Soweit es die taz betrifft, übersieht die taz, dass bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis eben keine Grundrechte (insbesondere Streikrecht, Abordnung oder das Recht auf körperliche Unversertheit) durch Arbeitsverträge ausgehebelt werden können. Das ist an der Stelle genauso romantische Wunschvorstellung wie die Kürzung der Versorgungsbezüge.
@Hans Georg: Der Gesetzgeber hat bei der Bemessung einer amtsangemessenen Versorgung genau wie bei der amtsangemessenen Besoldung einen weiten Spielraum. Diesen Spielraum kann das BVerfG nur dann rügen, wenn der Gesetzgeber seiner Pflicht evident unzureichend nachgekommen ist. Dazu bedient sich das BVerfG verschiedener Prüfmodelle. Diese sind aber weder geeignet noch dazu gedacht, mit mathematischer Exaktheit oder durch mathematisierendes Vorgehen die Amtsangemessenheit zu beziffern. Genau diesen Weg schlagen die Besoldungsgesetzgeber allerdings gerade in der jüngeren Vergangenheit ein. Was nicht passt, wird passend gedengelt oder besser gerechnet.
Der Alimentationsanspruch orientiert sich hingegen am Leistungsprinzip. Das Leistungsprinzip ist ein in Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsmäßig festgeschriebenes Grundprinzip. Demnach richtet sich der Zugang zu öffentlichen Ämtern und die Fortentwicklung im öffentlichen Dienst nach der Eignung (=persönliche, geistige, körperliche und charakterliche Eigenschaften), der Befähigung (=fachliches Wissen und berufliche Vor- und Ausbildung) und der fachlichen Leistung (=bisherige Arbeitsleistungen in praktischer Tätigkeit sowie Fachwissen und -können).
Diese Kriterien sind abschließend, wobei dem Dienstherrn aber ein Beurteilungsspielraum bei der Auslegung der Begriffe zukommt. Die Prüfkriterien des zweiten Senats sind daher nur ein verfassungsrechtliches Mittel zur Kontrolle der beamtenrechtlichen Besoldung; sie sind aber weder geeignet noch dazu bestimmt, die konkreten Alimentationsbedürfnisse sachgerecht bemessen zu wollen.
Wenn der Gesetzgeber die Höhe der Besoldung festsetzt, dann musste er diese bisher im Gesetzgebungsverfahren sachlich begründen. Diese Begründung wird nun verlagert und zwar vom Gesetzgeber zum Dienstherrn und von der Gesetzesbegründung in den Gerichtssaal. Solange es dem Dienstherrn zukünftig nicht gelingt, die Besoldung anhand der oben genannten Kriterien sachgerecht begründen, sondern nur rein mathematisierend vorgeht, um die Prüfparameter nicht zu verletzen, dürfte es ihm regelmäßig kaum mehr gelingen, die Vermutung einer Unteralimentierung zu widerlegen.
Die bisherigen Bemühungen aller Besoldungsgesetzgeber (bis auf den weitestgehend untätigen Bund) waren davon geprägt, möglichst centgenau ein Ergebnis zu treffen, nach dem die Besoldung des am schlechtesten bezahlten 4K Beamten die Mindestbesoldung erreichte. Damit wurde ein indizielles Mittel zur Identifizierung einer Verletzung der Mindestbesoldung sachwidrig zu einer materiell rechtlichen zu berechnenden Untergrenze der Alimentation.
Swen hat es mal so ausgedrückt, dass uns diese mathematisierende Betrachtung der Besoldungsgesetzgeber den Geist vernebeln und so die Sicht auf die Dinge zunehmend erschweren. Ich habe mich nach näherer Betrachtung von dem Gedanken getrennt, dass man anhand des Prüfschemas mit mathematischer Exaktheit einen richtigen Betrag errechnen kann. Auch kann ein Prüfschema nicht alle verschiedenen Lebens- und Fallkonstellationen abbilden. Ein Prüfschema soll und muss abstrakt bleiben und ist nunmal nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Prüfschema.
Der Gesetzgeber muss stattdessen für die amtsangemessen Besoldung anhand der drei oben genannten Kriterien eine neue Basis finden. Diese Basis kann dann wieder mit Hilfe des neuen Pflichtenheftes des BVerfG auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden. Kommt man zu dem Ergebnis, es passt, ist alles wunderbar. Passt es nicht, muss der Besoldungsgesetzgeber wieder neu ansetzen und neu überlegen. Hier ist jedoch die Politik gefragt, die drei Kriterien mit Leben zu füllen, und die Gerichte können, wollen und dürfen der Politik nicht das Denken abnehmen, sie sind eben kein Hilfsgesetzgeber.
Dabei gilt es jetzt erstmal, und das betrachte ich zunächst als die nächste Hauptaufgabe, die Probleme bei der Betrachtung der letzten Erfahrungsstufe bei der Fortschreibungspflicht und das Jahre 1996 als Fixpunkt kritisch zu würdigen.