Autor Thema: Entwurf zum Bundesbesoldungs- und -versorgungsangemessenheitsgesetz - BBVAngG  (Read 63011 times)

SwenTanortsch

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Ja, das kommt, PolareuD, und zwar noch im Laufe des Tages, weil ich ab morgen keine Zeit mehr finden werde, mich mit dem Entwurf zu beschäftigen. Ergo werde ich hier heute die Darlegung nach ihrer Fertigstellung vollständig Stück für Stück nacheinander mittels copy and paste einstellen. Allerdings bin ich noch nicht ganz fertig: Nachdem ich im Abschnitt 6 die materiell-rechtliche Situation, wie sie derzeit geregelt ist, betrachtet habe, und im vorhin eingestellten Abschnitt 7 die indizielle Prüfung dieser derzeitigen Besoldungsregelung betrachtet habe, um so den Verletzungsgrad der Besoldunfsordnung A aufzuzeigen, der wie gezeigt ob seiner Schwere zwangsläufig zu einer deutlichen Anhebung aller Grundgehaltssätze führen muss, da sich alles andere sachlich nicht rechtfertigen und entsprechend nicht sachgerecht begründen lässt, folgt alsbald noch ein Abschnitt (also der Abschnitt 8), der die materiell-rechtlichen Konsequenzen der geplanten Neuregelungen betrachtet, also die materiell-rechtlich weitgehend fortbestehende Verletzung der Besoldungsordnung A im Gefolge der geplanten Neuregelungen nachweist. Auf dieser Grundlage wird dann im Abschnitt 9 wiederum der indizielle Verletzungsgrad betrachtet und nachgewiesen, dass die heute bestehende eklatante Verletzung der Besoldungssystematik, wie sie im Abschnitt 6 und 7 nachgewiesen wird, im Gefolge ihrer durch die geplanten Neuregelungen materiell-rechtlich weiterhin nicht erfolgenden Heilung (vgl. Abschnitt 8) sich ob des durch die Neuregelungen kaum geänderten Verletzungsgrads nach wie vor indiziell als so eklatant erweist, dass sich der Besoldungsgesetzgeber direkt im Anschluss an die erfolgte Gesetzgebung verfasungsrechtlich gezwungen sieht, in ein weiteres Gesetzgebungsverfahren einzutreten, in dem er nun insbesondere durch die deutliche Anhebung der Grundgehaltssätze aller Besoldungsgruppen die verletzten Besoldungssystematik heilt. Ein kluger Besoldungsgesetzgeber - das wird allerdings als Fazit nicht gesagt - würde hingegen effizient arbeiten und sogleich einen sachgerechten Gesetzentwurf erstellen und nicht diesen desolaten Torso, der als verfassungsrechtliche Totgeburt keine Chance hat, jemals Gesetzeskraft zu erlangen, und der, falls es sie doch erlangte, zur schweren Beschädigung aller am Gesetzgebungsverfahren verfassungsrechtlich beteiligten Verfassungsorgane führen müsste.

Ergo: Noch bin ich nicht fertig ...

@ Neu

In Anbetracht der vielfach gezielt evident sachwidrigen Entscheidungen kann hier kein Zufall vorliegen, sondern muss von einem wissentlich und willentlich verfassungswidrig erstellten Gesetzentwurf ausgegangen werden. Eine zentrale Begründung für das zielgerichtet verfassungswidrige Handeln liefern die beiden Aussagen der SPD-Abgeordneten aus der jüngsten und jüngeren Vergangenheit, die offensichtlich auf einer schriftlichen Darlegung eines entscheidenden politischen Verantwortungsträgers (oder einer entscheidenden politischen Verantwortungsträgerin) mit SPD-Parteibuch basieren, wie das vorhin begründet worden ist.

BVerfGBeliever

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Die Grundbesoldung in der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 3 als Ausgangspunkt der Besoldungsstaffelung wäre am Ende des Jahres mit 2.707,- € gegenüber dem Grundgehaltsäquivalent in Höhe von 4.852,- € indiziell um mehr als 44 % zu gering bemessen.

(Wie immer) herzlichen Dank für die Berechnungen!!

