz] Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich etwaiger weiterer Richter und Staatsanwälte erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren schwebt. Entscheidend ist, dass sie sich gegen die Höhe ihrer Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben, so dass der Haushaltsgesetzgeber nicht im Unklaren geblieben ist, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird." (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 04. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn. 182 f.; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html)

In den von mir unterlegten Hervorhebungen wird klargestellt, dass, wer nicht zeitnah mindestens einen statthaften Rechtsbehelf - also ein sachgerechtes Widerspruchsschreiben - gegen die ihm gewährte Besoldung formuliert, seine Ansprüche verwirkt, da diese regelmäßig am Ende eines Kalenderjahrs verjähren. In der von mir vorhin zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird dargelegt, welche Ansprüche an einen statthaften Rechtsbehelf zu stellen sind. Diese geltenden Anforderungen sind zu beachten, ganz egal, was zunächst die exekutive Gewalt formuliert. Die von Dir am Ende ins Feld geführte Aktualität kann ausschließlich für weitere gerichtliche Entscheidungen, nicht aber für exekutive Maßnahmen ins Feld geführt werden. Eine über die von mir dargelegte Sichweise hinausgehende Aktualisierung ist durch das Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht nicht erfolgt; vielmehr hat sich letzteres seit seiner letzten Entscheidung nicht mehr zum Thema geäußert. Ersteres hat seine Darlegung nicht grundlegend verändert.

Das BMI hat nun in einem Rundschreiben die Verwaltung angewiesen, wie sie - die Verwaltung - darauf reagieren kann, dass eine vor 2021 verfassungswidrige Alimentation 2021 bis auf Weiteres nicht geheilt worden ist. Es hat dort hervorgehoben, dass ein Widerspruch nicht notwendig sei, bis der Gesetzgeber für eine wieder verfassungskonforme Alimentation sorgen wird. Sobald also mit dem nächsten Besoldungsgesetz wieder für eine amtsangemessene Alimentation gesorgt werden wird - der Gesetzgeber darf keine verfassungswidrigen Gesetze verabschieden -, wird jeder Bundesbeamte auf Grundlage jenes Gesetzes entsprechend jenem Gesetz entschädigt werden. Nur wird eben dieses Gesetz nach derzeitiger Planung nicht verfassungskonform sein, das aber behaupten. Es wird daraufhin eine große Anzahl an Bundesbeamten keine oder allenfalls zu geringe Nachzahlungen gewähren und damit deren Ansprüche als abgegolten betrachten. Ob es daraufhin möglich sein wird, sich dagegen ohne vorherige Hemmung durch einen statthaften Rechtsbehelf zu Wehr setzen zu können, wird sich dann zeigen. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird im Hinblick darauf, was ich im ersten Absatz geschrieben habe, ggf. nicht sehr groß sein.

Dahingegen hat jeder, der seit 2021 gegen die ihm gewährte Alimentation einen statthaften Rechtsbehelf formuliert hat, seinen Anspruch auf eine amtsangemessene Alimentation aufrechterhalten. Nach Vollzug des nächsten Gesetzes ist nun der Dienstherr gezwungen, auf Basis dieses Gesetzes die seit 2021 erfolgten Widersprüche zu bescheiden. Es wird also auf Basis jenes Gesetzes zu wiederkehrend negativen Bescheidungen kommen. Damit aber steht diesen Beamten dann im Anschluss weiterhin der Rechtsweg offen, da sie sich zeitnah mit statthaften Rechtsbehelfen gegen die Höhe ihrer Besoldung zu Wehr gesezt haben. Sie werden also ihre ggf. vorhandenen Ansprüche ausnahmslos gerichtlich prüfen lassen können - was ggf., wie im letzten Absatz dargelegt, für all die anderen Bundesbeamten, die also keinen Widerspruch geführt haben, nicht der Fall sein wird, da sie ohne Widerspruch akzeptiert haben, was ihnen durch die Verwaltung auf Basis des Rundschreibens ggf. mitgeteilt worden ist.

Dieses Rundschreiben hat dabei eine Empfehlung an die Verwaltung ausgesprochen, wie diese also handeln kann (denn eine Empfehlung ist vom Rang her nicht automatisch mit einer Anordnung gleichzusetzen). Diese Empfehlung hat nun zwei mögliche Handlungsweisen formuliert:

"Angesichts der ausstehenden Anpassung des Bundesbesoldungsgesetzes an die Maßstäbe des BVerfG ab dem Jahr 2021 verzichtet der Bund gegenüber allen Besoldungs- und Versorgungsberechtigten des Bundes auf das Erfordernis einer haushaltsjahrnahen Geltendmachung wie auch auf die Erhebung der Einrede der Verjährung ab diesem Jahr. Widersprüche gegen die Höhe der Besoldung oder Versorgung sind also ab dem Jahr 2021 nicht mehr erforderlich.

