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Abmahnung wegen Teilnahme am internen Vorstellungsgespräch während Krankheit
RsQ:
--- Zitat von: Opa am 02.08.2023 13:00 ---... n und bittest darum, das Gespräch um 2 Tage zu verschieben. Das verringert nicht deine Chancen auf die Stelle, spart dir aber den ganzen Ärger.
--- End quote ---
Also in Szenarien, in denen Besetzungsgremien termingebunden zusammenfinden, ist "mal eben zwei Tage später" m. E. keine Option. Und gerade im öD ist das doch so ziemlich Standard?
Opa:
Ganz im Gegenteil. Der Bewerberverfahrensanspruch als grundgesetzlich verankertes Recht wiegt stärker, als eine derart geringfügige Verzögerung des Verfahrens. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren zu unserem fiktiven Fall müsste der Arbeitgeber schlüssig darlegen, weshalb der Bewerber nicht berücksichtigt wurde. Das kann nur Erfolg haben, wenn die Verzögerung für den Arbeitgeber eine deutliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen bedeutet hätte. Er müsste sich vom Richter vorhalten lassen, dass es ihm zumutbar ist, für solche Fälle noch einen Ausweichtermin in der Woche nach den regulären Vorstellungsgesprächen einzuplanen.
Wir richten teilweise unsere Vorstellungstermine nach dem Urlaub der Kandidaten und wenn jemand aus wichtigem Grund verhindert ist und das vorher auch mitteilt, bekommt er eine Woche später einen neuen Termin. Eine Verlängerung des Auswahlprozesses um bis zu 14 Tage aus solchen Gründen dürfte im Regelfall kein organisatorisches Problem darstellen.
PiA:
Rein formal spinnt sich der Faden wie folgt:
Eine AU ist immer insoweit vorläufig, als dass man bei vorzeitiger Genesung 'eigentlich' wieder arbeiten gehen müsste und das grds. auch darf; es ist also keine "Gesundschreibung" oder ärztliche Aufhebung der AU erforderlich.
Mit der Aufnahme der Arbeit - und den Hinweis, dass der AG die Teilnahme am Gespräch als Aufnahme der Arbeit ansieht, hat der Personaler zumindest indirekt gegeben ("... handelt es sich um Arbeitszeit...") - hat der AN nach Auffassung des AG seine AU beendet.
Stellt man nach der Aufnahme der Arbeit fest, dass man doch noch arbeitsunfähig ist, benötigt man eine neue AU; eine ursprünglich längere, aber "eigenmächtig beendete" AU lebt nicht wieder auf.
Ich schreibe weder, dass ich die Vorgehensweise des AG als klug oder angemessen erachte, noch, dass eine Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg haben kann.
Allerdings stellt sich bei der Anfechtung einer Abmahnung folgendes "Problem":
Eine Abmahnung ist eine (tw. zwingende) Vorstufe zur Kündigung.
Wird auf Grund einer Abmahnung gekündigt, kann man die Rechtmäßigkeit der Abmahnung m.W. ggf. auch noch im Rahmen der Kündigungsschutzklage überprüft werden. War sie nicht rechtmäßig, wird idR. auch die darauf fußende Kündigung als nicht rechtmäßig angesehen (es sei denn, der finale Kündigungsgrund erforderte keine Abmahnung).
Wenn man nun eine Abmahnung anfechtet, das Gericht diese aber bestätigt, hat man faktisch ein Beweissicherungsverfahren zu Gunsten des AG geführt.
Insbesondere wegen möglicher "Eigentore" sowohl durch Tun wie durch Unterlassen ist die Konsultation eines ANWALTS in der Tat ratsam, zumal wir hier nicht "sämtliche Umstände des Einzelfalles" kennen.
carriegross:
--- Zitat von: Opa am 02.08.2023 20:08 ---Ganz im Gegenteil. Der Bewerberverfahrensanspruch als grundgesetzlich verankertes Recht wiegt stärker, als eine derart geringfügige Verzögerung des Verfahrens. In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren zu unserem fiktiven Fall müsste der Arbeitgeber schlüssig darlegen, weshalb der Bewerber nicht berücksichtigt wurde. Das kann nur Erfolg haben, wenn die Verzögerung für den Arbeitgeber eine deutliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen bedeutet hätte. Er müsste sich vom Richter vorhalten lassen, dass es ihm zumutbar ist, für solche Fälle noch einen Ausweichtermin in der Woche nach den regulären Vorstellungsgesprächen einzuplanen.
Wir richten teilweise unsere Vorstellungstermine nach dem Urlaub der Kandidaten und wenn jemand aus wichtigem Grund verhindert ist und das vorher auch mitteilt, bekommt er eine Woche später einen neuen Termin. Eine Verlängerung des Auswahlprozesses um bis zu 14 Tage aus solchen Gründen dürfte im Regelfall kein organisatorisches Problem darstellen.
--- End quote ---
Bei uns hat sich intern eine am 28.7. beworben, Bewerbungsfrist läuft am 4.8. ab.
In der Bewerbung gab sie an, dass sie sich in den nächsten drei Wochen im Urlaub befinder und für ein mögliches Vorstellungsgespräch erst danach zur Verfügung steht und darum bittet, dies zu berücksichtigen.
Das sind ganze zwei Wochen nach Bewerbungsfrist. Eigentlich wollten wir in der Folgewoche schon für die übernächste Woche Einladungen versenden.
D. h., wir müssten die Bewerberin in der überübernächsten Woche einladen?
Was könnten denn evtl. Folgen für den AG sein, wenn man der Bewerberin ihren Bewerbungsverfahrensanspruch nicht ermöglicht?
Opa:
@pia: Sehe ich anders aufgrund dieses Zitats:
„ob ich mich für das Gespräch gesund und nicht irgendwie beeinträchtigt fühle, da ein internes Vorstellungsgespräch Arbeitszeit ist.“
Es wurde explizit nach Leistungsfähigkeit für das Gespräch und dessen Dauer gefragt. Ob dieser Zeitraum generell als Arbeitszeit gewertet wird, ist im Sachverhalt unerheblich.
Die Teilnahme an einem Vorstellungsgespräch gehört nicht zu den vertraglich vereinbarten Pflichten des Arbeitnehmers, es wird weder Arbeitsleistung erbracht noch geschuldet. Von einer Aufnahme der Arbeit und damit einhergehender Beendigung der Arbeitsunfähigkeit kann also keine Rede sein.
Wenn der Arbeitgeber also dennoch Arbeitszeit gutschreibt (was er nicht müsste), hat dies eher den Charakter einer bezahlten Freistellung von der Arbeitspflicht. Da eine Freistellung bereits aus anderem Grund, nämlich der Arbeitsunfähigkeit unnötig war, war auch der Hinweis des „Personalers“ obsolet.
Der Hinweis, dass wir nicht den ganzen Sachverhalt kennen ist aber richtig, deshalb ist das hier ja auch keine Rechtsberatung. Wäre nämlich beispielsweise der TE so dämlich gewesen, für das Vorstellungsgespräch die Zeiterfassung mit kommen/gehen oder gar Dienstreise zu betätigen, hätten wir genau den von dir beschriebenen Fall: Eine dokumentierte Beendigung der Arbeitsunfähigkeit mit anschließendem unentschuldigten Fehlen.
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