Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 7535722 times)

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18705 am: 22.09.2025 14:32 »
Egal was man versucht, da zu gestalten, der Schaden wird immer da sein. Häufig sind es nur Verschiebungen, die dann aber auch in einem späteren Jahr wieder zu einer höheren Steuerlast führen.

Wenn man dann klagt, kann man auch gleich Zinsen mit einklagen. Dann landet das Ganze nochmals vor dem BVerfG. Keine Ahnung, wer sich das ausgedacht hat, dass man entschädigungslos ins Eigentumsrecht eingreifen darf.

Vor allem würde es dem Gesetzgeber gut tun, 6% p.a. einplanen zu dürfen, wenn er meint, seinen Pflichten nicht nachkommen zu müssen.

Ich habe auch vor Verzugszinsen einzuklagen und habe folgenden Ablauf vor: Wenn Nachzahlung erfolgt, werde ich einen Antrag auf Verzugszinsen stellen. Nach Ablehnung Widerspruch. Nach Widerspruchsbescheid Feststellungsklage, dass der Paragraph der Nichtverzinsung im BesG verfassungswidrig ist. Dann Popularklage und danach Überprüfungsantrag durch das BVerfG. Bei Ablehnung durch das BVerfG, Klage beim EGRM. Ein langer Weg, aber ich werde ihn gehen. Ich freue mich, dass auch andere dies vorhaben. Der Sachverhalt gehört einfach vor das BVerfG. Natürlich hoffe ich, dass ein Anderer vor mir diesen Weg beschreitet, z.B. Gewerkschaft, und ich mich nur anhägen muss. Hast du andere Ideen zum Verfahrensablauf? Den Weg der Leistungsklage halte ich für falsch.

Ich bin mir da noch nicht ganz klar. Ich werde zunächst nochmal das Weimarer Urteil genauer studieren. Das Problem ist bei den Zinsen ja, das sie Verzugsschaden wären.

Hierzu müsste man ja zunächst die Voraussetzungen des Verzugs schaffen. Ich glaube kaum, dass dies jemand getan hat.

Ich habe die Entscheidung gerade nur überflogen, halte das, was Du im letzten Satz schreibst, aber ebenso für wahrscheinlich.

Zunächst einmal hebt die Kammer in der Rn. 56 eine besondere Fallkonstellation hervor, die es ihr nach ihrer Ansicht erlaube, so zu handeln, wie sie handelt, obgleich sie sich darüber im Klaren ist, dass sie hier vom regelmäßigen Bruttoprinzip abrückt, was sie in der Rn. 53 expliziert. Darüber hinaus wäre zunächst einmal im Sinne der Rn. 43 f. zu klären, ob die Leistungsklage in einem Nachzahlungsfall der amtsangemessenen Alimentation ebenso, wie es die Kammer in der besonderen Fallkonstellation annimmt, tatsächlich zulässig sein sollte. Auch wäre zu klären, ob dann ggf. die Beteiligten auch hier ihr Einverständnis geben müssten, um entsprechend so zu handeln, wie das die Kammer eingangs der Entscheidungsgründe in der besonderen Fallkonstellation ausführt (vgl. die Rn. 38). Ebenso müsste zu klären sein, ob das, was die Kammer in der Rn. 48 ausführt, sich so ohne Weiteres auf den konkreten Fall des zukünftigen Klägers übertragen lassen könnte.

Insbesondere verweist die Rn. 50 auf die Mitwirkungspflicht des Klägers, die - schätze ich - die allermeisten Widerspruchsführer als solche schon nicht erfüllen können, da sie bislang gar keine Kläger sind und sich damit mit der Ruhendstellung ihres Widerspruchs einverstanden erklärt haben, was sie dann ggf. später kaum veranlassen dürfte, diesen Sachverhalt als schuldhaft dem Beklagten allein zuzuschreiben. Ohne mich hinreichend eingelesen zu haben und mich in den formellen Tiefen des Verwaltungsrechts hinreichend auszukennen, könnte ich mir vorstellen, dass diese Hürde mit einiger Wahrscheinlichkeit so hoch sein dürfte, dass sie kaum ein heutiger Widerspruchsführer allein wird überspringen können.

Denn der heutige Widerspruchsführer hat als späterer Kläger sich zuvor mit der Zustimmung zur Ruhendstellung seines Widerspruchs durch Unterlassung der Forderung nach einer umgehenden Bescheidung des Widerspruchs bis zur späteren Klageerhebung offensichtlich mit der Ruhendstellung als solcher einverstanden erklärt und so in diesem Sinne an ihr mitgewirkt, obgleich ihm jederzeit als Widerspruchsführer die Möglichkeit offengestanden hat, die Bescheidung seines Widerspruchs zu verlangen, so die Ruhendstellung des Widerspruchs zu beenden, um dann aktiv die Klage zu betreiben. Diese Mitwirkung an der Klage hat er so aber in der Regel über Jahre vermissen lassen, sodass ihm ggf. von Klägerseite zurecht vorgehalten werden kann, dass er kaum einen Schaden anführen kann, den er selbst durch Unterlassen eine umgehenden Klage mit verursacht hat und den er also durch umgehende Klageerhebung hätte verhinden können.

Ich könnte mir vorstellen, dass das als ein gewichtiges Argument gegen eine zukünftige entsprechende Leistungsklage heutiger Widerspruchsführer ins Feld geführt werden dürfte, das mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht so ohne Weiteres aus der Welt geschafft werden könnte. Denn auf dieser Grundlage griffe dann das, was die Kammer ab den Rn. 55 ausführt, schon allein deshalb bereits nicht mehr, da der Beklagte nicht die alleinige Verantwortung für den Schaden hätte, sondern dass dem Kläger eine offensichtlich Mitverantwortung treffen sollte - die ggf. nur umso stärker durchgreifen sollte, je länger er mit der späteren Klageerhebung gewartet hat -, was wiederum bedeuten dürfte, dass (zumindest weitgehend) gar kein Schaden vorläge, womit (zumindest weitgehend) der Grund bzw. die formelle Voraussetzung für eine Leistungsklage entfiele.

Ist bekannt, ob der Beklagte in Berufung gegangen ist?

Irgendwie habe ich hier wohl den falschen Beitrag zitiert - s. meinen nächsten Beitrag...

Eventuell kann man so argumentieren, was man insbesondere ggf. durch die aktuelle Rechtsprechung des Senats stützen kann (s.u. die Entscheidung vom 4. Mai 2020) - aber grundsätzlich bleibt weiterhin das Problem, dass der Widerspruchsführer jederzeit - wenn er das Begehr hegt - zum Kläger werden kann, ohne dann noch hinreichend Einfluss darauf nehmen zu können, wann das zuständige Gericht entscheidet. Allerdings hat er auch hier die Möglichkeit, durch die wiederholte Erklärung und auch durch Rüge darauf hinzuwirken, dass das Fachgericht zur Entscheidung schreitet. Damit treibt er sein Begehr aktiv voran. Ohne mich genau an den Fall zu erinneren (ggf. erinnere ich mich auch falsch), meine ich, dass genau ein solches Unterlassen selbst noch im Laufe des Klageverfahrens dem Kläger zum Nachteil gereicht haben solle, dass ihm also genau jenes nicht aktive Vorantreiben seines Verfahrens in dessen Verlauf vonseiten des Gerichts vorgehalten worden wäre (vielleicht war es auch umgedreht, entsinnt sich gerade etwas in mir, das auch sagt, dass es eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gewesen wäre, die auf das regelmäßige Vortanteiben des Klägers noch im Klageverfahren verwies - wenn ich noch länger drüber nachdenke, fällt's mir ggf. wieder ein).

