Ich schätze mal, dass ihr in eurer Diskussion euch gegenseitig nicht überzeugen werdet (und ich mit meiner nachfolgenden Argumentation ebenfalls kaum alle überzeugen werde), was daran liegt, dass ihr alle aus der jeweils eigenen Warte Recht habt:
Zunächst einmal können bekanntlich das Dienst- und ein anderes Beschäftigungsverhältnis nicht verglichen werden, da es sich beim Dienstverhältnis um ein Sonderstatusverhältnis handelt, das maßgeblich auf den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentum beruht, was so für kein anderes Beschäftigungsverhältnis gilt: Beamte zeigen sich hinsichtlich ihres Beschäftigungsverhältnisses als wesentlich Ungleiche gegenüber den Beschäftigungsverhältnisse in der freien Wirtschaft. Als Folge des Treue- und Dienstverhältnisses sieht sich der Beamte in der Pflicht, unter Einsatz der ganzen Persönlichkeit – grundsätzlich auf Lebenszeit – dem Dienstherrn die
volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und gemäß den jeweiligen Anforderungen die Dienstpflichten nach Kräften zu erfüllen (BVerfGE 155, 1 <13 Rn. 24> wie auch im Folgenden, HErvorhebungen durch ST.;
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv155001.html). Als "Korrelat" sieht sich der Dienstherr zur Gewährleistung einer rechtlich und wirtschaftlich gesicherten Position verpflichtet, zu der die individuelle Garantie einer amtsangemessenen Besoldung und Versorgung durch das Alimentationsprinzip und die Möglichkeit ihrer gerichtlichen Durchsetzung wesentlich beitragen. Sie bildet die Voraussetzung und innere Rechtfertigung für die lebenslange Treuepflicht sowie das Streikverbot, während diese umgekehrt eine gerichtliche Kontrolle der Alimentation erfordern. Diese Strukturprinzipien sind untrennbar miteinander verbunden.
Wenn nun - was verfassungsrechtlich nicht vorgesehen ist - die eine Seite nicht den sich aus seiner Treuepflicht ergebenden Pflichten nachkommt, darf das die andere Seite nicht veranlassen, es ihr ebenso gleichzutun.
Der "Dienst nach Vorschrift" oder "Bummelstreik" ist nun eine verdeckte Form der Arbeitsniederlegung, da der Beamte so dem Dienstherrn nicht die volle Arbeitskraft zur Verfügung stellt und so nicht seiner entsprechenden Pflicht nachkommt. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 31. Januar 1978 – VI ZR 32/77 - ein entsprechendes Handen als sittenwidrig begriffen, was das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 02. Juli 1979 – 1 BvR 335/78 - als nicht zu beanstanden betrachtet hat (
https://www.rehm-verlag.de/eLine/portal/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27baypvg_3fe3123cf03f2756a9fcd17cbe7aa607%27%20and%20%40outline_id%3D%27baypvg_data%27%5D).
Ergo: Die Alimentation wird als eine Seite der Medaille in über 60 verwaltungsgerichtlichen Vorlagen aus zwölf Bundesländern als evident sachwidrig und damit verfassungswidrig betrachtet. Die Empörung darüber, dass die Dienstherrn nichtsdestotrotz weiterhin regelmäßig und konzertiert die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts missachten, sollte als weiterer Teil dieser Seite der Medaille m.E. verständlich sein, denke ich. Ebenso ist m.E. als eine noch einmal weiterer Teil dieser Seite der Medaille die Enttäuschung gegenüber dem Bundesverfassungsgericht darüber, dass zwischen seiner letzten Entscheidung und heute mittlerweile fast fünf Jahre vergangen sind, während in dieser Zeit das Alimentationsprinzip letztlich zuschande getrieben worden ist, ebenfalls gut nachvollziehbar, wenn ich auch weiterhin nachvollziehbare Gründe für die langen Verfahrensdauern sehe, um gleichzeitig akzeptieren zu müssen (und zu wollen), dass das andere andere sehen mögen (wollen). Und am Ende bleibt aber als andere Seite der Medaille nach der vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Rechtsprechung des BGH ein "Bummelstreik" sittenwidrig und darf deshalb vom Beamten nicht vollzogen werden.
So stellt sich mir die Sachlage dar.