Auch die Gewährung von Ortszuschlägen haben die aus Art 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG resultierenden Schutzrechte des Beamten zu beachten. Art. 33 Abs. 5 GG stellt sicher, dass dem Beamten eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren ist. Art. 3 Abs. 1 GG garantiert dem Beamten die Gleichbehandlung mit anderen Beamten.
Unterschiedlich hohe Zuschläge wesentlich gleicher Beamter lassen sich insofern nur durch einen sachlichen Grund rechtfertigen. Wie das Bundesverfassungsgericht geurteilt hat, muss der Besoldungsgesetzgeber regional unterschiedliche hohe Lebenshaltungskosten nicht mittels eines Ortszuschlags ausgleichen, solange er die amtsangemessene Alimentation aller seiner Beamten garantiert (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 06. März 2007 - 2 BvR 556/04 -;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2007/03/rs20070306_2bvr055604.html). Er verfügt aber über das Recht, die Besoldung mittels eines Ortszuschlags zu differenzieren, wenn der Beamte von regional höheren Lebenshaltungskosten gar nicht betroffen ist (aktuelle Entscheidung Rn. 61). Er hat dabei aber zu garantieren, dass der Beamte sich auch den Umzug in den Vergleichsraum mit den höchsten Wohnkosten leisten kann (Rn. 60).
Sofern also der Beamte also in einem Vergleichsraum mit geringeren Wohnkosten wohnt, ist darin ein sachlicher Grund zu finden, ihn vom materiellen Gut eines Ortszuschlags auszuschließen oder diesen ggf. auch weiter zu differenzieren, ihm also einen Ortszuschlag geringerer Höhe zu gewähren.
Jedoch hat der Besoldungsgesetzgeber dabei ebenfalls die Forderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG im Blick zu behalten. Dabei bleibt weiterhin zu beachten, dass das auch für den Fall gilt, wenn ein nach Regionen differenzierter Ortszuschlag an die Kinderzahl gebunden wird. Denn ggf. darf der Besoldungsgesetzgeber hier Beamte mit unterschiedlich hoher Kinderzahl als diesbezüglich wesentlich ungleich behandeln, sofern er das sachlich rechtfertigen kann. Allerdings hat er Beamte mit gleicher Kinderzahl hinsichtlich dieser Kinderzahl wesentlich gleich zu behandeln.
Wenn der Besoldungsgesetzgeber also einen regional differenzierten Ortszuschlag an die Kinderzahl bindet und dies sachlich rechtfertigen kann, dann hat er die Beamten mit gleicher Kinderzahl wesentlich gleich zu behandeln, bindet er ihn nicht an die Kinderzahl, hat er alle Beamten wesentlich gleich zu behandeln.
Das ist weitgehend das verfassungsrechtliche Gerüst, das der Besoldungsgesetzgeber bei (Neu-)Einführung eines Ortszuschlags zu beachten hat, dass er also verfassungsrechtlich vorfindet. Diesbezüglich kann sich heute kein Besoldungsgesetzgeber im Unklaren befinden.
Wenn er nun aber wie bspw. NRW den an die Kinder(zahl) gebundenen Ortszuschlag nach den Mietenstufen des WoGG materiell stark differenziert, dann hat er weiterhin die Forderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten, also insbesondere, dass nicht ausgeschlossen ist, dass regional stark differierende Mietenstufen wie bspw. in Niedersachsen die Gemeinde Buchholz in der Nordheide mit der Mietenstufe VI zentral innerhalb des Kreises Harburg mit der Mietenstufe III liegt und unter anderem an die Samtgemeinde Tostedt (ebenfalls Mietenstufe III) grenzt.
Differenziert der Besoldungsgesetzgeber nun den Ortszuschlag nach dem Dienstort, kann er im Sinne der gegebenen Direktiven keine so stark differenzierten Ortszuschläge wie bspw. in NRW gewähren, da sich ja die Lebenshaltungskosten der Beamen weitgehend am Wohn- und nicht am Dienstort ergeben, sodass hinsichtlich ihres Dienstorts wesentlich gleiche Beamte hinsichtlich ihres unterschiedlichen Wohnorts nicht ungleich behandelt werden würden, was - in Abhängigkeit von der Höhe des jeweiligen materiellen Guts - ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellte. Ein unwesentlich höherer Ortszuschlag in Regionen mit hohen Lebenshaltungskosten als in Regionen mit niedrigen Lebenshaltungskosten ließe sich, sofern er an den Dienstort gebunden wäre, sachlich ggf. rechtfertigen, da der Beamte sich am Dienstort bspw. verköstigen muss und davon ausgegangen werden kann, dass in stark differenzierten (Ballungs-)Räumen für ihn hier höhere Kosten anfallen. Der Unterschied in den verschiedenen Ortszuschlägen - genauer: in den dann wohl insgesamt nur maximal
zwei möglichen Ortszuschlägen - dürfte sich dann prinzipiell nur auf wenige €pro Monat beschränken können, da ja die Lebenshaltungskosten weitgehend aus dem Grundgehalt zu bestreiten sind.
