Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 48783 times)

Blinkaa

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #165 am: 19.11.2025 22:19 »
Na Logo! Es verhält sich ja hier wie auch sonst im Leben.. " ich wusste von nix! Ist doch nicht mein Fehler"
Natürlich kannst du das als ein greifendes Argument vorbringen.

Finanzer

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #166 am: 19.11.2025 22:20 »
Servus,

ich bin erst seit heute angemeldet, da ich erst gestern auf dieses Forum gestoßen bin.
Bis vor einer Woche habe ich nichts von diesem Thema der amtsangemessen Alimentation gehört oder gelesen.

Ich bin ehrlich gesagt aus allen Wolken gefallen, insbesondere da ich viele meiner Kollegen zu dem Thema befragt habe und die allermeisten auch zum ersten Mal von der aA gehört haben.

Ich habe jetzt versucht, die vielen tollen Beiträge durchzusteigen. Großen Respekt und vielen Dank an alle, die so viel Mühe reingesteckt haben.

Den Muster Widerspruch habe ich gefunden.
Meine Frage: kann ich rückwirkend auch für andere Jahre als 2025 Widerspruch einlegen, mit der Begründung, dass ich erst jetzt von dem Thema der aA Kenntnis erlangt habe?

Vielen Dank vorab für eure Hilfe!

Grüße

Beamter in welchem Rechtskreis?

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #167 am: 19.11.2025 22:25 »
Es gilt, sich in Teilen von der bisherigen Rechtsprechung zu lösen. Zeit nehmen, Urteil mehrmals lesen, Sätze markieren, die man vertiefen sollte.

Da wurden einige große Schritte gemacht:

Erweiterung des Prüfungsraumes der Normenkontrolle (!!!!!)
Bezugnahme auf EMRK hinsichtlich effektiven Rechtsschutz
Verbindung zum Streikverbot und europäischen Arbeitnehmerrechten
Betonung der Funktion und Bedeutung des Beamtentums
Komplette Neugestaltung der Bezugsgröße der Mindestbesoldung
Einführung einer neuen Fortschreibungsprüfung
Mittelbare Verletzung des internen Abstandsgebotes
Etc
Etc

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #168 am: 19.11.2025 22:48 »
Jedem Beamten ca 700 Euro Netto knapp 1000 Euro Brutto zu zahlen, wenn auch rückwirkend nur für die paar Prozent,  die Widerspruch eingelegt haben, kann doch kein Dienstherr zahlen. Also wird es weiterhin Klimmzüge geben und es wird versucht werden, die Familienzuschläge so hoch wie möglich zu jazzen.

Gut ist allerdings dass die Spielchen mit Familienergänzungszuschläge und Anrechnung von Partnereinkommen mit diesem Urteil beerdigt wurden.

Schade ist, dass auf das Abstandsgebot nur indirekt eingegangen wurde.

Ich glaube, Swen ist etwas überrascht, dass das Verfassungsgericht die Systematik gewechselt hat, weg von dem 115% Abstandsgebot hin zu Äquivalenzeinkommen.

Finanzer

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #169 am: 19.11.2025 22:58 »
Ich glaube, Swen ist etwas überrascht, dass das Verfassungsgericht die Systematik gewechselt hat, weg von dem 115% Abstandsgebot hin zu Äquivalenzeinkommen.

Das hatte wohl niemand auf dem Schirm. Wenn ich mich richtig erinnere hatten die Sachverständigen in der gestrigen Anhörung auch noch darauf bezug genommen.

tochris06

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #170 am: 19.11.2025 23:00 »

Gut ist allerdings dass die Spielchen mit Familienergänzungszuschläge und Anrechnung von Partnereinkommen mit diesem Urteil beerdigt wurden.


Das Partnereinkommen wurde leider nicht beerdigt.

Finanzer

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #171 am: 19.11.2025 23:02 »

Gut ist allerdings dass die Spielchen mit Familienergänzungszuschläge und Anrechnung von Partnereinkommen mit diesem Urteil beerdigt wurden.


Das Partnereinkommen wurde leider nicht beerdigt.

Solange es nicht sachgerecht begründet wird, bleibt es ein Zombie.

andreb

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #172 am: 19.11.2025 23:02 »
Nach meinem dafürhalten sollten es sämtliche Besoldungsrechtskreise nunmehr einsehen, dass man sich seit der Förderalismusreform in eine Sackgasse manövriert hat.

Soll das Gemurkse nun weitergehen und die Gerichte weiter belastet werden?

