Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 5956549 times)

bebolus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14520 am: 28.09.2024 15:15 »
Ich hatte es schon vor einiger Zeit hier mal angeschnitten: In der Besoldungsordnung A halte ich eine grundlegende Neubewertung der Ämter für dringend geboten. Beispielsweise hat ein Beamter A9/A10 im BMI oder BMF sicherlich nicht die gleiche Belastung wie ein Gerichtsvollzieher/Obergerichtsvollzieher. Auch ist es für mich nicht nachvollziehbar, warum es in NRW bei der Polizei nur noch gD gibt und woanders reine mD-Streifen im Grunde das Gleiche machen. Eingangsamt bei den Polizeien das Selbe, alles wild durcheinander.

Auch absurd, dass ein Bundesbeamter in Schleswig-Holstein mit zwei Kindern hunderte Euro an KiTa zahlen muss und 5 Meter weiter in M-V nix.. verrückt. Aber darf so ein 'Hintergrundgeräusch' maßgeblich Einfluß auf die Grundbesoldung des Amtes haben..? Ich denke nein.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14521 am: 28.09.2024 17:09 »
Die Besoldung aller Beamten ist seit mindestens 15 (?) Jahren grob verfassungswidrig. Das BVerfG hat dies den Gesetzgebern in mehreren Entscheidungen (unter anderem 2012, 2015, 2017 und 2020) in immer schärferer Form in ihr Pflichtenheft geschrieben.

Wie haben die Besoldungsgesetzgeber bisher reagiert?
- Einige haben zaghafte Versuche unternommen, die Verfassungswidrigkeit zumindest etwas abzumildern. Beispiel Sachsen: Dort bekommen alle Beamten ab Februar 2025 ein um 15,1% höheres Grundgehalt als im Dezember 2023 (Beispiel A15: Jahresbrutto 100.528 € statt 87.358 €). Auch Hessen hat sich zumindest ein paar Millimeter bewegt.
- Der große Rest hat seinen Beamten jedoch in mehr oder weniger unverblümter Weise "den Mittelfinger" gezeigt. Anstatt die Vorgaben aus Karlsruhe verfassungsgemäß umzusetzen, wurde eine Vielzahl dreckiger Tricks aus dem Ärmel gezaubert (Zuschlagsorgien, Partnereinkommen, Abschmelzungsbeträge, usw. usf.).

Aufgrund dieses kollektiven und verabscheuungswürdigen Versagens der Besoldungsgesetzgeber bedarf es einer erneuten "Ansage" aus Karlsruhe. Leider kam es dabei (aus von @Swen erläuterten und nachvollziehbaren Gründen) zu Verzögerungen. So waren bereits in den BVerfG-Jahresvorausschauen für 2022 und 2023 Entscheidungen angekündigt, die jedoch nicht erfolgt sind. Auch in diesem Jahr ist bekanntermaßen bisher noch nichts passiert.


Eine erhebliche Erhöhung der Besoldung ist politisch aktuell faktisch gar nicht vermittelbar.

@NelsonMuntz, die oben geschilderten Punkte könnten aus meiner Sicht ein Grund dafür sein, warum einige meiner verbeamteten Kollegen mittlerweile einen "ziemlichen Hals" bezüglich des Themas haben und es möglicherweise nur semi-lustig finden, wenn dann auch noch plötzlich Leute von außen mit solchen Aussagen oder mit "tollen" Ideen und Vorschlägen zur Beamtenbesoldung ankommen. Ich persönlich bin da nicht so streng, ein Forum soll schließlich der Diskussion dienen (solange kein Quatsch gepostet wird, aber damit meine ich ausdrücklich nicht dich).