Darüber hinaus hat es der spätere Kläger vor der Klage, also nun zunächst noch als Widerspruchsführer selbst in der Hand, zunächst einmal zum Kläger werden zu wollen, um so auch zu zeigen, dass ihm seiner Meinung nach - sofern er sich in seinen Rechten verletzt sehen sollte - ein Schaden aus dem Handeln des alsbald Beklagten erwächst. Geht er diesen ersten Schritt nicht - betreibt er also schon hier sein Begehr nicht aktiv, weil er sich gemeinsam mit dem späteren Beklagten insoweit ins Benehmen setzt, als dass er die Ruhenstellung seines Widerspruchs durch den späteren Beklagten klaglos akzeptiert -, dürfte sich ggf. im Sinne meines letzten Beitrags vonseiten des später Beklagten vorbringen lassen, dass hier eine Mitverantwortung des späteren Klägers offensichtlich ist. Denn wieso sollte er nicht umgehend klagen, wenn er meinte, dass ihm durch das Handeln des später Beklagten ein Schaden entstehen sollte? Wieso also hat er jenen Schaden, von dem er meinte, dass er ihm zugefügt werde, nicht abgewendet, obgleich ihm jener Rechtsweg regelmäßig offenstand? Wieso also sollte jetzt von der alleinigen Verantwortung des späteren Beklagten auszugehen sein, wenn der spätere Kläger offensichtlich wie auch der spätere Beklagte noch vor der späteren Klage gar nicht kundgetan hätten, dass dem späteren Kläger durch ein gemeinsam beschlossenes oder mindestens auch vom späteren Kläger akzeptierten Zuwarten ein Schaden entstanden sein sollte? So zumindest würde ich als Beklagter argumentieren und dabei darauf hinweisen, dass die Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation ein anderes Rechtsgut sei als ein Steuerprogressionsschaden, den der spätere Kläger als Widerspruchsführer - anders als sein Begehr, amtsangemessen alimentiert zu werden - zu keiner Zeit vor der Klage habe verlautbaren lassen.

Und dabei hätte ich bis zur aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts seine bis dahin ständige Rechtsprechung ins Feld geführt, die also auch noch 2017 wie folgt formuliert worden ist:

"Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich der Kläger erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 99, 300 <331>; 130, 263 <313>; 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>)." (vgl. den Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 -, Rn. 124; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html)

Damit hätte ich als spätere Beklagter darauf hingewiesen, dass, wer meinte, ihm würde durch mein Handeln ein Schaden entstehen, sich offensichtlich in der Pflicht sehen sollte, dabei mitzuwirken, den Schaden von ihm zeitnah abzuwenden, weil es ja wohl offensichtlich sei, dass ich als Dienstherrn des Beklagten nun wirklich weder ein Interesse noch überhaupt entsprechendes Handeln zeigen könnte, ihm, mit dem ich mich schließlich in einem gegenseitigen Dienst- und Treuverhältnis befinden würde, gar einen Schaden zufügen zu wollen, wo ich doch gerade erst durch die von mir geleistete Bruttonachzahlung gezeigt habe, dass ich alle meine Bediensteten regelmäßig und ausnahmlos amtsangemessen nach Recht und Gesetz alimentierte, was ja wohl nun wirklich niemand in Zweifel ziehen könnte, da ich ja keinerlei Einfluss darauf hätte, was nun der Gesetzgeber im Rahmen seiner unergründlichen Wege so treiben würde, dessen Gesetze ich aber regelmäßig im Sinne meiner verfassungsrechtlichen Pflichte penibel umsetzte (eigenartig, würde ich mir und so auch dem Gericht und ebenfalls dem offensichtlich wohl doch etwas verwirrten Kläger sagen, auf welch abstruse Gedanken doch Menschen kommen könnten, obgleich sie doch Beamte sind; Undank sei der Welten Lohn, würde ich so meinen, wo ich doch gar nicht anders gekonnt hätte - gar noch so freundlich war, ihm seinen Widerspruch ruhend zu stellen, um ihm die Kosten und den Fachgerichten die Lasten zu ersparen, die regelmäßig von solchen in der Regel sowieso unbegründeten Klagen ausgingen -, anders aber als der spätere Kläger, der nun doch wirklich umgehend seine Rechte hätte einklagen sollen, wie ich das umgedreht als gutes Vorbild doch auch nicht anders ihm gegenüber hielte, wenn's denn nötig wäre und das einfache Disziplinarrecht nicht hinreichte).

Da er, jener spätere Kläger, aber genau das nun nicht getan habe - also nicht umgehend von mir verlangt hätte, ihm seinen Widerspruch zu bescheiden, um mich daraufhin im Rahmen der gesetzlichen Fristen zu verklagen -, hätte er einen Anspruch auf Behebung des Schadens verwirkt, wobei ich mich als der Beklagte ja zuvor sowieso schon auf den Standpunkt stellen würde, dass das Bruttoprinzip als der Regelfall zu betrachten wäre und dass ich ja wohl durch die von mir geleisteten Bruttonachzahlungen jenem entsprochen hätte, sodass ich gar gar nicht verstehen könnte, was der von mir seit jeher amtsangemessen Alimentierte überhaupt von mir wollte. Eigenartige Rechtauffassungen diese, dass ich als Dienstherr gar irgendwem Bediensteten noch gar einen Schaden könnte zufügen wollen, wo ich ihn doch regelmäßig nach Recht und Gesetz alimentierte, was ich nun gerade erst durch meine nachgezahlten Bruttobeträge eindrücklich unter Beweis gestellt hätte. Was nun könnte ich denn jetzt als Dienstherr dafür, dass meine Bediensteten nur in geringer Zahl das Handeln des Gesetzgebers bezweifelten, indem sie mir die Last aufbürdeten, ihre Widersprüche noch ruhend zu stellen, während sie sich gar noch meinten erlauben zu dürfen, mir einen Schaden anhängen zu wollen, den ich nun niemals als Bruttoleister zufügen könnte, selbst drunter leidend, dass dieser Gesetzgeber in der Vergangenheit Gesetze erlassen habe, die ich nun wirklich nicht zu verantworten hätte, wo ich doch nur die Entwürfe formulierte, welche zu jenen Gesetzen führten. Die Welt muss schlecht sein, würde ich mir sagen und so zu dem Schluss kommen, wenn in ihr solch übles Gedankengut über mein regelmäßig Recht und Gesetz umsetzendes Handeln sein Unwesen treiben sollte.

In seiner letzten Entscheidung hat der Senat seine bisherige ständige mindestens präzisiert, wenn er in der Rn. 183 ausführte (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html; Hervorhebungen durch mich):

"Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich etwaiger weiterer Richter und Staatsanwälte erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren schwebt. Entscheidend ist, dass sie sich gegen die Höhe ihrer Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben, so dass der Haushaltsgesetzgeber nicht im Unklaren geblieben ist, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird."

Eventuell kann man aus der Klarstellung, dass auch ein Widerspruchsverfahren bereits hinreichend ist, um seine Ansprüche zu erhalten, nun auch durchschlagend hinsichtlich des Grundsatzes von Treu und Glauben bzw. des Dienst- und Treueverhältnisse argumentieren - bei mir bleiben aber aus den bereits genannten (also über den hinaus, den ich diesem Beitrag schreibe) Gründen beträchtliche Zweifel, dass eine entsprechende Leistungsklage am Ende regelmäßig durchschlagen sollte. Es wäre schön, wenn ich mich irrte. Eventuell finden wir ja auch - so wie gerade gezeigt in der letzten - in der angekündigten weitere Präzisierungen in Anbetracht der mittlerweile ja nicht ganz geringen Zahl an Widersprüchen, die in den 17 Rechtskreisen mittlerweile aufgelaufen sein dürften.

SwenTanortsch

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« Antwort #18706 am: 22.09.2025 14:34 »
Die Frage ist: Was hätte der Kläger denn tun können?

