Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 252788 times)

Bundesjogi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1935 am: 01.12.2025 17:21 »
Nur als Beispiel hier ein paar aktuelle Fragen, zu denen (fundierter!) Input mehr als willkommen wäre:
- Sind etwaige Ortszuschläge im Lichte der Rn. 71 und Rn. 78 weiterhin "möglich"?
- Welches oder welche MÄE ist/sind für uns Bundesbeamte relevant?
- Was ist mit der Alimentation ab dem dritten Kind?
- usw., usf.

Die Entscheidung laesst dem Gesetzgeber formal einen Spielraum, aber materiell ist er extrem eingeschraenkt. Wer die Randnummern ernst nimmt, kommt unweigerlich zu dem Punkt, dass viele der FlexInstrumente faktisch nicht mehr in der politisch gewuenschten Form einsetzbar sind.

Bei den Ortszuschlaegen scheint die Lage auf den ersten Blick offen :) das Gericht schliesst sie nicht aus, im Gegenteil, es erkennt regionale Unterschiede ausdruecklich an. Jedoch: Der verfassungsrechtliche Maßstab verlangt eine empirisch belastbare, wiederholbar verifizierbare und methodisch konsistente (dieses Dreiergespann bitte gut merken, kommt kuenftig oefter) Ableitung. Ein politisch motivierter Pauschalansatz ist damit praktisch tot. Der Aufwand, einen verfassungskonformen Zuschlag zu entwickeln, waere enorm, denn man muesste fuer jede Region nachweisen, dass der Zuschlag tatsaechlich den notwendigen Kaufkraftausgleich bewirkt (bei den Auslandsdienstbezuegen funzt das ohne Probleme). Genau das kollidiert mit dem politischen Wunsch, ein einfaches Steuerungsinstrument zu haben. Der Gesetzgeber darf also, aber nur wenn er es richtig macht.... und genau das will er koennte sein, dass er es aus Kostengrunden vermeiden will.

beim MÄE fuer Bundesbeamte ist die Lage noch deutlicher: Entscheidend ist der Mindestabstand zur Grundsicherung, kombiniert mit dem innerdienstlichen Abstandsgebot und dem eigenstaendigen familienbezogenen Mehrbedarf. Das Gericht laesst keine Vermischung dieser Elemente zu und unterbindet explizit die Praxis, den Mehrbedarf ueber pauschale Zuschlaege oder strukturelle Verschiebungen zu nivellieren. Die datengesteutzte Herleitung des Mindestabstands ist zwingend, und jede politische Konstruktion, die versucht, die vertikalen Abstaende innerhalb der Besoldungsordnung zu glaetten, wird scheitern. Der Bund steht damit vor dem Problem, dass sein bisheriges Besoldungsmodell aus politisch gesetzten Pauschalen besteht, waehrend das Gericht eine normative, sachliche und vor allem transparente Begruendung verlangt, die bislang nicht existiert(!).

Der Zuschlag ab dem dritten Kind ist ein besonders sensibler Punkt (seit ungefaehr.....drei Monaten). Das Gericht hat wiederholt klar gemacht, dass dieser Zuschlag nicht als „Bonus“ zu verstehen ist, sondern als zwingende verfassungsrechtliche Korrektur, die den realen Mehrbedarf abbilden muss. Die Hoehe, wie sie bisher gewaehlt wurde, ist evident unzureichend und laesst sich weder methodisch noch empirisch verteidigen. Jede Loesung, die den Mindestabstand nicht dauerhaft herstellt, wird erneut verfassungswidrig sein. Politisch bedeutet das hohe Folgekosten, juristisch ist die Richtung aber Eindeutig. Dass der Bund das Thema schiebt, liegt nicht an Interpretationsspielraeumen, sondern an der fiskalischen Sprengkraft einer echten Umsetzung. (vgl. meine Aussage "2026 selbst machen oder 2027 durch Karlsruhe gemacht werden")


Nachklapp/Edit
Was viele in der Debatte konsequent übersehen: Das BVerfG prüft ausschließlich den kleinsten 4K-Beamten, weil dessen Existenzminimum den absoluten Untergrenzwert definiert. Der Single ist keine Sonderkategorie und bekommt auch keine eigene Pruefmatrix. Sein Niveau ergibt sich zwingend aus der verfassungsrechtlichen Logik, nicht aus irgendwelchen konstruierten Nebenrechnungen. Wer weiterhin mit „Single-Vergleichen“ argumentiert, operiert an der Systematik vorbei. Die Normuntergrenze wird nicht zweimal bestimmt.

