Autor Thema: Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern  (Read 224505 times)

Garfield

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #900 am: 29.10.2025 16:51 »
In dem Moment, in dem die Verhandlung startet hat die Gewerkschaft ja Recht. Da verhandelt sie tatsächlich für all diese Menschen, weil die ja alle bequem ihren AV am TV-L anlehnen anstatt selbst zu verhandeln.

Aber stimmt schon, die Gewerkschaft sollte klarer differenzieren und klar sagen, wie verhandeln für x tausend Mitglieder und einen Haufen Trittbrettfahrer.

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #901 am: 29.10.2025 17:53 »
In dem Moment, in dem die Verhandlung startet hat die Gewerkschaft ja Recht. Da verhandelt sie tatsächlich für all diese Menschen, weil die ja alle bequem ihren AV am TV-L anlehnen anstatt selbst zu verhandeln.

Aber stimmt schon, die Gewerkschaft sollte klarer differenzieren und klar sagen, wie verhandeln für x tausend Mitglieder und einen Haufen Trittbrettfahrer.

Die Gewerkschaft sollte so ehrlich sein, da stimme ich Dir zu. Aber sie sollte dann auch einen exklusiven TV für die einstelligen EG verhandeln und die darüberliegenden Tätigkeiten explizit exkludieren.

Das "Problem" mit solchen TV ist nämlich, dass eben auch der AG an diesen gebunden ist. Die Nutzung von im Tarifvertrag implementierten Zulagen ist da noch eher unproblematisch (hat bei mir ja nun auch geklappt), für echte AT-Vergütung muss es aber auch echte Gründe geben: Besetzt man seine Positionen ab einer gewissen Wertigkeit grundsätzlich über AT, obwohl diese Tätigkeiten im TV so klar definiert werden, dann verstößt der AG gegen eben diesen TV. Ich denke wir sind uns einig, dass die Gewerkschaften das eher unlustig finden würden.

Man kann es also eigentlich auch anders formulieren: Die höheren EG "lehnen sich nicht bequem zurück", sondern vielmehr nimmt verdi die höheren EG in eine "gehässige Geiselhaft". ;)

Aber ich habe eine ganz lustige Idee: Da bei den Gewerkschaften (und ihnen nahestehenden Parteien) im Lande das große Klagen über die geringe Organisation vorherrscht, könnte man ja ein Tarifvertrags-Förderungs-Gesetz beschließen: 50% der Beiträge sind vom AG zu tragen, die übrigen 50% sind steuerlich absetzbar. Die Mitgliedsanträge purzeln nur so rein und Interessen der gesamten Arbeitnehmerschaft werden endlich würdig vertreten! ;)

(@daseinsvorsorge: ich höre, wenn deine Kinnlade auf dem Boden aufkommt ;))

Garfield

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #902 am: 29.10.2025 18:21 »
Die höheren EG zu exkludieren wäre nur nötig, wenn diese wirklich gar nicht in der Gewerkschaft vertreten wären.
Das ist ja aber nicht der Fall. Sie sind nur offensichtlich entweder nicht laut oder nicht stark genug oder sie vertreten im Gegensatz zur hiesigen Meinung die Forderungen doch mit. Das lässt sich ohne eine genaue Befragung nicht sagen.

Letztlich ist es im TVÖD ja aber auch gelungen mit der Angleich der JSZ etwas für die höheren EGs zu tun. Daher kann man im TV-L nur hoffen, dass die Tarifvertragsparteien ein Interesse daran haben das im TV-L anzugleichen.
Zur Not muss das halt von der AG Seite kommen wenn die Gewerkschaft und die höheren EGs das selber jeweils nicht hinkriegen.

PS: Ich hätte den zusätzlichen Tag Urlaub für Gewerkschaftsmitglieder begrüßt. Von mir aus auch 3. Das würde genausoviel bewirken wie dein Vorschlag.

daseinsvorsorge

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #903 am: 29.10.2025 19:40 »
Wo es jetzt so still hier ist: Erhöhung Mindestlohn nächstes Jahr 8,42% und übernächtes Jahr 5,03%. Das wird doch sicher hier einige zum Kochen bringen. Oder haben die Tarifverhandlungen im öD nichts mitdem Mindestlohn zu tun ?
Natürlich, denn durch diese Erhöhung müssen die untersten Einkommensbereiche des Tarifgefüges mehr Geld bekommen, ohne Tarifverhandlung!

Und genau für diese Menschen und den anderen, die nicht in der Lage sind erfolgreich zu verhandeln, sind die Gewerkschaften ja so wichtig.

Noch schöner wäre es natürlich, wenn die Gewerkschaft für alle Arbeitnehmer, so wie sie fälschlicherweise behaupten, verhandeln würde.
Dann könnte ich mir es auch wieder vorstellen sie auch monetär und nicht nur moralisch/physisch zu unterstützen.

