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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)

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HansGeorg:
Ich betrachte das ganze eher als sich selbst erfüllende Voraussagung. Denn wenn der DH schon vor 20 Jahren die Besoldung angemessen gestaltet hätte, gebe es heute kaum "Zweiverdiener Familien". Man begründet heute also "in-sich" die Tatsachen, welche aufgrund der eigenen Verfehlungen in der Vergangenheit entstanden sind, um sich einen weiteren Vorteil daraus zu generieren.

Rentenonkel:

--- Zitat von: HansGeorg am 16.12.2025 20:11 ---Spricht etwas dagegen den Abstand der Besoldungsgruppen untereinander mit den verschiedenen Nominallohnindexen nach Berufsabschluss bzw. ausgeübten Beruf zu argumentieren? Mir ist aufgefallen, dass dazu ja auch interessante Zahlen vorliegen. Als Beispiel: https://de.statista.com/infografik/27540/verdienst-von-vollzeitbeschaeftigten-nach-bildungsabschluss/

--- End quote ---

Als Besoldungsgesetzgeber, der sich an den Maßstäben des Grundgesetzes und der Rechtsprechung orientiert, wäre das eine legitime Betrachtung.

Der Haushaltsgesetzgeber fragt dann den Besoldungsgesetzgeber, wie teuer ist eine solche Betrachtung, dann stellt man gemeinsam fest, es ist fiskalisch eine kleine Katastrophe, und dann sagt der Finanzminister nyet und schon landet eine solche Betrachtung im Rundordner, bis Karlsruhe den Haushaltsgesetzgeber zwingt, auf den Besoldungsgesetzgeber zu hören.

Die Betrachtung muss eine andere sein: Der Besoldungsgesetzgeber muss den Beamten und seine Familie amtsangemessen besolden. Dabei hat das BVerfG die alimentative Untergrenze in Höhe der Mindestbesoldung gezogen. Es ist mithin egal, ob wie der Dienstherr den Beamten betrachtet, er muss jedoch unabhängig von den anderen Gründen, die dagegen sprechen, in jedem Fall sicherstellen, dass der head of the alimentation (und alle darüber mit dem Abstandsgebot) auch als Alleinverdiener, so er denn einer ist, mit seiner Besoldung die Mindestbesoldung als absolute Untergrenze erreicht.

Solange er keinen alimentativen Ergänzungszuschlag einführt, so wie in Bayern, verstößt er in jedem Fall mindestens gegen das Gebot der Mindestbesoldung:

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/martin-brunnhuber/fragen-antworten/das-lff-schreibt-dass-die-beamten-in-bayern-durch-die-fiktive-anrechnung-eines-partnereinkommens-wieder

Wenn er stattdessen einen alimentativen Ergänzungszuschlag einführt, dann führt der in der Form, wie ihn einige Länder eingeführt haben, gegen viele andere verfassungsrechtliche Grundsätze, die Udo di Fabio in seinem Rechtsgutachten NRW hervorragend heraus gearbeitet hat.

Somit ist das Partnereinkommen nichts anders als ein Feigenblatt, um zu kaschieren, dass man aus rein fiskalischen Gründen Geld sparen will. Besonders bitter ist dabei, dass der Gesetzgeber gelernt hat, dass sich nur verhältnismäßig wenige Beamte gegen ihre Besoldung wehren und die Verfahren extrem lange dauern, und es fiskalisch mithin deutlich günstiger ist, zunächst schlechte Gesetze zu machen und dann von Karlsruhe gerügt zu werden, als von vorneherein gute, aber teure Gesetze zu erlassen.

Mithin geht es hier nicht um mangelnde Einsicht oder fehlende Erkenntnis, sondern schlicht um mangelnden Willen, dass umzusetzen, was eigentlich nötig wäre, um alle Beamten in der Form amtsangemessen zu besolden, wie es der Senat für notwendig und geboten hält.

Ein Arbeitskollege hat es mal so ausgedrückt: Das erinnert mich an meine Tochter, die ist auch gerade in der Trotzphase.

Durgi:
Man kommt in der Debatte (leider) nicht weiter, solange man versucht, das Urteil wie eine technische Reparaturanleitung zu lesen. Das ist es nicht. Es ist eine Neugewichtung von Verantwortlichkeiten.

se jumping point:
Das Bundesverfassungsgericht verschiebt den Fokus weg von der Frage, wie wenig der Staat zahlen darf, hin zu der Frage, wo seine Verantwortung endet. Genau deshalb wird so viel ueber Modelle, Haushaltsbetrachtungen und Partnereinkommen gestritten.... und genau deshalb liegt darin auch der Denkfehler vieler Redebeitraege im Hause, so auch hier im Forum.