Gleiches beim Thema Fortschreibungspflicht.... Rn. 92 ist kein Dekoelement, sondern der Punkt, an dem sich entscheidet, ob ein Besoldungsgesetz Bestand hat. Jedes Abweichen von Tariflohnindex, Nominallohnindex, Verbraucherpreisindex oder innerdienstlichem Abstandsgebot >5 % ist formal ein verfassungsrechtlicher Warnschuss. Das Gericht hat die Leitplanken eng gesetzt ,nicht aus Versehen, sondern weil die Praxis der letzten 20 Jahre gezeigt hat, dass ohne harte Begrenzungen kein Gesetzgeber freiwillig zu einer verfassungskonformen Alimentationsstruktur zurueckkehrt.

Wenn jemand jetzt immer noch behauptet, „hat sich ja nichts geaendert“, dann ist das kein Rechtsstandpunkt sondern schlicht ein Lesedefizit.

Erstmal danke für deine ganzen detaillierten Ausführungen.

Was ich und wahrscheinlich noch ein paar andere nicht verstehen ist die Herangehensweise an die Kritik des Gerichts und ziehen dann den Vergleich beim niedrigsten Beamten, nehmen wir mal an A5, als Single und als Alleinverdiener in einer 4K Familie.

Einerseits verstehe ich es so, dass der 4K Beamte in A5 die Basis von Allem ist. Aber gibt es dann in Zukunft überhaupt noch einen Unterschied zwischen dem 1K Beamten in A5 und dem 2K, 3K oder 4K Beamten oder nicht.

Das will mir nach dutzenden von Beiträgen immer noch nicht in den Kopf.

Natürlich wird es den geben und auf dieses Gerede sollte man nicht reinfallen. Man muss halt sehen, dass hier Swen jahrelang eine veraltete Ideologie gepredigt hat und viele das immer noch für bare Münze nehmen. Ist auch kein Zufall, dass der Guru sich aktuell nicht mehr meldet, ich glaube sogar, dass das keine böse Absicht ist aber diese Entscheidung hat so ziemlich alles über den Haufen geworfen was er zu wissen glaubte (das gesteht ich ihm schon zu, dass das in guter Absicht passiert ist). Dass es einen Unterschied zwischen Beamten mit unterschiedlich vielen Kindern geben wird sieht man schon daran, dass die Mindestbesoldung sowohl Familienzuschläge als auch Kindergeld enthalten hat und einen pauschal geschätzten Abschlag für die PKV. Es wird also genau nicht die Mindestbesoldung für einen Beamten ermittelt sondern die Mindestbesoldung einer vierköpfigen Familie. Daraus muss dann in einem zweiten Schritt das Mindestbrutto auch eines Alleinstehenden Beamten ermittelt werden, aber wie, das hat das Verfassungsgericht leider nicht genau ausgeführt. Für mich gibt es keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln, dass sich das ebenso an der Prekariatsschwelle (aber eben für einen Ein Personenhaushalt) orientiert, andere sehen das anders. Aber dass es künftig gar keine Zuschläge mehr gibt, das ist ziemlich ausgeschlossen und war schon immer entweder eine Fehlleistung der Rechtsprechung oder ihrer Interpreten. Man muss sich mal vorstellen: ein Beamter muss die Mindestbesoldung erreichen wenn er zwei Kinder bekommt und damit er auf dem Weg keine Panik kriegt muss das schon bevor er überhaupt eine Partnerin sucht nicht nur garantiert (das wäre im Fall der Familienzuschläge nämlich der Fall, weil er die mit den Kindern automatisch kriegt) sondern von vornherein mit dem Brutto abgegolten sein? Und wenn er dann doch Single bleibt bekommt er genau so viel wie eine Familie mit zwei Kindern? Das ist nicht nur völlig unlogisch sondern würde nur noch stärker dafür sorgen, dass die Geburtenrate einbricht. Das kann keiner wollen (außer Singlebeamten). Aber das ist nur Pfeifen im Walde.

