Autor Thema: Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld  (Read 1537 times)

Stefanneu

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Hallo!
Ich arbeite in Niedersachsen als Lehrer. Bin seit 1.8.2009 als Seiteneinsteiger eingestellt worden.
Es wurde im Laufe des Jahres 2025 festgestellt, dass ich seit dem dem 1.8.2011 statt die mir zustehende Entgeltzahlung von TVL12 TVL13 bekommen habe. Jetzt wird mir eine Rückforderung von 26227 €  wegen Überbezahlung der lezten 13 Jahre gestellt.
Gibt es keine verjährungsfrist?
Zum Beispiel 10 Jahre? Dann wärem von 2015 an nur " 14856 €"...
 


Wabi Sabi

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #2 am: 27.08.2025 19:42 »
Und selbst dann kommt hier die Einrede der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB in Betracht, sofern das überzahlte Geld ausgegeben wurde.

Nebenbei: die (regelmäßige) Verjährungsfrist im Arbeitsrecht beträgt 3 Jahre (§ 195 BGB). Dies ist aber nur relevant, wenn § 37 TV-L nicht zum Zuge kommt.

Gab es denn vor 2025 irgendwelchen Kontakt in dieser Angelegenheit oder kam die Rückforderung in 2025 "aus heiterem Himmel"?
Irgendwie klingt diese Rückforderung schon sehr abenteuerlich.
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung ungemein!

Stefanneu

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #3 am: 27.08.2025 20:09 »
Ich bin am 1.11.2009 eingestellt worden mit TVL13
Am 22.4.2010 wurde mir mitgeteilt, dass eine Herabgruppierung nach TVL12 erfolgt rückwirkend zum 1.11.2009. Die Begründung war, dass ich nicht mehr als die Hälfte meiner Unterrichtsstunden in der Oberstufe unterrichte.
 
Am 1.8.2010 erfolgte eine Höhergruppierung in TVL13, da ich jetzt laut Mitteilung der Schulleitung die Voraussetzungen erfüllen würde.

Am 27.7.2011 bekam ich eine Änderung des Arbeitsvertrages. Zum 1.08.2011 würde mein Vertrag geändert. Mit dem der Bemerkung, dass ich in TVL12 eingruppiert werde.
Ich habe aber weiterhin das Entgelt von TVL13 erhalten.

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber ich habe dann bei der Landesschulbehörde telefonisch nachgefragt. Bemerkung war das würde rückwirkend geändert werden. Aber seitdem ist nichts passiert und ich habe mich auch 13 Jahre nicht gemeldet.

Bis im März 2025 eine Umstellung der Bezüge erfolgte auf TVL12 und am 29.07.2025 kam eine Rückforderung von 26227€ von zuviel gezahltem Entgelt.
« Last Edit: 27.08.2025 20:15 von Stefanneu »

Wabi Sabi

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #4 am: 27.08.2025 21:40 »
Dann dürften die Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers aufgrund Überzahlung gemäß § 812 BGB bis einschließlich Dezember 2024 vor dem Hintergrund des § 37 TV-L grundsätzlich verfallen sein.

Eine Ausnahme bestünde, wenn hier die Berufung auf den Ablauf der Ausschlussfristen gegen die Grundsätze des § 242 BGB (Treu und Glauben) verstieße. Siehe z. B. (dort Rn. 20):

https://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/bsst/document/NJRE001193681

Ob dies hier der Fall ist, ist schwer zu beurteilen. Dem Rückforderungsanspruch sollte daher erst einmal die Regelung des § 37 TV-L entgegen gehalten werden.

Hilfsweise kommt dann die aktiv zu erhebende erwähnte Einrede der Verjährung in Betracht. Die Einrede der Entreicherung könnte hingegen an § 819 BGB scheitern.

Im Bedarfsfalle sollte bei der Höhe der in Rede stehenden Rückforderungssumme ggf. Rechtsbeistand (bei Gewerkschaftsmitgliedschaft dort oder rechtsanwaltlich) in Anspruch genommen werden.

Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung ungemein!

Rheini

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #5 am: 28.08.2025 06:00 »
"Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber ich habe dann bei der Landesschulbehörde telefonisch nachgefragt. Bemerkung war das würde rückwirkend geändert werden. Aber seitdem ist nichts passiert und ich habe mich auch 13 Jahre nicht gemeldet."

Und evtl. jetzt schon überlegen, was man wie öffentlich sagt bzw. schreibt. Dies liest sich so für mich, als ob Dir zu jedem Zeitpunkt klar war, dass Du Zahlungen erhalten hast, die Dir lt. Arbeitsvertrag nicht zugestanden haben.

Umlauf

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #6 am: 28.08.2025 08:23 »
Wenn dir bewusst war, dass du die falsche EG bekommen hast, dann sieht es eher schlecht für dich aus. Wenn du einen Nachweis hast, dass du es gemeldet hast sieht es schon wieder anders aus.