Man sollte sich an einen Tisch setzen und wieder eine bundeseinheitliche Besoldung forcieren.

Reisinger850

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #173 am: 19.11.2025 23:15 »
Jedem Beamten ca 700 Euro Netto knapp 1000 Euro Brutto zu zahlen, wenn auch rückwirkend nur für die paar Prozent,  die Widerspruch eingelegt haben, kann doch kein Dienstherr zahlen. Also wird es weiterhin Klimmzüge geben und es wird versucht werden, die Familienzuschläge so hoch wie möglich zu jazzen.

n.

Na ja. In NRW haben als Antwort auf die negativ beschiedenen Widersprüche vielleicht 2.000 Leute geklagt.

2000x 700x 12 = kaum der Rede wert
Die restlichen seit 2020
(250.000?) Widersprüche könnten ein paar Mrd ausmachen, in den Apfel wird man wohl beissen müssen. Dennoch nur ein Bruchteil von dem, wenn man von Anfang an nicht getrickst hätte.

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #174 am: 19.11.2025 23:31 »
Ich lese mal diese beiden Sätze im Zusammenhang, es ist aber nichts weiteres als eine Vermutung meinerseits:

„Keine Entscheidung bedarf im vorliegenden Verfahren die Frage, welche Anforderungen an die gesetzgeberische Reaktion auf mittelbare Verstöße gegen das Abstandsgebot sich aus weiteren hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums - insbesondere aus dem Leistungsprinzip - ergeben.“

„Die Frage, ob trotz Nichterfüllung sämtlicher Parameter der ersten Prüfungstufe, die Besoldung, gleichwohl evident unzureichend bemessen ist, haben sie nur nachzugehen, soweit dazu nach den konkreten Umständen des Falles, insbesondere aufgrund eines entsprechenden Beteiligtenvorbringens im gerichtlichen Verfahren, anders besteht.“

Ich bin noch nicht ganz eingestiegen, aber ich denke, hier liegt der Haken für die oberen Besoldungsgruppen. Es wurde eventuell schlichtweg nichts Erhebliches vorgetragen bzw. die Begründung war zu dünn.

Maximus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #175 am: 19.11.2025 23:36 »
Vielleicht ist das Partnereinkommen/Mehrverdienermodell doch Geschichte...

Das Einkommen des Beamten muss nunmehr die Prekaritätsschwelle von 80 % des Median-Äquivalenzeinkommens erreichen. Wenn nun der Dienstherr ein fiktives Partnereinkommen beim Beamten anrechnen will, muss er doch auch das Median-Einkommen um ein fiktives Partnereinkommen erhöhen. Sonst würde er doch Äpfel mit Birnen vergleichen... 

Ich bin auf Swens erste Einschätzung gespannt.

Atzinator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #176 am: 20.11.2025 00:11 »
Ich habe das ganze jetzt mal mit den Werten für Hessen durchgerechnet.... das kann doch so nicht stimmen  ???

Also ich kann mir auch beileibe nicht vorstellen, dass der Faktor ×2,3 auch für ledige Kinderlose gelten soll. In Thüringen wäre der Median dann 2023 bei 4.140€, A6 Stufe 2 mit 2 Kindern bekam damals 2.975€ netto. Dazu jetzt jetzt irgendwie Kindergeld und PKV, was ich beides nicht kenne, gegengerechnet ergibt maximal 3.100€ netto.

Soll jetzt die A6 um 1.000€ erhöht werden FÜR ALLE? Mit Abstandsgebot landen wir in der A15 dann bei 2.000€. Wie soll das gehen? Also ja, nicht unser Problem, aber ....

micha77

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #177 am: 20.11.2025 00:15 »
Ich hoffe, mein Verstand wurde nicht verhext und ich habe das Konzept verstanden:

Für die Frage der Amtsangemessenheit der Grundbesoldung (das ist die, die alle bekommen, also unabhängig vom Familienstand und Anzahl der Kinder) muss der Gesetzgeber folgende Rechnung aufmachen:

1.) Ermittlung des Medianeinkommens seines Zuständigkeitsbereiches
2.) Mulitplizieren mit (1,0 + 0,5 + 0,5 +0,3) * 0,8 = 1,84

Aber kann man nicht hier die 0,5 + 0,5 + 0,3 mittels Familienzuschlag heilen?
Ergo man nimmt bei Single-Haushalten den Median (angenommen von dir 2100€)*0,8 + ~250€ PKV, wäre man bei 1930€ (als Grundgehalt) - aber wird wahrscheinlich nicht gehen, dass man dann 100% als Familienzuschlag zum Grundgehalt aufschlägt, um auf 3864€ zu kommen, oder?


