Autor Thema: Auswirkungen der Mindestlohnerhöhung im öffentlichen Dienst  (Read 51125 times)

Warnstreik

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Durch 15€ Mindestlohn wird "alles" teurer... ergo auch für den Besserverdiener, welcher dadurch weniger Geld zur Verfügung hat (und der 15€-Typ hat von der Erhöhung überhaupt gar nichts, da auch für ihn alles teurer wird).

Da aber a) nur ein Teil der Kosten überhaupt Lohnkosten (neben Material und Kapital) und b) ein Großteil davon eh durch Arbeitnehmer entsteht, der über Mindestlohn verdient, wird vielleicht vieles ein bisschen teurer - aber eben bei weitem nicht in dem Maße wie die eigene Lohnerhöhung. 

Auch haben Besserverdiener nicht zwingend weniger Geld zum Konsum zur Verfügung - vielleicht sinkt das Verhältnis von Konsum- und Sparbeträgen zugunsten der Konsumausgaben. In den letzten Jahren steigen die Barvermögen deutscher Haushalte merkbar. Da ist durchaus Puffer für diese indirekte Verteilung. Finde ich auf jeden Fall deutlich besser als direkte Umverteilung via Zuschüssen aus Steuern.

Dann zahlt man halt für ein Getränk mit 0,5 l nicht mehr 4,50, sondern 4,70
Eine Servicekraft serviert 30 Getränke pro Stunde (die kneippe ist auch eher dann leer)  = +6 EUR Stundenlohn, theoretisch;  Er ist aber nur um 41 Cent gestiegen. Was machen wir jetzt mit den restl. EUR 5,59?



Einfach mal die Dimension beachten!

? Genau das habe ich doch geschrieben. Welche Dimension soll ich beachten?
Du? Keine. Das - hoffentlich nachvollziebare - Rechenbeispiel war zur "Verdeutlichung" Deiner Aussage gedacht.

Ok, jetzt hab ichs verstanden.

So eine gesetzliche Mindestlohnerhöhung kann man mit ein wenig Optimismus sogar als Konjunkturpaket sehen: Die Mindestlohnempfänger werden das Plus wohl direkt wieder ausgeben und der Rest durch die moderaten Preissteigerungen mehr Geld in den Konsum stecken. Das entlastet an anderer Stelle die Sozialversicherungen und erhöht das Steueraufkommen.

Faunus

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So eine gesetzliche Mindestlohnerhöhung kann man mit ein wenig Optimismus sogar als Konjunkturpaket sehen: Die Mindestlohnempfänger werden das Plus wohl direkt wieder ausgeben und der Rest durch die moderaten Preissteigerungen mehr Geld in den Konsum stecken. Das entlastet an anderer Stelle die Sozialversicherungen und erhöht das Steueraufkommen.

AN, die auf den Mindestlohn angewiesen sind, dürfte es wie dem Staat gehen: marode Infrastrukturen! Wenn man schon die Waschmaschine gebraucht gekauft hat und dann noch zwei Kiddys zum Haushalt gehören ....

Was ich nicht nachvollziehen kann/will, warum es so schwer zu verstehen ist, dass es nicht sein darf, dass man trotz Vollzeitjob nicht von dem dafür bezahlten Lohn leben kann! Wir haben über 800.000 Aufstocker in D und 2 Mio. Haushalte haben Anspruch auf Wohngeld. Natürlich sind das nicht alles Vollzeitarbeitnehmer, aber sie sind in den Sozialleistungsempfängern auch keine Minderheit!







FGL

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Was ich nicht nachvollziehen kann/will, warum es so schwer zu verstehen ist, dass es nicht sein darf, dass man trotz Vollzeitjob nicht von dem dafür bezahlten Lohn leben kann!
Warum darf das nicht sein? Der Wert von Arbeitskraft bemisst sich nicht nach den Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers.

