Autor Thema: Beamte Rentenkasse  (Read 29284 times)

NelsonMuntz

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #180 am: 27.06.2025 09:26 »
Ich glaube wir reden aneinander vorbei. Ich habe diese Dimension sehr wohl erkannt, gleichwohl muss man einfach ehrlicherweise konstatieren, dass die kommende Rentnergeneration die besten Konditionen hatte um entsprechende Mängel privat zu kompensieren.

Und ja, ich denke man sollte die Rente kürzen, auch gerne die Pensionen. Das ist hier zumindest von meiner Seite aus kein Schlagabtauschen zwischen Pension und Rente. Sondern wie du schon richtig beschrieben hast, sollte man endlich anfangen versäumte Schritte nachzuholen - das geht ganz sicher nicht durch sich immer wiederholende Rentenpakete in Form von noch mehr Schulden und weitere Rentensteigerungen - keine Raketenwissenschaft.

Warum sollte ich bei einer Arbeitszeitkürzung und Umstellung auf Konsumverzicht im blauen Lager landen? Das wird ja immer besser. Nur weil ich mich nicht an dieser Wohlstandsverwahrlosung beteiligen möchte, bin ich jetzt ein Nazi, oder wie?

Hätten die Boomer mehr gespart und weniger ausgegeben, hätten wir heute vielleicht auch weniger Wohlstand (wäre vielleicht auch besser so?). Ist verschüttete Milch, wir müssen auch weiter in die Zukunft schauen.

Dabei zu der Idee, die Renten zu kürzen: Das bedeutet, dass die Rentenlücke für meinen und Deinen Jahrgang größer wird und dadurch mehr Geld aus dem Netto in die private Altersvorsorge fließen muss - dadurch entsteht implizit eine Kürzung der zur Verfügung stehenden Nettoeinnahmen bei den AN - Würdest Du das auf die Beamten übertragen, dann ist das exakt das, was bei euch mit dem Einbehalt jener 0,2% bei den Gehaltssteigerungen passiert ist. Damit wärt Ihr sozusagen nicht ungerecht behandelt, sondern schlicht Vorreiter in einer unvermeidbaren Entwicklung.

Über die Frage, ob mehr Sparen und weniger Ausgeben förderlich für die wirtschaftliche Entwicklung ist, kann man auch wieder streiten.

Und nein, das "blaue Lager" umfasst nicht exklusiv Nazis - wohl aber primär Menschen, die eine tiefe Enttäuschung und Misstrauen gegenüber dem Staat und dem System empfinden. Wenn Menschen erst mal mit "Alles doof hier!" argumentieren, dann rutschen sie auch leicht in solche Dunstkreise. Du kritisierst die Querfinanzierung der Renten und denkst an eine Rentenkürzung. Andere kritisieren die Schuldenrakete für die Verteidigung und denken an Frieden mit Russland. Leider sind die Lösungen nicht so einfach. Und nein: Ich wollte Dich hier nicht in eine rechte Ecke stellen. Wenn Du aber einerseits die mangelden Möglichkeiten bei Karriere und Vermögensaufbau bemängelst, andererseits aber auch in Teilzeit gut über die Runden kommen würdest, dann wirft das Fragen auf.

NelsonMuntz

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #181 am: 27.06.2025 09:43 »
Was mich so ein bisschen wundert ist, dass man sich so wehement dagegen wehrt die Beiträge zur Rentenkasse zu erhöhen. Die 18,6% anzutasten scheint einem Tabu gleichzukommen. Dann heißt es Generationengerechtigkeit und das geht alles zu lasten der jungen.
...

Das muss man sicher aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Wir leben in einer Welt mit recht hohem Anspruchsdenken. Sieht man in jeder Diskussion zu Tarifrunden, in denen auf jeden Fall der Ausgleich der Inflation gefordert wird. Ohne massives Wachstum ist ein Reallohnerhalt (also ohne Partizipation an eben jenem Wachstum) aber gar nicht möglich, wenn man die Rente allein über steigende Beiträge finanzieren möchte. All das geschieht in einem Kontext, in dem Bürgergeld und Mindestlohn stärker gestiegen sind, als es Median- und Durchschnittsgehälter taten. Andere wichtige Themen, wie z.B. Investitionen in Infrastruktur, Klimawandel oder als ganz dicker Brocken nun auch Verteidigung werden rezent auch über Schulden finanziert. Dabei gilt doch auch hier eigentlich der Grundsatz: Wer die Party bestellt, der muss sie auch bezahlen!

Und Du hast natürlich absolut recht: mit dem Einbehalt jener 0,2% geschieht bei den Beamten das, was bei den AN nicht passiert.

beamtenjeff

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #182 am: 27.06.2025 10:15 »
Klingt nur in dieser Betrachtungsweise mager.
Wenn man 1962 mit den restlichen 90% nur einmal im Jahr Zelten an der Nordsee sich leisten kann und 2050mit den restlichen 80% 6 Wochen Urlaub im Hotel, dann klingt ersteres Mager.




 Die Boomer hatten die besten Konditionen, die es jemals gab. Siehe auch : fortune.com/2024/10/03/boomers-wealthiest-generation-millennials-biggest-losers/


Da bist du nicht ganz im Bilde. Es gab damals soviele Boomer, dass man nicht einmal eine vernünftige Lehrstelle fand.