Entsprechend nochmals ein kurzer Blick auf die aktuell geplanten 45,212 Mrd. € Personalkosten für 2025:
- Für die aktiven Bundesbeamten sind 10,867 Mrd. € angesetzt.
- Für die Soldaten sind 10,266 Mrd. € angesetzt.
- Für die Versorgungsbezüge sind 9,013 Mrd. € angesetzt.
- Für die Arbeitnehmer sind 6,791 Mrd. € angesetzt.
- Außerdem sind weitere Personalkosten (u.a. „globale Mehrausgaben“) in Höhe von 8,275 Mrd. Euro angesetzt.

Würde man jetzt also die 30,146 Mrd. Bezüge der Beamten, Soldaten und Versorgungsempfänger linear um 44 % erhöhen, so würde dies zusätzlich 13,264 Mrd. Euro pro Jahr kosten.

Gäbe es anschließend einen „Aufschrei“ in der Springer-Presse? Selbstverständlich.

Sollte ein funktionierender, leistungsfähiger, motivierter und korruptionsfreier öffentlicher Dienst diese Summe wert sein? Die Antwort liegt mutmaßlich im Auge des Betrachters..

SwenTanortsch

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8. In Konsequenz der vom Gesetzentwurf evident sachwidrig vollzogenen Bemessung des Besoldungsniveaus gestaltet sich selbst unter Betrachtung aller weiteren oben gezeigten sachwidrig Maßnahmen die in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 gewährte Nettoalimentation zukünftig materiell-rechtlich weiterhin als evident unzureichend, wie oben bereits überschlagsmäßig dargelegt (vgl. oben unter 6 lit. b), was hier nun zunächst sachlich erhärtet werden soll. Im Anschluss soll eine weitere Auswahl an Besoldungsgruppen betrachtet werden, um so die fortbestehende materiell-rechtliche Verletzung der Besoldungsordnung A im Gefolge der vom Gesetzentwurf geplanten Neuregelungen in den Blick zu nehmen.

a) Unter Beachtung der unterjährigen Besoldungsanpassung werden einem in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 eingruppierten Musterbeamten im Jahr 2024 wie oben gezeigt eine Grundbesoldung von 35.310,86 € (vgl. oben unter 6 lit b) und darüber hinaus ein Familienzuschlag von 5.796,32 € (vgl. oben unter 6 lit d). gewährt. Auch soll nach Anlage VII.1 i.V.m. Anlage VII. 2 zu § 41 Abs. 3 Satz 4 und 5 in der Mietenstufe VII ein alimentativer Ergänzungszuschlag von 240,- € je Kind gewährt werden (vgl. im Entwurf S. 44), wodurch sich die familienbezogenen Besoldungskomponenten auf insgesamt 11.650,56 € belaufen. Die leistungslosen sozialen Komponenten sollen so den Grundgehaltssatz um 33,0 % erhöhen. Bislang war der Grundgehaltssatz in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 in Höhe von jährlich 35.310,86 € durch die leistungslos gewährten Familienzuschläge von 5.796,32 € um 16,4 % erhöht worden.

Der Anteil der leistungslos gewährten Besoldungskomponenten wird so vom Gesetzentwurf beträchtlich ausgeweitet, ohne dass er hierfür einen konkreten sachlichen Grund nennt. Nicht umsonst kann die Betrachtung des Mindestabstandsgebots keinen sachlichen Grund darstellen, da sie als Grenze zur Unteralimentation keinen sachlichen Zusammenhang mit der amtsangemessenen Alimentation aufweist und deshalb keine Anknüpfung an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien ermöglicht. Darüber hinaus muss der Gesetzentwurf durch die mit zunehmender Besoldungshöhe immer weiter abgeschmolzenen familiären Ergänzungszuschläge davon ausgehen, dass der tatsächliche Bedarf von Beamtenkindern mit zunehmender Leistungsfähigkeit ihres bediensteten Elternteils zunehmend geringer wird, was sich empirisch nicht nachweisen lässt. Im Ergebnis zeigt sich auch hier der evident sachwidrige Gehalt entsprechender Zuschläge und ihrer jeweiligen Höhe (vgl. dazu auch Schwan, ZBR 2025, Heft. 1, demn.).