MoinMoin

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1936 am: 01.12.2025 17:25 »
Nein, wenn ich nächsten Jahr dann wieder 4,5% Inflation vorliegen steigt der Vergleichsindex von 104,5 auf 109,2 (104,5 +4,5%) und ist damit vom Besoldungsindex, der ja noch bei 100 steht über 5% entfernt. Dann müsste ein Anpassung vorgenommen werden.

Ganz genau. Nach 2 Tariferhöhungen um je 4,5 % (gesamt 9,2025 %) ist der Tariflohnindex auf 109,2025 gestiegen. Mathematisch vernünftig wäre, eine Besoldungserhöhung um 9,2025 % * 95 % = 8,742375 % zu fordern, jedoch würde dem BVerfG völlig unsinnig auch 3,742375 % genügen, also 5 Prozentpunkte weniger, da

(109,2025 - 103,742375) / 109,2025 * 100 = 5
Ja sehr krude.
Aber ein kleiner Trost. Es ist "nur" ein einmal Effekt.

Wenn dann in den folgenden Jahren weiter eine Tariferhöhung von 4,5% gemacht wird, dann muss auch die Besoldungserhöhung exakt diese Höhe von 4,5% haben. Man hinkt dann halt lebenslang hinterher  :-[

NordWest

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1937 am: 01.12.2025 18:08 »
Hier wird ja immer noch viel über Regionalzuschläge gesprochen. Ich wage mal die Antithese, dass Regionalzuschläge mit dem neuen Beschluss bald nicht länger existieren werden.

Ihr Ursprung liegt in der Mindestbesoldung nach Hartz-IV, die von Mieten abhängig ist. Die neue Mindestbesoldung ist das nicht mehr, sondern einheitlich in jedem Bundesland.
Regionalzuschläge gibt es schon viel länger. Und die Mindestbesoldung hängt am Medianäquivalenzeinkommen.
Dieses Medianäquivalenzeinkommen gibt es für den Bund, für die jeweiligen Bundesländer und sogar für Regionen etc.
Der Dienstherr kann sich also erstmal aussuchen welches Medianäquivalenzeinkommen er nimmt.
Denn das ist mit dem neuen Urteil nicht geklärt.

Der  Bezug auf das Medianäquivalenzeinkommen ist die neue, erst wenige Tage alte Rechtsprechung des BVerfG. Zuvor wurde die Mindestbesoldung aus dem Bürgergeld abgeleitet. Und aus dieser Bürgergeldableitung entstammten die Regionalzuschläge, denn es flossen lokale Miethöhen in die Hartz-IV-Berechnung ein.

Mit der neuen Rechtsprechung nach dem Medianäquivalenzeinkommen (bei Länderbeamten laut BVerfG ausdrücklich des Bundeslandes i.ü.!) gibt es keinen juristischen Grund mehr für Regionalunterschiede und -zuschläge, egal ob die Lebenshaltungskosten dort unterschiedlich sind. Bei Bundesbeamten wird dann sicherlich nicht feiner differenziert: entweder vereinheitlicht man sogar deutschlandweit oder man differenziert nach Ländern. Regionalere Zuschläge wird es m.E. nicht mehr geben, höchstens Länderzuschläge.


