Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 342345 times)

AltStrG

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2820 am: 12.12.2025 12:34 »
Nach einem Gerichtsurteil verzinst sich eine fällige Geldsumme gemäß § 288 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (Privat), also mithin die genannten 6 %, beginnend mit dem Tag nach dem Verzugseintritt.

Der Gesetzgeber des Landes Berlin hat ein verfassungskonforme Regelungen bis zum 31. März 2027 zu treffen. Der Verzug tritt somit ab dem 01. April 2027 ein.

Der Finanzminister hat mit seinen Äußerungen darauf hingewiesen, dass die Umsetzung des Urteils die Personalabteilung noch Jahre beschäftigen wird, mithin eine komplette Umsetzung des Urteils bis zum 31. März 2027 nicht zu realisieren ist.

Solange jedoch noch kein weiterer Besoldungsgesetzgeber verurteilt wurde, betrifft eine solche Verzinsung erstmal nur die Beamten des Landes Berlin.

So würde die Aussage von Herr Evers Sinn machen.

Für mich ergibt das relativ wenig Sinn. Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit betrifft eben nur die in Klage befindlichen. Er spricht aber von Widersprüchen.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,126915.msg434298.html#msg434298

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2821 am: 12.12.2025 12:35 »
Er hat gesagt, dass er die 493 Mio schon im nächsten Haushalt haben möchte, um möglichst viele Ansprüche schon im nächsten Jahr zu befriedigen und so eine Verzinsung von 6 % zu vermeiden.

Ich denke, er wollte damit auf den § 291 BGB abstellen. Da man sich auf Musterverfahren geeinigt hat, scheint der Finanzsenator einen solchen Anspruch aus § 291 BGB (vermutlich ab dem 01. April 2027) auch für alle diejenigen zu erkennen, deren Widersprüche und Klagen derzeit ruhen.

Wenn er das so sieht, werde ich ihm nicht widersprechen wollen.  ;)

Sollte er es freiwillig anerkennen, macht es auch Sinn, weil sich andernfalls Aufrufe häufen würden, dass alle 100.000 Widerspruchsführer die Zustimmung zum Ruhen widerrufen müssten, um eine Verzinsung zu realisieren. Das würde die Berliner Verwaltungsgerichte über Ihre Belastungsgrenze hinaus nicht nur beschäftigen, sondern über Wochen und Monate lahm legen, und das für eine vergleichsweise geringe Verzinsung. Im Zweifel handelt es sich hierbei um ein "gentlemen agreement" zwischen Senat und Justiz.

Ludwig2

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2822 am: 12.12.2025 12:52 »
Es gibt jetzt sogar einen Vorschlagstext für den Widerspruch vom ansonsten in dieser Angelegenheit sehr zurückhaltenden BBB.

https://www.bbb-bayern.de/bbb-info-musterwiderspruch-zur-amtsangemessenen-besoldung/


Ist der Widerspruch aus eurer Sicht und über den angegebenen weg (Mitarbeiterservice) ausreichend? Oder sollte man eher auf sowas https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/mitgliederinformation-zum-widerspruchsverfahren
zurückgreifen? Einschreiben notwendig?

Danke für eure Antworten

Rallyementation

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2823 am: 12.12.2025 12:55 »
... 80 Prozent des medianen Nettoäquivalenteinkommens mal 2,3 wäre doch  die neue Untergrenze, die ein pensionierter Beamter (soweit er seine entsprechenden regulären Dienstjahre (derzeit 40) abgeleistet hat und verheiratet mit zwei Kindern ist) erhalten müsste!
...

(Ichl lass mal das Leitbild der X-köpfigen Famile mal weg)

Mein Verständnis sagt das BVerfG bisher, dass ein aktiver mindestbesoldeter Beamter mit 80 Prozent des medianen Nettoäquivalenteinkommens seinen gegenwärtigen Bedarf und seine spätere (ca. 10jährige) Versorgungslücke privat zu schliessen hat.

d.h. wenn der aktive Beamte mindestbesoldete Beamte 10% des MÄE für seine Pension sparen soll, verbleibt ihm noch 70% MÄE für seinen gegenwärtigen Bedarf. Man sieht wie knapp die Mindestbesoldung an der Armutsgrenze gesetzt ist.