Dabei wäre darüber hinaus noch nicht beachtet, dass der Gesetzentwurf die Mindestalimentation offensichtlich eher als eine Art „Höchstalimentation“ betrachtet. Das Bundesverfassungsgericht lässt in seiner Rechtsprechung wie oben gezeigt (vgl. oben unter 7 lit. c) zunächst einmal keinen Zweifel daran, das in den von der Mindestalimentation umfassten Betrag der zu gewährenden Nettoalimentation keine Einschnitte vorgenommen werden dürfen. Da allerdings der Gesetzentwurf offensichtlich erst mit der höchsten der Mietenstufen das – dennoch selbst hier eklatant verfehlte – Ziel verfolgt, das Mindestalimentationsniveau zu überschreiten, lässt er mit abnehmender Mietenstufe einen immer größeren Fehlbetrag zur Mindestalimentation und damit einen zunehmend tieferen Einschnitt in den Betrag der zu gewährenden Nettoalimentation zu, in den keine Einschnitte zugelassen sind. Auch das sollte sich so kaum mit der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in Einklang bringen lassen.

Das dem betreffenden Musterbeamten im Jahr 2024 in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 gewährte Gehalt als Ganze beträgt folglich an einem Ort, dem die höchste Mietenstufe VII zugeordnete wird, 46.876,18. Nach Abzug der wie oben dargestellt ermittelten Steuerlast (vgl. oben unter 6 lit. e) von 3.340,- € ergibt sich eine Nettobesoldung von 43.536,18 €. Nach Abzug der Kosten für die die Beihilfeleistungen ergänzende Kranken- und Pflegeversicherung von 7.844,40 € (vgl. oben 6 lit. e) und Addition des Kindergelds in Höhe von 6.000,- € (vgl. oben 6 lit. f) liegt materiell-rechtlich eine Nettoalimentation von 41.691,78 € vor, die beträchtlich unter der vom Gesetzentwurf nicht realtätsgerecht bemessenen Mindestalimentation von 48.002,27 € verbleibt. Selbst wenn man das vom Gesetzentwurf evident sachwidrig hinzugezogene Partnereinkommen von 6.456,- € (vgl. zum sachwidrigen Gehalt oben unter 6 lit. g) betrachtet und darüber hinaus schließlich den ggf. hier nicht zu betrachtenden Rundfunkbeitrag von 220,32 € und die Sozialtarife in Höhe von 228,- € wie der Entwurf abzieht (vgl. hierzu und zur eventuellen Problematik der vom Gesetzentwurf vollzogenen Betrachtung oben unter 6 lit. f), unterschreitet die so in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 bemessene Nettoalimentation von 47.699,46 € die vom Gesetzentwurf evident unzureichend ermittelte Mindestalimentation noch um 302,81 € und erweist sich so ebenfalls als evident unzureichend.

Tatsächlich aber können wie gezeigt materiell-rechtlich weder das Partnereinkommen betrachtet noch eine nicht realitätsgerecht bemessene Mindestalimentation als Vergleichsgegenstand herangezogen werden. Entsprechend kann das Partnereinkommen wie oben gezeigt nicht zur Betrachtung der Nettoalimentation herangezogen werden, sodass die dem in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 eingruppierten Beamten so gewährte Nettoalimentation von 41.691,78 € die realitätsgerecht bemessene Mindestalimentation in Höhe von 54.058,44 € um jährlich mehr als 12.360,- € (- 22,9 %) unterschreitet und sich das Mindestabstandsgebot trotz der geplanten Neuregelungen hier weiterhin als eklatant verletzt zeigt. Darüber hinaus würde die in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 gewährte Nettoalimentation ebenfalls weiterhin evident unzureichend bleiben, wenn man evident sachwidrig auf ein Partneinkommen von monatlich 538,- € zurückgreifen würde; denn auch dann würde die gewährte Nettoalimentation noch um 11,8 % unter der Grenze zur Unteralimentation liegen.