Edde

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1939 am: 01.12.2025 18:21 »
Mir sind eher jene Lehrkräfte lieber die auf diese Missstände hinweisen, als jen, denen die Hände gebunden sind. Es ist ohnehin ein Unding und seltsames Phänomen i  Deutschland, dass das Beamtentum gleichzeitig in ein Verzicht auf Kritik mündet. Wie sollen Betroffene denn sonst auf Missstände aufmerksam machen?

Kritik ist im System nicht erwünscht. Wer dennoch Kritik übt, der wird vom System zurechtgestutzt und auf Spur gebracht, oder aber so lange schikaniert, bis er selbst die Segel streicht bzw. (dauer-)krank ausfällt.
Kritik bedeutet letztlich für die übergeordneten Stellen eine akute Gefahr für den eigenen (aktuellen und künftigen) Posten, den man (unter der Annahme, in der Hierarchie würde es nach oben kompetenter) dann aufgrund einer Entscheidung der Vorgesetzten räumen müsste, da diese die Inkompetenz erkennen.
Letztlich geht es um Erhalt des eigenen Postens und kollektivem Geklüngel, falls doch mal jemand zu großen Mist gebaut hat.

Was bleibt sind verheizte, resignierende Lehrkräfte und zugleich Schüler, die (auch aus strukturellen Gründen) nicht das Optimum an Bildung bekommen.
Kaschiert wird das Ganze z.B. durch geringere Anforderungen an die Schülerschaft bzw. Korrekturvorgaben von oben, die es den Lehrern fast unmöglich machen, Noten zu geben, die schlechter als ein "ausreichend" sind. Stattdessen lobt man sich im Kultusministerium dann selbst für gelungene Bildungspolitik, wenn es mal wieder einen neuen Rekordschnitt bei den Schulabschlüssen gibt (samt Zeitungsartikel, versteht sich!). Die Menschen werden bekanntlich immer schlauer, was sich ja schon an dem Anteil der Grundschüler zeigt, die anschließend das Gymnaisum besuchen, ohne das sie in der späteren Berufswelt aber ehrlicherweise auch kaum noch Chancen bekommen.

Böswilliger Dienstherr

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1940 am: 01.12.2025 18:42 »
Nur als Beispiel hier ein paar aktuelle Fragen, zu denen (fundierter!) Input mehr als willkommen wäre:
- Sind etwaige Ortszuschläge im Lichte der Rn. 71 und Rn. 78 weiterhin "möglich"?
- Welches oder welche MÄE ist/sind für uns Bundesbeamte relevant?
- Was ist mit der Alimentation ab dem dritten Kind?
- usw., usf.

Die Entscheidung laesst dem Gesetzgeber formal einen Spielraum, aber materiell ist er extrem eingeschraenkt. Wer die Randnummern ernst nimmt, kommt unweigerlich zu dem Punkt, dass viele der FlexInstrumente faktisch nicht mehr in der politisch gewuenschten Form einsetzbar sind.

Bei den Ortszuschlaegen scheint die Lage auf den ersten Blick offen :) das Gericht schliesst sie nicht aus, im Gegenteil, es erkennt regionale Unterschiede ausdruecklich an. Jedoch: Der verfassungsrechtliche Maßstab verlangt eine empirisch belastbare, wiederholbar verifizierbare und methodisch konsistente (dieses Dreiergespann bitte gut merken, kommt kuenftig oefter) Ableitung. Ein politisch motivierter Pauschalansatz ist damit praktisch tot. Der Aufwand, einen verfassungskonformen Zuschlag zu entwickeln, waere enorm, denn man muesste fuer jede Region nachweisen, dass der Zuschlag tatsaechlich den notwendigen Kaufkraftausgleich bewirkt (bei den Auslandsdienstbezuegen funzt das ohne Probleme). Genau das kollidiert mit dem politischen Wunsch, ein einfaches Steuerungsinstrument zu haben. Der Gesetzgeber darf also, aber nur wenn er es richtig macht.... und genau das will er koennte sein, dass er es aus Kostengrunden vermeiden will.