Dann frag mal die GenZ. Es sieht heute nicht anders aus. Und wenn eine Lehrstelle frei wird, kann man sich dafür gerade mal das Ticket für den ÖPNV leisten. Mein Vater hat damals auch nur ein paar DM als Maler bekommen, aber eine Wohnung hat damals auch nur ein paar Groschen gekostet. Heute kriegt man nicht mal mehr eine Wohnung und wenn doch, ist sie entweder unbezahlbar und hat Zustände wie in der DDR.

Rentenonkel

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #183 am: 27.06.2025 10:16 »
Die gesetzliche Rentenversicherung unterscheidet sich von der kapitalgedeckten Rentenversicherung fundamental: Die gesetzliche Rentenversicherung verteilt das Geld im Umlageverfahren zwischen den arbeitenden und den sich in Rente befindenden Generationen, legt aber kein Geld an. Dieses System konnte ohne Ansparen von Kapital unmittelbar etabliert werden. Zudem konnte es in den 1950er-Jahren den damals rapide ansteigenden Wohlstand direkt an die Rentnergeneration übermitteln, sodass die Rente dynamisiert, das heißt an die Lohnsteigerungen angepasst wurde und deutlich anstieg. Dadurch konnten die damaligen Rentnerinnen und Rentner am Anstieg von Produktivität und Löhnen im "Wirtschaftswunder" teilhaben. Dieses System vertraut darauf, dass zukünftige Generationen die Rente der heute Erwerbstätigen finanzieren, die durch ihre Beitragszahlung quasi Eigentumsansprüche erworben haben. Dies geht allerdings nur, solange diese in entsprechenden Größenordnungen einzahlen. Daher ist die Produktivität und die Zahl zukünftiger Einzahlender maßgeblich. Hier kommt die Demografie ins Spiel: Wenn sich die Zahl der Beitragszahlenden in Relation zu 100 Rentnerinnen und Rentner halbiert, würden sich die Beiträge der Erwerbstätigen verdoppeln, wenn alles andere konstant bliebe – oder das Rentenniveau würde sich halbieren. Diese nur theoretische Option verdeutlicht den demografisch induzierten Handlungsbedarf.

Mit der Riester Rente ist der Gesetzgeber 2002 dem Wunsch nach einer teilweise kapitalgedeckten Altersvorsorge nachgekommen und hat gleichzeitig das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung gesenkt. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass nicht alle Versicherten eine Riester Rente haben und die Erträge daraus weit hinter den Erwartungen geblieben sind.

Der Altenquotient lag im Jahr 2000 bei 22,2 (= auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter kommen 22 im Rentenalter von 67 Jahren oder älter) und 2020 bei 31,4 (d. h. ein Anstieg um 42%). Er wird nach der mittleren Variante der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes 2040 bei 46,7 und 2050 bei 46,8 liegen. Das bedeutet, dass er sich zwischen 2000 und 2040 mehr als verdoppeln und in den beiden Jahrzehnten von 2020 bis 2040 die Anzahl der potenziellen Rentnerinnen und Rentner bezogen auf potenziell Erwerbstätige um etwa die Hälfte ansteigen wird. Ohne Reformen oder eine Steigerung der Erwerbstätigen würde die Rente entsprechend fallen und großen Teilen der Bevölkerung würde Altersarmut drohen.

Formel des Rentensystems ...

Werden andere Faktoren zunächst ausgeklammert, entspricht in der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung das Produkt aus Beitragssatz und Durchschnittslohn dem Produkt aus Altenquotient und Rentenniveau. Hier zeigt sich noch einmal, dass der durch den demografischen Wandel steigende Altenquotient entweder den Beitragssatz erhöht oder das Rentenniveau reduziert.

Allerdings gibt es noch drei weitere Komponenten in der gesetzlichen Rentenversicherung: Nicht alle Personen, die im erwerbstätigen Alter sind, arbeiten auch tatsächlich; manche sind arbeitslos, aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig oder sind nicht erwerbstätig, da sie primär Sorgearbeit übernehmen und sich um Haushalt und Kinder kümmern. Daher misst der sogenannte Erwerbstätigen-Koeffizient die Relation der tatsächlich; Erwerbstätigen an der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter (also beispielsweise der 20- bis 66-Jährigen). Analog dazu gibt es den Rentner-Koeffizienten, der berücksichtigt, dass manche Menschen im Rentenalter noch erwerbstätig sind. Zudem gibt es einen Steueranteil, womit ein steigender Altenquotient auch ein Stück weit ausgeglichen werden kann. Allerdings kann dies die demografische Unwucht kaum lösen, denn das Volumen der Rentenversicherung war mit 333 Milliarden Euro in 2020 fast so hoch wie der komplette Bundeshaushalt in 2019, der 344 Milliarden Euro betrug.

Mögliche Stellschrauben

Welche Möglichkeiten und "Stellschrauben" bestehen laut der Formel, um die zukünftigen Renten auch bei der stark zunehmenden Alterung der Bevölkerung zu sichern? Die Verdoppelung des Altenquotienten zwischen den Jahren 2000 und 2035 war bereits seit den 1980er- und 1990er-Jahren absehbar. Entsprechend hat die Politik bereits an einigen Stellschrauben des Rentensystems gedreht:

•   Erhöhung des Beitragssatzes: Der Beitragssatz wurde mehrfach angepasst. Er lag im Jahr 2000 bei 19,3 Prozent und ist bis 2007 auf 19,9 Prozent gestiegen. Auch aufgrund der Agenda 2010-Reformen der Regierung Schröder (1998–2005) sank der Beitragssatz bis 2018 auf 18,6 Prozent und blieb einige Jahre auf diesem Niveau. Die dritte Große Koalition der Regierung Merkel (2017–2021) zog 2019 im Rentenpaket eine "Haltelinie" ein, wonach bis 2025 die Beiträge 18,6 Prozent nicht überschreiten dürfen. In der politischen Debatte gilt 20 Prozent als ein Schwellenwert, der nicht überschritten werden sollte, da die Lohnnebenkosten die Arbeit verteuern und somit Wettbewerbsnachteile in der globalisierten Wirtschaft bestehen, die zu höherer Arbeitslosigkeit führen können. Auch unterliegen die eingezahlte Beiträge der Eigentumsgarantie der Versicherten, so dass steigende Beiträge auch einen grundgesetzlich verankerten höheren Rentenanspruch für die jetzigen Beitragszahler bedeuten würde und somit den gesetzlichen Spielraum für zukünftige Rentenreformen einengen würden.

•   Erweiterung der Beitragszahler: Mit der Einbeziehung weiterer Beitragszahler (Selbständige) könnte kurzfristig die Einnahmenseite erhöht werden. Mittelfristig müssten jedoch daraus wieder Leistungen erwachsen, so dass das Problem nur in die Zukunft verlagert würde. Volkswirtschaftlich könnte die Einbeziehung von Selbständigen jedoch durchaus sinnvoll sein, da das Risiko für Altersarmut bei Selbständigen etwa sieben Mal höher ist als bei anderen Erwerbstätigen und somit die Aufnahme von Selbständigen mittelfristig Ausgaben für Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung einsparen könnte. Diese Gelder könnte man dann wieder als Steuerzuschuss für die Stabilisierung der Rente nutzen.

•   Reduzierung des Rentenniveaus: Der Anstieg des Rentenniveaus wurde durch mehrere Reformen gebremst. Die Nettostandardrente vor Steuern lag im Jahr 2000 bei 52,9 Prozent des durchschnittlichen Jahresentgelts, sank bis 2015 auf 47,7 Prozent und lag 2019 bei 48,0 Prozent, was der zweiten "Haltelinie" entspricht, die im Rentenpaket von 2019 eingeführt wurde. Diese Nettostandardrente bezieht sich auf 45 Versicherungsjahre. Die Renten wurden unter anderem durch den "demografischen Faktor" der Regierung Kohl 1997 und den Nachhaltigkeitsfaktor der Regierung Schröder 2004 gebremst, die beide die demografische Entwicklung in der Rentenanpassungsformel zur jährlichen Rentenanpassung einbringen. Aber auch beispielsweise geringere Anrechnungsmöglichkeiten von Ausbildungsjahren reduzieren das Rentenniveau bei den betroffenen Personen. Erhöht werden sie durch versicherungsfremde Leistungen wie die "Mütterrente", die durch Steueranteile kompensiert werden.

•   Anheben des Renteneintrittsalters: Der Rentner-Koeffizient wurde durch das Anheben des formellen Ruhestandsalters von 65 auf 67 Jahre erheblich verändert. Dieses erfolgt schrittweise zwischen den Jahren 2011 und 2031, sodass der Jahrgang 1964 der erste Jahrgang ist, der mit 67 in Rente geht. Dieser Mechanismus wirkt in doppelter Weise entlastend für das Rentensystem: Erwerbstätige arbeiten zwei Jahre länger, sofern sie können, und zahlen in die Rentenkasse ein; gleichzeitig bekommen sie zwei Jahre später erst die Rente. Es steigert also die Einnahmen und reduziert gleichzeitig die Kosten. Es gibt mehrere Forderungen aus der Wissenschaft und vor allem seitens der Arbeitgeberverbände, das Renteneintrittsalter auch nach dem Jahr 2031 weiter zu erhöhen. Man könnte die Anhebung des Renteneintrittsalters auch die Lebenserwartung koppeln. Allerdings flacht der Anstieg der Lebenserwartung zunehmend ab. In einigen Industrieländern war er während der Corona Krise sogar rückläufig.

•   Steigerung der Erwerbstätigkeit: Der Erwerbstätigen-Koeffizient verändert sich durch die Entwicklung von Arbeitslosigkeit und der Zahl von Nichterwerbspersonen, wenn beispielsweise die Erwerbstätigkeit von Müttern steigt. Er ist zwar politisch beeinflussbar, hängt aber auch von (internationalen) gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und persönlichen Präferenzen ab. Durch den Rückgang der Arbeitslosenquote von 11,7 in 2005 auf 5,9 in 2020 erhöhte sich der Anteil der Erwerbstätigen deutlich. Dazu ist auch die Anzahl der Erwerbstätigen durch Migration in den Arbeitsmarkt vorwiegend aus der Europäischen Union gestiegen. Gleichzeitig stieg die Müttererwerbstätigkeit deutlich, was vor allem durch den Ausbau der Kinderbetreuung und Ganztagsschulen politisch unterstützt wurde. Auch hat sich die zuvor weit verbreitete Frühverrentung reduziert, der Anteil der Erwerbstätigen im Alter von 55 bis 64 ist erheblich gestiegen und dadurch das effektive Renteneintrittsalter. Auch der Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen hat dazu geführt, dass deutlich mehr ältere Menschen erwerbstätig bleiben. Die Aktivrente (bei der bis zu einer bestimmten Summe Einkünfte steuerfrei bleiben sollen) könnte ein weiterer Baustein sein, die Beschäftigungsquote von Rentnern zu erhöhen.