In Pension bekommt der inaktive Beamte 71,75 * 80% MÄE also 57,4% MÄE und darf ohne seine private Vorsorge in Armut dahinfristen.

Aber Dank seiner privaten Altersvorsorge steigt sein persönliches MÄE rapide an. An sich muss er nur den Sprung von 57,4% auf 70% MÄE also 12,6% MÄE erspart haben um seinen Lebensstandard halten zu können.

Das hält das BVerfG für machbar, dass 40 Jahre Ansparzeit für die 10-Jahrige Rentenannuität reicht.

Ansonsten müsste nach Deiner Ansicht nach nicht der pensionierte Beamte, sondern der frühpensionierte Familienbeamte nach fünf Jahren Dienstzeit die neue Untergrenze von 80 Prozent des medianen Nettoäquivalenteinkommens sein,

Wäre das zum einen sehr schön für den Frühpensionierten und darüber hinaus für die Tabelle für aktive Beamte nochmals ein in schwindelerregende Höhen Treiber.

Die Gleichung lautet dann derzeit so:

65 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4 plus einem Fixbetrag von 30,68 Euro (amtsunabhängiges Mindestruhegehalt) = 80% MÄE

Für mich ist das aber eher noch so:

80% MÄE * 65% A4 = 52% MÄE

Ob und wie nun das anzupassen ist, ohne in das Besoldungsgefüge der aktiven Beamten einzugreifen ist mir bisher noch nicht zu mir durchgedrungen

Die nun die in der fünfjährigen aktiven Dienstzeit angesparten Bezüge für seine Versorgungslücke aufzuwenden, bedeute derzeit, dass Beamtenanfänger sicherheitshalber 25% MÄE zurücklegen und 55 % MÄE zum gegenwärtigen Leben haben, damit die 3%ige Lücke seinen Pensionslebens von 52% MÄE aufgestockt werden kann?

Also ich komme bei diesen gesetzlichen Mindestgrenzen an meine Vorstellungskraft, da mir selbst solche frühpensionierte Beamte nicht im Leben angetroffen habe.

Rallyementation

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2824 am: 12.12.2025 13:41 »
Mein Verständnis sagt das BVerfG bisher, dass ein aktiver Beamter mit unteralimentierten Lebensstandard seinen gegenwärtigen Bedarf und seine spätere (ca. 10jährige) Versorgungslücke privat zu schliessen hat.

Dabei hat er hinzunehmen, dass er dabei nur bei seinem unteralimentierten Lebensstandard auch zu Pensionszeiten verbleibt.

(Er könnte lediglich in den indirekten "Genuss" der abgeschwächten Folgewirkungen derzeitiger BVerfG-Beschlüssen gelangen, falls... Jahrzehnte später)

Denn wenn er widerspruchsfrei, passiv in seiner aktiven Laufzeit seine Unteralimentation hinnimmt, soll er sich damit auch im Alter damit abfinden. Eine vollständige und automatische Aufholung der jahrzehntelangen Folgewirkung der Unteralimentation ist nicht vorgesehen. Das Ungleichverhältnis zu lasten des Beamten, der einen Rechtsprechungswandel (derzeit) seit den 90er Jahren hätte herbeiführen können? und müssen!, verbleibt und wird nicht geheilt.


Allgemein:
Der Rechtsfrieden wird nun mit weiteren unverrückbaren Fixpunkten zu Lasten der Beamten beschlossen und abgeurteilt. Z. B. das Verquicken von jetzigen MÄEs mit jahrzehntealten Tabellen als neue Realität der Vergangenheit, hieße auch die Fortschreibung seit der Vergangenheit zu ändern. Doc Brown und Marty McFly übernehmen sie.

oder?