Zugleich muss ebenso das verletzte Mindestabstandsgebot in den Vergleichsräumen betrachtet werden, denen eine der ersten drei Mietenstufe zugeordnet wird. Hier soll den Musterbeamten kein alimentativer Ergänzungszuschlag gewährt werden. Entsprechend beträgt ihre Bruttobesoldung im Jahr 2024 in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 41.107,18 €. Nach Abzug der Steuerlast in Höhe von 1.932,- € sowie der Kosten für die Beihilfeleistungen ergänzende Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 7.844,40 € und Addition des Kindergelds in Höhe von 6.000,- € wird ihnen eine jährliche Nettoalimentation von 37.330,78 € bzw. eine monatliche von 3.110,90 € gewährt, die die Mindestalimentation in Höhe von 4.504,87 € um 1.393,97 € bzw. 30,9 % unterschreitet.

Neu555

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Das ist ja Gold wert, was Swen hier schreibt. Ganz großen Respekt.

Wie kann das BMI nur so eine riesengroße Schei... verzapfen? Selbst wenn man das Partnereinkommen lässt, ist das ganze ja eine einzige Katastrophe ...

Unknown

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Ich kann nur alle ermuntern, den MdB des Vertrauens bzw. des Wahlkreises anzuschreiben.
Hier findet sich weiter unten eine Auflistung aller MdB aus der aktuellen Legislaturperiode.

https://fragdenstaat.de/anfrage/liste-mit-allen-mitgliedern-des-deutschen-bundestages-der-19-wp-inkl-emails-1/#nachricht-795234

Gerne können wir diese auch nach Parteien sortiert hier veröffentlichen.

Und was soll das bringen? Die Abgeordneten, die der Opposition angehören, werden den Protest im Zweifel unterstützen, aber darauf hinweisen, dass sie keine Handhabe haben. Und die Abgeordneten, die den Ampelparteien angehören, werden schweigen oder den Entwurf schönreden. Und selbst die Oppositionsstimmen, die den Protest gutheißen, braucht man nicht aufbewahren, in der Hoffnung die Leute daran festzuhalten zu können, wenn sie selbst in Regierungsverantwortung gekommen sind, denn dann werden sie sagen, dass sich nun die Verhältnisse geändert haben und daher die Sache neu bewertet werden müsse...
Selbst wenn die Abgeordneten schweigen, dann ist das bereits eine Reaktion. Ich erwarte mir ausser irgendwelche Floskeln überhaupt nichts. Allerdings wenn die Masse hier im Forum, ihren Abgeordneten im Wahlkreis damit konfrontiert, wird es immer wieder in das Bewusstsein gerufen. Wenn beispielsweise in einem großen Kreis mit vielen Beamten der Abgeordnete viele Email oder Anfragen bekommt, dann sollte er sich zwangsläufig damit auseinandersetzen, unabhängig davon, ob es ihm gefällt oder nicht.
Aus meiner Sicht geht es nur über die Masse. Der ein oder andere Abgeordnete hat auch seine Wiederwahl im Sinn und dieses in einem größeren Wahlkreis, kann vielleicht was bewirken. Der ein oder andere Beamte ist gut vernetzt und kann die Informationen vom Abgeordneten breit streuen.

Natürlich ist mir klar, dass es nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist.

SwenTanortsch

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b) Wie oben gezeigt, beschreibt darüber hinaus nicht die in der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 gewährte Bruttobesoldung das niedrigste Besoldungsniveau, sondern wird dieses im Rahmen der evident sachwidrigen Besoldungsstaffelung einem Amt gewährt, das nach der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 5 besoldet wird (vgl. oben unter 2 lit. a). Das Grundgehalt in der ersten Erfahrungsstufe beträgt hier bis März des Jahres 2.438,59 € und danach 2.778,44 €. Die Familienzuschläge belaufen sich auf 438,39 € und 485,51 €. Das jährliche Besoldungsniveau beläuft sich entsprechend an einem Ort, dem eine der ersten drei Mietenstufen zugeordnet wird, auf 38.393,46 € und wird an einem Ort, dem die Mietenstufe VII zugeordnet ist, unter Betrachtung der jeweiligen Abschmelzbeträge auf 44.093,46 € erhöht. Nach Abzug der Steuerlast von 1.328,- € und 2.654,- € sowie der Kosten für die Beihilfeleistungen ergänzende Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 7.844,40 € und Addition des Kindergelds in Höhe von 6.000,- € wird ihnen eine jährliche Nettoalimentation von 35.221,06 € und 39.595,06 € bzw. eine monatliche von 2.935,09 € und 3.299,59 € gewährt, die die realitätsgerechte Mindestalimentation in Höhe von 4.504,87 € um 1.569,98 € bzw. 34,8 % und 1.205,28 € bzw. 26,8 % unterschreitet. Selbst unter der evident sachwidrigen Betrachtung eines Partnereinkommens in monatlicher Höhe von 538,- € bliebe jeweils auch hier eine deutliche Unterschreitung der Grenze zur Unteralimentation bestehen.