•   Steuerzuschüsse: Der Zuschuss aus Steuermitteln an die Rentenversicherung hat im Jahr 2020 mit 101,8 Milliarden Euro erstmals die Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten. Dies beinhaltet auch versicherungsfremde Leistungen, beispielsweise Anrechnung von Kindererziehungszeiten oder Rente nach Mindesteinkommen. In dem durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie bedingten höheren Haushaltsvolumen entspricht dies einem Anteil von 23,0 Prozent, vor der Pandemie lag der Rentenanteil bei 28,5 Prozent. Der Rentenzuschuss ist mit weitem Abstand der größte Ausgabenposten im Bundeshaushalt – größer als die Bereiche der Bundesministerien Familie, Bildung und Forschung, Inneres und Heimat sowie Verteidigung zusammen. Dazu kommt, dass die Beamtenpensionen, die ebenfalls demografisch bedingt steigen, aus öffentlichen Mitteln bestritten werden müssen. Die sogenannte Ökosteuer ist ein bekanntes Beispiel für die Finanzierung des gestiegenen Steuerzuschusses an die Renten: Das 1999 erlassene Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform hatte keine förmliche Zweckbindung der Einnahmen und wurde so für die wachsenden Rentenbeiträge genutzt. Derzeit ist bspw. die Wiedereinführung der Vermögenssteuer in der politischen Diskussion.

Durch das Zusammenspiel dieser Stellschrauben des Rentensystems wurde der Anstieg des Altenquotienten bis heute ausgeglichen. Die Renten sind dadurch weniger gestiegen als die Lohnentwicklung, erhebliche Steuermittel wurden für Renten verwendet, die Menschen arbeiten länger bis sie in Rente gehen können und weitaus mehr Frauen sind inzwischen erwerbstätig. Der Beitragssatz konnte dadurch, aber auch durch die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes, relativ konstant gehalten werden.

Auch zukünftig wird die Politik wohl an allen Stellschrauben drehen müssen, um die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren.

Im Namen einer ausgewogenen Intergenerationengerechtigkeit müssen sich aus meiner Sicht alle Generationen kurz und mittelfristig auf schmerzhafte Reformen einstellen. Langfristig jedoch wird irgendwann der Zeitpunkt kommen, in dem jedes Jahr die Anzahl der Rentner abnimmt und somit der Druck auf die sozialen Sicherungssysteme spürbar nachlässt. Dann wird sicherlich die Diskussion neu entfachen, an welchen Stellschrauben in die andere Richtung gedreht werden kann.

beamtenjeff

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #184 am: 27.06.2025 10:18 »
Wenn Du aber einerseits die mangelden Möglichkeiten bei Karriere und Vermögensaufbau bemängelst, andererseits aber auch in Teilzeit gut über die Runden kommen würdest, dann wirft das Fragen auf.

Sieh es als Hungerstreik. Die darunter am meisten leiden würden, wären meine Kinder. Aber vielleicht ist es gar nicht verkehr Verzicht beizubringen, wenn man schaut wohin sich die Generationsgerechtigkeit entwickelt.

BVerfGBeliever

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« Antwort #185 am: 27.06.2025 10:45 »
Der Altenquotient lag im Jahr 2000 bei 22,2 (= auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter kommen 22 im Rentenalter von 67 Jahren oder älter) und 2020 bei 31,4 (d. h. ein Anstieg um 42%). Er wird nach der mittleren Variante der 14. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes 2040 bei 46,7 und 2050 bei 46,8 liegen.

@Rentenonkel, vielen Dank für die sehr fundierten und ausführlichen Erläuterungen!

Kurze Nachfrage: Unter https://de.statista.com/infografik/25751/altersrentner-und-beitragszahler-in-der-rentenversicherung-in-deutschland/ steht Folgendes: "Prognosen des IW Köln zufolge kommen im Jahr 2030 auf einen Rentner noch 1,5 Beitragszahler. Im Jahr 2050 könnten es sogar nur noch 1,3 Beitragszahler sein."

Dies würde im Jahr 2050 einem Altenquotient von 76,9 (1/1,3*100) entsprechen. Wie erklärst du dir den doch recht großen Unterschied zu deinem genannten Wert von 46,8?

NelsonMuntz

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« Antwort #186 am: 27.06.2025 10:47 »
Wenn Du aber einerseits die mangelden Möglichkeiten bei Karriere und Vermögensaufbau bemängelst, andererseits aber auch in Teilzeit gut über die Runden kommen würdest, dann wirft das Fragen auf.

Sieh es als Hungerstreik. Die darunter am meisten leiden würden, wären meine Kinder. Aber vielleicht ist es gar nicht verkehr Verzicht beizubringen, wenn man schaut wohin sich die Generationsgerechtigkeit entwickelt.

;) - Ja, so kann ich das nachvollziehen - aber wie Du schon richtig sagst: Trittst Du in den "Streik", wären es Deine eigenen Kinder, die darunter leiden würden. Ist ja auch nicht so toll.

Wie Rentenonkel in seinem hervorragenden Beitrag am Ende ganz korrekt bemerkte: Kurz- und mittelfristig wird es durchaus schmerzhafte Reformen geben müssen. Wichtig finde ich dabei ein möglichst sachliches Vorgehen ohne gegenseitigen Neid, denn das führt nur in die mentale Radikalisierung.

Wenn ich mir z.B. das Leben meines Vaters (Jg. 1940) anschaue, dann ist sein Lebensweg retrospektiv von immensem Wohlstandszuwachs gezeichnet. Das wird uns so nicht mehr passieren - andererseits mussten wir unsere Kindheit auch nicht entbehrungsreich in den Trümmern eines Krieges verbringen. Von daher weiß ich nicht, ob ich wirklich tauschen wollte.