Ein Inverzugsetzen setzt zunächst ja ein Begehren auf Leistung voraus. Dies hilft aber nicht weiter, weil der Dienstherr die aA auf Antrag ja garnicht gewähren kann, weil die Gesetzesgrundlage fehlt. Insoweit treffen hier Feststellungsbegehren hinsichtlich der Besoldung an sich und Leistungsbegehren hinsichtlich Schadensersatz bzgl. Verzugszinsen und Progressionsschaden aufeinander.

Man kann es auch so lesen: Wenn der Dienstherr aber den unmittelbaren Bedarf des Beamten und seiner Familie zu decken hat, könnte er aufgrund des besonderen Treueverhältnisses sofort in Verzug geraten.

Da der Beamte sich stets gegen das Besoldungsgesetz wenden muss, hier aber nur letztinstanzlich durch das BVerfG entschieden werden darf, und der Gesetzgeber dann eigentlich erneut in Form eines Reparaturgesetzes tätig werden muss, hat er doch eigentlich nur geringen Einfluss auf das Verfahren.

Ruhendstellen tut man ja nur, weil idR eine Grundsatzentscheidung abgewartet werden soll. Ansonsten könnte der Widerspruch ja nur als unbegründet abgewiesen werden.Auch das dient idR nicht dem Beamten, sondern dem Dienstherrn.

Würde man Verlangen, dass das Der Beamte in jedem Fall das Verfahren vorantreiben muss, müsste ja jeder klagen, die Ruhendstellung erfolgte, dann beim VG.

Dieses gesamte Konstrukt macht rechtlich keinen Sinn, und kommt aus Zeiten, wo jeder noch dachte, dass er als Beamter toll verdiene und die Besoldung ja totaaaal amtsangemessen sei.

M.E. verkürzt sie die Rechte der Beamten in unzulässiger Weise.

PS. Mein letzter Beitrag reagiert auf diesen Deinen Beitrag GoodBye, was aus ihm offensichtlich nicht ersichtlich ist.

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18707 am: 22.09.2025 15:08 »
Egal was man versucht, da zu gestalten, der Schaden wird immer da sein. Häufig sind es nur Verschiebungen, die dann aber auch in einem späteren Jahr wieder zu einer höheren Steuerlast führen.

Wenn man dann klagt, kann man auch gleich Zinsen mit einklagen. Dann landet das Ganze nochmals vor dem BVerfG. Keine Ahnung, wer sich das ausgedacht hat, dass man entschädigungslos ins Eigentumsrecht eingreifen darf.

Vor allem würde es dem Gesetzgeber gut tun, 6% p.a. einplanen zu dürfen, wenn er meint, seinen Pflichten nicht nachkommen zu müssen.

Ich habe auch vor Verzugszinsen einzuklagen und habe folgenden Ablauf vor: Wenn Nachzahlung erfolgt, werde ich einen Antrag auf Verzugszinsen stellen. Nach Ablehnung Widerspruch. Nach Widerspruchsbescheid Feststellungsklage, dass der Paragraph der Nichtverzinsung im BesG verfassungswidrig ist. Dann Popularklage und danach Überprüfungsantrag durch das BVerfG. Bei Ablehnung durch das BVerfG, Klage beim EGRM. Ein langer Weg, aber ich werde ihn gehen. Ich freue mich, dass auch andere dies vorhaben. Der Sachverhalt gehört einfach vor das BVerfG. Natürlich hoffe ich, dass ein Anderer vor mir diesen Weg beschreitet, z.B. Gewerkschaft, und ich mich nur anhägen muss. Hast du andere Ideen zum Verfahrensablauf? Den Weg der Leistungsklage halte ich für falsch.

Ich bin mir da noch nicht ganz klar. Ich werde zunächst nochmal das Weimarer Urteil genauer studieren. Das Problem ist bei den Zinsen ja, das sie Verzugsschaden wären.

Hierzu müsste man ja zunächst die Voraussetzungen des Verzugs schaffen. Ich glaube kaum, dass dies jemand getan hat.

Ich habe die Entscheidung gerade nur überflogen, halte das, was Du im letzten Satz schreibst, aber ebenso für wahrscheinlich.

Zunächst einmal hebt die Kammer in der Rn. 56 eine besondere Fallkonstellation hervor, die es ihr nach ihrer Ansicht erlaube, so zu handeln, wie sie handelt, obgleich sie sich darüber im Klaren ist, dass sie hier vom regelmäßigen Bruttoprinzip abrückt, was sie in der Rn. 53 expliziert. Darüber hinaus wäre zunächst einmal im Sinne der Rn. 43 f. zu klären, ob die Leistungsklage in einem Nachzahlungsfall der amtsangemessenen Alimentation ebenso, wie es die Kammer in der besonderen Fallkonstellation annimmt, tatsächlich zulässig sein sollte. Auch wäre zu klären, ob dann ggf. die Beteiligten auch hier ihr Einverständnis geben müssten, um entsprechend so zu handeln, wie das die Kammer eingangs der Entscheidungsgründe in der besonderen Fallkonstellation ausführt (vgl. die Rn. 38). Ebenso müsste zu klären sein, ob das, was die Kammer in der Rn. 48 ausführt, sich so ohne Weiteres auf den konkreten Fall des zukünftigen Klägers übertragen lassen könnte.

Insbesondere verweist die Rn. 50 auf die Mitwirkungspflicht des Klägers, die - schätze ich - die allermeisten Widerspruchsführer als solche schon nicht erfüllen können, da sie bislang gar keine Kläger sind und sich damit mit der Ruhendstellung ihres Widerspruchs einverstanden erklärt haben, was sie dann ggf. später kaum veranlassen dürfte, diesen Sachverhalt als schuldhaft dem Beklagten allein zuzuschreiben. Ohne mich hinreichend eingelesen zu haben und mich in den formellen Tiefen des Verwaltungsrechts hinreichend auszukennen, könnte ich mir vorstellen, dass diese Hürde mit einiger Wahrscheinlichkeit so hoch sein dürfte, dass sie kaum ein heutiger Widerspruchsführer allein wird überspringen können.

Denn der heutige Widerspruchsführer hat als späterer Kläger sich zuvor mit der Zustimmung zur Ruhendstellung seines Widerspruchs durch Unterlassung der Forderung nach einer umgehenden Bescheidung des Widerspruchs bis zur späteren Klageerhebung offensichtlich mit der Ruhendstellung als solcher einverstanden erklärt und so in diesem Sinne an ihr mitgewirkt, obgleich ihm jederzeit als Widerspruchsführer die Möglichkeit offengestanden hat, die Bescheidung seines Widerspruchs zu verlangen, so die Ruhendstellung des Widerspruchs zu beenden, um dann aktiv die Klage zu betreiben. Diese Mitwirkung an der Klage hat er so aber in der Regel über Jahre vermissen lassen, sodass ihm ggf. von Klägerseite zurecht vorgehalten werden kann, dass er kaum einen Schaden anführen kann, den er selbst durch Unterlassen eine umgehenden Klage mit verursacht hat und den er also durch umgehende Klageerhebung hätte verhinden können.

Ich könnte mir vorstellen, dass das als ein gewichtiges Argument gegen eine zukünftige entsprechende Leistungsklage heutiger Widerspruchsführer ins Feld geführt werden dürfte, das mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht so ohne Weiteres aus der Welt geschafft werden könnte. Denn auf dieser Grundlage griffe dann das, was die Kammer ab den Rn. 55 ausführt, schon allein deshalb bereits nicht mehr, da der Beklagte nicht die alleinige Verantwortung für den Schaden hätte, sondern dass dem Kläger eine offensichtlich Mitverantwortung treffen sollte - die ggf. nur umso stärker durchgreifen sollte, je länger er mit der späteren Klageerhebung gewartet hat -, was wiederum bedeuten dürfte, dass (zumindest weitgehend) gar kein Schaden vorläge, womit (zumindest weitgehend) der Grund bzw. die formelle Voraussetzung für eine Leistungsklage entfiele.

