Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 5955352 times)

Dav0HH

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14460 am: 26.09.2024 22:03 »
Verfassungsrechtlich wurde ja bisher nicht zuletzt durch Swen alles gesagt und bisher auch nicht widerlegt. Größten Dank an dieser Stelle auch mal von mir für deine fundierten Aussagen, ohne die ich nie in das Thema hinein gefunden hätte.

Und hier mal meine persönliche Sicht:

Was mich stört ist, dass hier immer wieder diskutiert wird, warum denn die Alimentation eine 4-köpfige Beamtenfamilie abdecken muss, aber wie auch schon zig mal erwähnt handelt es sich lediglich um eine Kontrollgröße, aber damit auch für den Beamten um das einzige Mittel dem "Missbrauch "des Staatsdieners etwas entgegen zu setzen, indem unter anderem damit die Bezahlung rechtlich überprüfbar wird.

Wenn diese seit jeher etabliert ist kann doch der Gesetzgeber nicht einfach daher kommen und sagen, die ändern wir jetzt einfach um den Beamten weniger zu bezahlen, damit mehr Mittel für andere Projekte frei werden. Wie soll sonst die Besoldung im zeitlichen Verlauf überprüfbar sein können. Noch absurdere Beispiele als das nun eingeführte Partnereinkommen wurden hier auch schon genannt, was die Abwegigkeit deutlich unterstreicht.

Ich bin auch nicht der Meinung, dass man im gD 6-stellige Summen verdienen muss, aber wenn ich mich so umschaue in meinem Umfeld, gab es vor ein paar Jahrzehnten viel weniger Personal im gD. Das was damals ein A9er gemacht hat, macht heute ein A11er (hängt an meiner Dienststelle in Form eines alten Personalstrukturschaubildes aus).

Fragt sich nur warum das so ist- vielleicht findet man kein Personal mehr, welches die Arbeit für A9 macht oder die Anforderungen sind unter anderem aufgrund der Digitalisierung und weiterer hinzugekommener Aufgaben deutlich komplexer geworden.

Um dem Dilemma entgegen zu wirken ohne sämtliche BesGr anzuheben muss die Regierung das gesamte Besoldungssystem reformieren und individueller in Einzelbereiche der staatlichen Aufgaben gliedern und ggf. sich aus bestimmten Bereichen zurück ziehen um zu sparen. Das lässt sich natürlich nicht in einer Legislaturperiode umsetzen. Wenn der Staat aber für Transparenz sorgt und dem Normalbürger vor Augen führt, wie es sich anfühlt, wenn man beispielsweise von einem typischen Türsteher (ich greife jetzt bewusst mal tief in die Schublade)einer Verkehrskontrolle überzogen wird und ob man das wirklich will (man bekommt für was man bezahlt), kann da ein Umdenken gelingen.

Letztlich gibt es intrinsische und extrinsische Motive beim Staat zu arbeiten ein gewichtiger Faktor ist die Bezahlung in Verbindung mit der Wertschätzung. Wenn nun die Bezahlung deutlich verringert wird (und darum geht es hier- den Status Quo zu erhalten und nicht unbegrenzt geschröpft zu werden) wird zwangsläufig die Personal- und Arbeitsqualität leiden. Der Bürger wundert sich nur hier und da warum Anträge so lange bearbeitet werden, warum der Autodieb wieder auf der Haft entlassen werden muss, aber die Zusammenhänge werden nicht erkannt.

Die Gesellschaft muss überdenken, was ihr diese Arbeit wert ist, aber das würde auch bedeuten, dass diese in der Thematik soweit eingearbeitet sein müsste um sich eine Meinung abseits vom Stammtisch bilden- also unrealistisch und eigentlich gibts dafür ja die Volksvertreter...die aber auch eher teil des Problems als der Lösung sind.


SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14461 am: 26.09.2024 22:13 »
Ich wollte eure Diskussion(en) nicht abwürgen. Und zugleich ist es so, wie ihr gemeinsam am Ende schreibt: Zunächst einmal sieht sich der Besoldungsgesetzgeber in der Pflicht, für eine amtsangemessene Alimentation all seiner Beamten zu sorgen. Dabei haben alle 17 Besoldungsgesetzgeber ihr - vermeintliches - Hauptproblem erkannt, nämlich das 2020 - und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch heute noch weiterhin - eklatant verletzte Mindestabstandsgebot. Seitdem suchen sie nach Mitteln und Wegen, um aus dem Blickwinkel, für ein nicht mehr verletzt erscheinendes Mindestabstandsgebot zu sorgen, das Besoldungsrecht fortzuführen bzw. neu zu bilden.

Dabei verkennen sie seitdem allerdings ihr eigentliches Hauptproblem, das eben nicht das verletzte Mindestabstandsgebot ist, sondern das sachlich nicht hinreichende Herangehen an dieses Problem, was bereits mit einer regelmäßig sachwidrigen Grundannahme beginnt, die auf zwei evident sachwidrigen Prämissen basiert, die da lauten:

- erste evident sachwidrige Prämisse: Die Mindestalimentation habe irgendetwas mit einer amtsangemessenen Alimentation zu tun. Sachlich falsch an dieser Prämisse ist, dass die Mindestalimentation letztlich nur den Betrag einer Nettoalimentation umfasst, der vom absoluten Alimentationsschutz umfasst ist, in den also dem Besoldungsgesetzgeber keine Einschnitte gestattet sind (vgl. die Rn. 95 der aktuellen Entscheidung unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html).

- zweite evident sachwidrige Prämisse: Die Mindestalimentation könne als Maß gelten, um durch sie wieder zu einer amtsangemessenen Alimentation zu gelangen. Sachlich falsch an dieser Prämisse ist, dass die Parameter der ersten Prüfungsstufe - und nichts anderes ist zunächst einmal die Mindestalimentation - weder dazu bestimmt noch geeignet sind, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen. (Rn. 30)

Die evident sachwidrige Konklusion aus beiden Prämissen ist nun die ebenso evident sachwidrige Grundannahme, dass man nur irgendwie für ein Überschreiten der Mindestalimentation in der untersten Besoldungsgruppe sorgen müsse, um zu einer amtsangemessenen Nettoalimentation zu gelangen, womit der methodisch falsche Weg bereits in die Spur gesetzt ist.

Sinnvoll wäre es hingegen - nicht zuletzt, weil die Verwaltungsgerichte und darauf fußend dann auch wieder das Bundesverfassungsgericht als Folge der jeweiligen Richtervorlagen genau diesen Weg gehen werden -, nun tatsächlich erst einmal das Prüfverfahren ernst zu nehmen, es nach besten Wissen und Gewissen durchzuführen und so also sachgerechte Daten zu sammeln, wie es eigentlich um die Besoldungssystematik bestellt ist, also - hier durchaus über das Prüfverfahren hinausgehend - anhand der jeweiligen Parameter zu analysieren, als wie schwer sich die Besoldung und Alimentation tatsächlich verletzt zeigen. Dazu hat der ehemalige BVR Peter M. Huber in der Vorbemerkung seiner aktuellen Stellungnahme bereits alles, was notwendig ist, einleitend gesagt:

"Spätestens seit der Jahrtausendwende lässt sich eine gewisse Abkoppelung der Beamtenbesoldung von der allgemeinen Lohnentwicklung feststellen, die durch die Rückübertragung der entsprechenden Gesetzgebungskompetenz auf die Länder im Rahmen der Föderalismusreform I im Jahre 2006 und die 2009 in das Grundgesetz aufgenommene Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3, Art. 115 Abs. 2 GG) weiter befördert worden ist." (S. 1 unter: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST18-1743.pdf)

