Selbst wenn mit dem nächsten Urteil eine Menge an Rechtsfragen bzw Tricks der Gesetzgeber geklärt sein werden, so ist doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass eben diese Gesetzgeber weitere Tricks suchen und finden werden um keine aA gewähren zu müssen. Selbst wenn das BVerfG diesmal alle bekannten Schlupflöcher schließen mag, so glaube ich nicht mehr daran das dies was ändern wird. Warum sollte der Gesetzgeber dem bis dato die Verfassung bzw eine aA Scheiss egal war auf einmal diesen Weg verlassen ?
Und komme mir keiner mehr damit das die Vwrfassungswidrigkeit dem Gesetzgeber nicht bewusst war, es gab nun reichlich fundierte Stellungnahmen und Berichte.
Man will es einfach nicht.
Ich bewundere die unermüdliche Arbeit die Swen aufbringt die Thematik zu beleuchten und immer wieder zu dem Thema Stellung zu nehmen. Dies hat auf der einen Seite zumindest meinen Horizont erheblich erweitert auf der anderen Seite hat diese Wissensbereicherung angesichts der Ignoranz und des Handelns unserer Gesetzgeber nur noch mehr die Frustration wachsen lassen.
Es freut mich, Bundi, wenn ich mit zur Aufklärung beitragen kann, denn sie ist bekanntlich der Ausgang aus unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit, die nicht zuletzt dem krummen Holz geschuldet ist, als woraus wir gemacht sind.
Wie ich ja in letzter Zeit wiederkehrend hervorgehoben habe, wird's zukünftig nur umso mehr um's Begründen, Begründen, Begründen gehen. Dafür wird der Senat in den angekündigten Entscheidungen maßgebliche Vorgaben liefern, die den weiten Entscheidungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber verfügt, empfindlich einhegen werden. Das dürfte insbesondere die Betrachtung des Partnereinkommens von Beamten betreffen, da das in 13 von 17 Rechtskreisen das zentrale Mittel zur Ausflucht und also zur Missachtung der Rechtsprechung des Senats ist. So wie den Gesetzgebern die tatsächlichen Verhältnisse im Nacken sitzen, die sich nicht wegediskutieren lassen und die sie mit Ausnahme Hessens, des Saarlands und des Bunds zumindest insoweit anerkannt haben, dass sie das Besoldungsniveau seit 2020 im beträchtlichen Maße angehoben haben, sitzt dem Senat heute bereits die europäische Gerichtsbarkeit im Nacken, die hinreichende Ergebnisse vom Hüter der Verfassung erwartet, und zwar spätestens nach der von ihr vollzogenen faktischen Bestätigung des Streikverbots in Deutschland. Wird der Hüter der Verfassung nicht beizeiten über die Autorität verfügen, die erhebliche Missachtung seiner Rechtsprechung im Besoldungsrecht abzustellen - nachdem er in seiner Streikverbotsentscheidung unmissverständlich im Sinne seiner ständigen Rechtsprechung die Folgerung erneut als unabweisbar betrachtet hat, dass die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts als ein besonders wesentlicher hergebrachter Grundsatz anzusehen ist, zu dessen Beachtung der Gesetzgeber verpflichtet ist (BVerfGE 148, 296, 348, Rn. 123;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/06/rs20180612_2bvr173812.html?nn=68080 -, würde sich die europäische Gerichtsbarkeit alsbald veranlasst sehen müssen, sich zu dieser schwärenden Wunde des bundesdeutschen Verfassungsrechts stellen zu müssen. Denn in Anbetracht nicht nur der Verfassungsgerichtsbarkeit, sondern auch der Demokratie unter Druck kann das negative "Vorbild" Deutschland, das es im europäischen Vergleich hinsichtlich des bundesdeutschen Besoldungsrechts darstellt, von der europäischen Gerichtsbarkeit nicht als solches akzeptiert werden, ohne dass das fast zwangsläufig auch in anderen Teilen der Union zu einer noch weiteren Erosion des Rechtsstaats führen müsste.