Ist bekannt, ob der Beklagte in Berufung gegangen ist?

Irgendwie habe ich hier wohl den falschen Beitrag zitiert - s. meinen nächsten Beitrag...

Eventuell kann man so argumentieren, was man insbesondere ggf. durch die aktuelle Rechtsprechung des Senats stützen kann (s.u. die Entscheidung vom 4. Mai 2020) - aber grundsätzlich bleibt weiterhin das Problem, dass der Widerspruchsführer jederzeit - wenn er das Begehr hegt - zum Kläger werden kann, ohne dann noch hinreichend Einfluss darauf nehmen zu können, wann das zuständige Gericht entscheidet. Allerdings hat er auch hier die Möglichkeit, durch die wiederholte Erklärung und auch durch Rüge darauf hinzuwirken, dass das Fachgericht zur Entscheidung schreitet. Damit treibt er sein Begehr aktiv voran. Ohne mich genau an den Fall zu erinneren (ggf. erinnere ich mich auch falsch), meine ich, dass genau ein solches Unterlassen selbst noch im Laufe des Klageverfahrens dem Kläger zum Nachteil gereicht haben solle, dass ihm also genau jenes nicht aktive Vorantreiben seines Verfahrens in dessen Verlauf vonseiten des Gerichts vorgehalten worden wäre (vielleicht war es auch umgedreht, entsinnt sich gerade etwas in mir, das auch sagt, dass es eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gewesen wäre, die auf das regelmäßige Vortanteiben des Klägers noch im Klageverfahren verwies - wenn ich noch länger drüber nachdenke, fällt's mir ggf. wieder ein).

Darüber hinaus hat es der spätere Kläger vor der Klage, also nun zunächst noch als Widerspruchsführer selbst in der Hand, zunächst einmal zum Kläger werden zu wollen, um so auch zu zeigen, dass ihm seiner Meinung nach - sofern er sich in seinen Rechten verletzt sehen sollte - ein Schaden aus dem Handeln des alsbald Beklagten erwächst. Geht er diesen ersten Schritt nicht - betreibt er also schon hier sein Begehr nicht aktiv, weil er sich gemeinsam mit dem späteren Beklagten insoweit ins Benehmen setzt, als dass er die Ruhenstellung seines Widerspruchs durch den späteren Beklagten klaglos akzeptiert -, dürfte sich ggf. im Sinne meines letzten Beitrags vonseiten des später Beklagten vorbringen lassen, dass hier eine Mitverantwortung des späteren Klägers offensichtlich ist. Denn wieso sollte er nicht umgehend klagen, wenn er meinte, dass ihm durch das Handeln des später Beklagten ein Schaden entstehen sollte? Wieso also hat er jenen Schaden, von dem er meinte, dass er ihm zugefügt werde, nicht abgewendet, obgleich ihm jener Rechtsweg regelmäßig offenstand? Wieso also sollte jetzt von der alleinigen Verantwortung des späteren Beklagten auszugehen sein, wenn der spätere Kläger offensichtlich wie auch der spätere Beklagte noch vor der späteren Klage gar nicht kundgetan hätten, dass dem späteren Kläger durch ein gemeinsam beschlossenes oder mindestens auch vom späteren Kläger akzeptierten Zuwarten ein Schaden entstanden sein sollte? So zumindest würde ich als Beklagter argumentieren und dabei darauf hinweisen, dass die Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation ein anderes Rechtsgut sei als ein Steuerprogressionsschaden, den der spätere Kläger als Widerspruchsführer - anders als sein Begehr, amtsangemessen alimentiert zu werden - zu keiner Zeit vor der Klage habe verlautbaren lassen.

Und dabei hätte ich bis zur aktuellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts seine bis dahin ständige Rechtsprechung ins Feld geführt, die also auch noch 2017 wie folgt formuliert worden ist:

"Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich der Kläger erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 99, 300 <331>; 130, 263 <313>; 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>)." (vgl. den Beschluss vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 -, Rn. 124; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html)

Damit hätte ich als spätere Beklagter darauf hingewiesen, dass, wer meinte, ihm würde durch mein Handeln ein Schaden entstehen, sich offensichtlich in der Pflicht sehen sollte, dabei mitzuwirken, den Schaden von ihm zeitnah abzuwenden, weil es ja wohl offensichtlich sei, dass ich als Dienstherrn des Beklagten nun wirklich weder ein Interesse noch überhaupt entsprechendes Handeln zeigen könnte, ihm, mit dem ich mich schließlich in einem gegenseitigen Dienst- und Treuverhältnis befinden würde, gar einen Schaden zufügen zu wollen, wo ich doch gerade erst durch die von mir geleistete Bruttonachzahlung gezeigt habe, dass ich alle meine Bediensteten regelmäßig und ausnahmlos amtsangemessen nach Recht und Gesetz alimentierte, was ja wohl nun wirklich niemand in Zweifel ziehen könnte, da ich ja keinerlei Einfluss darauf hätte, was nun der Gesetzgeber im Rahmen seiner unergründlichen Wege so treiben würde, dessen Gesetze ich aber regelmäßig im Sinne meiner verfassungsrechtlichen Pflichte penibel umsetzte (eigenartig, würde ich mir und so auch dem Gericht und ebenfalls dem offensichtlich wohl doch etwas verwirrten Kläger sagen, auf welch abstruse Gedanken doch Menschen kommen könnten, obgleich sie doch Beamte sind; Undank sei der Welten Lohn, würde ich so meinen, wo ich doch gar nicht anders gekonnt hätte - gar noch so freundlich war, ihm seinen Widerspruch ruhend zu stellen, um ihm die Kosten und den Fachgerichten die Lasten zu ersparen, die regelmäßig von solchen in der Regel sowieso unbegründeten Klagen ausgingen -, anders aber als der spätere Kläger, der nun doch wirklich umgehend seine Rechte hätte einklagen sollen, wie ich das umgedreht als gutes Vorbild doch auch nicht anders ihm gegenüber hielte, wenn's denn nötig wäre und das einfache Disziplinarrecht nicht hinreichte).

Da er, jener spätere Kläger, aber genau das nun nicht getan habe - also nicht umgehend von mir verlangt hätte, ihm seinen Widerspruch zu bescheiden, um mich daraufhin im Rahmen der gesetzlichen Fristen zu verklagen -, hätte er einen Anspruch auf Behebung des Schadens verwirkt, wobei ich mich als der Beklagte ja zuvor sowieso schon auf den Standpunkt stellen würde, dass das Bruttoprinzip als der Regelfall zu betrachten wäre und dass ich ja wohl durch die von mir geleisteten Bruttonachzahlungen jenem entsprochen hätte, sodass ich gar gar nicht verstehen könnte, was der von mir seit jeher amtsangemessen Alimentierte überhaupt von mir wollte. Eigenartige Rechtauffassungen diese, dass ich als Dienstherr gar irgendwem Bediensteten noch gar einen Schaden könnte zufügen wollen, wo ich ihn doch regelmäßig nach Recht und Gesetz alimentierte, was ich nun gerade erst durch meine nachgezahlten Bruttobeträge eindrücklich unter Beweis gestellt hätte. Was nun könnte ich denn jetzt als Dienstherr dafür, dass meine Bediensteten nur in geringer Zahl das Handeln des Gesetzgebers bezweifelten, indem sie mir die Last aufbürdeten, ihre Widersprüche noch ruhend zu stellen, während sie sich gar noch meinten erlauben zu dürfen, mir einen Schaden anhängen zu wollen, den ich nun niemals als Bruttoleister zufügen könnte, selbst drunter leidend, dass dieser Gesetzgeber in der Vergangenheit Gesetze erlassen habe, die ich nun wirklich nicht zu verantworten hätte, wo ich doch nur die Entwürfe formulierte, welche zu jenen Gesetzen führten. Die Welt muss schlecht sein, würde ich mir sagen und so zu dem Schluss kommen, wenn in ihr solch übles Gedankengut über mein regelmäßig Recht und Gesetz umsetzendes Handeln sein Unwesen treiben sollte.