Ich finde es gut, dass Sie die FuF wiederholt darauf hinweisen, dass die Gewerkschaften nicht für Sie verhandeln können, wenn Sie nicht Mitglied sind. Soviel gesunder Menschenverstand ist diesem Persobenkreis wohl nicht zuzutrauen.
Ich finde es schade, dass du das Problem tolerierst, dass die Gewerkschaften behaupten sie würden für alle verhandeln, was sie aber inhaltlich nicht tun, sondern nur für die mutmaßliche Mehrheit ihrer Mitglieder, was nicht verwerflich ist.

Und traurig, dass du verkennst, dass es durchaus immer noch FuF gibt, die in der Gewerkschaft sind und von den Gewerkschaften missachtet werden und somit diesen Gewerkschaften vermehrt den Rücken zukehren. Denn warum soll man für eine Vertretung was zahlen, die einen nicht vertritt, sondern ganz im Gegenteil gegen einen agiert. Da sucht man sich doch eine andere Vertretung und die heißt dann oftmals Eigeninitiative…

… Peinlich sind natürlich die Gestallten, die über Tarifergebnisse lästern, egal ob Gewerkschaftler oder nicht Gewerkschaftler und erst Recht egal ob FuF oder nicht FuF, aber aktiv nichts zu einem besseren Ergebnis beigetragen haben.


Ihre Kritik an mir läuft völlig iń´s Leere. In einem früheren Kommentar habe ich das unscharfe Wording der Gewerkschaften bzgl. des Verhandlungsauftrages deutlich kritisiert. Zudem meine ich mich zu erinnern, dass Sie dies als „löblich“ kommentiert haben.

Wenn denn nur für die Mitglieder verhandelt wird, frage ich mich, warum ca. 95% der Nichtorganisierten eben keine „Eigeninitiative“ zeigen , die Konsequenzen ziehen und sich den AG suchen, der ihre Vorstellungen von marktgerechter Bezahlung erfüllt.

Und über das Tarifergebnis lästern dürfen m.E. Nur Gewerkschaftsmitglieder, weil sie Gewerkschaften damit betraut haben, ihre Verhandlung zu übernehmen.

Geschädigter

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #904 am: 29.10.2025 19:43 »
Wenn denn nur für die Mitglieder verhandelt wird, frage ich mich, warum ca. 95% der Nichtorganisierten eben keine „Eigeninitiative“ zeigen , die Konsequenzen ziehen und sich den AG suchen, der ihre Vorstellungen von marktgerechter Bezahlung erfüllt.

Weil der Großteil Boomer sind, die in den nächsten 5 Jahren in Rente gehen (wollen).


daseinsvorsorge

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #905 am: 29.10.2025 20:04 »
In dem Moment, in dem die Verhandlung startet hat die Gewerkschaft ja Recht. Da verhandelt sie tatsächlich für all diese Menschen, weil die ja alle bequem ihren AV am TV-L anlehnen anstatt selbst zu verhandeln.

Aber stimmt schon, die Gewerkschaft sollte klarer differenzieren und klar sagen, wie verhandeln für x tausend Mitglieder und einen Haufen Trittbrettfahrer.


Die Gewerkschaft sollte so ehrlich sein, da stimme ich Dir zu. Aber sie sollte dann auch einen exklusiven TV für die einstelligen EG verhandeln und die darüberliegenden Tätigkeiten explizit exkludieren.

Das "Problem" mit solchen TV ist nämlich, dass eben auch der AG an diesen gebunden ist. Die Nutzung von im Tarifvertrag implementierten Zulagen ist da noch eher unproblematisch (hat bei mir ja nun auch geklappt), für echte AT-Vergütung muss es aber auch echte Gründe geben: Besetzt man seine Positionen ab einer gewissen Wertigkeit grundsätzlich über AT, obwohl diese Tätigkeiten im TV so klar definiert werden, dann verstößt der AG gegen eben diesen TV. Ich denke wir sind uns einig, dass die Gewerkschaften das eher unlustig finden würden.

Man kann es also eigentlich auch anders formulieren: Die höheren EG "lehnen sich nicht bequem zurück", sondern vielmehr nimmt verdi die höheren EG in eine "gehässige Geiselhaft". ;)

Aber ich habe eine ganz lustige Idee: Da bei den Gewerkschaften (und ihnen nahestehenden Parteien) im Lande das große Klagen über die geringe Organisation vorherrscht, könnte man ja ein Tarifvertrags-Förderungs-Gesetz beschließen: 50% der Beiträge sind vom AG zu tragen, die übrigen 50% sind steuerlich absetzbar. Die Mitgliedsanträge purzeln nur so rein und Interessen der gesamten Arbeitnehmerschaft werden endlich würdig vertreten! ;)

(@daseinsvorsorge: ich höre, wenn deine Kinnlade auf dem Boden aufkommt ;))
Ich glaube nicht, dass vor aktuellem Hintergrund das Wort „ Geiselhaft“ angezeigt ist, die Situation von höheren EGs bei Tarifverhandlungen zu beschreiben.