Es wäre auch deshalb mehr als erstaunlich, wenn der Senat, nachdem er gezielt die Berliner Verfahren auf's Tableau gehoben und entsprechende Möglichkeiten zur Stellungnahme gegeben hat, nun nicht das schärfste Mittel - die Vollstreckungsanordnung - ziehen und darüber hinaus nicht alsbald (wenn auch vermutlich noch nicht dezidiert in den angekündigten Entscheidungen) rechtskräftig auslegen würde, was Art. 94 Abs. 4 GG eigentlich verfassungsrechtlich aussagt. Dadurch, dass die Bindungswirkung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht nun Verfassungsrang hat, hat die Schärfe der Ultima Ratio noch einmal beträchtlich zugenommen. Werden die Besoldungsgesetzgeber sich nun also nicht beizeiten wieder in den Rahmen des Alimentationsprinzips einfinden, werden sie im Verlauf der nächsten zwei bis drei Jahre erstaunliche Überraschungen erleben, die sie spätestens dann nicht erleben wollten, wenn sie sie erleben sollten. Spätestens in dem Moment, wo das Bundesverfassungsgericht sich (ggf. und mit einiger Wahrscheinlichkeit dann im Plenum besprochen und zwischen den Senaten abgestimmt) veranlasst sehen sollte, die Bedeutung der einfachgesetzlich geregelten Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG im Rahmen der verfassungsrechtlichen Bindungswirkung aus Art. 94 Abs. 4 GG heraus zu betrachten, sollte der Ungemütlichkeitsfaktor für die Besoldungsgesetzgeber ein anderer werden.
Da die entscheidungstragenden Gründe bundesverfassungserichtlicher Entscheidungen von den Verfassungsorganen unserer Rechtsordnung Beachtung verlangen, wird sich ggf. am Besoldungsrecht zeigen müssen, was das nun eigentlich hinsichtlich von Art. 94 Abs. 4 GG bedeutet. Karlsruhe dürfte es sicherlich nicht als Born größter Freude ansehen, die verfassungsrechtliche Bedeutung der Bindungswirkung entscheidungstragender Gründe (wie bspw. hinsichtlich des Mindestabstandsgebots im Rahmen seiner materiell-rechtlichen und ggf. indiziellen Bedeutung und hier bspw. hinsichtlich der Bindungswirkung des Kontrollmaßstabs der Alleinverdienerannahme) nun weiter durchzudeklinieren (was bislang, da diese Bindungswirkung ein verfassungsrechtlich ungeschriebenes Verfassungsprinzip gewesen ist, nicht rechtskräftig möglich war); aber sollten die Besoldungsgesetzgeber nun weiterhin maßgebliche entscheidungstragende Gründe nicht nur der letzten bundesverfassungserichtlichen, sondern auch zuküntig ebenso jene der nun angekündigten Entscheidungen missachten wollen, dann muss sich das Bundesverfassungsgericht anders als bislang, da die Bindungswirkung noch keinen Verfassungsrang hatte und also nicht der rechtskräftigen Auslegung der Verfassung durch die beiden Senat unterlag, veranlasst sehen, auch dieses Verfassungsprinzip sachgerecht zu betrachten. Und das dürfte dann in Anbetracht von über 60 anhängigen konkreten Normenkontrollverfahren aus zwölf Bundesländern für die Besoldungsgesetzgeber kaum ein Born allergrößter Freude werden.
Ergo: Die Zeiten werden sich nach den angekündigten Entscheidungen ändern, nicht direkt am Tag nach deren Veröffentlichung, aber spätestens mit den sich daran regelmäßig anschließenden weiteren Entscheidungen. Denn nachdem nun die Entscheidungen in den angekündigten Pilotverfahren ergangen sein werden, gibt es keinen sachlichen Grund mehr, dass daran anschließend nicht die Abarbeitung der anhängigen Verfahren schneller vonstatten ginge. Verzögerungsrügen und -beschwerden werden nach der Veröffentlichung der angekündigten Verfahren nicht mehr ohne Weiteres abgewiesen werden können, wenn denn die Dogmatik zum Besoldungsrecht nun im weitgehenden Maße abgeschlossen sein wird.
Unser Thema wird nach den angekündigten Entscheidungen in vielfacher Hinsicht - (verfassungs-)rechtlich, politisch, ökonomisch, ggf. auch soziologisch - noch einmal deutlich interessanter werden, als es das in den letzten Jahren gewesen ist. Das glauben hier nach den Erfahrungen der letzten fünf Jahre wenige, aber die weitgehend abgeschlossene Dogmatik wird die empfundene Friedhofsruhe nach dem ersten Schock für die Öffentlichkeit zunehmend beenden, und zwar das nur umso mehr, als dass die benötigten zusätzlichen 60.000 Rekruten ganz sicherlich auch dann nicht den Weg in die Kasernen finden werden, wenn man der nachwachsenden Generation weiterhin vor allem Knallbonbons offeriert. Soll dort der neue Personalaufbau gelingen - und in Anbetracht der aktuell anvisierten Verteidigungsausgaben wird er kommen müssen; denn irgendwer wird das angedachte neue Gerät bedienen müssen -, wird das nicht ohne erhebliche Anhebung des Soldes funktionieren können.