Das Gericht sagt nicht: „Mehrverdienermodell ja oder nein.“
Es sagt: Der Dienstherr bleibt alleiniger Verantwortungstraeger fuer die amtsangemessene Alimentation des Beamten und seiner Familie. Alles, was diese Verantwortung faktisch relativiert, wird problematisch.

Aus dieser Perspektive ist das Partnereinkommen kein Ausgangspunkt, sondern ein nachgelagerter Parameter. Es kann allenfalls erklaeren, warum bestimmte Typisierungen nicht lebensfremd sind. Es kann aber niemals die Antwort auf ein Alimentationsdefizit sein. In dem Moment, in dem der Staat rechnerisch voraussetzt, dass ein Dritter dauerhaft einspringt, wird aus einer Typisierung eine Delegation staatlicher Pflicht.

Genau deshalb liegt der eigentliche Konflikt nicht zwischen Alleinverdiener- und Mehrverdienermodell, sondern zwischen Verantwortungszurechnung und Begruendungstechnik. Das ist auch der Grund, warum Zuschlaege ab dem dritten Kind so sensibel sind: Dort prueft Karlsruhe nicht mehr Abstaende, sondern ob der Staat den Mehrbedarf eigenstaendig traegt oder nur umverteilt.

Vor diesem Hintergrund wird auch klar, warum pauschale Ansaetze....voellig egal ob Grundsicherung plus X oder feste Partnereinkommensbetraege... strukturell angreifbar bleiben. Nicht, weil sie zwingend falsch rechnen, sondern weil sie Verantwortung verschieben, anstatt sie zu begruenden.

Die Zukunft der Besoldung entscheidet sich nicht an der Frage, welches Familienmodell statistisch haeufiger ist. Sie entscheidet sich daran, ob der Dienstherr seine Alimentationspflicht selbst erfuellt oder rechnerisch auslagert. Und genau dort wird Karlsruhe beim naechsten Mal hinschauen. Das ist keine Detailfrage. Das ist der Kern der momentanten Debatten an nahezu jedem Tisch. Die endgueltigen Zahlen sind nur auf die Enter-Taste eines Rechenprogramms druecken.

Rentenonkel:
@Durgi:

Vielen Dank für Deine Betrachtung und Deinen Beitrag.

Kleine Frage am Rande: Bei den Zuschlägen für kinderreiche Beamte wurde mal erwähnt, dass es Überlegungen gibt, die Zuschläge ab dem dritten Kind an dem Medianeinkommen zu orientieren.

Ich gehe davon aus, dass es bei diesen Überlegungen um  80 % von 0,xx des Medianeinkommens, abzüglich Kindergeld plus KV Beiträge, geht.

Konntest Du beim zufälligen Vorbeigehen an einem Nachbarschreibtisch einen Blick darauf erhaschen, wie dieses xx künftig möglicherweise aussehen könnte?

@alle: Ich fände es toll, wenn wir uns hier mit unserem gesammelten Wissen nicht darauf fokussieren, was hinter den verschlossenen Türen in Berlin und anderswo passiert, weil wir das sowieso nicht ändern können, sondern wie wir dem in Teilen erwartbaren Ergebnis begegnen wollen, weil es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an verschiedenen Stellen wieder strukturell angreifbar sein wird. Ein Traum von mir wäre eine Argumentationshilfe für jeden klagenden Beamten, getrennt in einzelne Themenbereiche, auf die man zurückgreifen könnte, wenn man sie bräuchte.

Da mir jedoch in einigen Bereichen die fachliche Tiefe fehlt, kann man ein solches Projekt sicherlich nur als gemeinschaftlichen Kraftakt stemmen. Frei nach dem Motto: Und wenn Du mal nicht weiter weißt, dann bilde einen Arbeitskreis  ;)

Unlucky:

--- Zitat von: HansGeorg am 17.12.2025 08:52 ---Ich betrachte das ganze eher als sich selbst erfüllende Voraussagung. Denn wenn der DH schon vor 20 Jahren die Besoldung angemessen gestaltet hätte, gebe es heute kaum "Zweiverdiener Familien". Man begründet heute also "in-sich" die Tatsachen, welche aufgrund der eigenen Verfehlungen in der Vergangenheit entstanden sind, um sich einen weiteren Vorteil daraus zu generieren.

--- End quote ---

Das ist definitiv bei uns so. Meine Frau wäre gern daheim geblieben, vormittag Haushalt, nachmittag Kinder. Ging finanziell nicht. Und jetzt ist das die Begründung weshalb mir mein Dienstherr sagt, ich würde doch nicht mehr Geld brauchen. Wie durchtrieben muss man sein....?

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