Morgen soll die Sonne wieder scheinen. Die kost nix und ist für alle da ;) - In diesem Sinne!

Rentenonkel

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« Antwort #187 am: 27.06.2025 11:08 »
Die großen Unterschiede ergeben sich durch unterschiedliche Erwartungen für die Zukunft.

Der demografische Wandel könnte durch Nettozuwanderung ausgeglichen werden (Kohorteneffekt -283.000 versus Zuwanderungseffekt +285.000), wenn diese auf dem bisherigen Niveau bleibt. Das IW Köln geht hier von deutlich geringen Zahlen aus. Der Zuwanderungstrend ist aufgrund der Rekordzuwanderung aus der Ukraine in 2022 deutlich gestiegen. Die Partizipationsquote ausländischer Personen ist jedoch in 2022 gesunken, da viele Geflüchtete erst mit Verzögerung in den Arbeitsmarkt einmünden. Nach der hohen Fluchtzuwanderung im Jahr 2015 gab es in den Folgejahren nennenswerte Integrationserfolge, die es zu wiederholen gilt – wovon die Fortschreibung des IW Kölns aufgrund ihrer Modellierung nur sehr pessimistisch ausgeht. Dabei ist die Quote an qualifizierten Einwandern aus der Ukraine deutlich höher als während der Fluchtzuwanderung 2015; sogar höher als zu Zeiten der Einwanderung in den späten 80er Jahren aus dem früheren Ostblock.

Für eine bessere Integration und den dauerhaften Verbleib der in Deutschland lebenden Zuwanderer ist eine von der Breite der Gesellschaft gelebte Willkommenskultur notwendig. Denn bisher ziehen noch zu viele der hier arbeitenden ausländischen Fachkräfte in andere Länder weiter oder in ihr Herkunftsland zurück. Ob es in Zukunft eher auf dem pessimistischen Niveau des IW Köln oder den Einschätzungen des statistischen Bundesamtes sein wird, muss trotz aller Prognosen abgewartet werden.

Auch die Frage, ob die Lebenserwartung in gleichem Maße ansteigt, wie in den vergangenen 40 Jahren, wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Es scheint so, dass der Anstieg der Lebenserwartung deutlich abgebremst wurde. Auch könnten weitere Pandemien und der Klimawandel dafür sorgen, dass dieser Anstieg weiter gebremst wird. Auf der anderen Seite kann der medizinische Fortschritt (Stichwort: KI) jedoch einen solchen Anstieg wieder beflügeln.

Alles in allem hängt die weitere Bevölkerungsentwicklung somit von Annahmen ab, die wir nicht kennen und die sich auch sehr schnell ändern können.

Es ist in der Wissenschaft auch nicht viel anders als bei den Juristen: 5 Wissenschaftler, 7 Meinungen  ;D

Wer sich tiefergehend damit beschäftigen möchte, dem empfehle ich den Film Oppenheimer. Da haben sich die schlauesten Menschen ihrer Zeit mit der Zukunft beschäftigt. Einiges davon hat sich bewahrheitet, viele Sorgen kann man aus heutiger Sicht durchaus weglächeln.

beamtenjeff

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« Antwort #188 am: 27.06.2025 11:36 »
Die Partizipationsquote ausländischer Personen ist jedoch in 2022 gesunken, da viele Geflüchtete erst mit Verzögerung in den Arbeitsmarkt einmünden

Also wenn man sich so die ersten Studien zur fiskalischen Wertigkeit anguckt, dann sieht der Ausblick ja eher Düster aus, was die Partizipation im Kontext Einwanderung angeht. Häufig heißt es, wir reden hier über eine fiskalische negative Bilanz, betrachtet und hochgerechnet auf die nächsten Jahrzehnte und angelehnt an ein "Arbeitnehmer-Leben". Auch sagt Partizipation nichts über die Höhe, sprich Geldmenge, aus. Jemand der dauerhaft im Mini-Job verweilt trägt so gut wie gar nicht zur Rentenstabilität bei, im Gegenteil, bezogen auf die gesamte Laufzeit der Erwerbstätigkeit und Generationsübergreifend entsteht dann ein enormes Defizit.

Ich persönlich würde auf keinen Fall darauf hoffen, dass diese Studien falsch liegen und Einwanderung das Beitrags-Problem löst. Ich sehe hier eher das unkalkulierbare Risiko, dass der Knall umso lauter wird.

Mit einer anderen Einwanderungs- und Integrationspolitik sähe das anders aus. Aber hier herrscht ja Stillstand, das Thema ist ja ein Tabu. Die Zukunft wird es zeigen.

Was ich empirisch und tangierend zu diesem Thema aus meinem Umfeld noch mitkriege:
1. immer mehr hochqualifizierte und ungebundene Leute suchen das Weite und sind bereits ausgewandert oder haben es noch vor. Länder wie Spanien, Italien, Dänemark aber auch Asutralien und Thailand stehen hoch im Kurs. Eine weiterer Faktor den man evidenz-basiert momentan noch nicht abschätzen kann, bei dem es aber definitiv Bewegung gibt.
2. Unsere Bildung steht vor enormen Herausforderungen. An der Schule meiner Kinder werden dieses Jahr wieder Kinder eingeschult. Ich weiß aus guter Quelle, einige Klassenlisten enthalten zu 70% ausländische Namen. Zusätzlich Lehrkräfte oder Dolmetscher? Fehlanzeige. Ich bin gespannt auf die nächsten PISA-Studien. Und ich bin auch gespannt wie man diese Probleme wirtschaflich mit einkalkuliert. Sozio-ökologische und kulturelle Faktoren lasse ich heir bewusst außen vor (aber auch das wäre eine weitere Diskussion).
« Last Edit: 27.06.2025 11:52 von beamtenjeff »

Rentenonkel

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #189 am: 27.06.2025 12:15 »
Auf der anderen Seite sehen wir aufgrund der politischen Entwicklungen in den USA ein verstärktes Interesse von Wissenschaftlern, von den USA nach Europa auszuwandern.