In dem Moment also, wo nun das Prüfverfahren sachgerecht vollzogen und zurück bis etwa in das Jahr 2000 vollzogen wird - jeweils für den 15-jährigen Vergleichzeitraum in Verbindung mit einer Staffelprüfung -, erhält der jeweilige Gesetzgeber eine klare Vorstellung über den tatsächlichen Verletzungsgrad der Besoldungssystematik in den verschiedenen Zeiten. Und erst jetzt läge ihm die Möglichkeit offen, zu einer sachgerechten Heilung zu schreiten, für die er ebenfalls sachgerecht auf seine weiteren verfassungsrechtlichen Pflichten - neben und in der Gewährleistung des Alimentationsprinzips - hinweisen müsste, nämlich auf das Wirtschaftlichkeitsgebot, an das er sich als Haushaltsgesetzgeber gebunden sieht und dem er also allein als Folge seiner Pflicht zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin, unionsrechtlich im Art. 109 Abs. 2 GG, nicht ausweichen darf.

Auf diese Pflichten wird der Gesetzgeber seit 2015 in schöner Regelmäßigkeit vom Bundesverfassungsgericht hingewiesen - und weil man sich in allen 17 Rechtskreisen hier so hübsch in der Unterstützung der Neugründung und Wahlkampfhilfe für die AfD und den BSW eingerichtet hat und also weiterhin alle Kräfte darauf ausrichtet, endlich für deren absolute Mehrheit zu sorgen daran interessiert zeigt, seit 2012 das, was das Bundesverfassungsgericht substanziell zum Alimentationsprinzip ausführt, gründlich zu ignorieren, bleibt einem regelmäßig nichts anderes übrig, als in schöner Regelmäßigkeit einen nur immer größeren Berg an Problemen vor sich aufzutürmen, die Vermeidung von sachlichen Problemen durch sachliche Lösungen auszuschließen und das Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der bundesdeutschen Politik immer nachhaltiger zu untergraben und zu beschädigen.

Dahingegen könnte man auf Basis dessen, was ich im vorletzten Absatz geschrieben habe, nun daran gehen, das Problem der in allen 17 Rechtskreisen weiterhin oder genauer: seit 2020 erst wirklich durch eigene Dösigkeit richtig akut gewordenen Verletzung des Alimentationsprinzips zu heilen, also Verantwortung zu übernehmen, Dösigkeit Dösigkeit sein zu lassen, um also endlich mal das zu machen, wofür man in Gestalt der Besoldungsgesetzgeber vom Souverän gewählt worden ist: Politik.

Denn auf Basis des bundesverfassungsgerichtlichen Prüfungshefts wäre es tatsächlich möglich, abzuwägen, wie hoch die in allen 17 Rechtskreisen verletzten Grundgehälter angehoben werden müssen, in welcher Höhe sachgerechte familienbezogene Gehaltsbestandteile in die Besoldung eingepflegt werden können, inwiefern durch sachgerechte Ämterneubewertungen, durch damit verbundene sinnvolle leistungsbezogene Zulagen, durch einen sachgerecht vollzogenen Ortszuschlag usw. eine amtsangemessene Alimentation wieder hergestellt werden könnte, die in allen 17 Rechtskreisen deutlich mehr Haushaltsmittel beanspruchen müsste, als das in schöner Regelmäßigkeit die verfassungswidrige Besoldungspraxis der letzten mindestens rund 20 Jahre gekostet hat - die aber mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich geringere Haushaltsmittel kosten dürften als die, die spätstens nach der übernächsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts praktisch unvermeidlich werden dürften.