Maximus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2825 am: 12.12.2025 13:55 »
https://www.youtube.com/watch?v=7CXl8YrP7nM&list=PLRzSk8eP5acS741rJreEP3lwSLYzcHqaq

Ich fand auch die Aussagen von Herrn Evers ab 06:40 interessant. Hiernach wollen sich die Länder hinsichtlich der zukünftigen Besoldung abstimmen. Er meinte auch, dass Karlsruhe hinsichlich Familieneinkommen/Partnereinkommen die Gesetzgeber in "Unklaren" gelassen hat.

Ich vermute daher, dass das man weiterhin ein fiktives Partnereinkommen anrechnen wird...zumindest solange, bis von Karlsruhe alle "Unklarheiten" ausgeräumt wurden.

BuBea

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2826 am: 12.12.2025 15:06 »
Ist jetzt keine große Rechenkunst, aber wenn man die A 15 von 1970 aus der Tabelle von @Believer mit dem Lohn-Index fortentwickelt kommt man für 2024 auf eine Wert von 134.713,91 EUR.

Nur mal zum Vergleich: Die AD 11 (= vergleichbar A15) der EU liegt 2024 bei 161.579,04 EUR in der höchsten Erfahrungsstufe.

Kommt mir so vor, dass die Kollegen dort an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben konnten. :o

Rallyementation

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2827 am: 12.12.2025 15:20 »
Ist jetzt keine große Rechenkunst, aber wenn man die A 15 von 1970 aus der Tabelle von @Believer mit dem Lohn-Index fortentwickelt kommt man für 2024 auf eine Wert von 134.713,91 EUR.

Nur mal zum Vergleich: Die AD 11 (= vergleichbar A15) der EU liegt 2024 bei 161.579,04 EUR in der höchsten Erfahrungsstufe.

Kommt mir so vor, dass die Kollegen dort an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben konnten. :o

Wie war das noch, wenn nur der Parameter Lohn-Index alleine gerissen ist, kommen die Gesetzgeber vor Gericht nicht noch mit einem blaue Auge davon, sondern gehen als Sieger hervor? Da müssten noch Argumente, Argumente, Argumente dazu kommen.

Ein EU-Besoldungsindex finde ich im letzten Beschluss nicht wieder...warum wohl? Wird das vor deutschen Gerichten zum tauglichen Argumentationsfaden?

BuBea

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2828 am: 12.12.2025 15:30 »
Achtung hier ist der Lohn-Index aus dem Post « Antwort #2768 am: 11.12.2025 20:48 » gemeint (Index der durchschnittlichen Bruttoverdienste) nicht der Nominallohnindex, den das Gericht verwendet. Nur nochmal zur Klarstellung.

Das zeigt auch das die Wahl des Startpunktes (hier eben 1970) und die Wahl dieses Lohn-Index nicht meilenweit von der Realität entfernt ist. Insofern wäre das bei einer Argumentation für die höheren Besoldungsgruppen in den Verfahren schon anzubringen.

Oder eben anders herum die Nicht-Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung.

netzguru

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2829 am: 12.12.2025 16:25 »
Wenn man vom Modell des Alleinverdieners ausgeht, darf man nicht erwarten, dass der Partner oder die Partnerin eigene Rentenansprüche in wesentlicher Höhe erwerben konnte. Bzw. Wenn man das täte, wäre man wieder beim fiktiven Partnereinkommen.
Dem ist es so, ich muss als Alleinverdiener alles aufbringen. Es dauert noch bis meine Frau Rente bekommt.
Eine Arbeit in ihrem Beruf gibt es kaum und wenn man länger raus ist ist es leider vorbei.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2830 am: 12.12.2025 16:32 »
Ich möchte noch mal kurz auf das zurückkommen, was uns Swen (neben vielen anderen Dingen) möglicherweise vor einigen Tagen in seinem etwas kryptischen Text mitteilen wollte.