Welchen Beitrag die Einwanderung bereits in der Vergangenheit zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands geleistet hat, war lange Zeit weitgehend unbekannt. So wird in der amtlichen Statistik erst seit dem Jahr 2005 überhaupt erfasst, ob Personen außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik geboren worden sind (Will, 2020). Viele Fachstatistiken differenzieren nach wie vor nur nach Staatsangehörigkeit und nicht nach Geburtsland. Daher liegen zu vielen migrationspolitischen Fragestellungen noch immer nur Befunde zur ausländischen Bevölkerung vor. Das ist insofern sehr ungünstig, als die Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft und der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit in einem Zusammenhang miteinander stehen (GeisThöne, 2021).

Allerdings nimmt die Migrationsforschung bislang häufig nur die Perspektive der Zugewanderten und nicht die der sie aufnehmenden deutschen Wirtschaft und Gesellschaft ein. So wird etwa meist nur betrachtet, wie hoch der Anteil der Erwerbstätigen an der zugewanderten Bevölkerung ist, nicht jedoch, wie hoch der Anteil der Zuwanderer an der erwerbstätigen Bevölkerung ausfällt. Dabei ist dieser zweite Indikator für den Beitrag der Zuwanderung zur Arbeitskräftebasis in Deutschland relevanter.

Nimmt man diesen Perspektivwechsel nicht vor, rechnet man die einzelnen Mitglieder der zugewanderten Bevölkerung oder der betrachteten Teilgruppe von ihr immer bis zu einem gewissen Grad gegeneinander auf. So legt eine niedrigere Erwerbsbeteiligung als bei der einheimischen Bevölkerung einen negativen Effekt am Arbeitsmarkt intuitiv sehr nahe, obwohl die Fachkräftebasis gegebenenfalls gleichzeitig deutlich gestärkt wird. Dabei gibt es Situationen, in denen die Zuzüge am Arbeitsmarkt unterschiedlich erfolgreicher Personen untrennbar miteinander verbunden sind. Etwa ist dies der Fall, wenn Fachkräfte aus dem Ausland Ehepartner nach Deutschland mitbringen, die hier nicht erwerbstätig werden. Zumeist bestehen allerdings selbst innerhalb eng abgegrenzter Zuwanderergruppen, wenn überhaupt, nur sehr lose Zusammenhänge zwischen den Wanderungsbewegungen einzelner Personen. So geht ein verstärkter Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland nicht automatisch mit einer steigenden Zahl an Transferleistungsbeziehern einher.

Für den deutschen Arbeitsmarkt heute sind die ehemaligen Gastarbeiter selbst kaum noch von Bedeutung, da sie inzwischen in aller Regel das Renteneintrittsalter erreicht haben. Sehr wohl trifft das jedoch auf die später nachgekommenen Familienangehörigen zu, die in den Folgejahren insbesondere zu einem weiteren starken Anwachsen der türkischen Community in Deutschland geführt haben (BpB, 2020). Auch sind die in Deutschland geborenen Kinder und Enkel der Gastarbeiter inzwischen am Arbeitsmarkt aktiv. Allerdings sind diese keine Zuwanderer, sondern integrale Bestandteile der deutschen Nation, wenn man diese anhand des Geburtsortsprinzips abgrenzt, was seit der Staatsangehörigkeitsrechtsreform des Jahres 2000 immer stärker der Fall ist. Dabei spielt auch keine Rolle, ob sich die Nachfahren der Zuwanderer selbst den ethnischen Communities zurechnen oder nicht.

Die längerfristigen Wirkungen der Zuwanderung auf die demografische Entwicklung lassen sich nur ermitteln, wenn die Nachfahren der Zugewanderten mitberücksichtigt werden. Berechnungen von Geis-Thöne (2021b) zufolge hat die Zuwanderung seit dem Jahr 2007 das Verhältnis zwischen der Anzahl der 20- bis 29-Jährigen und der der 60- bis 69-Jährigen von 87,5 je 100 auf 99,5 je 100 im Jahr 2017 verbessert. Das hat dazu geführt, dass die in den Ruhestand übergehenden Jahrgänge noch länger fast vollständig durch auf dem Arbeitsmarkt nachrückende Personen ersetzt werden konnten. Vergleicht man die 10- bis 19-Jährigen mit den 50- bis 59-Jährigen im Jahr 2017, ist das Verhältnis ohne die Neuzuwanderung mit 55,8 zu 100 allerdings noch weit ungünstiger, sodass die entstehenden Lücken kaum mehr geschlossen werden können dürften. Jedoch wird sich die Lage umso besser darstellen, je mehr Menschen in den nächsten Jahren zuziehen. Vor dem Hintergrund der typischen Wanderungsmuster im Lebenslauf ist nämlich davon auszugehen, dass sie vorwiegend die besonders geburtenschwachen jüngeren Kohorten der 2000er-Geburtsjahre stärken würden. Auch ist an dieser Stelle zu bemerken, dass ausländische Frauen in Deutschland den Geburtenzahlen des Jahres 2020 zufolge im Lauf ihres Lebens durchschnittlich 2,0 Kinder zur Welt bringen, Inländerinnen aber nur 1,4 Kinder (Statistisches Bundesamt, 2022d). Sollte es im nächsten Jahrzehnt zu einer weiterhin starken Zuwanderung kommen, dürfte das die demografische Entwicklung also in Zukunft noch stärker bremsen.