Ein Richtwert beim Bund lautet: Überzahlung bis zu 10% sind iR für den Beschäftigten nicht zu erkennen und es greift die Ausschlussfrist von 6 Monaten. Aber bei der EG sollte es immer erkennbar sein. Je nachdem, wie es vorher kommuniziert wurde.
Genau das kam bei meiner Überzahlung von ca. 2,5% zu tragen. Das hat mir immerhin über 1300 € netto extra eingebracht.

Darüber geht man iR davon aus, dass es auch für den Beschäftigten erkennbar sein muss.

Es gab da mal den krassen Fall einer (Lehrerin?) die 50% arbeitete, aber 100% bezahlt bekam. Da hatte das Gericht kein Erbarmen mehr. Es war einfach zu offensichtlich erkennbar, dass zu viel Geld geflossen ist.

Rowhin

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #7 am: 28.08.2025 08:36 »
Es gab da mal den krassen Fall einer (Lehrerin?) die 50% arbeitete, aber 100% bezahlt bekam. Da hatte das Gericht kein Erbarmen mehr. Es war einfach zu offensichtlich erkennbar, dass zu viel Geld geflossen ist.

Könnte dieser Fall gewesen sein. Die Dame musste 237.000 € zurückzahlen.

Organisator

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #8 am: 28.08.2025 09:18 »
Am 27.7.2011 bekam ich eine Änderung des Arbeitsvertrages. Zum 1.08.2011 würde mein Vertrag geändert. Mit dem der Bemerkung, dass ich in TVL12 eingruppiert werde.
Ich habe aber weiterhin das Entgelt von TVL13 erhalten.

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, aber ich habe dann bei der Landesschulbehörde telefonisch nachgefragt. Bemerkung war das würde rückwirkend geändert werden. Aber seitdem ist nichts passiert und ich habe mich auch 13 Jahre nicht gemeldet.

Dir wurde (schriftlich) mitgeteilt, dass du niedriger eingruppiert bist und sich dein Entgelt verringert. Es wurde weiterhin das zu hohe Entgelt gezahlt, du hast darauf hingewiesen. Es hat sich nicht geändert.
Es war dir somit bewusst, dass du ein zu hohes Entgelt erhälst. Insofern sehe ich keine Chance, dass du die Überzahlung grundsätzlich behalten kannst, allenfalls die Einrede der Verjährung gemäß BGB wäre denkbar.

Hier bietet es sich auf jeden Fall an, juristischen Rat einzuholen. Als Gewerkschaftsmitglied ggf. dort.

ike

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #9 am: 28.08.2025 12:53 »
Es gab da mal den krassen Fall einer (Lehrerin?) die 50% arbeitete, aber 100% bezahlt bekam. Da hatte das Gericht kein Erbarmen mehr. Es war einfach zu offensichtlich erkennbar, dass zu viel Geld geflossen ist.

Könnte dieser Fall gewesen sein. Die Dame musste 237.000 € zurückzahlen.


Bei unserem Fall geht es um den TV-L (Tarifbeschäftigte).
=> Ausschlussfrist gem. § 37 TV-L = 6 Monate

DEIN Fall betrifft die Beamtenbesoldung, hilfreicher weise steht das beim Haufe-Artikel auch gleich oben in der Überschrift.
=> Ausschlussfrist anders!
« Last Edit: 28.08.2025 13:04 von ike »

ike

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #10 am: 28.08.2025 13:04 »
An alle, die Stefanneu hier warnen, er sei für die Überzahlung selbst verantwortlich und sogar das Wort „Betrug“ in den Mund nehmen: ein Beschäftigter weiß i. A. gar nicht, wie er richtig eingruppiert wird und auch nicht unbedingt, wie eine Eingruppierung überhaupt zustande kommt (es gibt dafür hier im Forum genug Beispiele).

UMGEKEHRT halte ich die Verteilung der EG der AG oftmals für hanebüchen; hier den Begriff „Betrug“ oder andere Begriffe aus dem StGB zu verwenden, halte ich schon eher für angebracht!

Ein AG handelt meist bewusst zuungunsten des AN, ein AN weiß über die Materie oft gar nicht Bescheid!

§ 263 Abs. 1 StGB setzt „Absicht“ voraus: bei AG oft anzutreffen, bei AN, wie hier, ist diese Absicht nicht anzunehmen!

Umlauf

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Antw:Rückforderung von zuviel gezahltem Entgeld
« Antwort #11 am: 28.08.2025 14:56 »
Hier einmal das Rundschreiben, das im Tarifbereich des Bundes angewendet wird.

https://www.bmi.bund.de/RundschreibenDB/DE/2021/RdSchr_20210804.pdf?__blob=publicationFile&v=8