PolareuD

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@ Swen

Erstmal vielen Dank von meiner Seite für deine stete Arbeit zum Thema. Deine Beiträge haben, wie gewohnt, einen erhellenden Einblick in die Materie geliefert.

Ein Vorschlag meinerseits wäre alle Teile deines Beitrages in einem PDF-Dokument hoch zuladen, eventuell auch in den Sammelthread zu stellen? So hätte jeder alle Teile gesammelt zur Verfügung.

SwenTanortsch

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Das halte ich für eine gute Idee, PolareuD!

SwenTanortsch

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c) In Anbetracht der nach den geplanten Neuregelungen signifikant fortbestehenden hohen Fehlbeträge kann darauf verzichtet werden, nachfolgend jede Besoldungsgruppe einzeln zu betrachten. Von daher soll nun zunächst einmal die in der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 10 gewährte Alimentation in den Blick genommen werden. Das Grundgehalt in der ersten Erfahrungsstufe beträgt hier bis März des Jahres 3.195,55 € und danach 3.575,51 €. Die Familienzuschläge belaufen sich auf 416,92 € und 464,04 €. Das jährliche Besoldungsniveau beläuft sich entsprechend an einem Ort, dem eine der ersten drei Mietenstufen zugeordnet wird, weiterhin auf 47.620,44 € und wird an einem Ort, dem die Mietenstufe VII zugeordnet ist, unter Betrachtung der jeweiligen Abschmelzbeträge auf 52.300,44 € erhöht. Nach Abzug der Steuerlast von 3.526,- € und 4.718,- € sowie der Kosten für die die Beihilfeleistungen ergänzende Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 7.844,40 € und Addition des Kindergelds in Höhe von 6.000,- € wird ihnen eine jährliche Nettoalimentation von 41.899,95 € und 45.738,04 € bzw. eine monatliche von 3.491,66 € und 3.811,50 € gewährt, die die realitätsgerechte Mindestalimentation in Höhe von 4.504,87 € um 1.013,21 € bzw. 22,5 % und 693,37 € bzw. 15,4 % unterschreitet. Selbst unter der evident sachwidrigen Betrachtung eines Partnereinkommens in monatlicher Höhe von 538,- € bliebe in beiden Fällen eine signifikante Unterschreitung der Grenze zur Unteralimentation bestehen. Nach den geplanten Neuregelungen wird sich folglich die Verletzung des Mindestabstandsgebots weiterhin bis weit in den gehobenen Dienst hinein fortsetzen.

d) Entsprechend wäre zu prüfen, ob durch die geplanten Neuregelungen das Mindestabstandgebot mittlerweile zumindest in der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 11 als beachtet zu betrachten wäre. Das Grundgehalt in der ersten Erfahrungsstufe beträgt dabei bis März des Jahres 3.652,61 € und danach 4.056,80 €. Die Familienzuschläge belaufen sich auf 416,92 € und 464,04 €. Das jährliche Besoldungsniveau beläuft sich entsprechend an einem Ort, dem eine der ersten drei Mietenstufen zugeordnet wird, weiterhin auf 53.347,46 € (vgl. oben unter 6 lit. i) und wird an einem Ort, dem die Mietenstufe VII zugeordnet ist, unter Betrachtung der jeweiligen Abschmelzbeträge auf 57.487,46 € erhöht. Nach Abzug der Steuerlast von 4.990,- € und 6.086,- € sowie der Kosten für die die Beihilfeleistungen ergänzende Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 7.844,40 € und Addition des Kindergelds in Höhe von 6.000,- € wird ihnen eine jährliche Nettoalimentation von 46.513,06 € und 51.401,46 € bzw. eine monatliche von 3.876,09 € und 4.283,46 € gewährt, die die realitätsgerechte Mindestalimentation in Höhe von 4.504,87 € um 628,78 € bzw. 14,0 % und 221,41 € bzw. 4,9 % unterschreitet. Selbst unter der evident sachwidrigen Betrachtung eines Partnereinkommens in monatlicher Höhe von 538,- € bliebe im ersten Fall eine signifikante Unterschreitung der Grenze zur Unteralimentation bestehen, während sie im zweiten Fall nicht mehr gegeben wäre. Da eine solche evident sachwidrige Betrachtung des Partnereinkommen wie gezeigt allerdings sachlich nicht möglich ist, stellt sich das Mindestabstandsgebot selbst noch in Vergleichsräumen, denen die Mietenstufe VII zuzuordnen ist, hinsichtlich der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 11 als verletzt dar.