beim MÄE fuer Bundesbeamte ist die Lage noch deutlicher: Entscheidend ist der Mindestabstand zur Grundsicherung, kombiniert mit dem innerdienstlichen Abstandsgebot und dem eigenstaendigen familienbezogenen Mehrbedarf. Das Gericht laesst keine Vermischung dieser Elemente zu und unterbindet explizit die Praxis, den Mehrbedarf ueber pauschale Zuschlaege oder strukturelle Verschiebungen zu nivellieren. Die datengesteutzte Herleitung des Mindestabstands ist zwingend, und jede politische Konstruktion, die versucht, die vertikalen Abstaende innerhalb der Besoldungsordnung zu glaetten, wird scheitern. Der Bund steht damit vor dem Problem, dass sein bisheriges Besoldungsmodell aus politisch gesetzten Pauschalen besteht, waehrend das Gericht eine normative, sachliche und vor allem transparente Begruendung verlangt, die bislang nicht existiert(!).

Der Zuschlag ab dem dritten Kind ist ein besonders sensibler Punkt (seit ungefaehr.....drei Monaten). Das Gericht hat wiederholt klar gemacht, dass dieser Zuschlag nicht als „Bonus“ zu verstehen ist, sondern als zwingende verfassungsrechtliche Korrektur, die den realen Mehrbedarf abbilden muss. Die Hoehe, wie sie bisher gewaehlt wurde, ist evident unzureichend und laesst sich weder methodisch noch empirisch verteidigen. Jede Loesung, die den Mindestabstand nicht dauerhaft herstellt, wird erneut verfassungswidrig sein. Politisch bedeutet das hohe Folgekosten, juristisch ist die Richtung aber Eindeutig. Dass der Bund das Thema schiebt, liegt nicht an Interpretationsspielraeumen, sondern an der fiskalischen Sprengkraft einer echten Umsetzung. (vgl. meine Aussage "2026 selbst machen oder 2027 durch Karlsruhe gemacht werden")


Nachklapp/Edit
Was viele in der Debatte konsequent übersehen: Das BVerfG prüft ausschließlich den kleinsten 4K-Beamten, weil dessen Existenzminimum den absoluten Untergrenzwert definiert. Der Single ist keine Sonderkategorie und bekommt auch keine eigene Pruefmatrix. Sein Niveau ergibt sich zwingend aus der verfassungsrechtlichen Logik, nicht aus irgendwelchen konstruierten Nebenrechnungen. Wer weiterhin mit „Single-Vergleichen“ argumentiert, operiert an der Systematik vorbei. Die Normuntergrenze wird nicht zweimal bestimmt.

Gleiches beim Thema Fortschreibungspflicht.... Rn. 92 ist kein Dekoelement, sondern der Punkt, an dem sich entscheidet, ob ein Besoldungsgesetz Bestand hat. Jedes Abweichen von Tariflohnindex, Nominallohnindex, Verbraucherpreisindex oder innerdienstlichem Abstandsgebot >5 % ist formal ein verfassungsrechtlicher Warnschuss. Das Gericht hat die Leitplanken eng gesetzt ,nicht aus Versehen, sondern weil die Praxis der letzten 20 Jahre gezeigt hat, dass ohne harte Begrenzungen kein Gesetzgeber freiwillig zu einer verfassungskonformen Alimentationsstruktur zurueckkehrt.

Wenn jemand jetzt immer noch behauptet, „hat sich ja nichts geaendert“, dann ist das kein Rechtsstandpunkt sondern schlicht ein Lesedefizit.

Erstmal danke für deine ganzen detaillierten Ausführungen.

Was ich und wahrscheinlich noch ein paar andere nicht verstehen ist die Herangehensweise an die Kritik des Gerichts und ziehen dann den Vergleich beim niedrigsten Beamten, nehmen wir mal an A5, als Single und als Alleinverdiener in einer 4K Familie.