Und dabei könnte man dann auch mit dem eigentlichen Problem der Besoldungsgesetzgeber aufräumen, das nicht in der Bereitstellung größerer Haushaltsmittel bzw. deren Vermeidung zu suchen ist, sondern in der politischen Faulheit, die verhindert, endlich das Problem lösen zu wollen - also das zu tun, worauf der Souverän ein Recht hat: Politik. Denn das ist das eigentliche Problem (und zwar höchstwahrscheinlich nicht nur in unserem Thema): Wenn man als etablierte Parteien endlich in großen Teilen der Bevölkerung wieder Vertrauen in das eigene Handeln zurückgewinnen will, dann sollte man Politik machen und nicht - wie in unserem Thema und wohl auch in manchem anderen - nur Politik simulieren. Denn das ist das eigentliche Demokratieproblem, in dem wir uns in Deutschland offensichtlich befinden, das also ein Problem des Vertrauensverlustes in Lösungskompetenz ist, welcher zunimmt, umso mehr politisches Handeln in dessen Vermeidung nur simuliert wird. Die Einigkeit über die Parteigrenzen hinweg, wie sie spätestens in den letzten vier Jahren in unserem Thema herrscht, die Verweigerung, politisch zu handeln durch die politische Klasse, ist das eigentliche Problem und beruht auf vor allem einem: politische Faulheit, die mehr und mehr in politische Verantwortungslosigkeit ausartet oder in unserem Thema bereits ausgeartet ist. Wer die Kurve nicht kriegt, fliegt zwangsläufig irgendwann aus ihr heraus. Es kommt dann nur drauf an, wie lang und scharf die Kurve ist bzw. mit welcher Geschwindigkeit man sich in sie hineinbewegt.
« Last Edit: 26.09.2024 22:21 von SwenTanortsch »

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14462 am: 27.09.2024 04:42 »
@Dav0HH

".....Ich bin auch nicht der Meinung, dass man im gD 6-stellige Summen verdienen muss, aber wenn ich mich so umschaue in meinem Umfeld, gab es vor ein paar Jahrzehnten viel weniger Personal im gD. Das was damals ein A9er gemacht hat, macht heute ein A11er (hängt an meiner Dienststelle in Form eines alten Personalstrukturschaubildes aus)...."

Das ist dein Eindruck und was möchtest Du mir damit vermitteln? Das ich meine Amtangemessene Besoldung nicht über meine aktuelle Besoldunggruppe definiert. sondern nach deiner Meinung nicht gerechtfertigte Beförderungen einbeziehen muss?


Ich habe konkret andere Erfahrungen gemacht. Dort wo ich gearbeitet habe war es so, dass die Stellen alle nach A13 bewertet waren, tatsächlich von ca. 30 Personen, nur 2 diese Besoldungsgruppe hatten. Alle anderen waren in der Besoldungsgruppe ab A9. Wenn jetzt z. B. die Hälfte in A13 wären und die Arbeit vergleichbar ist (was ich nicht weiß) und das mit der alten Besoldungstruktur vergleiche, könnte man denselben Schluß ziehen, wie Du. Wenn man tiefer schaut kann man aber auch zu dem Schluß kommen, dass einfach mehr Beamte in  der Besoldungsgruppe sind, nach dem die Stellen bewertet sind.

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14463 am: 27.09.2024 05:10 »
Und desweiteren hat der DH entschieden (Gründe kennt er selber), dass die Eingangsbesoldung im gD A10 ist. Du solltest also keinen A9 gD heute mehr finden können.

Auch fallen mir die Polizeibeamten in NRW ein. Soweit ich weiß, waren diese im m. D. bis man festgestelkt hat, dass diese Aufgaben des g. D. wahrnehmen. Vergleich mal dort die Pläne.
« Last Edit: 27.09.2024 05:20 von Rheini »

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14464 am: 27.09.2024 06:59 »
Die Welt dreht sich, in mancher Branche kommt man in Etwa mit der Hälfte der Leute aus, als noch vor 30 Jahren,  hörte ich neulich im Vortrag und die älteren Kollegen bestätigen die Beobachtung.  Es ist auch etwa anteilig durch alle Besoldungsgruppen Stellen eingespart worden. Die Digitalisierung hat dafür gesorgt,  dass viele Stellen ohne Qualitätseinbußen eingespart werden konnte.,Die Einführung von Ziel- Leistungs-Vereinbarungen sorgte auch dafür,  dass man sich mehr auf Kernaufgaben fokussiert hat, und Unwichtiges nicht mehr erledigt.