SwenTanortsch

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9. Im Ergebnis kann also entsprechend der oben dargestellten Methodik (vgl. oben unter 7 lit. a) ebenso der indizielle Verletzungsgrad der Besoldungssystematik als Folge der vom Entwurf geplanten Regelungen betrachtet werden, indem die Mindestbesoldung in den Blick genommen wird.

a) Hierbei kann vorweg bereits festgehalten werden, dass sich das Alimentationsniveau an den Orten, denen eine der ersten drei Mietenstufen zugeordnet wird, im Vergleich zu den oben ausgeführten Bemessungen (vgl. oben unter 7 lit. b), durch die geplanten Neuregelungen faktisch nichts ändert, da hier kein alimentativer Ergänzungszuschlag gewährt wird, sodass das hier gewährte Besoldungsniveau 2024 im Gefolge der geplanten Neuregelungen gleich bleibt. An diesen Orten finden wir folglich die identische Verletzung der Besoldungssystematik vor, wie sie oben als aktuelle Ausgangslage zusammengefasst worden ist (vgl. oben unter 7 lit. c). Obgleich also der Entwurf in seiner Bestandsaufnahme eine heute überall im Bundesgebiet gegebene eklatante Verletzung des Mindestabstandsgebots festgehalten hat und davon ausgeht, dass sich die Besoldungsordnung bis in die erste Erfahrungsstufe der Besoldungsordnung A 11 als verletzt zeigt, lässt er die Verletzung sehenden Auges für einen großen Teil der Bundesbeamten faktisch unverändert bestehen.

b) Darüber hinaus kann anhand des Besoldungsäquivalents zur Mindestalimentation in Höhe von 63.692,- € , wie es unter 7 lit. b bemessen worden ist, der Verletzungsgrad der Besoldungssystematik an allen weiteren Orten, denen jeweils eine über die Mietenstufe 3 hinausgehende Mietenstufe zugeordnet wird, indiziell betrachtet werden. Wie in den letzten Abschnitten geschehen, sollen dabei nachfolgend erneut nur die Folgen der geplanten Neuregelungen für die Alimentation an Orten, denen die höchste Mietenstufe VII zugeordnet wird, betrachtet werden.

Darüber hinaus soll in Fortführung der im Abschnitt 7 unter lit. b ausgeführten methodischen Überlegungen durchgehend Familienzuschläge in jährlicher Höhe von 5.475,- € indiziell zugrunde gelegt werden. Auf dieser Grundlage beträgt der Jahresbetrag des Grundgehaltsäquivalents folglich bis hierhin indiziell weiterhin einheitlich 58.217,- € bzw. monatlich 4.852,- €. Anhand der für die Besoldungsgruppen einheitlich betrachteten alimentativen Ergänzungszuschläge und deren Abschmelzbeträge kann so für jede Besoldungsgruppe das jeweilige Grundgehaltsäquivalent bemessen werden. Es stellt sich entsprechend wie folgt dar:

A 4:    4.372,- €
A 5:    4.377,- €
A 6:    4.388,- €
A 7:    4.404,- €
A 8:    4.420,- €
A 9:    4.441,- €
A 10:  4.462,- €
A 11:  4.507,- €
A 12:  4.533,- €