Sollten dennoch Widersprüche eingelegt werden, sind diese ruhend zu stellen und der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zur Sicherstellung einer amtsangemessenen Alimentation in der nächsten Legislaturperiode abzuwarten." (https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_14062021_D3302009421.htm)

Wer es nun also auf Basis jener Empfehlung als sicher ansehen möchte, dass er mit Vollzug des angekündigten (und nun ggf. weiterhin auf die Zukunft verschobenen) BBVAngG wieder amtsangemessen alimentiert werden wird und deshalb eine amtsangemessene Nachzahlung ab 2021 erhalten wird und das ggf. auch ohne einen statthaften Rechtsbehelf dann doch gerichtlich bestreiten kann, den er also ab 2021 auf Basis der genannten Empfhlung nicht formuliert hat, der sollte keinen Widerspruch einlegen und also damit seinem Dienstherrn trauen und anders handeln, als es das Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht eindeutig festgelegt haben, die am Ende - sofern sie angerufen werden - zu prüfen haben und entsprechend prüfen werden, ob die Klage formell zulässig ist. Eine formell nicht zulässige Klage wird von einem Gericht ohne weitere materiell-rechtliche Prüfung abgewiesen.

Wer dieses Vertrauen nicht hat, legt besser doch zeitnah Widerspruch mittels eines statthaften Rechtsbehelfs ein. Denn damit hemmt er weiterhin die Verjährung seiner Ansprüche, sodass er sie später gerichtlich prüfen lassen kann. Denn das ist der Sinn des Widerspruchs, seine Ansprüche aktiv aufrechtzuerhalten.

Der langen Rede kurzer Sinn: es geht nur bedingt darum, was Dir und allen anderen Bundesbeamten ggf. vom BMI zugesagt worden ist - es geht vor allem darum, aktiv der Gesamthöhe der Alimentation mit einem statthaften Rechtsbehelf zu widersprechen, um so formell ausnahmslos auf der sicheren Seite zu sein, sofern dafür am Ende ggf. eine Klage notwendig sein wird. Denn diese Klage muss auf formell sachgerechtem Boden erfolgen. Alles andere werden die Gerichte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht akzeptieren: Denn die Anforderungen an einen statthaften Rechtsbehelf, den das Bundesverwaltungsgericht als zwingend für eine statthafte Klageerhebung betrachtet hat, sieht es als so gering an, dass "Rechtskenntnisse [...] dafür nicht erforderlich" sind.

Ergo: Wer auf dieser Basis und in Anbetracht des geringen Aufwands, den ich oben dargelegt habe, keinen Widerspruch einlegt, beweist m.E. ein Vertrauen in die Zukunft, das sich ggf. als nicht erfolgversprechend erweisen wird.

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8952 am: 15.12.2023 12:35 »
Also den Vorteil, sich über eine mögliche Auslegung dieses Rundschreibens, welche ggf. wieder eingeklagt werden müsste, stundenlang den Kopf zu zerbrechen und möglicherweise am Zahltag X in die Röhre zu schauen, anstatt einfach 5 Minuten Arbeit zu investieren und "safe" zu sein, verstehe ich wirklich nicht.

Bastel

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« Antwort #8953 am: 15.12.2023 12:41 »
Vielleicht arbeitete der Harry für den Christian und will künftig Geld sparen ;)

ChRosFw

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #8954 am: 15.12.2023 13:00 »
Jetzt ist es dann auch mal gut mit dem Gehacke.

Es ist natürlich richtig, Widerspruch einzulegen! Es ist auch richtig, den juristisch sichersten Weg einzuschlagen!

Trotzdem kann man sich ja durchaus mal Gedanken links und rechts des sicheren Weges machen. Natürlich ist das mit juristischen Unsicherheiten verbunden. Und man darf dieses auch nicht als einen alternativen sicheren Weg propagieren!

Jedenfalls ist es nicht abwegig zu diskutieren, ob durch das Rundschreiben vielleicht ein Vertrauenstatbestand gesetzt wurde, der unter Umständen eine Wiedereinsetzung rechtfertigt. M.E. wurde Widerspruchsführern teilweise auch mitgeteilt, dass ein Widerspruch angesichts des Rundschreibens nicht erforderlich sei. Dies wäre auch durchaus unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung vielleicht diskussionswürdig.

Jedenfalls hilft es nichts, diese Gedanken im Keim zu ersticken.

Es wird nämlich genug Beamte geben, die den hier im Forum anerkannten Rat, Widerspruch einzulegen, nicht befolgen werden. Diesen ist vieleicht geholfen, wenn man sich hier auch Gedanken macht, wie die Situation im Nachhinein gerettet werden kann.