Einerseits verstehe ich es so, dass der 4K Beamte in A5 die Basis von Allem ist. Aber gibt es dann in Zukunft überhaupt noch einen Unterschied zwischen dem 1K Beamten in A5 und dem 2K, 3K oder 4K Beamten oder nicht.

Das will mir nach dutzenden von Beiträgen immer noch nicht in den Kopf.

Natürlich wird es den geben und auf dieses Gerede sollte man nicht reinfallen. Man muss halt sehen, dass hier Swen jahrelang eine veraltete Ideologie gepredigt hat und viele das immer noch für bare Münze nehmen. Ist auch kein Zufall, dass der Guru sich aktuell nicht mehr meldet, ich glaube sogar, dass das keine böse Absicht ist aber diese Entscheidung hat so ziemlich alles über den Haufen geworfen was er zu wissen glaubte (das gesteht ich ihm schon zu, dass das in guter Absicht passiert ist). Dass es einen Unterschied zwischen Beamten mit unterschiedlich vielen Kindern geben wird sieht man schon daran, dass die Mindestbesoldung sowohl Familienzuschläge als auch Kindergeld enthalten hat und einen pauschal geschätzten Abschlag für die PKV. Es wird also genau nicht die Mindestbesoldung für einen Beamten ermittelt sondern die Mindestbesoldung einer vierköpfigen Familie. Daraus muss dann in einem zweiten Schritt das Mindestbrutto auch eines Alleinstehenden Beamten ermittelt werden, aber wie, das hat das Verfassungsgericht leider nicht genau ausgeführt. Für mich gibt es keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln, dass sich das ebenso an der Prekariatsschwelle (aber eben für einen Ein Personenhaushalt) orientiert, andere sehen das anders. Aber dass es künftig gar keine Zuschläge mehr gibt, das ist ziemlich ausgeschlossen und war schon immer entweder eine Fehlleistung der Rechtsprechung oder ihrer Interpreten. Man muss sich mal vorstellen: ein Beamter muss die Mindestbesoldung erreichen wenn er zwei Kinder bekommt und damit er auf dem Weg keine Panik kriegt muss das schon bevor er überhaupt eine Partnerin sucht nicht nur garantiert (das wäre im Fall der Familienzuschläge nämlich der Fall, weil er die mit den Kindern automatisch kriegt) sondern von vornherein mit dem Brutto abgegolten sein? Und wenn er dann doch Single bleibt bekommt er genau so viel wie eine Familie mit zwei Kindern? Das ist nicht nur völlig unlogisch sondern würde nur noch stärker dafür sorgen, dass die Geburtenrate einbricht. Das kann keiner wollen (außer Singlebeamten). Aber das ist nur Pfeifen im Walde.

BVerfGE 44, 249, Rn. 63–65 und auf die Bestätigung in 2 BvL 1/86 (Rn. 48, 56) verweisen – mit dem Kerngedanken:

Leitbild ist, dass ein Beamter die Aufwendungen für das erste und zweite Kind im Wesentlichen aus seinen familienneutralen (Grundgehalts-)Bestandteilen bestreiten kann; die kinderbezogenen Zuschläge sind nur eine Zusatzleistung, nicht die Hauptlastträger.

cyrix42

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1941 am: 01.12.2025 18:49 »
Und? Sind 20% der Gesamt-Alimentation eines 4K-Alleinverdieners eine Zusatzleistung, falls man diese als familienbezogene Zuschläge auszahlen sollte? 30%? 50%? Dazu lässt sich das BVerfG nicht aus.

Mehr als 0% werden es aber in jedem Fall sein, sodass der Single-Beamte offensichtlich weniger erhalten wird als der 4K-Alleinverdiener-Beamte...

Und wenn der entsprechende Besoldungsgesetzgeber in einem neuen Besoldungsgesetz zukünftig von der (nur für die Vergangenheit festgeschriebenen[!]) 4K-Alleinverdiener-Familie als Grundlage abweicht, ist sowieso noch deutlich mehr Differenzierung möglich.