Soweit ich weiß gab und gibt es an anderen Stellen Personalaufwüchse. Manches war sicherlich berechtigt,  weil die Digitalisierung auch Regelungsbedarf hat,  man hat aber auch Wasserköpfe geschaffen. In der Gesamttendenz dürfte der Anteil der im ÖD Arbeitenden an der erwerbstätigen Bevölkerung abgenommen haben.  Das heißt man hat auch hier gespart.

Eine vernünftige Aufgabenkritik, eine Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten und eine strukturellen Reorganisationen hat m.E. weiteres Einsparpotential, zumal man Probleme hat,  Nachwuchs zu gewinnen. Aber da traut sich keiner ran, das würde ja auch eine durchgreifende Planung z.T. gegen Widerstände erfordern, sondern es wird mit beschämenden Taschenspielertricks versucht,  am falschen Ende zu sparen. Das regt mich immer wieder auf. Mit dem Geld, das ich z,Zt. bekomme, komme ich sehr bequem aus. Trotzdem bin ich sehr unzufrieden damit,  dass man mir ein Sonderopfer abverlangt. Ich gehe davon aus,  dass ich seit meiner Verbeamtung vor 9 Jahren monatlich eine dreistellige Summe vorenthalten hat. Freunde mit einer ähnlichen Ausbildung verdienen in der PW  z.T viel mehr als ich!

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14465 am: 27.09.2024 07:45 »
@MoinMoin: Ich hatte es dir bereits mehrfach erläutert.
Daher werde ich mich vermutlich in Zukunft an @bebolus orientieren.

Auf Moinmoin antworte ich grundsätzlich nicht mehr. Kann jeder denken was er möchte.
Gerne, Augen verschließen und Realitäten ignorieren ist sicher auch ein Lösung.
Dann lege dir weiterhin die Welt zurecht wie sie dir gefällt und rechne dir eine Alimentation außerhalb der Realitäten der Bevölkerung, der du als Beamter dienst zurecht.

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14466 am: 27.09.2024 07:49 »
Der amtsangemessene Lebensstil steht sogar im Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Da gehört auch ein angemessener PKW dazu.

"Es verpflichtet den Dienstherrn, Richter und Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.


Das halte ich aber mal für sehr weit hergeholt, das die angemessene Alimentierung ein PKW im allgemeinen und für einen Hauptamtsgehilfen im besonderen beinhaltet.

Wenn das Bundesverfassungsgericht sagt, dass 115% über Grundsicherungsniveau das MINIMUM ist, dann muss in der Konsequenz die Wohnung 15% größer sein, das Fahrzeug 15% größer sein, die Lebensmittel 15% teurer sein usw....

Das kann durchaus heißen, dass auch 200% amtsangemessen sein kann, die 115% bilden ja lediglich die Untergrenze.
Korrekt, immer gemessen an der entsprechenden dem Amt angemessenen zu vergleichenden Bevölkerungsgruppe. Denn amtsangemessen bezieht sich auf das leben da draußen in der freien Wildbahn.

Und ein EG5er hat nun einmal keinen Porsche und auch kein Neuwagen, dafür müsste ein Richter sich locker 2 Porsche leisten können, hier klafft doch die Schere extrem auseinander.

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14467 am: 27.09.2024 07:55 »
Das ergibt sich aus den Vorgaben des BVerfG (beispielsweise Randnummer 55-59 der 2020er-Entscheidung).