In diesem Sinne ein schönes WE für alle!  8)

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14522 am: 28.09.2024 17:43 »
Gesetze sind zudem da, um zu gestalten. Wünscht die Politik ein Besoldungssystem, in dem eine A8 keine 5k netto verdient, möge sie etwas mehr schöpferische Kraft in eine Reform der kompletten Systematik stecken, das wäre zumindest mal ambitioniert.
Absolut korrekt.
Und wie schon mehrfach von mir fabuliert ist das Kindergrundsicherungsgesetz ein erster Schritt, dass eben nicht 5k netto notwendig ist für eine Amtsangemessen Besoldung. Sondern durch diese Familienzuschuß für alle, die Grundbesoldung nicht auf dieses Niveau angehoben werden müsste.

Auch ist es traurig, dass die 4K Familie noch Steuern bezahlen muss (und als Angestellter dann nebenbei noch Grundsicherung beantragen darf um über die Runden zu kommen - irgendwie pervers aber andere Bausstelle, die durch das Kndergrundsicherungsgesetz obsolet wäre)

Denn wenn das Grundeinkommen der Kinder vom Staat "übernommen" wird, dann braucht man auch keine Erhöhung der Grundbesoldung für diesen Aspekt errechnen oder irgendwelche riesigen Familienzuschläge vorsehen und kann sich auf die anderen Aspekte der Beurteilung einer Amtsangemessenheit - was hier in der Diskussion ja komplett untergeht - konzentrieren.

Bitte nicht zu sehr auf die Family mit zwei Kindern versteifen, weil das was Du dazu ausführst, würde einem Single Staatsanwalt oder Richter nix bringen. Und gerade da ist ja der Ausgangspunkt.
Kleine Lesehilfe, ich habe mal Fett markiert, welches Problem ich ebenfalls adressierte.
Für dich noch mal verdeutlicht:
Die Amtsangemessenheit der Alimentation hängt nicht davon ab, ob niedrigste Besoldung "115% über Grundsicherung" liegt.

und falls du es noch nicht gelesen hast, ich habe sogar schon die Meinung vertreten, dass Richter locker 30%-50% mehr Besoldung (auch als Single) benötige um amtsangemessen besoldet zu sein.
Allerdings denke ich nicht, dass dies auf einen A3er zutrifft.

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14523 am: 28.09.2024 17:56 »
Die Besoldung aller Beamten ist seit mindestens 15 (?) Jahren grob verfassungswidrig.
Ich denke sogar noch länger.
Guckst du ins Jahr 2001 (Wer Lust hat kann ja noch weiter in die Vergangenheit schauen, wann wir eine verfassungskonforme Besoldung hatte.):

Das steuerfrei zu stellende Existenzminimum beträgt für einen Erwachsenen im Jahr 2001 12.804 DM. Für zwei Erwachsene beläuft sich der Betrag auf 21.780 DM und für ein Kind 6.768 DM
https://webarchiv.bundestag.de/archive/2005/1115/bp/2000/bp0001/0001045e.html
Also für eine 4K Familie lag da das Existenzminimum bei ~45TDM
A2 Stufe 1 mit 2 Kinder : Jahres-Brutto:               42840.04 DM



Sorry, wenn ich jetzt wieder fabuliere, brauchst auch nicht zu antworten.   ???



Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14524 am: 28.09.2024 20:04 »
Der Nelson und der Moinmoin sind schon feine Kerle.

Da ich meine Urkunde bald abgebe, plädiere ich für ein Sonderopfer um solidarisch mit der Wirtschaft zu sein.
1% jeweils für 25/26/27 und Erhöhung der Arbeitszeit auf 42h. Natürlich nur vorrübergehend ;)

bebolus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14525 am: 28.09.2024 20:14 »
Gesetze sind zudem da, um zu gestalten. Wünscht die Politik ein Besoldungssystem, in dem eine A8 keine 5k netto verdient, möge sie etwas mehr schöpferische Kraft in eine Reform der kompletten Systematik stecken, das wäre zumindest mal ambitioniert.
Absolut korrekt.
Und wie schon mehrfach von mir fabuliert ist das Kindergrundsicherungsgesetz ein erster Schritt, dass eben nicht 5k netto notwendig ist für eine Amtsangemessen Besoldung. Sondern durch diese Familienzuschuß für alle, die Grundbesoldung nicht auf dieses Niveau angehoben werden müsste.

