Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 7538980 times)

regas

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18720 am: 22.09.2025 20:01 »
Ich würde die Diskussion gern noch in eine andere Richtung lenken, oder wie Swen es schon so schön sagt: Wieder von 1 auf 0 bringen.

Gehen wir rein hypothetisch davon aus, dass das BVerfG die Entscheidung trifft, die Grundbesoldung signifikant (30%+) zu erhöhen, und dies tatsächlich auch geschieht:

Welche Instrumente hat das BVerfG zur Verfügung, um sicherzustellen, dass die amtsangemessene Alimentation auch zukünftig eingehalten wird? Was hält die Dienstherrn auf, sich über die kommenden Jahre die Erhöhung Stück für Stück zurückzuholen, in dem die prozentuale Erhöhung deutlich geringer ausfällt?

Wir hatten diesen Diskussionspunkt schon mal angesprochen, jedoch über Methodiken (z.B. Inflationskopplung) und weniger über rechtliche Hürden diskutiert. Mich würden die rechtlichen Umstände interessieren, und ob sich das BVerfG dazu aufraffen könnte, die amtsangemessene Alimentation zukünftig über eine Rechtssprechung klar zu definieren und sicherzustellen.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18721 am: 22.09.2025 20:05 »
Wie bereits erwähnt, ist nach § 3 Abs. 5 BBesG die Verzinsung ausgeschlossen.

- Am 08.12.1923 wurde die Reichsregierung "im Hinblick auf die Not von Volk und Reich" ermächtigt, Maßnahmen zu treffen, die sie für erforderlich und dringend erachtet.
- Am 12.12.1923 wurde aufgrund des genannten Ermächtigungsgesetzes eine Verordnung erlassen, die unter anderem in Artikel 7 die Negation eines etwaigen "Rechtsanspruchs auf Verzinsung oder Ersatz" aufgrund einer Zahlung von Dienst- und Versorgungsbezügen "nach dem Tage der Fälligkeit" beinhaltete.
- Diese Regelung sollte im Rahmen der "damaligen Zeit des völligen Währungszusammenbruchs" den Fiskus "davor schützen, bei Verzögerungen in der Auszahlung der Gehälter und Versorgungsbezüge noch mit Verzugszinsen und Ersatzansprüchen belastet zu werden, obwohl bei den damaligen Verhältnissen, die vielfach eine Neufestsetzung und Neuberechnung der Gehälter erforderten, solche Verzögerungen oft unvermeidbar waren" (nicht meine Worte, sondern die des BGH vom 25.06.1953).

Fair enough.

Aber warum der BGH 1953 trotz seiner obigen Worte auch weiterhin eine Rechtswirksamkeit der Regelung bejahte und wir sie darüber hinaus im Jahr 2025 noch immer im BBesG stehen haben, ist mir wie gesagt ein absolutes Rätsel. 

"Währungszusammenbruch", anywhere..?

Ozymandias

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18722 am: 22.09.2025 20:19 »
Normerlassklage war meine Idee damals. Keine Ahnung ob es jemals eine erfolgreiche gab, aber auch Verfassungsbeschwerden haben nur rund 2% Erfolgsquote.

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18723 am: 22.09.2025 20:41 »
Wenn man die Entstehung der Norm kennt und deren Gesetzebegründung, heutzutage lässt diese ja häufig zu wünschen übrig, dann kann man diese Norm auch auslegen.

Historisch und teleologisch betrachtet, macht eine Erstreckung auf den heutigen Sachverhalt, dass der Gesetzgeber die Alimentation über Jahre hinweg nicht anpasst, keinen Sinn. Wahrscheinlich würde dieSe weite Anwendung der Norm auch unter heutigen Gesichtspunkten keiner verfassungskonformen und schon garkeine europakonformen Auslegung standhalten.

Und hier sind wir wieder bei Treueverhältnis, das der Gesetzgeber offensichtlich verletzt. Eine Berufung kann unter diesen Umständen treuwidrig sein. In diesem Falle wäre eine teleologische Reduktion angezeigt, da die Norm unter Berücksichtigung der damaligen Gesetzesbegründung zu weit gefasst ist.

InternetistNeuland

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18724 am: 22.09.2025 21:56 »
Ist es in euren Überlegungen zur Verzinsung ein Vorteil, dass z.B. Hessen zugegeben hat, dass die Besoldung noch nicht amtsangemessen ist?