nächster Schritt

3.) Berechnen des Nettoeinkommens des Beamten, der in dieser Besoldungsstufe ist, Steuerklasse 3 hat, mit allen Zuschlägen, die jedem Beamten hier zustehen (also zum Beispiel für NRW in Mietenstufe 1) in der niedrigsten Erfahrungsstufe
4.) Bereinigen des Einkommens des Beamten um die Beiträge zur KV und PV für 4 Personen und Kindergeld

nächster Schritt:

Vergleich der beiden Beträge

Sofern der Betrag nach Nummer 4 hinter dem nach Nummer 2 zurück steht, liegt mindestens eine Unteralimentation in dieser Größenordnung vor.

Daher ist das sogenannte Partnereinkommen an dieser Stelle sogar für den Dienstherrn kontraproduktiv, weil nur diejenigen Sonderzuschläge bekommen, deren Partner eben kein Einkommen erzielt. Ergo ist nach Nr 3 der geringere Betrag anzusetzen, was mithin dazu führt, dass die Grundbesoldung eben der Unterschied zu Nr. 4 noch größer ist und somit noch deutlicher anzuheben ist. Über diesen Weg, wenn auch etwas versteckt, hat das BVerfG dem ganzen einen Riegel vorgeschoben.

siehe Randnummer 71, Hervorhebung durch mich

Neben dem Grundgehalt sind daher solche Bezügebestandteile zu berücksichtigen, die allen Beamten einer Besoldungsgruppe unterschiedslos gewährt werden (vgl. BVerfGE 139, 64 <111 f. Rn. 93>; 140, 240 <278 Rn. 72>; 155, 1 <36 Rn. 73>).


Sollte man darauf abzielen, dass bei der Berechnung nach Nr. 1 bereits der Partner herausgenommen werden muss, brauchen wir eine Änderung des Art. 33 GG und dafür eine 2/3 Mehrheit, weil die Erfassung der Familie in der Alimentationspflicht eines der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ist.

Machen wir es mal anhand des Beispiels:

1.) Das Medianeinkommen liegt derzeit bei netto 2.100 EUR
2.) Das maßgebende Medianeinkommen liegt dann bei 3864 EUR

3.) Der kleinste Bundesbeamte A3, Stufe 1, bekommt mit 2 Kindern aktuell 3120,71 EUR ausgezahlt
4.) Das Kindergeld beträgt 255 EUR pro Kind, der KV Beitrag der Familie bei etwa 550 EUR EUR, ergo ist das so verstandene Einkommen bei 3080 EUR

Ergebnis: Die Unteralimentation in der Besoldungsgruppe A3 liegt bei 3864 - 3080 = 784 EUR Netto pro Monat

Somit ist die Grundalimentation in der Besoldungsgruppe A3 solange anzuheben, bis dem 4K Beamten netto mindestens 784 EUR mehr bleiben.

Für alle anderen in A3 ist die Grundbesoldung ebenfalls um diesen Betrag zu erhöhen.

Nächstes Problem: Abstandsgebot

Wenn der A3 mindestens 784 EUR mehr haben muss, muss A4 auch deutlich mehr haben

Wenn A 4 deutlich mehr haben muss, muss A 5 auch deutlich mehr haben

usw.

Für die Zukunft kann der Gesetzgeber das Ganze etwas abdämpfen, indem er

a) die Beihilfevorschriften ändert
b) die Famiienzuschläge anpasst, wobei es dabei Grenzen gibt, die es noch zu definieren gibt
c) die untersten Erfahrungsstufen abschafft (mit Übergangsregelungen)
d) die untersten Besoldungsstufen abschafft (verfassungsrechtlich schwierig, er kann ja nicht alle einfach so bis A 11 durchbefördern)
e) bestimmt gibt es noch was, was ich übersehe

micha77

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« Antwort #178 am: 20.11.2025 00:23 »
Ich habe das ganze jetzt mal mit den Werten für Hessen durchgerechnet.... das kann doch so nicht stimmen  ???

Welche Zahlen/Daten hast du als Grundlage genommen, bzw wo finde ich die Daten vom Medianeinkommen nochmal?
Bzw auch die Daten vergangener Jahre?


micha77

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« Antwort #179 am: 20.11.2025 00:29 »
Und wie sieht es mit Widersprüchen für die vergangenen Jahre aus? Vom Dienstherrn/Land ruhend gestellt. Keine Klage bisher eingereicht/erforderlich.