Unter Betrachtung der ab März 2024 heranzuziehenden Grundgehaltstabelle, werden im Gefolge der geplanten Neuregelungen an Orten, der die Mietenstufe VII zugeordnete wird, sämtliche Besoldungsgruppen und Erfahrungsstufen bis einschließlich der Besoldungsgruppe A9, die fünfte Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 10, die dritte Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 11 und die erste Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 12 das indizielle Grundgehaltsäquivalent verfehlen. Damit zeigen sich Ende 2024 weiterhin zehn von 14 Besoldungsgruppen (71,4 %) und noch 65 von 112 Tabellenfelder (58,0 %) als indiziell verletzt. Die Grundbesoldung in der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 5 als evident sachwidriger Ausgangspunkt der Besoldungsstaffelung wird indiziell um mehr 36,6 % zu gering bemessen sein. Der evident sachwidrig vom Entwurf zum Ausgangspunkt der Besoldungsordnung A erklärte Grundgehaltssatz der fünften Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 wird das Grundgehaltsäquivalent nach dem Vollzug der geplanten Neuregelungen indiziell um 32,3 % verfehlen. Der indizielle Verletzungsgrad der Besoldungsordnung A müsste sich darüber hinaus noch einmal signifikant größer darstellen, wenn nicht die deutlich höheren Grundgehaltssätze und familienbezogenen Besoldungskomponenten zum Vergleich herangezogen werden würden, die erst ab dem März 2024 gewährt werden, sondern wenn auch hier ein jeweiliger „spitz“ bemessener Durchschnittswert der über das gesamte Jahr jeweils gewährten Besoldung herangezogen werden würde. Da aber schon so die Schwere der Verletzung der Besoldungsordnung A offensichtlich ist, kann auf eine solche Differenzierung in der indizellen Betrachtung verzichtet werden.

Bluey

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Hat schon jemand irgendwas von den Gewerkschaften gehört?
Ich habe mir gerade nochmal aus Spaß die Stellungnahme zum alten Entwurf vom dbb durchgelesen. Dort waren die schon entsetzt, wie gering der AEZ im Vergleich zu NRW ist.
Die müssen jetzt ja völlig aus den Latschen gefallen sein, wenn sie den aktuellen Entwurf lesen.

Hab vor über einem Monat höflich beim dbb nachgefragt, was man denn genau unternehmen würde, um der Politik in dieser Angelegenheit entgegenzutreten.
Nur auf Grund einer Erinnerung von mir habe ich jetzt folgende Antwort: Als Nichtmitglied bekomme ich keine Anwort bzw. keine individuelle Rechtsberatung (nach der habe ich nie gefragt). Dann gab es noch Infos wie ich Mitglied werden könne und verschiedene Literatur (völlig am Thema vorbei) aus dem dbb-Verlag wurde verlinkt.
Der Entwurf würde sich jetzt in der Beteiligung befinden und der dbb würde irgendwann eine Stellungnahme herausgeben.

SwenTanortsch

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c) Im Ergebnis lassen die vom Gesetzentwurf geplanten Neuregelungen die verletzte Besoldungssystematik indiziell und materiell-rechtlich nur graduell verändert bestehen, was nicht zuletzt auf die Abschmelzbeträge des alimentativen Ergänzungszuschlags zurückzuführen ist. Denn durch sie fällt die mit jenen Zuschlägen bezweckte Erhöhung des Besoldungsniveaus mit zunehmender Besoldungsgruppe immer geringer aus. Auch deshalb zeigen sich mit den geplanten Neuregelungen weiterhin zehn von 14 Besoldungsgruppen als indiziell unmittelbar verletzt. Verbleiben zurzeit 71 von 112 Tabellenfelder (63,4 %) indiziell unter der Grenze zur Unteralimentation, werden es nach dem Vollzug der geplanten Neuregelungen noch 65 (58,0 %) sein. Derzeit zeigt sich mit der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 3 der Ausgangspunkt der Besoldungsstaffelung indiziell um 44,0 % zu gering, mit der ersten Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 5 wird die Grenze zur Unteralimentation als Ergebnis der geplanten Neuregelungen indiziell um noch 36,6 % bzw. in  der fünfen Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe A 4 um 32,3 % unterschritten bleiben.