 
1.) Verpflichtung des Gesetzgebers
 
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldung über die Jahre hinweg "der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards" hinreichend Rechnung zu tragen. Das sage nicht ich, sondern das steht unter anderem in Leitsatz 8 des aktuellen BVerfG-Beschlusses.
 
2.) Index der Lohnentwicklung
 
Im Urteil wird ja der Nominallohnindex verwendet, den ich jedoch für frühere Jahre nicht gefunden habe (vermutlich wurde er erst irgendwann eingeführt). Stattdessen bin ich jedoch, wie bereits erwähnt, auf den "Index der durchschnittlichen Bruttoverdienste" gestoßen. Und das ist keine selbstgestrickte, handgetöpferte oder wild zusammengeklaubte Zeitreihe, sondern ein offizieller Index des Statistischen Bundesamtes. Noch besser: Er dient unter anderem laut Rechtsprechung des BGH dazu, die "Veränderung der allgemeinen Lebensverhältnisse" im Rahmen des Erbbaurechts abzubilden, siehe https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Verdienste-Branche-Berufe/Methoden/Erlaeuterungen/Erbbaurecht.html.
 
3.) Vergleich der Besoldungsentwicklung mit der Lohnentwicklung
 
- Also habe ich nochmals die Entwicklung der A3- und A15-Besoldung mit der Entwicklung des genannten Index verglichen, und zwar seit dem Jahr 1970 (siehe Anhang).
- Die Ergebnisse sind hochgradig erschreckend!
- Alleine zwischen 1970 und 1996 ist die A3-Besoldung bereits um knapp zehn Prozentpunkte hinter den durchschnittlichen Löhnen zurückgeblieben.
- Und bei der A15-Besoldung waren es 1996 nicht zehn, sondern sogar fast zwanzig Prozentpunkte Rückstand. Mit anderen Worten: Die A15-Besoldung hätte bereits 1996 um knapp 25% (!) höher sein müssen, um das gleiche Verhältnis zu den Durchschnittslöhnen wie im Jahr 1970 zu erreichen.
- Zwischen 2007 und 2020 gab es eine kurze Phase, in der zumindest nicht alles "noch schlimmer" wurde.
- Im Ergebnis ist die A3-Besoldung zwischen 1970 und 2024 um knapp 14 Prozentpunkte hinter den durchschnittlichen Löhnen zurückgeblieben, bei der A15-Besoldung waren es sogar satte 30 (!) Prozentpunkte.
 

Somit denke ich, dass der Gesetzgeber seine oben genannte Verpflichtung in den letzten Jahrzehnten massiv verletzt hat, und zwar insbesondere in den oberen Besoldungsgruppen. Und die Wahl des Jahres 1996 als Startpunkt für die Fortschreibungsprüfung erscheint mir angesichts der beschriebenen Entwicklung weiterhin als hochgradig problematisch..
 
Große Grafik: https://s1.directupload.eu/images/251211/kiu5ahc3.png
 
Kleine Grafik:



@Believer:Das ist in der Tat erschreckend. Die Reihe ist ja ohne Sonderzahlungen. Nur als Beispiel: Eine abhängig beschäftigte Vollzeitkraft verdiente in Baden-Württemberg 2012 rund 44 000 Euro ohne und knapp 49 000
Euro mit Sonderzahlungen - weil ich gerade die Quelle vom Stat. Landesamt offen habe.
Ergo die wirtschaftliche Abkopplung ist faktisch wsl. noch viel größer…

Ist jetzt keine große Rechenkunst, aber wenn man die A 15 von 1970 aus der Tabelle von @Believer mit dem Lohn-Index fortentwickelt kommt man für 2024 auf eine Wert von 134.713,91 EUR.

Nur mal zum Vergleich: Die AD 11 (= vergleichbar A15) der EU liegt 2024 bei 161.579,04 EUR in der höchsten Erfahrungsstufe.