In seiner letzten Entscheidung hat der Senat seine bisherige ständige mindestens präzisiert, wenn er in der Rn. 183 ausführte (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html; Hervorhebungen durch mich):

"Eine rückwirkende Behebung ist jedoch sowohl hinsichtlich der Kläger der Ausgangsverfahren als auch hinsichtlich etwaiger weiterer Richter und Staatsanwälte erforderlich, über deren Anspruch noch nicht abschließend entschieden worden ist (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64>). Dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit ein Widerspruchs- oder ein Klageverfahren schwebt. Entscheidend ist, dass sie sich gegen die Höhe ihrer Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben, so dass der Haushaltsgesetzgeber nicht im Unklaren geblieben ist, in wie vielen Fällen es möglicherweise zu Nachzahlungen kommen wird."

Eventuell kann man aus der Klarstellung, dass auch ein Widerspruchsverfahren bereits hinreichend ist, um seine Ansprüche zu erhalten, nun auch durchschlagend hinsichtlich des Grundsatzes von Treu und Glauben bzw. des Dienst- und Treueverhältnisse argumentieren - bei mir bleiben aber aus den bereits genannten (also über den hinaus, den ich diesem Beitrag schreibe) Gründen beträchtliche Zweifel, dass eine entsprechende Leistungsklage am Ende regelmäßig durchschlagen sollte. Es wäre schön, wenn ich mich irrte. Eventuell finden wir ja auch - so wie gerade gezeigt in der letzten - in der angekündigten weitere Präzisierungen in Anbetracht der mittlerweile ja nicht ganz geringen Zahl an Widersprüchen, die in den 17 Rechtskreisen mittlerweile aufgelaufen sein dürften.

Vielleicht müssen wir dann noch einen Schritt davor anfangen. Die Argumentation macht aus Sicht des Beklagten natürlich Sinn.

(4) Die Dienstbezüge nach § 1 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 werden monatlich im Voraus gezahlt. Die anderen Bezüge werden monatlich im Voraus gezahlt, soweit nichts Anderes bestimmt ist.
(5) Werden Bezüge nach dem Tag der Fälligkeit gezahlt, so besteht kein Anspruch auf Verzugszinsen.

Hiernach scheint es wohl einen Verzug zu geben, wenn die Bezüge nach Fälligkeit gezahlt werden. Das muss aber im Gegenzug bedeuten, dass der DH automatisch in Verzug gerät, wenn er nicht zum vorgesehenen Termin zahlt.

Insoweit Bedarf es keiner Setzung einer Zahlungsfrist durch den Beamten. Das entspräche übrigens auch einer Gleichbehandlung mit den Angestellten.

Der Streit ginge dann darum, ob Abs. 5 verfassungsgemäß ist.

Zum Progressionsschaden: Auch dieser entsteht dadurch, dass die Bezüge nicht rechtzeitig (im amtsangemessenen Umfang) gezahlt werden. Insoweit ist es auch ein Schaden, der auf Verzug beruht, den es wohl offensichtlich zu geben scheint, sonst müsste die Haftung hierfür nicht ausschließen.


SwenTanortsch

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  • Beiträge: 2,756
Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18708 am: 22.09.2025 16:15 »
Das, was Du schreibst, hört sich wiederum für mich schlüssig an, GoodBye, wobei ich mich als Dienstherr wie gesagt auf diese Diskussion gar nicht einlassen würde, sondern mich auf den § 3 Abs. 5 BBesG zurückzöge und darüber hinaus - sofern das nötig wäre und ich mich also doch entsprechend veranlasst sehen sollte, mich entsprechend doch besser darüber hinaus einzulassen - neben dem, was ich im ersten Beitrag geschrieben habe, bei meiner dargestellten Linie verbliebe: Der Beamte sei im Rahmen des regelmäßigen Bruttoprinzips durch die Nachzahlung amtsangemessen alimentiert worden, ein Schaden könnte prinizipiell also allenfalls nur dem entstehen, der umgehend nach ruhendgestelltem Widerspruch die Bescheidung verlangt und geklagt habe, um damit überhaupt erst anzeigen zu wollen, dass er einen ggf. entstehbaren Schaden von seinem Rechtsgut hatte abwenden wollen, sodass alle anderen - späteren - Klägern wegen ihrer entsprechenden Mitverantwortung gar kein Schaden, jedenfalls keiner, den der Dienstherr allein zu verantworten habe, entstanden sein könne; den sofortigen Kläger hingegen würde ich das darlegen, was ich in meinem ersten Beitrag dargestellt habe, um so zu erklären, dass ihren Ansprüchen im Sinne des Bruttoprinzips abgeholfen sei. All das würde ich hilfsweise verstehen wollen, da ja § 3 Abs. 5 BBesG als gesetzliche Grundlage heranzuziehen sei.

Darüber hinaus würde ich im Reparaturgesetz eine Formulierung wählen, die ich hier nicht öffentlich machen werde, und mich daraufhin, sofern jemand einen Steuerprogressionsschaden einklagen wollte, darauf zurückzuziehen, dass er auf Grundlage der anzuwendenden gesetzlichen Regelung jederzeit fristgerecht alimentiert worden wäre, sodass prinzipiell sowieso gar kein Schaden entstanden sein könne, da kein Verzug vorliege.

Wie gesagt, als Dienstherr könnte ich weder verstehen, wieso sich heute irgendwer in Deutschland nicht amtsangemessen alimentiert fühlte, da es ja für alle Menschen offensichtlich sei, dass heute alle Beamten nach Recht und Gesetz alimentiert werden würden, sodass ich folglich ebenfalls nicht erkennen könnte, dass irgendwer nicht nach Recht und Gesetz alimentiert werden würde, noch würde ich als Sonderfall des Dienstherrn Bund in irgendwelcher Weise verstehen können, wieso nun irgendwer überhaupt einen Widerspruch formulieren und am ggf. auch noch erwarten wollte, dass dieser beschieden werden sollte, wo ich doch in einem interen Rundschreiben ohne unmittelbare Rechtswirkung nach außen schon vor über vier Jahren darauf hingewiesen habe, dass solcherart Widersprüche ob unseres auf Gegenseitigkeit beruhenden Vertrauensverhältnisses - wir befinden uns schließlich in einem gegenseitigen Dienst- und Treuverhältnis, das ich auch nach über fünf Jahren zwischenzeitlich zugegebener verfassungswidrigen Besoldung natürlich als vollständig hergestellt betrachtete, da ja Art. 33 Abs. 5 GG gar nichts anderes zulasse - nun wirklich gänzlich unnötig seien.

§ 3 Abs. 5 BBesG verfassungswidrig? ...? ...? ...? Wer auf solch abstruse Ideen käme, würde womöglich noch behaupten wollen, dass irgendwer in Deutschland nicht amtsangemessen alimentiert werden würde. Manchmal ist die Welt nun wirklich nicht mehr zu verstehen. Die Leute kommen auf Ideen... Unglaublich!

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18709 am: 22.09.2025 16:57 »
Swen, ich werde mir mal die Zeit nehmen, genauer über dieses Thema nachzudenken, damit wir hier die Diskussion vorantreiben können. Und dann schreibe ich wieder etwas dazu. Ich habe dazu einige Gedanken, die rechtliche Materie ist aber bereits ein paar Semester her.

Beim Verzug würde ich sagen:

Spätestens in Europa fällt diese Regelung wegen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Beamten. Da wäre ich auch auf eine von dir erstellte Argumentation des Beklagten gespannt.  ;D

Ich bin gespannt, was man vortragen könnte, weshalb Beamte gegenüber Angestellten in ihren Eigentumsrechten eingeschränkt sein sollten. Nichts anderes ist es, wenn einem die Geltendmachung von Absprüchen spezifisch an die Beamteneigenschaft anknüpfend verwehrt wird.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18710 am: 22.09.2025 17:03 »
Ursprünglich scheint die Regelung ja der "besonderen wirtschaftlichen Situation" während der Hyperinflation in der Weimarer Republik geschuldet gewesen zu sein (was ich sogar ansatzweise nachvollziehen kann).