Der Dienstort eines Bundesbeamten kann im gesamten Bundesgebiet liegen. So lange es keine Ortszuschläge gibt, muss also der teuerste Ort herangezogen werden. Und dort muss dann das 95%-Perzentil der tatsächlich anerkannten Grundsicherungsbedarfe als Wert genommen werden.

Und ja, das kann man kritisieren. Aber ist es nun mal die aktuell gültige höchstrichterliche Rechtsprechung.

Danke für die Herleitung. Und genau das kritisiere ich. Der Gesetzgeber kann daher dem entsprechend entgegenwirken, was ich propagiere.

Daher auch die Idee, mal Alternativen zu überlegen, statt am bestehenden zu haften. Status quo ist klar - denken wir doch mal neu!
Natürlich müssen Ortszuschläge her, alles andere ist doch schwachsinnig. Es bleibt nur noch die Frage, ob man sich dann nach dem Dienstort oder Wohnort orientieren muss.
Gibt es dazu Hinweise vom BVerG?

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14468 am: 27.09.2024 08:04 »

Ich bin auch nicht der Meinung, dass man im gD 6-stellige Summen verdienen muss, aber wenn ich mich so umschaue in meinem Umfeld, gab es vor ein paar Jahrzehnten viel weniger Personal im gD. Das was damals ein A9er gemacht hat, macht heute ein A11er (hängt an meiner Dienststelle in Form eines alten Personalstrukturschaubildes aus).



Und es kann ja auch gut sein, dass der damalige A9er und der heutige A11er, ein und dieselbe Person ist. Evtl. ist die Stelle nach A12 bewertet und der DH hat dem jungen A9 gesagt, dass er sich dort bis A12 fortentwickeln kann. Er hat dann jahrelang für eine geringere Besoldung (ja ja, kein Anrecht auf Beförderung, selbstgewähltes Schicksal usw.) auf dieser Stelle gearbeitet. Jetzt ist dieser Beamte inzwischen in A11 und dann wird im Forum diskutiert, ob er noch die Forderung nach Amtsangemessener Alimentation stellen darf, da er ja inzwischen statt A9, A11 ist.

Also ich finde die Tendenz deiner unterschwelligen Aussage unter meiner Annahme, mehr als "skurill".


Dav0HH

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14469 am: 27.09.2024 08:15 »
@Rheini

Ich habe das Gefühl du hast mich etwas missverstanden. Wie kommst du auf "nicht gerechtfertigte Beförderung"?

Die  "alte Stellenstruktur" war vor ca. 30 Jahren aktuell. Die Welt hat sich weiter bewegt und die Stellen haben evtl. aus den von mir genannten Gründen eine Aufwertung erfahren und das gerechtfertigterweise.

Dem Rest deiner Ausführungen kann ich leider nicht ganz folgen

NelsonMuntz

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14470 am: 27.09.2024 08:19 »
Zunächst von meiner unbedeutenden Seite eine kurze Klarstellung:

@HochlebederVorgang:
Ich habe Deine Postings gestern nicht alle gelesen und "im Eifer des Gefechtes" tatsächlich das letzte falsch interpretiert. Hierfür mag ich Dich bezüglich meiner Unterstellung ob eines unagebrachten Besoldungswunsches Deinerseits um Verzeihung bitten. Du hast mit Deinen Ausführungen selbstverständlich absolut Recht.

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Ich wollte eure Diskussion(en) nicht abwürgen....

Das tust Du nicht. Ich empfinde Deine Ausführungen zum Thema als fachlich hoch fundiert, umfassend dargestellet (sofern das in der Kürze eines Forums überhaupt möglich ist), aber vor Allem auch nicht parteiergreifend oder konkrete Lösungen implizierend. Das sind wirklich hervorragende Beiträge, die Du hier beisteuerst.