Abgesehen vom IKT-Bereich (Informations- und Kommunikationstechnik) erscheinen die Beschäftigungsschwerpunkte der Zuwanderer am deutschen Arbeitsmarkt für das stark von der industriellen Wertschöpfung getragene Geschäftsmodell Deutschlands (Anger et al., 2014) auf den ersten Blick weniger relevant zu sein. Das könnte ihre Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes etwas einschränken. Allerdings benötigen die Industrieunternehmen in Deutschland auch eine ausreichende Transportinfrastruktur, bei deren Betrieb seit einiger Zeit ebenfalls Fachkräfteengpässe bestehen (Puls, 2018). Somit ist der Bereich Verkehr und Lagerlogistik ebenfalls von großer Bedeutung. Schon aus diesem Grund ist bei einer kritischen Bewertung der Ergebnisse grundsätzlich Vorsicht geboten. Ohne Berufskraftfahrer, ohne Lokführer, ohne Postboten und ohne Staplerfahrer können die in Deutschland produzierten Güter nicht von A nach B transportiert werden.

Um den Beitrag der Zuwanderung zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands vollständig erfassen zu können, greift ein alleiniger Fokus auf das Arbeitsangebot zu kurz. Das Produktionspotenzial der Wirtschaft wird nämlich auch durch die Faktoren Kapital und Technologie geprägt (Geis-Thöne et al., 2021). Diese werden wiederum durch die Entwicklung der Unternehmen und besonders durch die Innovativität der Gründungen beeinflusst. Allerdings sind die Zusammenhänge sehr komplex.

Dazu eine kleine Anektdote: Es gibt auf der Route der Industriekultur im Ruhrgebiet ein Industriemuseum (Henrichshütte Hattingen). Dort wurde mir mal in einer Führung erklärt, wie sich die Zuwanderung der Gastarbeiter in den 70er Jahren sehr positiv auf die Einkünfte der bisherigen Arbeiter ausgewirkt hat. Durch die Zunahme der Beschäftigten brauchte es mehr qualifizierte Vorgesetzte. Der Arbeitgeber hat daher bisher ungelernten Kräften eine Ausbildung angeboten, Gesellen einen Meisterlehrgang, Meistern ein Studium usw. Viele der bisherigen Mitarbeiter haben das Angebot angenommen und so auch mehr Geld verdient. Ohne die Zuwanderung in die weniger qualifizierten Arbeitsplätze wäre dieser Aufstieg nicht möglich gewesen.

MoinMoin

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« Antwort #190 am: 27.06.2025 12:23 »
Klingt nur in dieser Betrachtungsweise mager.
Wenn man 1962 mit den restlichen 90% nur einmal im Jahr Zelten an der Nordsee sich leisten kann und 2050mit den restlichen 80% 6 Wochen Urlaub im Hotel, dann klingt ersteres Mager.

Es geht nicht um die 90% oder 80% für den Arbeitnehmer, sondern um die umlagebasierten 26% für den Rentner (im Jahr 2050). Damit dürfte weder Nordsee noch Hotel in Reichweite sein, völlig unabhängig von etwaigen Produktivitätssteigerungen bis dahin.

Und wenn das Umlagesystem so toll wäre wie von dir beschrieben, würde der Staat ja wohl nicht bereits heute jedes Jahr einen dreistelligen Milliardenbetrag (!!) aus Steuergeldern in die Rentenkasse pumpen, oder?


P.S. Bezüglich Riester und Rürup sind wir uns in der Tat einig.
Ich glaube du missverstehst mich:
Ich finde das Umlagesystem als Basisrente in der Tat "toll", weil er auch Kriege und Finanzkrisen übersteht.

Oder wie hättest du die DDR Bürger ins kapitalgedeckte Rentensystem eingebunden? Oder beim Startschuß in der BRD das KapSystem aufgebaut, wie hätte denn 1951 die Rentner oder 1991 die DDR Rentner komplett bezahlt werden sollen mit einem reinem KapSystem?

Millardenbeträge würden auch in eine Kapitalgedecktes System eingepresst werden müssen, denn die Bundeszuschüsse dienen überwiegend der sachgerechten Finanzierung nicht beitragsgedeckter Leistungen, also Kindererziehungszeiten, der Grundrentenzuschlag ....

Ich finde es absolut scheiße, dass es als Vollrente angesehen wird vom Bürger und der Staat hier nie richtig gegengesteuert hat, in dem er die Rentenhöhe auf eine Grundrentenanspruch absenkte (Das wäre locker über die Jahre möglich gewesen) und den Menschen mit dem Rest sich alleine / oder von ihm organsierte KapBasierte Rente überlassen hätte.