Auch ist es traurig, dass die 4K Familie noch Steuern bezahlen muss (und als Angestellter dann nebenbei noch Grundsicherung beantragen darf um über die Runden zu kommen - irgendwie pervers aber andere Bausstelle, die durch das Kndergrundsicherungsgesetz obsolet wäre)

Denn wenn das Grundeinkommen der Kinder vom Staat "übernommen" wird, dann braucht man auch keine Erhöhung der Grundbesoldung für diesen Aspekt errechnen oder irgendwelche riesigen Familienzuschläge vorsehen und kann sich auf die anderen Aspekte der Beurteilung einer Amtsangemessenheit - was hier in der Diskussion ja komplett untergeht - konzentrieren.

Bitte nicht zu sehr auf die Family mit zwei Kindern versteifen, weil das was Du dazu ausführst, würde einem Single Staatsanwalt oder Richter nix bringen. Und gerade da ist ja der Ausgangspunkt.
Kleine Lesehilfe, ich habe mal Fett markiert, welches Problem ich ebenfalls adressierte.
Für dich noch mal verdeutlicht:
Die Amtsangemessenheit der Alimentation hängt nicht davon ab, ob niedrigste Besoldung "115% über Grundsicherung" liegt.

und falls du es noch nicht gelesen hast, ich habe sogar schon die Meinung vertreten, dass Richter locker 30%-50% mehr Besoldung (auch als Single) benötige um amtsangemessen besoldet zu sein.
Allerdings denke ich nicht, dass dies auf einen A3er zutrifft.

Mensch @MoinMoin, extra für mich noch mal ne Belehrung.. Danke. 😁

Die Trolle sind noch nicht satt..

Dorfkind12

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14526 am: 29.09.2024 12:36 »
Solange man keine Regierungsverantwortung trägt werden die richtigen Schlüsse gezogen, aber sobald man die Regierungsverantwortung inne hat, sind alle verfassungsrechtlichen Bedenken über Board geworfen:

https://www.spd-fraktion-nrw.de/pressemeldung/was-du-beim-land-verdienst-haengt-vom-einkommen-deines-partners-ab/


Hat das schon jemand dem StS Saathoff unter die Nase gerieben????
Was da seine Parteikollegen so von sich geben!! ;D

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14527 am: 29.09.2024 12:58 »
Solange man keine Regierungsverantwortung trägt werden die richtigen Schlüsse gezogen, aber sobald man die Regierungsverantwortung inne hat, sind alle verfassungsrechtlichen Bedenken über Board geworfen:

https://www.spd-fraktion-nrw.de/pressemeldung/was-du-beim-land-verdienst-haengt-vom-einkommen-deines-partners-ab/


Hat das schon jemand dem StS Saathoff unter die Nase gerieben????
Was da seine Parteikollegen so von sich geben!! ;D

Da das der SPD auf Bundesebene nicht in den Kram passt, kommt vermutlich nur die Aussage, dass jeder Landesverband seine eigene Suppe kocht. Verfassungsbruch erscheint je nach Haushaltslage legitim zu sein. Welchen Eindruck so ein Handeln eines politisch verantwortlichen Akteurs hinterlässt, egal welcher Couleur, ist irrelevant.