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...
Was mich stört ist, dass hier immer wieder diskutiert wird, warum denn die Alimentation eine 4-köpfige Beamtenfamilie abdecken muss, aber wie auch schon zig mal erwähnt handelt es sich lediglich um eine Kontrollgröße, aber damit auch für den Beamten um das einzige Mittel dem "Missbrauch "des Staatsdieners etwas entgegen zu setzen, indem unter anderem damit die Bezahlung rechtlich überprüfbar wird.

Die Diskussion ist aber nachvollziehbar, weil sich das gesellschaftliche Familienbild bereits seit langer Zeit im Wandel befindet. Die Notwendigkeit einer Kontrollgröße für eine angemessene Alimentation ist dabei natürlich unbestritten und auch bei mittel- oder langfristigen Veränderungen braucht es für aktive Beamte eine Art "Bestandsschutz". Gleichzeitig entstehen aber insbesondere durch die Kinder komplexe Dilemmata, da sich erstaunlicherweise herausgestellt hat, dass Kinder echt einen Haufen Geld kosten können. Das betrifft die Höhe der Netto-Alimentation innerhalb der Beamtenschaft, aber eben auch die (nur bedingt) zu beleuchtende Relation zu vergleichbaren Tätigkeiten im sozialversicherungspflichtigen Angstelltenverhältnis.

Zitat
...
Um dem Dilemma entgegen zu wirken ohne sämtliche BesGr anzuheben muss die Regierung das gesamte Besoldungssystem reformieren und individueller in Einzelbereiche der staatlichen Aufgaben gliedern und ggf. sich aus bestimmten Bereichen zurück ziehen um zu sparen....

Absolute Zustimmung. Viele staatliche Aufgaben der Daeinsvorsorge wurden ja bereits weitgehend und  erfolgreich "ausgegliedert" - Denken wir an die Deutsche Bundespost oder die Bundesbahn (gut, das zweite war ein schlechtes Beispiel ;))

Die BW mit den vielen Mannschaftsdienstgraden stellt in der ganzen Problematik natürlich eine besondere Herausforderung dar - vielleicht würde eine dedizierte Besoldungstabelle hier helfen?

Lichtstifter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14471 am: 27.09.2024 08:24 »
Zitat
Wenn nur die wirklich Bedürftigen solche Leistungen bekommen, gibt es sicherlich auch keine Neiddiskussion. Wer mal einen oder mehrer Bürgergeldbezieher kennen gelernt hat, von denen die allermeisten wohl auch nicht wirklich arbeitsfähig sind, kommt auf keine Neidgedanken.


Kurze Information:
Für den Bezug von Bürgergeld muss man für mindestens 15 Stunden / Woche arbeitsfähig sein. Diese wirklich Bedürftigen haben darauf gar keinen Anspruch. Vielmehr richtet sich diese Leistung an "Aufstocker". Quasi an Leute, die mit ihrem Lohn nicht mehr hinkommen. Nur wird das gegenwärtig noch gar nicht voll ausgeschöpft. Wenn also nur mal eine signifikante Anzahl von Leuten ihre Ansprüche geltend machen würde und nebenher genug Beamte mit Wohngeld aufstocken oder eine Nebentätigkeit anmelden, wäre dieser "Umstand" auch auf dem Papier und damit auf der Bildfläche. Statt dessen leisten viele Menschen (Angestellte und Beamte) Arbeit/Dienst über den Vertrag / die Vorschrift hinaus sind nebenher im Ehrenamt und Verein. Wenn das wegbricht ... Prost Mahlzeit.


Zitat
Das ist alleinige Aufgabe des Dienstherrn und liegt in seiner Verantwortung, was dann im Zweifel durch das BVerfG überprüft wird.

Der Gesetzgeber hat ja einen großen Gestaltungsspielraum zugebilligt bekommen, damit eben nicht dieses "betreute Regieren" Einzug erfährt. Der Besolder durfte Waldorf und Montessori, verträgt aber anscheinend nur Frontalunterricht. Durfte sozusagen kreativ werden, mit unzureichendem Ergebnis.