Will der Besoldungsgesetzgeber jedoch den Ortszuschlag an den Wohnort binden, sieht er sich der gerade genannten Problematik von regional stark unterschiedlichen Mietenniveaus bei lokal großer Nähe gegenüber und damit einem Abgrenzungsproblem, das er nicht so ohne Weiteres sachlich bewältigen kann. Denn zwar steht dem Besoldungsgesetzgeber mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes, denen alle Kommunen entsprechend den örtlichen Verhältnissen des Mietwohnungsmarktes zugeordnet sind, ein leicht zu handhabendes Kriterium zur Verfügung (vgl. in der aktuellen Entscheidung die Rn. 61). Jedoch ist deren sozialrechtliche Aufgabe, Wohngeldberechtigungen zu betrachten, und nicht, Ortszuschläge von alimentierten Beamten zu betrachten; hier wäre also zunächst einmal zu beachten, dass bei der Bemessung der Besoldung der qualitative Unterschied zwischen der Grundsicherung, die als staatliche Sozialleistung den Lebensunterhalt von Arbeitsuchenden und ihren Familien sicherstellt, und dem Unterhalt, der erwerbstätigen Beamten und Richtern geschuldet ist, hinreichend deutlich werden muss (Rn. 47).
Der Sozialgesetzgeber darf also ohne Weiteres davon ausgehen, dass er mit den Mietenstufen ein sozialrechtlich statthaftes Mittel zu Differenzierung des Wohngeldbezugs wesentlich Gleicher vorfindet. Der Besoldungsgesetzgeber hat hingegen sachlich zunächst zu beachten, dass er mit den Mietenstufen des sozialrechtlichen Wohngeldgesetzes auf wesentlich ungleiche Beamte trifft, dass also der gerade genannte qualitative Unterschied zwischen Beamten und Grundsicherungsempfängern zu beachten ist, um den Forderungen des Alimentationsprinzips gerecht werden zu können. Ihm steht also mit den Mietenstufen des Wohngeldgesetzes ein leicht zu handhabendes Kriterium bereit (das sagt das Bundesverfassungsgericht); er muss nun aber sachlich nachweisen, dass er dieses sozialrechtliche Kriterium auch besoldungsrechtlich sachgerecht verwenden kann. Denn nur eine sachgerechte Verwendung lässt sich prozedural hinreichend begründen.
Und damit lassen sich ebenfalls für den nach dem Wohnort differenzierten Ortszuschlag
mehr als maximal zwei Zuschläge unterschiedlicher Höhe
sachlich nicht begründen: Denn in den lokal aneinander grenzenden Regionen (wie bspw. in der Gemeinde Buchholz, die im Kreis Harburg liegt) wird sich ein stark differenzierter Ortszuschlag der Höhe VI und III sachlich nicht rechtfertigen lassen, da das offensichtlich zwangsläufig zu einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG führen müsste. Denn eine Differenzierung wird sich kaum sachlich rechtfertigen lassen, wenn sie im Ergebnis zu den bspw. in NRW gegebenen Höhen führt (hier für die Besoldungsgruppe A 6/3 nach dem Besoldungsrechner):
erstes Kind zweites Kind
Mietenstufe I: 136,13 € 363,68 €
Mietenstufe II: 136,13 € 489,73 €
Mietenstufe III: 179,52 € 576,23 €
Mietenstufe IV: 307,10 € 599,58 €
Mietenstufe V: 423,99 € 625,78 €
Mietenstufe VI: 549,69 € 647,20 €
Unabhängig davon, dass diese Beträge willkürlich zusammengewürfelt worden sind und sich also an keinen sachgerecht ermittelten tatsächlichen Bedarfen orientieren - also eine verfassungsrechtlich hohe Fantasie zeigen und sich also irgendwo weit entfernt vom Boden des Grundgesetzes aufhalten -, lassen sich diese extrem differierenden Beträge sachlich nicht vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen, da der Besoldungsgesetzgeber nicht garantieren kann, dass wesentlich Gleiche auch wesentlich gleich behandelt werden - vielmehr ist offesichtlich, dass hier mit materiellen Gütern verfahren wird, als ständen diese im Belieben des Besoldungsgesetzgebers, was - wie gezeigt - nicht der Fall ist. Um bei den beiden genannten Mietenstufen zu bleiben (ähnliche Beispiels wie für Niedersachsen finden sich auch in NRW): Wie will er den Betragsunterschied von 370,17 € und 70,97 € sachlich rechtfertigen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass mindestens in den lokalen Grenzgebieten zwischen den genannten Regionen kein solch extremen Unterkunftskosten zu finden sind, dass vielmehr wiederkehrend kaum ein Unterschied zu finden sein wird?
Ergo: Das Bundesverfassungsgericht hat in den beiden o.g. Entscheidungen bereits alles, was sachlich nötig ist, gesagt. In diesem Sinne darf man die Bedeutung von Ortszuschlägen für die amtsangemessene Alimentation als weitgehend ausgeurteilt betrachten, denke ich. Es ist deutlich, dass die in verschiedenen Rechtskreisen signifikant unterschiedlich hohen Orts- bzw. ortsgebundenen Familien(ergänzungs)zuschläge vor der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht sachlich nicht zu rechtfertigen sind.
Da all das bereits in dem bekannten DÖV-Beitrag aus dem Jahr 2021 auf den S. 375 ff. betrachtet worden ist (wenn auch die gerade vorgenommene Differenzierung zwischen wohnort- und dienstortgebundenen Ortszuschlägen dort nicht zu finden ist; sie liegt aber ja auf der Hand, lässt sich also aus der vorliegenden Rechtsprechung begründen), kann auch kein Besoldungsgesetzgeber davon ausgehen, dass er von alledem nichts gewusst hätte. Denn dafür sind die Juristen in den Ministerien da, die solche Rechtsnormen erarbeiten: die verfassungsrechtliche Prüfung geplanter Regelungen vorzunehmen.