Da allerdings auch bei den letzten Übertragungen (bspw durch die 0,2 % Versorgungsrücklage) der Bund bereits die letzten Tarifergebnisse nicht immer vollständig wirkungsgleich übertragen hat, wäre es aus meiner Sicht mal spannend zu wissen, ob ohne eine wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnis, die auch die Erhöhung des Weihnachtsgeldes für die Tarifangestellten in den Blick nimmt, bereits der erste Prüfparameter (und auch vielleicht noch weitere) erfüllt wäre und somit auch aus diesem Blickwinkel eine verfassungswidrige Unteralimentation der Beamten droht.
Dann würde es, wenn man das Pflichtenheft des BVerfG durchprüft, indirekt doch einen Anspruch darauf geben, dass das Weihnachtsgeld der Tarifbeschäftigten zumindest wirkungsgleich zu übertragen wäre, weil andernfalls der Beamte voraussichtlich verfassungswidrig unteralimentiert wäre.
Das, was Du im ersten Absatz ist, genau richtig, Rentenonkel - und ich gehe davon aus, dass bei einer sachgerechten "Spitzausrechnung" auf der ersten Prüfungsstufe und einer hilfsweisen Betrachtung des Entwicklung der Reallöhne und realen Besoldung im Rahmen der Gesamtabwägung das Ergebnis eindeutig ist: Die den Bundesbeamten gewährte Besoldung ist seit spätestens 1994 ununterbrochen vollständig von den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen und vom Lebensstandard abgekoppelt und muss sich deshalb m.E. schon allein deshalb seitdem als verfassungswidrig darstellen, was sich umfassend begründe lässt (ein erster umfassender Nachweis wird im Januarheft der ZBR erscheinen, der also den Vergleich Jahr für Jahr seit 1979 vornimmt, um daraus Ableitungen zu ziehen, wie diese Erkenntnisse nach Ansicht des Autors in zukünftige Klageverfahren zu bewerten sein sollten).
Insofern bleibt das, was Du im zweiten Absatz schreibst, nachvollziehbar, ist aber m.E. aus zwei Gründen unschattiert, wobei der erste nur eine Petitesse ist, über die es sich nicht lohnte zu diskutieren, da das eindeutig sein dürfte: Es ist zunächst einmal in einem Klageverfahren völlig unerheblich, ob der Bundesbesoldungsgesetzgeber die hinsichtlich von Sonderzahlungen getroffene Tarifeinigung auf die Bundesbeamten übertragen wollte oder nicht: Denn ob des Ausmaßes der Unteralimentation im Bund änderte das eine - eine entsprechende Übertragung auch der Sonderzahlungregelung im Sinne der Tarufeinigung - nichts am anderen, nämlich der dann immer noch verfassungswidrigen Unteralimentation der Bundesbeamten.
Der zweite Grund ist aber weiterhin juristisch bedenkenswert und hat deswegen eine sachlich Qualität, die Beachtung verlangt, nämlich das, was ich gestern geschrieben habe: Der Beamte verfügt weder über das Recht, die Übertragung eines Tarifergebnisses auf die Besoldung, noch über das Recht, eine Sonderzahlung einzuklagen. Insofern kann eine solche Forderung politisch mit Nachdruck erfolgen, um aber juristisch mindestens ins Leere zu laufen. Da das verfassungsrechtlich so ist, sind daraus m.E. politische Ableitungen zu ziehen.
Denn vielmehr gibt eine solche Forderung wie die, die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamten auch hinsichtlich der jährlichen Sonderzahlung zu verfolgen, sobald politische Verantwortungsträger sie nicht von alleine aufnehmen, jenen die Möglichkeit zur Ausflucht: Erstens wäre es tatsächlich nicht ganz einfach, das gleichheitsgerecht im Bund zu regeln, zweitens gibt es ja das entsprechende Recht nicht, sodass man politischen Entscheidungsträger erneut die Möglichkeit gibt, wenn man bspw. gewerkschaftlich solche Forderungen stellte, das eigene Handeln mit Ausflüchten zu begründen, nämlich vonseiten der politischen Entscheidungsträger berechtigt darauf hinzuweisen, dass die Sachlage hier kompliziert sei und dass es ein solches Recht nicht geben würde, womit man mit einem Mal in der Defensive ist, weil man hier sachlich nur beipflichten könnte, sodass es erneut schwierig wäre, das eigene Interesse medial mit Nachdruck zu vertreten (sobald ich Medienvertretern zugeben muss, dass die Gegenseite hier mit ihren Argumenten Recht habe, verschiebt sich das Thema mit einiger Wahrscheinlichkeit genau dahin, wo es seit Jahr und Tag ist).