Warum sie allerdings gut 100 Jahre später immer noch angewendet wird, ist mir ein (juristisches) Rätsel..


Zitat
"Die Vorschrift in Abs. 5 über die Zinsen, die mit § 3 Abs. 5 – früher Abs. 6 – BBesG (Teil F.IV.1.1.1 ) sachlich übereinstimmt, schließt die Ansprüche der Versorgungsempfänger auf Verzugszinsen bei verspäteter Auszahlung von Versorgungsbezügen aus. Die Formulierung der Vorschrift erklärt sich aus der Rechtsentwicklung (vgl. Bursche ZBR 1955, 69; Götz DVBl. 1961, 433 [435]). Durch Art. 7 der Verordnung vom 12.12.1923 (RGBl. I S. 1181) war für den Fall, dass Dienst- oder Versorgungsbezüge nach dem Tage ihrer Fälligkeit ausgezahlt wurden, der Anspruch auf Verzinsung oder Ersatz des durch die spätere Auszahlung entstandenen Schadens ausgeschlossen worden. Es sollte damit insbesondere der damaligen besonderen wirtschaftlichen Situation (Notwirtschaft, Inflation etc.) Rechnung getragen werden (vgl. dazu etwa BGH 25.6.1953, – III ZR 373/51 – BGHZ 10, 125). Der Bundesgerichtshof bzw. das Bundesverwaltungsgericht haben auch über diese Zeit hinaus den Ausschluss von Verzugszinsen als rechtmäßig angesehen (BGH 25.6.1953, – III ZR 373/51 – BGHZ 10, 125; BVerwG 8.6.1966 – VIII C 153.63 –, E 24, 186, zu Ziffer 3 DVO zu § 38 DBG)."

(https://www.rehm-verlag.de/eLine/portal/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27BeamtenRBuLa_Ges_2bfcd44c1a79e4796611ae2b4bb73761%27%20and%20%40outline_id%3D%27BeamtenRBuLa_Ges_data%27%5D)

Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18711 am: 22.09.2025 17:08 »
Linkenchefin Schwerdtner stellt Zustimmung für Richterkandidaten infrage.

Mal schauen ob es noch einen Deal gibt.

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18712 am: 22.09.2025 17:09 »
So ist das mit den liebgewonnenen Regelungen. Die 41 Wochenstunden gab es ja auch aus speziellem Anlass.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18713 am: 22.09.2025 17:21 »
Swen, ich werde mir mal die Zeit nehmen, genauer über dieses Thema nachzudenken, damit wir hier die Diskussion vorantreiben können. Und dann schreibe ich wieder etwas dazu. Ich habe dazu einige Gedanken, die rechtliche Materie ist aber bereits ein paar Semester her.

Beim Verzug würde ich sagen:

Spätestens in Europa fällt diese Regelung wegen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Beamten. Da wäre ich auch auf eine von dir erstellte Argumentation des Beklagten gespannt.  ;D

Ich bin gespannt, was man vortragen könnte, weshalb Beamte gegenüber Angestellten in ihren Eigentumsrechten eingeschränkt sein sollten. Nichts anderes ist es, wenn einem die Geltendmachung von Absprüchen spezifisch an die Beamteneigenschaft anknüpfend verwehrt wird.

Vielleicht kann ich dir mit der nachfolgenden Ausarbeitung, die ich schon vor einiger Zeit einmal hier irgendwo im Forum eingestellt habe, beim nachdenken unterstützen. Momentan sind die Verzugszinsen aber nicht so wichtig, man sollte sie aber nicht aus dem Auge verlieren. Da der DRB Brandenburg auch darauf aufmerksam geworden ist und ich die Ausarbeitung an mehrere Gewerkschaften und RA für Beamtenrecht versandt habe, hoffe ich, dass das Thema irgendwann entschieden wird.

Es ist fraglich, ob das Verbot von Verzugszinsen, welches in allen Besoldungsgesetzen geregelt ist (z.B. Art. 4 Abs. 4 BayBesG) mit dem Grundgesetz und Europarecht vereinbar ist.
Mehrfach wurde vom BVerwG darauf hingewiesen, dass sowohl die Beamtenbesoldung, wie auch die Beamtenversorgung als grundrechtsähnliches Recht angesehen wird.
Ein Verbot von Verzugszinsen dürfte deshalb Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, sowie Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK, widersprechen.

Hierzu  folgende Abhandlung von Prof. Dr. Dr. Rainer Hofmann :
https://www.jura.uni-frankfurt.de/43680490/_-15-Menschenrechtsschutz.pdf

Auch die Bevorzugung öffentlich- rechtlicher Krankenhäuser bei der Berechnung der Verzugszinsen von geschuldetem Lohn zu Lasten der Arbeitnehmer stellt einen sonstigen Eingriff iSd Art. 1. ZP dar (Meidanis ./.GRE, 22.05.2008).

Selbst der Landesverband Brandenburg des Deutschen Richterbundes zweifelt die Verfassungskonformität des Ausschlusses von Verzugszinsen an und schreibt in einer Stellungnahme an das BVerfG vom 29. Januar 2024 folgendes:
„Aus Sicht des Landesverbands Brandenburg des Deutschen Richterbundes wird daher das Bundesverfassungsgericht erwägen müssen, ob wirklich an dem Erfordernis individuellen vorherigen Rechtsschutzes festzuhalten ist, der Ausschluss der Verzinsung der Nachzahlungen verfassungskonform sein kann sowie, ob durch eine praxistauglichere Konkretisierung der aufgestellten Kriterien in der Entscheidung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Umsetzungsgesetze minimiert werden können.“
https://www.drb-brandenburg.de/fileadmin/Landesverband-Brandenburg/Stellungnahme_BVerfG-final.pdf


Klageerweiterung
 
Außerdem wird für die Besoldungsnachzahlung ein Verzugszinssatz in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 288 Abs. 1 (oder 2 )und zusätzlich für jeden Monat der Besoldungsnachzahlung eine Verzugspauschale von 40,00 € gem. § 288 Abs. 5 BGB verlangt.
 
Begründung:

Es ist davon auszugehen, dass der Ausschluss der Verzinsung der Nachzahlungen von Besoldung gem. (z.B. Art. 4 Abs. 4 BayBesG) gegen Art. 14 GG, Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, sowie Art. 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK, verstoßen. Die Beamtenbesoldung sowie die Beamtenversorgung stellen ein grundrechtsähnliches Recht dar und unterstehen dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG sowie der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Es wird auf die Abhandlung von Prof. Dr. Dr. Rainer Hofmann https://www.jura.uni-frankfurt.de/43680490/_-15-Menschenrechtsschutz.pdf
und insbesondere auf folgendes Verfahren hingewiesen: (Meidanis ./.GRE, 22.05.2008).
Außerdem wird auf die Stellungnahme des Landesverbandes Brandenburg des Deutschen Richterbundes an das BVerfG vom 29. Januar 2024 verwiesen, in dem dieser die Verfassungskonformität des Ausschlusses von Verzugszinsen anzweifelt:
„Aus Sicht des Landesverbands Brandenburg des Deutschen Richterbundes wird daher das Bundesverfassungsgericht erwägen müssen, ob wirklich an dem Erfordernis individuellen vorherigen Rechtsschutzes festzuhalten ist, der Ausschluss der Verzinsung der Nachzahlungen verfassungskonform sein kann sowie, ob durch eine praxistauglichere Konkretisierung der aufgestellten Kriterien in der Entscheidung Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Umsetzungsgesetze minimiert werden können.“
https://www.drb-brandenburg.de/fileadmin/Landesverband-Brandenburg/Stellungnahme_BVerfG-final.pdf