Ich habe von dem BoomerBuckel/Verhältnis ANzuRentner in den 70/80er im P.M. Magazin erstmalig als Kind gelesen und der Blümchen Spruch "Die Rente ist sicher" stimmt immer noch.
Aber man darf und durfte nicht dem Irrglauben verfallen, dass die GRV deinen Lebensstandard sichern wird und das ist seit den 80er klar und leider machen da weder die Masse der Bürger (eigenes drittes Standbein) noch der Staat (ZwangsDAXFonds oder später ETFs) was dagegen.

Also nur zur Klarstellung, ich befürworte den Aufbau eines KapSystems als Hauptrente.
Denn ich konnte die letzten Dekaden zu meiner Freude sehe, um wieviel sich das Geld von alleine vermehrt, trotz der Finanzkrisen...

MoinMoin

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #191 am: 27.06.2025 12:25 »
Es begreifen nicht ohne Grund immer mehr Leistungsträger, dass Auswandern oder in Teilzeit gehen und andere Einkommensquellen erschließen, die weniger stark oder gar nicht durch Sozialabgaben geschröpft werden, ein probates Mittel sind um dem Ganzen den Mittelfinger zu zeigen. Der Brain-Drain bzw. das "berufliche Gesundschrumpfen" sind in vollem Gange.
Es gab schon mal die Idee, dass Produktionsmittel Rente zahlen sollen (also die Roboterrente)

beamtenjeff

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #192 am: 27.06.2025 13:24 »
(...)

Also, halten wir fest:

* Migration ist kein Allheilmittel, aber kann bei richtiger Steuerung zur Finanzierung beitragen
* Die fiskalischen Effekte sind kontextabhängig: Kurzfristig netto negativ, langfristig positiv nur bei gezielter Politik

Meine Vorschläge:

* Einführung einer qualitätsorientierten Zuwanderungspolitik, kombiniert mit schnellen Integrationsmaßnahmen (Sprach- und Arbeitsmarktprogramme)
* Reform des Sozialstaats, um die Nachhaltigkeitslücke insgesamt zu reduzieren - Zuwanderung allein reicht nicht

Beides wird vermutlich auf lange Sicht nie oder erst viel zu spät passieren, insbesondere ersteres nicht (Migration als Thema ist Lava) - meine Einschätzung. Der Stillstand, bezogen auf Rente, Pflege und Gesundheit allgemein wird gravierend negative Folgen haben.

BVerfGBeliever

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #193 am: 27.06.2025 13:54 »
Denn ich konnte die letzten Dekaden zu meiner Freude sehe, um wieviel sich das Geld von alleine vermehrt, trotz der Finanzkrisen...

Und das ist der entscheidende Punkt. Und ja, natürlich geht es an den Märkten auch mal abwärts, was jedoch langfristig (zumindest bislang) noch nie ein Problem war.

Außerdem gäbe es einen weiteren Vorteil eines hypothetischen "Deutschlandfonds": Während eine Einzelperson auch mal richtig "Pech" haben kann (wenn man beispielsweise für eine hohe Summe ETFs kauft und es zufälligerweise kurz danach richtig nach unten geht), wäre der negative Effekt im Kollektiv deutlich kleiner.


Oder wie hättest du die DDR Bürger ins kapitalgedeckte Rentensystem eingebunden?

Auch das wäre kein unüberwindbares Problem gewesen. Wenn beispielsweise 1989 im "Deutschlandfonds" für die 62,68 Millionen Westdeutschen durchschnittlich 300.000 Euro gesteckt hätten (so wie aktuell in Norwegen), dann wären es nach der Wiedervereinigung für die 79,11 Millionen Gesamtdeutschen eben nur noch durchschnittlich 237.700 Euro gewesen. So what?

Faunus

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Antw:Beamte Rentenkasse
« Antwort #194 am: 27.06.2025 14:16 »
Die großen Unterschiede ergeben sich durch unterschiedliche Erwartungen für die Zukunft.
...
Für eine bessere Integration und den dauerhaften Verbleib der in Deutschland lebenden Zuwanderer ist eine von der Breite der Gesellschaft gelebte Willkommenskultur notwendig.
...

Willkommenskultur ist nicht "Teddys am Bahnhof verteilen" und das Du das nicht damit meinst @rentenonkel ist mir bewußt, aber anderen muss man das wohl an einem Beispiel erklären:

Ein zugewandertes Ehepaar hat vor ca. 15 Jahren für seine Kinder Deutsch-Muttersprachler um Hilfe gebeten und daraus hat sich eine Bildungs-Initiatrive für Kinder mit Migrations-HG entwickelt. Diese wird bis heute privat über Spenden finanziert.
Alle Kinder, die da im Vor- und Grundschulalter mit wenig bis keinen Deutschkenntnissen angefangen hatten, sind heute auf höheren Schulen und die ersten in einer Ausbildung bzw. fertig mit der Ausbildung oder aber im Studium angekommen.
Das Problem: Es gibt zu wenige engagiert deutschsprachigen Bürger und die Warteliste für Kids mit Migrations-HG zur Aufnahme in die Förder-Initiative ist sehr, sehr lang.

Worauf ich hinaus will: es dauert 10-15 Jahre bis Kinder mit Migartions-HG gut ausgebildet Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
Bei Jugendlichen mit Migrations-HG gehe ich von etwas weniger Jahren und Hilfskraft bis Geselle mit niedrigerem Gehalt, von dem Sozialversicherungsbeiträgen abgeführt werden aus.


PS: @rentenonkel ich lese Deine Beiträge vollständig und gerne, da sie sachlich und informativ sind. Könnte ich mir gelegentlich eine Scheibe abschneiden :)
« Last Edit: 27.06.2025 14:32 von Faunus »