Na klar ist es immer schwierig die eigene Komfortzone zu verlassen - ich habe nie etwas anderes behauptet. Wer heute 55 Jahre alt ist hat noch zwölf Jahre bis zur Rente - da ist noch genügend Zeit für Lernen und persönliche Veränderung. Stell dir mal vor ein heute 25 jähriger käme zu mit folgendem Anliegen:
"Ich fühle mich in meinem Job nicht wohl, weil ich nicht ausreichend Wertschätzung erfahre. Meine Motivation ist im Keller und es macht mir auch ehrlich gesagt keinen Spaß mehr. Soll ich meine Arbeitszeit reduzieren die nächsten zwölf Jahre und mich durchschleppen bis mein verhasster Vorgesetzter endlich in Rente geht oder soll ich mich nach einem Job umsehen?"
Würdest du ihm auch raten das "Problem" einfach auszusitzen oder ihm sagen, dass er sich bewegen und woanders bewerben soll?
Thema lebenslanges Lernen: Man lernt nicht nur für seinen Job, sondern in allererster Linie für sich selbst. Stell dir einfach mal vor, alle Leute hören mit Renteneintritt das Lernen auf. Diese Leute wären komplett von jeder technischen Entwicklung auf einen Schlag abgehängt. Und genau das passiert in den wenigsten Fällen. Unsere 85jährige Nachbarin verschickt Nachrichten über Whatsapp, liest Bücher auf dem iPad, bestellt Zeug bei Amazon und Temu und nutzt in ihrem neuen Auto selbstverständlich das eingebaute Navi. Hätte sie vor 20 Jahren das Lernen eingestellt, würde sie all das nicht nutzen können. Da sie es aber nutzen will, hat sie sich das Wissen angeeignet.
Geo78 hat aber keinen Bock darauf seine eigene Komfortzone zu verlassen und möchte lieber in seiner ach so ungerechten Opferrolle, in die er völlig unverschuldet hineingeraten ist und aus der es auch überhaupt keinen Ausweg gibt, bemitleidet werden.
ja, das ist alles richtig, was Du sagst und dagegen möchte ich auch gar nicht anargumentieren...
ich bin jetzt selbst schon bald 30 Jahre im ÖD und hatte viel Zeit, zu beobachten, wie es bei uns an der Institution (ca. 10.000 Arbeitnehmer und Beamte) so läuft... ganz oft geht es so: der da hat den Job schonmal gemacht, der kann das gut, lass das den machen! Und zack macht der Mitarbeiter, der das gut kann, den Job nicht nur einmal, sondern "für alle"... und er macht es gut und gern und bekommt immer mehr davon auf den Tisch und ist irgendwann Spezialist für diese Art (z.B. Verwaltungs-)Vorgang (und noch drei andere spezielle Vorgänge) und zack sind 20 Jahre vergangen und man hat gar nicht gemerkt, dass man sich in eine Sackgasse begeben hat...
und ja, es ist alles richtig, man kann umlernen usw.
aber das Delta, das nach 20 Jahren Spezialisierung erstmal wieder in der Breite aufgeholt werden muss, ist enorm... und zusätzlich muss man ja für das Aufrechterhalten des Spezialistentums auch ständig weiter lernen, es ist ja nicht so, dass dort (auch in der Verwaltung) die Welt stehen bleibt... ab einem gewissen Alter ist das schon nicht so ganz wenig... und das Lernen am Arbeitsplatz bzw. für den (neuen) Arbeitsplatz ist in meinen Augen schon ein bisschen etwas anderes wie das Lernen, wie ich/man für Konsumenten ausgerichtete System anwende/t... (das kann meine 80-jährige Mutter auch... aber die Hintergründe verstehen, wie das funktioniert und warum es gerade nicht geht (also Fehleranalyse machen), das kann sie nicht mehr... sie hat gelernt, die neuen Systeme zu benutzen, aber auch nicht mehr... beim Arbeitsplatz würde ich schon ein ganz anderes Grundverständnis für die Systeme und Abläufe und Zusammenhänge erwarten... für mich hinkt der Vergleich ein kleines bisschen)
aus dieser Situation leitet sich gerne Frust und Unzufriedenheit ab... das merke ich auch immer wieder bei den mehreren hundert Leuten, die sich in meinem Umfeld bewegen und deren "Älterwerden" ich mitbekomme...
und nicht alle merken, dass sie selbst alt werden... ich muss mich diesbezüglich auch immer wieder selbst kritisch unter die Lupe nehmen...
Ich empfinde es einfach als überzogen, hier gleich vom "Bodensatz der Gesellschaft" zu sprechen. Es sind eben nicht überall die lebenslangen High-Performer unterwegs. Das ist nur ein ganz kleiner Teil der Belegschaft (und nicht nur im ÖD) und es kann ja gar nicht anders sein, wenn alle High-Performer wären, gäbe es keine mehr, dann wären alle wieder nur "Durchschnitt".
Mir war Dein Urteil am Ende Deines ersten Beitrags einfach ein bisschen zu hart... es häufig viele Erklärungsansätze für ein und dieselbe Sache...