Swen, du hattest dazu vielleicht schon mal was geschrieben:
Wie sind die verschobenen Besoldungserhöhungen zu sehen, wie sie z.B. Bayern jetzt angekündigt hat?
Erhöhe ich sechs Monate später, halbiere ich ja die Erhöhung.
Ist das im Sinne der aA kritisch zu sehen oder bewegt sich das Bundesland damit noch im Rahmen dessen, was ihm an Ausgestaltungsfreiheit zusteht?
Danke für eine kurze Antwort, kannst auch gerne kopieren wenn bereits mal beantwortet
.
Es ist so, wie Malkav das vorhin geschrieben hat. Hierzu habe ich am 9.11. im Beitrag 353 ein paar Sachen geschrieben, Helli:
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,125955.msg427251.html#msg427251 Insgesamt muss man sich alle 15 Jahre anschauen. Da Bayern in den letzten 15 Jahren verhältnismäßig selten unterjährige Besoldungsanpassungen vorgenommen hat, wird eine "Spitzaurechnung" hier mit einiger Wahrscheinlichkeit keine allzu unterschiedliche ersten drei Parameterwerte generieren.
Ein zwar kurzer, dennoch aber noch einmal grundlegender Beitrag zur "Spitzaurechnung" wird im kommenden Dezemberheft der ZBR erscheinen.
@ Rentenonkel
Deine abschließende Frage ist weiterhin schwierig zu beantworten, wobei uns das Bundesverfassungsgericht ggf. am nächsten Mittwoch mehr zum Thema sagen wird. In Berlin sollte zunächst einmal neben der Bewertung der ersten drei Parameter erneut ein in den sieben Jahren zwischen 2009 bis 2015 insgesamt um über 61.000,- € netto verletztes Mindestabstandsgebot am Ausgangspunkt der Besoldungssystematik festgestellt werden, ergänzt um die Jahre 2008 und 2016 und 2017 (vgl. die Rn. 153 f. der aktuellen Entscheidung unter:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html). Entsprechend dürften wir von einem Nettofehlbetrag von insgesamt rund 85.000,- € in jenen zehn Jahren in Berlin ausgehen. Wie also ein Reparaturgesetz sachgerecht für die A-Besoldung zu vollziehen sein wird, wird sich zeigen.
Aber Deine Frage zielt ja erstens nicht auf Berlin und zweitens auf die Gegenwart. Dazu habe ich gestern bereits ausgeführt, dass z.B. die mögliche Beihilferegelung eine nicht unerhebliche Rolle spielen dürfte. Ebenso wird Bayern ja über kurz oder lang sein verfassungswidriges Ortszuschlagswesen korrigieren müssen, aber dann noch immer einen korrigierten und also sachgerechten Ortszuschlag gewähren dürfen.
Ich würde sagen, lass uns nun mal bis zur Veröffentlichung warten, dann in Ruhe lesen und schließlich die Frage danach im Lichte auch jener Pilotentscheidungen noch einmal neu beleuchten.
@ Bundi
Die Gerichte können im Besoldungsrecht immer nur nachträglich und auch nur, wenn sie angerufen werden, entscheiden. Dabei ist ein grundlegendes Rechtsstaatsprinzip - wie gesagt - das Neutralitätsprinzip, das nur noch einmal umso stärkeres Gewicht aus Art. 20 Abs. 3 GG erhält, da die Gerichte voraussetzen müssen, dass sich der Gesetzgeber an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden sieht - das Bundesverwaltungsgericht hat da im letzten Jahr eine Spalt weit die Tür geöffnet und ist angesichts erfolgreicher Klagen von Beamten auf Feststellung mangelnder Amtsangemessenheit ihrer Alimentation nicht mehr selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Alimentation regelmäßig das nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 5 GG gebotene Besoldungsniveau übersteige. Es wird sich zeigen, ob das Bundesverfassungsgericht hier in Anbetracht von derzeit über 70 Vorlagen aus 13 Bundesländern gleichfalls Äußerungen treffen wollte (ganz unwahrscheinlich ist das nicht, ich halte es aber für wahrscheinlich, dass es sich hier - noch - zurückhalten dürfte, da alles andere unabsehbare Folgen nach sich ziehen könnte).