Zitat
Ziel sollte doch ein auskömmliches Miteinander sein, wobei ich auskömmlich auch auf das Einkommen aller im öD Beschäftigten beziehe.

Das sollte selbstverständlich sein. Bin ich völlig d´accord mit. Und ja, es kann nur förderlich sein, aus der Beamtenbubble auszutreten und mit ein wenig Abstand den Fokus auf das größere Gemeinsame zu richten, damit letzten Endes auch der mittlerweile angekratzte soziale Frieden weiter bestehen kann. Und genau deswegen tut sich das BVerfG wahrscheinlich auch schwer. Dieses Ausbalancieren aller berechtigten Interessen ist quasi das Dilemma. 


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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14472 am: 27.09.2024 08:50 »
Der Gesetzgeber hat ja einen großen Gestaltungsspielraum zugebilligt bekommen, damit eben nicht dieses "betreute Regieren" Einzug erfährt. Der Besolder durfte Waldorf und Montessori, verträgt aber anscheinend nur Frontalunterricht. Durfte sozusagen kreativ werden, mit unzureichendem Ergebnis.
und über diesen Gestaltungsspielraum zu diskutieren ist aus meiner Sicht genau so ein Forum wie hier eine Möglichkeit.


Zitat
Ziel sollte doch ein auskömmliches Miteinander sein, wobei ich auskömmlich auch auf das Einkommen aller im öD Beschäftigten beziehe.

Das sollte selbstverständlich sein. Bin ich völlig d´accord mit. Und ja, es kann nur förderlich sein, aus der Beamtenbubble auszutreten und mit ein wenig Abstand den Fokus auf das größere Gemeinsame zu richten, damit letzten Endes auch der mittlerweile angekratzte soziale Frieden weiter bestehen kann. Und genau deswegen tut sich das BVerfG wahrscheinlich auch schwer. Dieses Ausbalancieren aller berechtigten Interessen ist quasi das Dilemma.
Aus meiner Sicht ist dieses Ausbalancieren Aufgabe der Politik und auch deren Aufgabe, den Gesetzgeber von  entsprechenden Regelungen zu überzeugen. Des BVerfG prüft nur die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze, sollte aber eigentlich nicht detaillierte Vorgaben zu den Regelungen machen (müssen).

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14473 am: 27.09.2024 08:52 »
@Rheini

Ich habe das Gefühl du hast mich etwas missverstanden. Wie kommst du auf "nicht gerechtfertigte Beförderung"?

Die  "alte Stellenstruktur" war vor ca. 30 Jahren aktuell. Die Welt hat sich weiter bewegt und die Stellen haben evtl. aus den von mir genannten Gründen eine Aufwertung erfahren und das gerechtfertigterweise.

Dem Rest deiner Ausführungen kann ich leider nicht ganz folgen

Schade das Du meinen Ausführungen nicht folgen kannst.

Lichtstifter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14474 am: 27.09.2024 09:05 »
Zitat
Aus meiner Sicht ist dieses Ausbalancieren Aufgabe der Politik und auch deren Aufgabe, den Gesetzgeber von  entsprechenden Regelungen zu überzeugen. Des BVerfG prüft nur die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze, sollte aber eigentlich nicht detaillierte Vorgaben zu den Regelungen machen (müssen).

Und da sind wir wieder bei den Schularten in meinem vorherigen Post.

"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen."

“Mögen hätten wir schon gewollt, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.” (Karl Valentin) - 10, December 2008


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Die eigentliche Frage ist doch wie viel Prozent jeweils die "Bestandteile" Unvermögen, fiskalische / sachliche / politische Zwänge, Unwille, Angst vor der Meinung der anderen und Böswilligkeit in diesem ganzen Salat "verfassungsgemäße Besoldung" ausmachen.
« Last Edit: 27.09.2024 09:21 von Lichtstifter »