Sie und Gleichgesinnte gründen/kapern eine Gewerkschaft, belegen vor Arbeitsgerichten ,dass höhere EGs durch die verhandelnden Gewerkschaften systemstisch benachteiligt werden, was nach ihren Aussagen ja ziemlich offensichtlich ist und zack sitzen Sie am Verhandlungstisch .Oder Sie suchen sich einfach einen AG, der Sie marktgerecht bezahlt. Oder Sie können natürlich weiter jammern- wenn es denn hilft.

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #906 am: 29.10.2025 22:06 »
Ich glaube nicht, dass vor aktuellem Hintergrund das Wort „ Geiselhaft“ angezeigt ist, die Situation von höheren EGs bei Tarifverhandlungen zu beschreiben.

Sie und Gleichgesinnte gründen/kapern eine Gewerkschaft, belegen vor Arbeitsgerichten ,dass höhere EGs durch die verhandelnden Gewerkschaften systemstisch benachteiligt werden, was nach ihren Aussagen ja ziemlich offensichtlich ist und zack sitzen Sie am Verhandlungstisch .Oder Sie suchen sich einfach einen AG, der Sie marktgerecht bezahlt. Oder Sie können natürlich weiter jammern- wenn es denn hilft.

Ich beschreibe doch nur eine Sachlage, während völlig Du unreflektiert verdi-Psalme repetierst und dabei auch nicht an Häme sparst. (Eine eigene Gewerkschaft hast Du nie gegründet, sondern Dich einfach ins gemachte Netz gesetzt - wäre das anders, hätte ich ja Respekt, so aber...)

Den Blick auf das "große Ganze" vermagst Du auch nicht zu werfen, Du bist indokriniert, auf Linie, und natürlich kampfbereit für die "Befreiung der Ausgebeuteten". In einer Welt, in der die einfachen Jobs zunehmend durch Automation und Digitalisierung ersetzt werden, in der die Notwendigkeit höherer Qualifikation zunehmend steigt, wirkt die klassenkämpferische Rhetorik der Gewerkschaften ein Stück weit aus der Zeit gefallen. Dabei gibt es durchaus Branchen, in denen das noch Sinn ergibt, wo der Einsatz für gerechte Entlohnung der Menschen wirklich sinnvoll ist - der TV-L gehört aber (in sehr vielen Fällen) nicht mehr dazu.

Die stetige Nivellierung von Tarifentgelten, flankiert von überproportional steigendem Mindestlohn und Grundsicherung, führt insbesondere in der Mitte der Gesellschaft für zunehmende Neidgefühle. Du musst das nicht verstehen, aber das ist der primäre Grund, warum Wähler sich zunehmend radikalisieren. Anders: verdi&Co boosten die Afd, BSW und auch die Linke.

Wenn jetzt Menschen wie Vollender sich fragen, wer sie in Tarifangelegenheiten vertreten soll, dann brüllst Du nur: "Selbst schuld, Du Opfer!".

Am Ende bin ich sehr zufrieden mit meiner Beschäftigung im öD, ich persönlich komme auch mit meinem Gehalt gut klar - aber ich weiß eben auch, dass man im Wettbewerb um wirklich kluge Köpfe oft den Kürzeren zieht, wenn diese höhere Ansprüche als ich haben. Du kannst das vielleicht nicht nachvollziehen, weil Deine Profession möglicherweise ausschließlich im öD benötigt wird - was hättest Du überhaupt für eine Alternative? Egal! Ich konnte mir jetzt eine Zulage sichern, die Du nicht bekommen wirst. Wenn die AG im TV-L klug sind, dann werden sie auch vermehrt zu diesem Mittel greifen, werden sie sogar in vielen Fällen müssen. Das unterminiert am Ende die großen "Erfolge" für die kleinen EG, weil die AG lernen, dass sie im Rahmen von TV-Verhandlungen Geld für eben jene Zulagen zurückhalten müssen.

Aber für so eine echte,in roter Mülltüte gekleidete Trillerpfeiffe mag diese Sichtweise auch viel zu komplex erscheinen ;)

Oder anders: Kämpf Du für Dein "sozialistisches Einheitsgehalt" - wenn dann die AfD hier die Macht übernimmt, hast Du die Trillerpfeiffe, ich das one-way-Ticket nach Costa Rica. So einfach!  8)

daseinsvorsorge

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« Antwort #907 am: 30.10.2025 00:55 »
Amen

Vollender

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #908 am: 30.10.2025 06:38 »
@NelsonMuntz: Sehr gute Analyse. Konfrontiert man Mitglieder von Gewerkschaften damit, kommen leider zumeist übliche Floskeln. Anstatt im Eigeninteresse einmal darüber zu grübeln. Wir brauchen Gewerkschaften. Aber wir brauchen Gewerkschaften die mit der Zeit gehen. Sonst gehen sie mit der Zeit.