Kommt mir so vor, dass die Kollegen dort an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben konnten. :o

Wie war das noch, wenn nur der Parameter Lohn-Index alleine gerissen ist, kommen die Gesetzgeber vor Gericht nicht noch mit einem blaue Auge davon, sondern gehen als Sieger hervor? Da müssten noch Argumente, Argumente, Argumente dazu kommen.

Ein EU-Besoldungsindex finde ich im letzten Beschluss nicht wieder...warum wohl? Wird das vor deutschen Gerichten zum tauglichen Argumentationsfaden?

Achtung hier ist der Lohn-Index aus dem Post « Antwort #2768 am: 11.12.2025 20:48 » gemeint (Index der durchschnittlichen Bruttoverdienste) nicht der Nominallohnindex, den das Gericht verwendet. Nur nochmal zur Klarstellung.

Das zeigt auch das die Wahl des Startpunktes (hier eben 1970) und die Wahl dieses Lohn-Index nicht meilenweit von der Realität entfernt ist. Insofern wäre das bei einer Argumentation für die höheren Besoldungsgruppen in den Verfahren schon anzubringen.

Oder eben anders herum die Nicht-Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung.


@BuBea, du hast völlig Recht, im BVerfG-Beschluss wird der Nominallohnindex verwendet, in meiner Rechnung habe ich hingegen den "Index der durchschnittlichen Bruttoverdienste" herangezogen. Aber wie gesagt, zumindest laut Rechtsprechung des BGH ist auch dieser Index dazu geeignet, die "Veränderung der allgemeinen Lebensverhältnisse" abzubilden (außerdem ist er eben durchgängig seit dem Jahr 1948 verfügbar).

Auch dein Hinweis auf die Vergütungsstrukturen bei der EU-Kommission ist übrigens absolut zutreffend.


@Rallyementation, hier mal der zugehörige BVerfG-Text aus Leitsatz 8b:
- Sind mindestens zwei Parameter erfüllt, besteht eine Vermutung für eine verfassungswidrige Unterbesoldung.
- Wird kein Parameter erfüllt, wird eine amtsangemessene Besoldung vermutet.
- Ist ein Parameter erfüllt, müssen die Ergebnisse der ersten Stufe auf der zweiten Stufe besonders eingehend gewürdigt werden.
- Auf der ersten Prüfungsstufe festgestellte Vermutungen können sowohl erhärtet als auch widerlegt werden.

Bei genau einem erfüllten (bzw. verletzten) Parameter kommen der klagende Beamte und der Gesetzgeber also quasi mit einem "Unentschieden" aus der ersten Prüfungsstufe.

Da jedoch in sehr vielen Fällen auch der vierte Parameter (Abstandsgebot) erfüllt/verletzt sein dürfte, sollte man als Kläger zumindest recht "selbstbewusst" in die zweite Stufe gehen können, falls man nachweisen kann, dass mindestens zwei der vier Parameter (Abstandsgebot und Lohnindex) erfüllt/verletzt sein könnten..

emdy

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« Antwort #2831 am: 12.12.2025 16:37 »
Kann mir jemand sagen, warum dieser Thread so explodiert? Wir sind weiter von einem neuen Gesetz entfernt als je zuvor.

lotsch

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« Antwort #2832 am: 12.12.2025 17:09 »
Es gibt jetzt sogar einen Vorschlagstext für den Widerspruch vom ansonsten in dieser Angelegenheit sehr zurückhaltenden BBB.

https://www.bbb-bayern.de/bbb-info-musterwiderspruch-zur-amtsangemessenen-besoldung/


Ist der Widerspruch aus eurer Sicht und über den angegebenen weg (Mitarbeiterservice) ausreichend? Oder sollte man eher auf sowas https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/mitgliederinformation-zum-widerspruchsverfahren
zurückgreifen? Einschreiben notwendig?

Danke für eure Antworten

Warum empfiehlt der BBB einen rückwirkenden Widerspruch bis 2022?