d) Das Mindestabstandsgebot wird damit als Folge der geplanten Regelungen indiziell, entsprechend wie es dem Berliner Gesetzgeber unlängst vom Bundesverfassungsgericht attestiert worden ist, ebenso im Bund deutlich verletzt bleiben (BVerfGE 155, 1 <49 Rn. 100>). Wie in Berlin missachtete die Verletzung offensichtlich nicht nur „die unterste[n] Besoldungsgruppe[n]“, die das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf einen neuen Ausgangspunkts und eine konsistente Besoldungssystematik hervorhebt (BVerfGE 155, 1 <25 Rn. 48>). Dahingegen werden im Gefolge der geplanten Regelungen auch im Bund sämtliche Besoldungsgruppen bis weit in den gehobenen Dienst hinein weiterhin als indiziell verletzt zu betrachten sein; von den 24 Tabellenfeldern der Besoldungsgruppen A 10 bis A 12 bleiben neun , also deutlich mehr als jede Dritte, indiziell verletzt. Eine solche Verletzung kann aber wie oben in Abschnitt7 lit. c dargelegt nicht ohne Folgen für das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen bleiben (vgl. im Folgenden auch Schwan, ZBR 2023, S. 181 <182 ff.>). Diese Folgen sind im Abschnitt 7 lit. c dargestellt worden und müssen deshalb hier nicht noch einmal wiederholt werden.

Der Bundesgesetzgeber sieht sich im Gefolge der von ihm geplanten evident sachwidrigen und evident unzureichenden Neuregelungen weiterhin aufgefordert, die seit 2021 mittlerweile gewohnheitsmäßig als verfassungswidrig eingestandene Praxis der verfassungswidrigen Alimentation aller seiner Beamten, Richter und Soldaten nun endlich sachgerecht zu beheben. Der vorliegende Entwurf ist zur Wiederherstellung einer sachgerechten Besoldungsstaffelung und amtsangemessenen Alimentation genauso wie seine beiden Vorläufer prinzipiell völlig ungeeignet. Die sich in ihm offenbarende Untätigkeit, die der Bundesgesetzgeber mit ihm ungebrochen fortsetzen will, lässt sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen. Die Signalwirkung von alle Jahre wieder vorgestellten sachlich desolaten Entwürfen, die weder politisch noch verfassungsrechtlich irgendeine Chance hätten, je Gesetzeskraft zu erlangen, da sie am Ende ausgefertigt werden müssten, dürfte mindestens für informierte Bundesbeamte, Richter und Soldaten verheerend sein. Der mit solchem gewohnheitsmäßigen politischen Handeln einhergehende Autoritätsverlust spiegelt sich zugleich offensichtlich in Wahlergebnissen wider, die irgendwann von den jeweiligen politischen Verantwortungsträgern in ihren Ursachen zur Kenntnis zu nehmen sein sollten. Ein Gewohnheitsrecht auf wiederkehrend verfassungswidriges Handeln kann der Verfassung nicht entnommen werden und zwar auch nicht vom Bundesgesetzgeber.

Hans1W

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Ich ziehe meinen nicht vorhanden Hut, für diese ausführlichen Ausführungen!
Diese sollte man den ganzen Verbänden (ganz unverbindlich) als Argumentationshilfe zukommen lassen.
Für den VBB(gehört zum dbb) kann ich dies übernehmen, wenn der Autor seine Einverständnis gibt.

SwenTanortsch

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Ich ziehe meinen nicht vorhanden Hut, für diese ausführlichen Ausführungen!
Diese sollte man den ganzen Verbänden (ganz unverbindlich) als Argumentationshilfe zukommen lassen.
Für den VBB(gehört zum dbb) kann ich dies übernehmen, wenn der Autor seine Einverständnis gibt.

Gern geschehen, Hans.

Da der Beitrag am Ende öffentlich gestellt werden wird und auf ihn entsprechend keine Eigentumsrechte lasten werden, darf jeder über ihn im Rahmen unserer Rechtsordnung verfügen, wie er das will, ihn also gleichfalls auch weiterreichen.

PolareuD

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Das finalisierte PDF-Dokument von Swen wurde in den Sammelthread einegefügt.

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