Wie ich es ja mehrfach ausgeführt habe, halte ich es dahingegen für wahrscheinlich, dass der Zweite Senat dem Abgeordentenhaus von Berlin bis zu einem bestimmten Datum im nächsten Jahr Zeit geben wird, die Besoldungsregelungen zwischen 2008 und 2017 sachgerecht zu reparieren und darüber hinaus für die Zeit danach eine Vollstreckungsanordnung erlässt, die dann griffe, wenn der Besoldungsgesetzgeber bis dahin untätig bliebe (ggf. auch, wenn er bis dahin nur ein Handeln zeigte, dass einer Untätigkeit gleichkäme). Das ist ja in der hier geposteten Stellungnahme aus dem Januar 2022 begründet worden (
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,126915.0.html, vgl. dort die S. 33 ff.) und dürfte durch die seitdem wiederholten Ausführungen des vormaligen Finanzsenator, dass der Dienstherr weiterhin zielgerichtet in der A-Besoldung verfassungswidrig alimentierte, nur noch einmal besondere Dringlichkeit erfahren, was ggf. daran abgelesen werden könnte, dass der Zweite Senat auch dem Finanzsenator Ende 2023 im Rahmen einer Stellungnahme Gelegenheit gegeben hat, sich entsprechend zu entäußern. Zugleich ist es an dieser Stelle wirklich erfreulich, dass der Senat offensichtlich der Begründung der Stellungnahme in Teilen gefolgt ist und also eine Verbindung mit dem Vorlageverfahren 2 BvL 20/17 und 21/17 herstellt (vgl. zu dieser Begründung ebd., S. 31 f.).
Auch hier würde ich also sagen, warten wir mal ab, was wir nun in der nächsten Woche zu lesen bekommen.
@ Alex, Lichtstifter, Julian und Rheini
Das Bundesverfassungsgericht sollte die Ausfertigung bis Mittwoch abgeschlossen haben und die Entscheidung mit der Veröffentlichung auf der Homepage insbesondere dem Bundesverwaltungs- und Oberverwaltungsgericht zustellen. Es ist davon auszugehen, dass bis dahin kein Dritter Zugang zur Entscheidung hat, da sie ja erst mit der Zustellung bekannt gemacht wird. Denn die Entscheidung selbst unterliegt bis zu ihrer Zustellung und damit der Bekanntmachung dem Beratungsgeheimnis.
Entsprechend kennt auch im BMI niemand den konkreten Gehalt der Entscheidung. Allerdings war auch für das BMI in den letzten Wochen absehbar, dass die Veröffentlichung der bis Ende September/Anfang Oktober gefällten "Pilotentscheidung" in absehbarer Zeit zu erwarten war - auch dürfte man sich im BMI intern nicht erst seit gestern ausrechnen, dass die Entscheidungsbegründung, an die sich auch der Bundesgesetzgeber in ihren entscheidungstragenden Gründen gebunden sieht, nicht in allen Punkten immer gänzlich und uneingreschränkt zur Freude der Dienstherrn ausfallen dürfte. Davon dürfte man nicht nur dort auch weiterhin begründet ausgehen.
So verstanden wird die "Pilotentscheidung" zumindest in seinen entscheidungstragenden Gründen durchaus auch unmittelbare Folgen für den Bundesgesetzgeber bereithalten. Spätestens an dieser Stelle wird die Sache auch für euch Bundesbeamte wie auch für mich als niedersächsischer Landesbeamter interessant.
Darüber hinaus hätte ich nichts dagegen, Rheini, wenn der Server des BVerfG am Mittwoch nicht mehr hinterherkäme. Denn das würde Karlsruhe noch einmal signalisieren, dass ein durchaus vorhandenes Interesse in der Öffentlichkeit und damit auch in der Beamtenschaft gegeben ist. Diese Interesse dürfte also an den "Pilotentscheidungen bestehen, aber insbesondere in Teilen der bundesdeutschen Richter- und Beamtenschaft auch an den weiteren anhängigen Vorlagen. Käme die Seite des Bundesverfassungsgerichts also nicht hinterher, dürfte man abschätzen können, dass das Interesse ggf. größer wäre, als wenn die Veröffentlichung keinerlei Abrufbereitschaft nach sich zöge (vermute ich).