Böswilliger Dienstherr

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1942 am: 01.12.2025 20:17 »
Und? Sind 20% der Gesamt-Alimentation eines 4K-Alleinverdieners eine Zusatzleistung, falls man diese als familienbezogene Zuschläge auszahlen sollte? 30%? 50%? Dazu lässt sich das BVerfG nicht aus.

Mehr als 0% werden es aber in jedem Fall sein, sodass der Single-Beamte offensichtlich weniger erhalten wird als der 4K-Alleinverdiener-Beamte...

Und wenn der entsprechende Besoldungsgesetzgeber in einem neuen Besoldungsgesetz zukünftig von der (nur für die Vergangenheit festgeschriebenen[!]) 4K-Alleinverdiener-Familie als Grundlage abweicht, ist sowieso noch deutlich mehr Differenzierung möglich.

Das klingt als hätte da jemand was gegen alleinstehende. Soll mir recht sein, jedem seine Meinung. Gleichzeitig ist die Zeit der vergoldeten Beamtenkinder vorbei. Es wurde bereits ein Deckel angekündigt der noch nicht konkretisiert ist aber man sich den (siehe Diskussionen hier) schon ein wenig herleiten kann. Insofern Familien die auf Singles spucken und ihnen nichts gönnen aber dann in den Ferien und an den Feiertagen gern Urlaub haben möchten, dürfen mich da küssen wo die Sonne niemals scheint

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1943 am: 01.12.2025 20:17 »
Das, was der Single-Beamte mindestens verdienen muss, ergibt sich aus der Prüfungsstufe 1. Der Zuschlag erklärt sich dann in Relation zur Mindestbesoldung 4K.

Böswilliger Dienstherr

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1944 am: 01.12.2025 20:18 »
Das, was der Single-Beamte mindestens verdienen muss, ergibt sich aus der Prüfungsstufe 1.

Exakt

Verwalter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1945 am: 01.12.2025 20:39 »
Falls jemand noch auf der Suche nach einem Musterwiderspruch für die Bundesbesoldung 2025 ist. Der wäre hier zu finden:

https://www.berliner-besoldung.de/musterwiderspruch-zur-bundesbesoldung-2025-jetzt-verfuegbar/
BVerfG bestätigt, dass ich seit mehr als 10 Jahren verfassungswidrig unteralimentiert werde ... "ich bin arm aber sexy"

Imperator

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1946 am: 01.12.2025 21:05 »
Falls jemand noch auf der Suche nach einem Musterwiderspruch für die Bundesbesoldung 2025 ist. Der wäre hier zu finden:

https://www.berliner-besoldung.de/musterwiderspruch-zur-bundesbesoldung-2025-jetzt-verfuegbar/

Vielen Dank! Danach war ich seit Tagen auf der Suche.

GoodBye

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« Antwort #1947 am: 01.12.2025 21:44 »
Das, was der Single-Beamte mindestens verdienen muss, ergibt sich aus der Prüfungsstufe 1.

Exakt

Und das wird Dank der Bezugnahmen in den ersten 3 Parametern für den Single-Beamten immer über der Prekariatsachwelle sein.

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1948 am: 01.12.2025 21:48 »
Wirklich krude. Es gibt noch immer welche, die Beamtenfamilien als reine Bedarfsgemeinschaften sehen.

Solange kein Dienstherr ein neues Besoldungssystem aus der Taufe hebt und dieses sachgerecht begründet,  gilt erst einmal das 4K Modell. Frühere Rechtssprechung besagt, dass die Hauptteil der Besoldung aus dem Grundgehalt kommen muss. Beim aktuellen Beschluss weist das BVerfG auch darauf hin, dass die Besoldung unter dem Dreiklang Grundbesoldung,  Beihilfe und Familienzuschläge zu sehen ist, weist gleichzeitig darauf hin,  dass die Zuschläge nur in gewissen Grenzen zulässig sind, leider ohne die gewisse Grenzen zu definieren.

Bundi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #1949 am: 01.12.2025 22:29 »
Danke für den Link.