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14528 am: 29.09.2024 13:42 »
Vielleicht wäre das ja mal eine respektable Herangehensweisen: Haftbarkeit von Politikern!  8)

https://www.welt.de/politik/deutschland/video253726284/Absturz-der-Gruenen-Ich-rechne-als-Naechstes-mit-BRH-Buendnis-Robert-Habeck.html

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14529 am: 30.09.2024 07:53 »

Mit diesem letzten Absatz will ich nun nicht die m.E. durchaus jedes Mal wieder notwendigen Diskussionen abwürgen, die uns allesamt nur weiterbringen können, insbesondere weil nicht wenige Deiner - insbesondere politischen - Argumente bedenkenswert sind und weil sich aus Deinen Antithesen zu manchen der hier geäußerten Thesen Synthesen bilden lassen können, und zwar gemeinsam im Diskussionsprozess. Insofern sollten wir Deine - durchaus manchmal provokanten - Thesen allesamt, denke ich, hier aushalten und sie als das nehmen, als was sie nach meinem Empfinden gemeint sind, die Sichtweise eines tariflich beschäftigten Kollegen, der gleichfalls von seinem Arbeitgeber (der also unser Dienstherr ist) regelmäßig deutlich zu gering entlohnt wird.

Irgendwie fehlt es mir hier etwas an Diskussion - dafür ist doch eigentlich ein Forum da!

@Swen zeigt sehr schön die Eckpunkte der Rechtsprechung und die dafür vom BVerfG zugrundegelegten Berechnungsgrundlagen und Annahmen auf. Jedoch gibt genau dieses Gericht auch einen Anstoß, in andere Richtungen zu denken. Ich finde es schade, dass ein solcher Anstoß hier nicht aufgegriffen wird.

Eine Herstellung der Amtsangemessenheit per Erhöhung des Grundgehalts um 30% für alle wird es nicht geben, weil es dafür kein politischen Mehrheiten gibt. Warum denken die Foren-Experten hier nicht weiter? Der Gesetzgeber ist dafür momentan nicht kreativ genug, wenn man sieht, dass lediglich die Eingangsämter / Endämter nach oben verschoben werden; was ziemlicher Pfusch ist.

Reisinger850

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14530 am: 30.09.2024 09:33 »
Es kann halt aber auch nicht so weitergehen, dass man zB wie ich mit A13 in Erfahrungsstufe 7 nach Abzug der PKV mit 3450 netto nach Hause geht. Natürlich ohne 13. oder 14. Monatsgehalt. Die 5.000 netto beim A8er in einem Beispiel hier sind ja aktuell absoluter Schwachsinn, die Wahrheit sieht eher so aus, dass alles was unter A15 ist in vergleichbaren Positionen in der Wirtschaft keinen mehr zum Aufstehen bringt morgens.

Wieso sollte es unrealistisch sein, dass das Netto um einige Hunderter erhöht wird? Nur damit würde man diesen illegalen Bereich verlassen.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14531 am: 30.09.2024 09:37 »
In Hessen liegen die Grundgehälter ab August 2025 um 16,0% höher als im Juli 2023 (Beispiel A15: 101.224 € statt vorher 87.237 €), verbunden mit der klaren Aussage, dass es noch deutlich mehr werden wird, sobald eine Entscheidung aus Karlsruhe vorliegt.

Sachsen hatte ich bereits erwähnt (100.528 € ab Februar 2025 statt vorher 87.358 € im Dezember 2023).

Und das ist erst der zaghafte Anfang (des Beginns der Rückkehr zu einer amtsangemessenen Besoldung)!
Das ständige Gerede von fehlenden politischen Mehrheiten beginnt langsam, mich zu ermüden..

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14532 am: 30.09.2024 09:46 »

Eine Herstellung der Amtsangemessenheit per Erhöhung des Grundgehalts um 30% für alle wird es nicht geben, weil es dafür kein politischen Mehrheiten gibt. Warum denken die Foren-Experten hier nicht weiter? Der Gesetzgeber ist dafür momentan nicht kreativ genug, wenn man sieht, dass lediglich die Eingangsämter / Endämter nach oben verschoben werden; was ziemlicher Pfusch ist.