Nachdem Art. 4 BayBesG nichtig ist, wird somit § 288 Abs. 1 und 5 BGB Anspruchsgrundlage. Die Vorschrift dient der Umsetzung der unionsrechtlichen Zahlungsverzugsrichtlinie 2011 – RL 2011/7/EU vom 16.02.2011 (ZVerzugsRL 2011). Deshalb ist EU-Recht zu beachten.
Es handelt sich bei der Beamtenbesoldung zwar nicht um ein Entgelt für den geleisteten Dienst i.e.S., jedoch ist die Alimentation als Äquivalent zu dem geleisteten Dienst anzusehen, da nach EU-Recht Beamte und Arbeitnehmer gleichzusetzen sind. Arbeitnehmer sind „Gläubiger von Entgeltforderungen“. Denn sie haben einen Anspruch auf Zahlungen von Lohn und Gehalt, das der Arbeitgeber für die erhaltene Arbeitsleistung bezahlen muss. Der Arbeitgeber ist kein Verbraucher, sondern Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB. Danach ist Unternehmer jede „natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“ Damit entspricht die Beamtenbesoldung dem Entgeltbegriff des § 286 Abs. 3.
In dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts BAG – 8 AZR 26/18 wird in
den Rn. 9 bis 22 umfangreich dargelegt, dass § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch für Arbeitnehmer gilt.
Lediglich § 12 a ArbGG hat aufgrund der lex-specialis-Regel den Vorrang. Diese Regelung gilt aber nicht im Beamtenbereich.
 
Der EuGH hat in verschiedenen Urteilen wiederholt darauf hingewiesen, dass nach EU-
Recht Beamte als Arbeitnehmer zu betrachten sind.
Der EuGH hat in seiner Vorbemerkung zum Fall Kreuziger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Einzelne seine nach EU-Recht bestehenden Ansprüche unabhängig davon geltend machen kann, ob der Staat in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber oder als Hoheitsträger  Dienstherr von Beamten) handelt. In dem einen wie dem anderen Fall muss nämlich verhindert werden, dass der Staat aus der Nichtbeachtung des Unionsrechts Nutzen ziehen kann.
Es kommt somit grundsätzlich nicht auf den Status (als Beamter und/oder Angestellter) an,
sobald, wie hier, ein Bezug zum EU-Recht besteht.
Die Vergleichbarkeit von Beschäftigten ist von allgemeiner Bedeutung für alle Sachverhalte,
in denen der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung des Unionsrechts gemäß Art. 20
EU-GRCh anzuwenden ist, was daraus folgt, dass nationales Recht gem. Art. 51 Abs. 1 EU-
GRCh – objektiv – der Durchführung von Unionsrecht dient, auch wenn kein ausdrücklicher
Bezug darauf erfolgen sollte. Im Recht der Mitgliedstaaten vorgenommene Statuseinteilungen sind insoweit als solche daher ohne Relevanz; denn eine Differenzierung
ist nur in Bezug auf die jeweilige Beschäftigungsbedingung und einen objektiven Unterschied
in der Aufgabenstellung rechtfertigungsfähig. Eine Vergleichbarkeit besteht schon dann,
wenn Arbeitnehmer und Beamte in den gleichen Aufgabenfeldern eingesetzt werden und
die gleiche berufliche Verantwortung haben, wie das bei Lehrkräften, den meisten
Kommunalbeschäftigten, aber auch in vielen anderen Verwaltungsbereichen einschließlich
der in Ministerien Tätigen der Fall ist (a. a. O.). (vgl. von Roetteken, jurisPR-ArbR 29/2019 Anm.)
 
Der Beklagte ist wegen der verzögerten Vergütungszahlung nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ohne vorherige Mahnung zur Leistung der Verzugszinsen verpflichtet. Einer Mahnung von Seiten des Klägers bedurfte es nicht, weil der Schuldner gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch ohne Mahnung in Verzug 12 13 14 15 16 - 6 - 5 AZR 385/20 ECLI:DE:BAG:2021:240621.U.5AZR385.20.0 - 7 - kommt, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist und er zu dieser Zeit nicht leistet. Deren Fälligkeit bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem die Vergütung bei tatsächlicher Beschäftigung in den einzelnen Abrechnungsperioden fällig geworden wäre (st. Rspr., vgl. BAG 24. August 2016 - 5 AZR 853/15 - Rn. 40). Trotz der Gesamtberechnung entstehen die Annahmeverzugsansprüche nicht erst am Ende des Annahmeverzugs, sondern sukzessive währenddessen und werden mit dem jeweiligen Abrechnungszeitraum fällig (vgl. BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 251/11 - Rn. 31, BAGE 141, 340). Gemäß Art. 4 Abs. 3 S. 1 BayBesG, der auf das Dienstverhältnis des Klägers Anwendung findet, werden die Bezüge monatlich im Voraus bezahlt.
Nach § 286 Abs. 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung aufgrund eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Zu vertreten hat der Schuldner nach § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist. Der Gesetzgeber hat das fehlende Verschulden als Einwand ausgestaltet, für den der Schuldner darlegungs- und beweispflichtig ist. Er ist gehalten, im Einzelnen darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die geschuldete Leistung zum Fälligkeitszeitpunkt unterblieben ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft (st. Rspr., vgl. BAG 28. August 2019 - 10 AZR 549/18 - Rn. 38 mwN, BAGE 167, 361). Dabei hat die Feststellung des Verschuldens einheitlich für alle Verzugsfolgen zu erfolgen (vgl. MüKoBGB/Ernst 8. Aufl. BGB § 286 Rn. 111), mithin auch für den Verzugszins nach § 288 Abs. 1 BGB.
Der Ausschluss des Schuldnerverzugs wegen unverschuldeten Rechtsirrtums ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Grundsätzlich erfordert der Geltungsanspruch des Rechts, dass der Schuldner das Risiko eines Rechtsirrtums selbst trägt und nicht dem Gläubiger zuschieben kann (vgl. BAG 11. Dezember 2019 - 7 ABR 4/18 - Rn. 45; BGH 5. April 2017 - IV ZR 437/15 - Rn. 19). Der Schuldner muss die Rechtslage genau prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten. Fahrlässig handelt, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, indem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht zieht (vgl. BGH 15. Juli 2014 - XI ZR 418/13 - Rn. 15 mwN). Ein Rechtsirrtum ist nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte, ein normales Prozessrisiko entlastet ihn nicht (vgl. BAG 3. Juli 2019 - 10 AZR 499/17 - Rn. 63, BAGE 167, 196; 14. Dezember 2017 - 2 AZR 86/17 - Rn. 51, BAGE 161, 198).
Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts kann nicht angenommen werden, dass der Beklagte die Besoldungszahlungen an den Kläger aufgrund eines Umstands unterlassen hat, den er nicht zu vertreten hatte (§ 286 Abs. 4 BGB).
 
Angesichts der nunmehrigen Konkretisierungen, die die neue Zahlungsverzugsrichtlinie in ihrem Artikel 7 zur groben Nachteiligkeit von Vertragsklauseln enthält, und angesichts der nunmehrigen Einbeziehung auch von „Praktiken“ kann die seinerzeitige Entscheidung über die Entbehrlichkeit einer eigenen Umsetzungsbestimmung freilich nicht mehr aufrecht erhalten werden.
In diesem Sinne und entsprechend dem akademischen „Entwurf eines Gemeinsamen Referenzrahmens“ sollte eine Vertragsklausel oder Praxis, die eine grobe Abweichung von der guten Handelspraxis darstellt und gegen den Grundsatz des guten Glaubens und der Redlichkeit verstößt, als nachteilig für den Gläubiger angesehen werden. Insbesondere sollte der vollständige Ausschluss des Anspruchs auf Zinsen immer als grob nachteilig angesehen werden, während vermutet werden sollte, dass der Ausschluss des Rechts auf Entschädigung für Beitreibungskosten grob nachteilig ist.
Nach dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sollten diese Verfahren allen in der Union niedergelassenen Gläubigern zur Verfügung stehen.
Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zu der Richtlinie 2000/35/EG inhaltlich geändert wurden. Die Pflicht zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus der genannten Richtlinie.
Es ist deshalb zu beanstanden, dass Art. 4 Abs. 4 BayBesG (oder entsprechende Gesetzesnorm) nicht geändert wurde, obwohl eine Pflicht hierzu bestanden hätte (sieh Art. 7 Nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken). Wir verweisen auf den Grundsatz, dass die Richtlinie 2011 /7/EU als höherwertiges Recht zu bevorzugen ist.
 
