Der Beitrag ist bemerkenswert, weil in seiner sachlichen Analyse wiederkehrend schlüssig und also bedenkenswert. Er macht sich dabei allerdings zwei problematische Prämissen und eine wenig realistische Grundvoraussetzung zu eigen.
Die erste probematische Prämisse ist, dass sich das Berufsbeamtentum als Folge der es leitenden hergebrachten Grundsätze nicht im Sinne eines wiederkehrenden Hin- und Zurückwechselns zwischen ihm und der privaten Wirtschaft organisieren kann. Denn für das deutsche Berufsbeamtentum ist das Lebenszeitprinzip bindend, das unter anderem vor allem zwei Zwecke verfolgt: erstens die nach Innen gerichtete Unabhängigkeit des Beamten, die insbesondere dann gewährleistet ist, wenn sich der Beamte in keiner Anstellung auf Zeit befindet. In der für diese Frage maßgeblichen Entscheidung vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 -,
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2008/05/ls20080528_2bvl001107.html?nn=68080, hat der Senat dazu alles, was notwendig ist, gesagt, so insbesondere in der Rn. 71:
"Das Lebenszeitprinzip hat - im Zusammenspiel mit dem die amtsangemessene Besoldung sichernden Alimentationsprinzip - die Funktion, die Unabhängigkeit der Beamten im Interesse einer rechtsstaatlichen Verwaltung zu gewährleisten. Erst rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit bietet die Gewähr dafür, dass das Berufsbeamtentum zur Erfüllung der ihm vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann (vgl. BVerfGE 7, 155 <162>; 44, 249 <265>; 64, 367 <379>; 99, 300 <315>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 -, Umdr. S. 21). Dazu gehört auch und vor allem, dass der Beamte nicht willkürlich oder nach freiem Ermessen politischer Gremien aus seinem Amt entfernt werden kann, denn damit entfiele die Grundlage für seine Unabhängigkeit (vgl. BVerfGE 7, 155 <163>). Die lebenslange Anstellung sichert dem Beamten persönliche Unabhängigkeit. Das Bewusstsein seiner gesicherten Rechtsstellung soll die Bereitschaft des Beamten zu einer an Gesetz und Recht orientierten Amtsführung fördern und ihn zu unparteiischem Dienst für die Gesamtheit befähigen (vgl. BVerfGE 70, 251 <267>). Die mit dem Lebenszeitprinzip angestrebte Unabhängigkeit der Amtsführung ist dabei nicht etwa ein persönliches Privileg des Beamten, das seiner Disposition unterliegen könnte, sondern soll dem Gemeinwohl dienen. Nur wenn die innere und äußere Unabhängigkeit gewährleistet ist, kann realistischerweise erwartet werden, dass ein Beamter auch dann auf rechtsstaatlicher Amtsführung beharrt, wenn sie (partei-)politisch unerwünscht sein sollte (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 -, Umdr. S. 21). Das Berufsbeamtentum wird so zu einem Element des Rechtsstaates."
Auch (und gerade) in dem, was der Senat hier ausführt, liegt ein wesentlicher Grund, weshalb die amtsangemessene Alimentation von maßgeblicher Bedeutung ist, was sich als Folge auch in den angekündigten Entscheidungen wird widerspiegeln.
Darüber hinaus ist aber ebenfalls die nach außen gerichtete Unabhängigkeit von maßgeblicher Bedeutung. Entsprechend sieht sich der Beamten gezwungen, dem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Auch deshalb hat der Senat im selben Zeitraum, nämlich in der Entscheidung vom 20.02.2008 - 2 BvR 1843/06 -,
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2008/02/rk20080220_2bvr184306.html, Rn. 16 ausgeführt:
"Beamte sind ihrem Dienstherrn im Vergleich zu Arbeitern und Angestellten in anderer, besonderer Weise umfassend verpflichtet. Mit der Berufung in das Beamtenverhältnis ist die Pflicht des Beamten verbunden, seine ganze Persönlichkeit für den Dienstherrn einzusetzen und diesem - grundsätzlich auf Lebenszeit - die volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerfGE 21, 329 <345>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 -, juris, Rn. 54; stRspr). Ein Beamter ist seinem Dienstherrn darüber hinaus in besonderer Weise zur Treue verpflichtet (vgl. BVerfGE 39, 334 <346 ff.>). Im Gegenzug haben Beamte gegen den Dienstherrn einen Anspruch auf amtsangemessene Alimentation (vgl. BVerfGE 26, 79 <93>; 44, 249 <263>; 117, 330 <350 f.>; 117, 372 <380 f.>; stRspr)."