Warum sollte es hier keine Diskussion geben? Viele haben hier ja schon ihre kreativen Ideen zum besten gegeben. Aber warum sollte hier im Forum über kreative Lösungen tiefgründig diskutiert werden, nur weil eine 30%ige Erhöhung des Grundgehaltes politisch nicht zu vermitteln sei? Um darüber zu diskutieren, müsste man diese Grundprämisse erst einmal akzeptieren. Es ist in meinen Augen und ich denke auch in denen vieler anderer Beamten nicht zu akzeptieren. Das Urteil, dem die ganze Diskussion zu Grunde liegt, stammt aus dem Jahr 2020. Seit dem gab es mindestens zwei Jahre mit zweistelliger Inflation. Das heißt, das zuvor bereits unzureichende Grundgehalt ist noch weiter entwertet worden. In einem Parallelfaden stellen etliche Beamte mit Kindern fest, dass sie Anspruch auf Kinderzuschlag haben und damit eine Transferleistung für Geringverdiener beziehen können. Wie das mit der Rechtsprechung des BVerfG überein zu bekommen ist, dass der Dienstherr die Beamten und ihre Familien lebenslang amtsangemessen alimentieren müssen, ist für mich schleierhaft. Je nach Wohnort und Kinderzahl erhalten bis A12 weniger als 15% über der Bezugsgröße einer Bedarfsgemeinschaft im Bürgergeld. Viele Beamte darüber hinaus erhalten so wenig Sold, dass sie theoretisch Anspruch auf Wohngeld, Kinderzuschlag etc. haben. Nein, die Prämisse, dass die 30%ige Erhöhung zu gunsten "realistischerer" Ideen aufzugeben wäre, ist nicht in Ordnung. Wenn der Dienstherr aufgrund dogmatischer Haushaltspolitik und anderer Prioritätensetzung diese verfassungsrechtlichen Grundprinzipien verletzt, dann muss halt eine Anordnung des BVerfG kommen. Ist für alle gegenüber der Bild und ihren Lesern gesichtswahrend und der unhaltbare Zustand hört auf, dass der Staat selbst als Lohndumper auftritt.
Und bevor die Diskussion wieder aufflammt: das Alimentationsprinzip ist eine Besonderheit und sorgt bei Tarifbeschäftigten erst einmal für Irritationen, weil das Prinzip dort nicht herrscht, dass der Arbeitgeber den Lebensstandard der gesamten Familie sicherzustellen hat. Dort geht man davon aus, dass der Angestellte selbst es im Blick hat, dass er mit seinem Gehalt ausreichend finanziell ausgestattet ist. Andernfalls steht es ihm frei zu wechseln oder zu streiken. Deshalb drücke ich die Tarifverhandlungen die Daumen. Nach etlichen Abschlüssen in der Vergangenheit, die unter Inflationsniveau gelandet sind, wird es Zeit für einen großen Wurf. Wenn das nicht kommt, überlegt euch, ob ihr nett grüßt und durch die Tür geht. Im Moment werden überall Leute gesucht, außer vielleicht bei VW und BASF. Vor dem Hintergrund ist ein Abschluss erneut unter Inflationsniveau nicht hinnehmbar.

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« Antwort #14533 am: 30.09.2024 10:31 »
Es kann halt aber auch nicht so weitergehen, dass man zB wie ich mit A13 in Erfahrungsstufe 7 nach Abzug der PKV mit 3450 netto nach Hause geht. Natürlich ohne 13. oder 14. Monatsgehalt. Die 5.000 netto beim A8er in einem Beispiel hier sind ja aktuell absoluter Schwachsinn, die Wahrheit sieht eher so aus, dass alles was unter A15 ist in vergleichbaren Positionen in der Wirtschaft keinen mehr zum Aufstehen bringt morgens.

Wieso sollte es unrealistisch sein, dass das Netto um einige Hunderter erhöht wird? Nur damit würde man diesen illegalen Bereich verlassen.

Der Besoldungsrechner gibt hier bei A13/7 und Steuerklasse 1 beim Bund ein netto von 4.613 € (vor Abzug KV) an. Nach KV/PV also so 4.300 €. Wo kommen da 850 € Differenz her?