"Die Besoldung für die Jahre 2022 ff verletzt mein grundrechtsgleiches Recht auf amtsangemessene Besoldung gemäß Art. 33 Abs. 5 GG‚ ....."

Tom1234

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« Antwort #2833 am: 12.12.2025 17:35 »
Ist jetzt keine große Rechenkunst, aber wenn man die A 15 von 1970 aus der Tabelle von @Believer mit dem Lohn-Index fortentwickelt kommt man für 2024 auf eine Wert von 134.713,91 EUR.

Nur mal zum Vergleich: Die AD 11 (= vergleichbar A15) der EU liegt 2024 bei 161.579,04 EUR in der höchsten Erfahrungsstufe.

Kommt mir so vor, dass die Kollegen dort an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben konnten. :o

Wäre es nicht eher der Weg, die Besoldung A12 und höher bei einer linearen und zeitgleichen Übertragung der Tarifergebnisse und ohne Kürzungen bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld für die Zeit von 1996 bis heute zu errechnen? Dadurch könnte man doch die eigentliche Fehlentwicklung innerhalb des bestehenden Besoldungsgefüges darstellen, wenn man es mit der tatsächlichen Besoldung gegenüber stellt? Ggf. Auch ohne Kürzungen für Pensionsrücklagen.

Tom1234

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« Antwort #2834 am: 12.12.2025 17:49 »
Mein Verständnis sagt das BVerfG bisher, dass ein aktiver Beamter mit unteralimentierten Lebensstandard seinen gegenwärtigen Bedarf und seine spätere (ca. 10jährige) Versorgungslücke privat zu schliessen hat.

Dabei hat er hinzunehmen, dass er dabei nur bei seinem unteralimentierten Lebensstandard auch zu Pensionszeiten verbleibt.

(Er könnte lediglich in den indirekten "Genuss" der abgeschwächten Folgewirkungen derzeitiger BVerfG-Beschlüssen gelangen, falls... Jahrzehnte später)

Denn wenn er widerspruchsfrei, passiv in seiner aktiven Laufzeit seine Unteralimentation hinnimmt, soll er sich damit auch im Alter damit abfinden. Eine vollständige und automatische Aufholung der jahrzehntelangen Folgewirkung der Unteralimentation ist nicht vorgesehen. Das Ungleichverhältnis zu lasten des Beamten, der einen Rechtsprechungswandel (derzeit) seit den 90er Jahren hätte herbeiführen können? und müssen!, verbleibt und wird nicht geheilt.


Allgemein:
Der Rechtsfrieden wird nun mit weiteren unverrückbaren Fixpunkten zu Lasten der Beamten beschlossen und abgeurteilt. Z. B. das Verquicken von jetzigen MÄEs mit jahrzehntealten Tabellen als neue Realität der Vergangenheit, hieße auch die Fortschreibung seit der Vergangenheit zu ändern. Doc Brown und Marty McFly übernehmen sie.

oder?

Mein Ursprungsgedanke war zugegeben, dass die damalige Kürzung der Versorgung auf 71,75 % aus heutiger Sicht nicht mehr haltbar ist und man auf 75 % oder höher zurückkehren müsste, damit der Besoldungsgeber in der Besoldung nicht zu hoch gehen muss. Würde aber weiter auf die Regelpension gehen und nicht auf die Mindestversorgung.

Es sind nur Überlegungen zu strukturellen Auswirkungen und Abhängigkeiten, die ja auch der Besoldungsgesetgeber betrachten muss.

Auch Herr Evers deutete an, dass die Auswirkungen auf die Versorgungsempfänger noch zu betrachten sind.

Obwohl diese Verfahren schon aus den Jahren 2008 FF stammen scheinen wir erst am Anfang eines neuen Buches zu stehen, dessen Autoren noch nicht wissen, dass es in 20 Jahren immer noch die Gerichte beschäftigen wird.