Insofern komme ich regelmäßig zu dem selben Schluss: Man muss die Dienstherrn mit den tatsächlichen Verhältnissen konfrontieren, um dann den Ball in ihrer Hälfte zu lassen: Sie haben die Pflicht, für eine sachgerechte und damit amtsangemessene Alimentation in Form und Höhe für alle ihre Beamten zu sorgen, um so das grundrechtsgleiche Individualrecht aller Beamten auf amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten. Alles andere ist verfassungswidrig. Und diesen Nachweis muss man regelmäßig führen. Nur so kann man sie - mit Hartnäckigkeit, Geschlossenheit und im Rahmen der empirisch nachweisbaren tatsächlichen Verhältnisse - in die Defensive bringen. Wie alle Politik ist auch das ein mühsames Geschäft. Aber da die Macht zur Durchsetzung der Interesse sehr ungleich zwischen Dienstherrn auf der einen Seite und den Interessenvertretungen der Beamten und ihrer selbst verteilt ist, ist dieser Weg m.E. der chancenreichste, also die Probleme bei jenen zu belassen, die sie haben - und das sind hinsichtlich
der Regelung der Besoldung die Dienstherrn -, um zugleich die Probleme sachlich - also juristisch im Rahmen der nachzuweisenden tatsächlichen Verhältnisse - hinreichend zu beschreiben. Diese Probleme können nur die lösen, die dazu allein die Kompetenz und darüber hinaus die entsprechende Pflicht haben: nämlich die Dienstherrn.
Der langen Rede kurzer Sinn: Ich würde mich für jeden Bundesbeamten freuen, dem eine vollständige Übertragung des Tarifergebnisses auf die Besoldung gewährt werden würde. Auch müssen die Gewerkschaften genau dafür kämpfen, auch wenn ihre Machtmittel hier sehr begrenzt sind. Darüber hinaus ist m.E. dabei regelmäßig an die tatsächlichen Verhältnisse zu erinnern, was für den Bund ab Anfang des nächsten Jahres einfacher werden dürfte.
Und PS. zum Beitrag von 7:39 Uhr:
Formell hast Du auch hier bis zu einem gewissen Grade Recht, aber eben nicht gänzlich: Das Bundesverfassungsgericht führt bislang aus, dass eine "Spitzausrechnung", bei der insbesondere alle Veränderungen der Besoldung, aber auch der Tariflöhne minutiös abgebildet werden, der ersten Prüfungsstufe eine vermeintliche Objektivität zumessen würde, die ihr gerade nicht zukommt. Die Parameter des "Pflichtenhefts" sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen. (vgl. die Rn. 30 der aktuellen Entscheidung
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html).
Ebenfalls führt es aber aus, dass sich der Zeitpunkt der Besoldungsanpassung darauf auswirkt, was den Richtern und Staatsanwälten in einem Besoldungsjahr zur Deckung ihres Lebensbedarfs tatsächlich zur Verfügung steht. Einer ungleich aufwendigere „Spitzausrechnung“ bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn die jeweiligen Schwellenwerte ohnehin überschritten werden (Rn. 31).
Schließlich führt der Senat aus, dass eine zeitversetzte Besoldungsanpassung zwar für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, hier aber zu einer Verzerrung der Besoldungsentwicklung führt, die sich in der Gesamtbetrachtung nicht zum Nachteil der Besoldungsempfänger auswirken darf. (vgl. die Rn. 148 der Entscheidung vom 5.5.2015;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2015/05/ls20150505_2bvl001709.html)
Diese Ausführungen lassen sich nun ebenso auf die Gewährung oder Nicht-Gewährung einer Sonderzahlung übertragen: Denn im Rahmen einer "Spitzausrechnung" stellte sich die "spitz" bemessene Tarifentwicklung anders dar (nämlich höher), wenn man hier nun die Tarifeinigung mit bemessen würde, also den monetären Mehrbetrag, den der Tarifbeschäftigte so erhält. Der erste Parameter würde also dann ggf. eher für die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation sprechen. Für die zwei weiteren Parameter hätte eine solche "Spitzausrechnung" aber keine Auswirkungen, da sich ja das nicht höher gewährte Weihnachtsgeld in der "spitzen" Bemessung des Besoldungsindex weder positiv noch negativ auf die Besoldung des Beamten auswirkte, sodass der zweite und dritte Parameterwert hier gleich bleibe - er fiele allerdings geringer aus, wenn eine jährliche Sonderzahlung gewährt und diese in die Parameterbemessung "spitz" mit einfließen würde.
Der langen Rede kurzer Sinn: Eine "Spitzausrechnung" bereitet die vorliegenden Daten differenziert auf und ist dann im Rahmen der Gesamtbetrachtung bzw. spätestens in der Gesamtabwägung entsprechend zu interpretieren. All das kann man aber - trotz des Ermittlungsgrundsatzes - wegen der gerade ausgeführten Direktiven
nicht so ohne Weiteres von der Gerichtsbarkeit verlangen. Deshalb liegt hier nun der Ball im Feld des Klägers: Es ist seine Begründungsarbeit im Rahmen der Begründetheit dafür zu sorgen, entsprechende Bemessungen durchzuführen und sie dann sachgerecht zu interpretieren. Auch deshalb - davon kann man ausgehen - ist der ZBR-Beitrag aus dem Oktober geschrieben worden, so wie das ebenfalls für die Beiträge des kommenden Dezembers und Januars gilt: Sie geben Klägern die Möglichkeit, die Sachlage differenzierter in den Blick zu nehmen (übrigens Dienstherrn natürlich ebenfalls, aber hier ist bislang weiterhin von einer Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse nicht auszugehen, wie mindestens die letzten zehn Jahre zur Genüge gezeigt haben dürften), um so dem zu dienen, was hier regelmäßig geschrieben wird: In Klageverfahren ist zu begründen, zu begründen, zu begründen...