Ein wiederkehrender Wechsel zwischen dem Beamten- und einem Arbeitsverhältnis in der freien Wirtschaft würde dem besonderen Treueverhältnis widersprechen, das nicht zuletzt deshalb unaufhebbar mit dem Beamtenstatus verbunden ist, um den Beamten nicht Begehrlichkeiten auszusetzen, die jener Wechsel mit sich bringen könnte, nämlich am Ende nicht mehr eindeutig entscheiden zu können, welchem Herrn der Beamte eigentlich diente.
Die zweite problematische Prämisse liegt darin, dass es ein besonderes Kontrollorgan, das gegenüber dem Beamten eine besondere Aufsichtspflicht durchsetzen könnte, gleichfalls nicht geben kann. Der Beamte ist als Folge der hergebrachten Grundsätze einzig seinem Dienstherrn gegenüber weisungsgebunden und darüber hinaus sind alle seinen Beamtenstatus wesentlich regelnden Bedingungen wegen des Gesetzesvorbehalt im Beamtenrecht durch den Gesetzgeber zu regeln. Entsprechend gibt es bereits ein entsprechendes Kontrollorgan, das zugleich über das Weisungsrecht in jeder sachgerechten Form gegenüber dem Beamten tätig werden kann, nämlich der jeweilige Vorgesetzte und im Letzten der Dienstherr selbst. Eine Behörde mit Weisungsrechten neben dem Vorgesetzten kann es entsprechend nicht geben, da so im Letzten gar nicht mehr geklärt werden könnte, wessen Weisungen der weisungsgebundene Beamte nun folgen sollte, was letztlich ein eminentes Rechtsstaatsproblem mit sich brächte.
Und damit zeigt sich die nicht realistische Grundvoraussetzung, nämlich dass der Beamtenapparat sich irgendwie anders als ein Beamtenapparat regeln ließe. Die Regelungskompetenz liegt aber - wegen des genannten Gesetzesvorbehalts - ausschließlich in der Hand des Gesetzgebers, an dessen Regelungen sich am Ende der Dienstherr als Exekutivorgan gebunden sieht, da auch die vollziehende Gewalt als Folge von Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden ist.
Ergo: Die Bestandsanalyse der ehemaligen Oberstaatsanwältin ist schlüssig - der Wunsch, ihr durch eine Verwaltungsreform im beschriebenen Sinne nachzukommen, wird so wie gewünscht aber offensichtlich nicht funktionieren, wobei sie m.E. im Sinne ihrer eigenen Analyse das zentrale Problem selbst benennt:
"Weil Behörden sich häufig überlastet, unterbesetzt und schlecht ausgerüstet sehen, nehmen sie sich komplexen Verfahren oft gar nicht erst an. Und das nicht, weil der Verdacht fehlt, sondern weil der Aufwand zu groß erscheint. Keinen Anfangsverdacht einer Straftat zu sehen oder frühzeitige Deals sind dann der bequeme Ausweg, auf Kosten der Gerechtigkeit."
Da der jeweilige Verantwortungsträger am Ende abwägen muss, welchen Personaleinsatz er sachlich rechtfertigen kann - welche anderen Fälle also ggf. unbearbeitet bleiben, solange die Arbeitskraft der Belegschaft auf die komplexen Verfahren angesetzt werden -, ist offensichtlich das eigentliche Problem nicht mangelnde Führungsverantwortung (die es wiederkehrend geben wird, die jedoch kaum systematisch gegeben sein dürfte), sondern schlichtweg Überlastung. Und ihr wird man kaum durch eine Verwaltungsreform mit einer Art "Superbehörde" gerecht, die es wie gezeigt auch nicht geben könnte, sondern indem man hinreichend Personal einstellt, um über entsprechende Kapazitäten zu verfügen, um sowohl die komplexen als auch die Alltagsverfahren sachgerecht bearbeiten zu können.