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #14534 am: 30.09.2024 10:32 »

Eine Herstellung der Amtsangemessenheit per Erhöhung des Grundgehalts um 30% für alle wird es nicht geben, weil es dafür kein politischen Mehrheiten gibt. Warum denken die Foren-Experten hier nicht weiter? Der Gesetzgeber ist dafür momentan nicht kreativ genug, wenn man sieht, dass lediglich die Eingangsämter / Endämter nach oben verschoben werden; was ziemlicher Pfusch ist.

Warum sollte es hier keine Diskussion geben? Viele haben hier ja schon ihre kreativen Ideen zum besten gegeben. Aber warum sollte hier im Forum über kreative Lösungen tiefgründig diskutiert werden, nur weil eine 30%ige Erhöhung des Grundgehaltes politisch nicht zu vermitteln sei? Um darüber zu diskutieren, müsste man diese Grundprämisse erst einmal akzeptieren. Es ist in meinen Augen und ich denke auch in denen vieler anderer Beamten nicht zu akzeptieren. Das Urteil, dem die ganze Diskussion zu Grunde liegt, stammt aus dem Jahr 2020. Seit dem gab es mindestens zwei Jahre mit zweistelliger Inflation. Das heißt, das zuvor bereits unzureichende Grundgehalt ist noch weiter entwertet worden. In einem Parallelfaden stellen etliche Beamte mit Kindern fest, dass sie Anspruch auf Kinderzuschlag haben und damit eine Transferleistung für Geringverdiener beziehen können. Wie das mit der Rechtsprechung des BVerfG überein zu bekommen ist, dass der Dienstherr die Beamten und ihre Familien lebenslang amtsangemessen alimentieren müssen, ist für mich schleierhaft. Je nach Wohnort und Kinderzahl erhalten bis A12 weniger als 15% über der Bezugsgröße einer Bedarfsgemeinschaft im Bürgergeld. Viele Beamte darüber hinaus erhalten so wenig Sold, dass sie theoretisch Anspruch auf Wohngeld, Kinderzuschlag etc. haben. Nein, die Prämisse, dass die 30%ige Erhöhung zu gunsten "realistischerer" Ideen aufzugeben wäre, ist nicht in Ordnung. Wenn der Dienstherr aufgrund dogmatischer Haushaltspolitik und anderer Prioritätensetzung diese verfassungsrechtlichen Grundprinzipien verletzt, dann muss halt eine Anordnung des BVerfG kommen. Ist für alle gegenüber der Bild und ihren Lesern gesichtswahrend und der unhaltbare Zustand hört auf, dass der Staat selbst als Lohndumper auftritt.
Und bevor die Diskussion wieder aufflammt: das Alimentationsprinzip ist eine Besonderheit und sorgt bei Tarifbeschäftigten erst einmal für Irritationen, weil das Prinzip dort nicht herrscht, dass der Arbeitgeber den Lebensstandard der gesamten Familie sicherzustellen hat. Dort geht man davon aus, dass der Angestellte selbst es im Blick hat, dass er mit seinem Gehalt ausreichend finanziell ausgestattet ist. Andernfalls steht es ihm frei zu wechseln oder zu streiken. Deshalb drücke ich die Tarifverhandlungen die Daumen. Nach etlichen Abschlüssen in der Vergangenheit, die unter Inflationsniveau gelandet sind, wird es Zeit für einen großen Wurf. Wenn das nicht kommt, überlegt euch, ob ihr nett grüßt und durch die Tür geht. Im Moment werden überall Leute gesucht, außer vielleicht bei VW und BASF. Vor dem Hintergrund ist ein Abschluss erneut unter Inflationsniveau nicht hinnehmbar.

Dochdoch, es soll ja eine Diskussion geben. Nur sehe ich die 30%+ eben nicht als Prämisse und - da nicht politisch mehrheitsfähig - auch nicht als realistsich an.