@ Unknown
Es dürfte absehbar gewesen sein, dass der Senat die "Pilotentscheidungen" ob ihrer von ihm selbst herausgestellten besonderen Relevanz von den angekündigten Entscheidungen über das Besoldungsrecht der beiden weiteren Rechtskreise abtrennen würde. Sofern der Senat in die Beratung der saarländischen und bremischen Vorlagen eingetreten ist, bevor die nun ehemalige Vizepräsidentin und der nun ehemalige Berichterstatter für die bremischen Vorlagen aus dem Amt geschieden sind, sollten diese Entscheidungen auch in der kommenden Zeit veröffenticht werden. Sofern der Senat erst nach dem Ausscheiden der beiden nun ehemaligen Richter in die Beratung eingetreten ist, werden wir nun sehen, was wir zukünftig unter Beschleunigung der Entscheidungsfindung verstehen dürfen. Denn vermutlich sollte man dann zwischenzeitlich in die Beratung eingetreten sein, wobei ich es weiterhin für nicht gänzlich unwahrscheinlich halte, dass der Senat in nicht allzu weiter Zukunft schleswig-holsteinische Verfahren aufrufen wird, da hier ja weiterhin eine Verzögerungsbeschwerde vorliegt. Ähnlich dürfte das für Brandenburg sein. Da nach Brandenburg mit einem bis in das Jahr 2004 zurückreichendem Verfahren Niedersachsen mit dem Zeitraum ab 2005 bis 2016 ebenfalls kein ganz junges Datum mehr aufweist, dürfte auch hier der effektive Rechtsschutz ggf. seine Wirkungen nicht erst in fernerer Zukunft enfalten können. Die Arbeit am Besoldungsrecht dürfte dem Senat in Zukunft nicht ausgehen. Denn wenn die sieben Vorlagen am Mittwoch abgearbeitet sein werden, kommen alsbald die zwei neuen aus Thüringen und die 16 neuen aus Schleswig-Holstein hinzu. Aus 72 anhängigen Vorlagen werden alsbald also 83 werden.
@ Beamtenhustler und regas
Es darf davon ausgegangen werden, dass ich hier im Nachklang der Veröffentlichung wesentliche Aspekte betrachten werde - aber ich werde dafür Zeit brauchen. Denn ich gehe davon aus, dass da einige grundlegende Aspekte vorliegen werden, für deren Durchdringung es der Zeit bedarf. Ich freue mich auf's Lesen, habe aber vor dem absehbaren wie sicherlich in Teilen überraschenden und/oder nicht absehbaren Ausführungen schon heute - sachlich betrachtet - gehörigen Respekt. Das Lesen und die ggf. auch notwendige Kritik wird einige Zeit benötigen. Denn zuvörderst wird es darum gehen, wirklich erst einmal zu verstehen (zu versuchen), was uns der Senat eigentlich im Einzelnen mitteilen will. Es ist davon auszugehen, denke ich, dass uns da in Teilen kein immer ganz einfacher Stoff zugemutet werden sollte.
@ Staatdiener
Es ist zunächst einmal so, wie Du es schreibst: Der Senat betrachtet Vorlagen, die den Entscheidungszeitraum 2008 bis 2017 umfassen und also in ihrer Begründetheit keine Betrachtung des Partnereinkommens enthalten, da Berlin in jenem Zeitraum keine entsprechenden rechtlichen Regelungen erlassen hatte.
Andererseits hat der Berichterstatter Ende 2023 ausgeführt - das habe ich schon gestern zitiert -:
"Es wird sich als effizient für die Bearbeitung aller anderen Vorlagen erweisen, zunächst solche Verfahren auszuwählen, die möglichst viele der zur Entscheidung gestellten Probleme aufwerfen und damit die Gelegenheit bieten, eine aktuelle Grundlage für die Befassung mit den nachfolgenden Verfahren zu schaffen, insbesondere die Frage zu klären, welche Sach- und Rechtsfragen in der vorliegenden verfassungsgerichtlichen Judikatur noch nicht behandelt worden sind u
nd ob Anlass besteht, diese Judikatur im Hinblick auf seit den letzten Entscheidungen eingetretene Entwicklungen erneut zu hinterfragen".