Falls unionsrechtliche Bedenken vorliegen und diese entscheidungserheblich sind, regen wir an, die diesbezügliche Rechtsfrage dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen.

bebolus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18714 am: 22.09.2025 17:23 »
Die Frage ist: Was hätte der Kläger denn tun können?

Ein Inverzugsetzen setzt zunächst ja ein Begehren auf Leistung voraus. Dies hilft aber nicht weiter, weil der Dienstherr die aA auf Antrag ja garnicht gewähren kann, weil die Gesetzesgrundlage fehlt. Insoweit treffen hier Feststellungsbegehren hinsichtlich der Besoldung an sich und Leistungsbegehren hinsichtlich Schadensersatz bzgl. Verzugszinsen und Progressionsschaden aufeinander.

Man kann es auch so lesen: Wenn der Dienstherr aber den unmittelbaren Bedarf des Beamten und seiner Familie zu decken hat, könnte er aufgrund des besonderen Treueverhältnisses sofort in Verzug geraten.

Da der Beamte sich stets gegen das Besoldungsgesetz wenden muss, hier aber nur letztinstanzlich durch das BVerfG entschieden werden darf, und der Gesetzgeber dann eigentlich erneut in Form eines Reparaturgesetzes tätig werden muss, hat er doch eigentlich nur geringen Einfluss auf das Verfahren.

Ruhendstellen tut man ja nur, weil idR eine Grundsatzentscheidung abgewartet werden soll. Ansonsten könnte der Widerspruch ja nur als unbegründet abgewiesen werden.Auch das dient idR nicht dem Beamten, sondern dem Dienstherrn.

Würde man Verlangen, dass das Der Beamte in jedem Fall das Verfahren vorantreiben muss, müsste ja jeder klagen, die Ruhendstellung erfolgte, dann beim VG.

Dieses gesamte Konstrukt macht rechtlich keinen Sinn, und kommt aus Zeiten, wo jeder noch dachte, dass er als Beamter toll verdiene und die Besoldung ja totaaaal amtsangemessen sei.

M.E. verkürzt sie die Rechte der Beamten in unzulässiger Weise.
👍

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18715 am: 22.09.2025 17:38 »
Swen, ich werde mir mal die Zeit nehmen, genauer über dieses Thema nachzudenken, damit wir hier die Diskussion vorantreiben können. Und dann schreibe ich wieder etwas dazu. Ich habe dazu einige Gedanken, die rechtliche Materie ist aber bereits ein paar Semester her.

Beim Verzug würde ich sagen:

Spätestens in Europa fällt diese Regelung wegen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Beamten. Da wäre ich auch auf eine von dir erstellte Argumentation des Beklagten gespannt.  ;D

Ich bin gespannt, was man vortragen könnte, weshalb Beamte gegenüber Angestellten in ihren Eigentumsrechten eingeschränkt sein sollten. Nichts anderes ist es, wenn einem die Geltendmachung von Absprüchen spezifisch an die Beamteneigenschaft anknüpfend verwehrt wird.

Ich denke auch, wir müssen uns über das Thema tatsächlich erst Gedanken machen - wie sicherlich die Gewerkschaften auch -, sofern es zukünftig um diese Fälle gehen sollte. Eventuell werden wir ja Grundlegendes zum Thema auch schon in den angekündigten Entscheidungen finden, wenn die Wahrscheinlichkeit hier auch eher gering sein sollte.

Gute Sache, lotsch!

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18716 am: 22.09.2025 17:42 »
Ursprünglich scheint die Regelung ja der "besonderen wirtschaftlichen Situation" während der Hyperinflation in der Weimarer Republik geschuldet gewesen zu sein (was ich sogar ansatzweise nachvollziehen kann).

Warum sie allerdings gut 100 Jahre später immer noch angewendet wird, ist mir ein (juristisches) Rätsel..


Zitat
"Die Vorschrift in Abs. 5 über die Zinsen, die mit § 3 Abs. 5 – früher Abs. 6 – BBesG (Teil F.IV.1.1.1 ) sachlich übereinstimmt, schließt die Ansprüche der Versorgungsempfänger auf Verzugszinsen bei verspäteter Auszahlung von Versorgungsbezügen aus. Die Formulierung der Vorschrift erklärt sich aus der Rechtsentwicklung (vgl. Bursche ZBR 1955, 69; Götz DVBl. 1961, 433 [435]). Durch Art. 7 der Verordnung vom 12.12.1923 (RGBl. I S. 1181) war für den Fall, dass Dienst- oder Versorgungsbezüge nach dem Tage ihrer Fälligkeit ausgezahlt wurden, der Anspruch auf Verzinsung oder Ersatz des durch die spätere Auszahlung entstandenen Schadens ausgeschlossen worden. Es sollte damit insbesondere der damaligen besonderen wirtschaftlichen Situation (Notwirtschaft, Inflation etc.) Rechnung getragen werden (vgl. dazu etwa BGH 25.6.1953, – III ZR 373/51 – BGHZ 10, 125). Der Bundesgerichtshof bzw. das Bundesverwaltungsgericht haben auch über diese Zeit hinaus den Ausschluss von Verzugszinsen als rechtmäßig angesehen (BGH 25.6.1953, – III ZR 373/51 – BGHZ 10, 125; BVerwG 8.6.1966 – VIII C 153.63 –, E 24, 186, zu Ziffer 3 DVO zu § 38 DBG)."

(https://www.rehm-verlag.de/eLine/portal/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27BeamtenRBuLa_Ges_2bfcd44c1a79e4796611ae2b4bb73761%27%20and%20%40outline_id%3D%27BeamtenRBuLa_Ges_data%27%5D)

Danke Believer,

die Gesetzesbegründung ist sehr interessant und ich habe diese schon länger gesucht. Wie ich mir gedacht habe, wurde diese Regelung für tageweises Überschreiten der Zahlungsfrist geschaffen, und nicht für eine jahrelange Überziehung. Ich denke die Gesetzesbegründung kann man auch gerichtlich verwenden.

Ozymandias

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18717 am: 22.09.2025 17:54 »

Danke Believer,

die Gesetzesbegründung ist sehr interessant und ich habe diese schon länger gesucht. Wie ich mir gedacht habe, wurde diese Regelung für tageweises Überschreiten der Zahlungsfrist geschaffen, und nicht für eine jahrelange Überziehung. Ich denke die Gesetzesbegründung kann man auch gerichtlich verwenden.

Die Begründung hatte mich damals auch interessiert, konnte sie aber nicht finden. An die Hyperinflation der Weimarer Republik habe ich dabei auch nicht gedacht. Lotsch weißt du noch welche Klageart ich damals vorgeschlagen hatte? Fällt mir gerade nicht ein. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, sich gegen bereits bestehende Gesetze zu wehren.

Ein Richter wollte ja mal Prozesszinsen und ist damit gescheitert.

Bei dem Vorgehen über alle Instanzen stehen die Kosten für den Einzelnen leider nicht im Verhältnis zum Gewinn. Für Millionen Leute hingegen schon.