Da zwischenzeitlich 14 von 17 Besoldungsgesetzgeber die Betrachtung des Partnereinkommens in ihr Besoldungsrecht eingeführt und damit exorbitante Personalkosten eingespart haben, sollte es mehr als erstaunlich sein, wenn der Senat nun nicht genau an dieser Stelle Anlass sehen würde seine "Judikatur im Hinblick auf seit den letzten Entscheidungen eingetretene Entwicklungen erneut zu hinterfragen". Denn alle 14 Besoldungsgesetzgeber haben folgende Ausführung aus der Rn. 47 der bis Mittwoch noch aktuellen (ab da dann vorletzten) Entscheidung zum Anlass genommen - sie offensichtlich gezielt über- oder missinterpretierend -, um so zu handeln wie sie seit 2021/22 nach und nach allesamt heute handeln:
"Es besteht insbesondere keine Verpflichtung, die
Grundbesoldung so zu bemessen, dass Beamte und Richter ihre Familie als Alleinverdiener unterhalten können. Vielmehr steht es dem Besoldungsgesetzgeber frei, etwa durch höhere Familienzuschläge bereits für das erste und zweite Kind stärker als bisher die Besoldung von den tatsächlichen Lebensverhältnissen abhängig zu machen." (Hervorhebung wie im Original)
Diese Ausführung war nun aber nichts anderes als ein Obiter Dictum (und damit kein entscheidungstragender Grund, was also auch in der am kommenden Mittwoch veröffentlichten Entscheidung so sein sollte, sofern hier eine entsprechende Klarstellung erfolgte). Sie war als solches also nicht notwendig, weil die Möglichkeit, die Familienzuschläge sachgerecht anzuheben, 2020 sicherlich in (ggf. fast) allen Rechtskreisen bestanden hat, also vom weiten Entscheidungsspielraum, über den der Besoldungsgesetzgeber verfügt, gedeckt war. Entsprechend sollte sich der Senat - da davon auszugehen ist, dass die zitierte Passage nicht sachgerecht aufgenommen worden ist - veranlasst sehen, hier präzisierende Klarstellungen im Rahmen eines weiteren Obiter Dictums vorzunehmen, ohne dass hier also entscheidungstragende Gründe angeführt werden könnten.
Denn die gezielte Über- und/oder Missinterpretation dieser Passage liegt nun darin, dass bislang keiner der 14 Besoldungsgesetzgeber die
tatsächlichen Lebensverhältnisse in den Blick genommen hat, die der Senat aber hervorgekehrt hat. Alle 14 Besoldungsgesetzgeber haben von diesen tatsächlichen Lebensverhältnissen in der Betrachtung des Partnereinkommens abgesehen und seine Einführung mit dem Mindestabstandsgebot begründet - genau darin liegt der evident sachwidrige Gehalt, da das Mindestabstandsgebot kein innerdienstliches, unmittelbar amtsbezogenes Kriterium ist, sodass alle 14 Begründungen unsachlich ins Leere laufen. Für mich ist es also vermutlich so, dass der Senat das im Rahmen eines Obiter Dictums - also die
tatsächlichen Verhältnisse in den Blick nehmend - klarstellt, also mindestens die Kriterieren tatsächlicher Verhältnisse zu ihrer Prüfung und Kontrolle in den Blick nimmt, womit die 14 Betrachtungen sachlich wie ein Soufflé in sich zusammenfallen sollten.
Darüber hinaus besteht für den Senat die Möglichkeit, mit entscheidungstragenden Gründen auf die Betrachtung von Partnereinkommen zu reagieren, nämlich indem er in weiterer Betrachtung der Rn. 47 klarstellt, was heute klar ist, jedoch ebenfalls - von der überwiegenden Zahl der genannten 14 Besoldungsgesetzgeber - zielgerichtet missverstanden wird, nämlich indem der Senat nun noch einmal klarstellt, was es im Kontrollverfahren heißt, dass
"Die vierköpfige Alleinverdienerfamilie [...[ demnach eine aus der bisherigen Besoldungspraxis abgeleitete Bezugsgröße, nicht Leitbild der Beamtenbesoldung"
ist. Hier nun kann mit entscheidungstragenden Gründen klargestellt werden, was ein Leitbild und was eine Bezugsgröße und damit ein Kontrollmaßstab ist. Auch eine solche Klarstellung sollte folglich zu erwarten sein, denke ich.
Nun gut, soweit für heute. November ist nicht alle Tage, ich komme wieder, keine Frage.