MoinMoin

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Was ich nicht nachvollziehen kann/will, warum es so schwer zu verstehen ist, dass es nicht sein darf, dass man trotz Vollzeitjob nicht von dem dafür bezahlten Lohn leben kann!
Warum darf das nicht sein? Der Wert von Arbeitskraft bemisst sich nicht nach den Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers.
Wenn man als Single in VZ nicht von seinem Lohn leben kann, dann wird diese Arbeit vom Staat subventioniert, da diese Nase dann BG dazu bekommt um zu überleben.
Und wenn man auch noch einen Gewinn erwirtschaftet, dann scheint es dort ja durchaus noch Luft nach oben zu geben, was die Lohnhöhe betrifft und wir könnten auf diese Subvention verzichten.
Wenn du das korrekt findest, ok.

FGL

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Wenn man als Single in VZ nicht von seinem Lohn leben kann, dann wird diese Arbeit vom Staat subventioniert, da diese Nase dann BG dazu bekommt um zu überleben.
Und wenn man auch noch einen Gewinn erwirtschaftet, dann scheint es dort ja durchaus noch Luft nach oben zu geben, was die Lohnhöhe betrifft und wir könnten auf diese Subvention verzichten.
Wenn du das korrekt findest, ok.
[/quote]
Ich finde bereits den Fehlanreiz, den die dem Grunde nach unbefristet abrufbaren, doch recht üppigen Leistungen für den Lebensunterhalt bieten, nicht korrekt. Mir erschließt sich auch nicht, in welchem Zusammenhang eine profitable Unternehmung mit "Luft nach oben" bei den Gehältern stehen soll. Der Wert der Arbeitskraft wird davon nicht berührt. Wenn aber die "Solidargemeinschaft" meint, jeder müsse über ein bestimmtes Ausmaß an Ressourcen verfügen, dann finde ich es auch angemessen, wenn die Solidargemeinschaft diese Mittel zur Verfügung stellen muss - und nicht Unternehmen gesetzlich gezwungen werden, Arbeitnehmer überzubezahlen.

MoinMoin

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Wenn VZ Kräfte kein BG bekommen dürften, dann wäre es auch keine Subvention von Unternehmungen die auf mini Lohn basieren.


BAT

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Vollzeit sind im Unterhaltsbereich 48 Stunden die Woche.

Warnstreik

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Ich finde bereits den Fehlanreiz, den die dem Grunde nach unbefristet abrufbaren, doch recht üppigen Leistungen für den Lebensunterhalt bieten, nicht korrekt. Mir erschließt sich auch nicht, in welchem Zusammenhang eine profitable Unternehmung mit "Luft nach oben" bei den Gehältern stehen soll. Der Wert der Arbeitskraft wird davon nicht berührt. Wenn aber die "Solidargemeinschaft" meint, jeder müsse über ein bestimmtes Ausmaß an Ressourcen verfügen, dann finde ich es auch angemessen, wenn die Solidargemeinschaft diese Mittel zur Verfügung stellen muss - und nicht Unternehmen gesetzlich gezwungen werden, Arbeitnehmer überzubezahlen.

"Überzahlung" findet hier aber kaum statt - eben weil der Niedriglohnsektor kaum in Konkurrenz zu anderen internationelen Anbietern steht. Hier sind Löhne - sei es Marktlöhne, Tariflöhne oder Mindestlohn) - einfach ein fester Faktor zur Preisgestaltung und damit dem Marktpreis. Wird der Faktor Lohn zentral (und das ist wichtig) erhöht, dann müssen alle damit umgehen und ihre Preise anders kalkulieren. Trotzdem bleibt der Markt intakt. Darum gibt es hier auch keinen "Marktpreis" - eben weil die Löhne in diesen Branchen den Preis maximal subventionieren.
Was natürlich passieren kann ist, dass die Preise steigen. Aber bisher habe ich keine Branche gesehen, die am Mindestlohn zugrunde gegangen ist.

Zinc

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So eine gesetzliche Mindestlohnerhöhung kann man mit ein wenig Optimismus sogar als Konjunkturpaket sehen: Die Mindestlohnempfänger werden das Plus wohl direkt wieder ausgeben und der Rest durch die moderaten Preissteigerungen mehr Geld in den Konsum stecken. Das entlastet an anderer Stelle die Sozialversicherungen und erhöht das Steueraufkommen.

AN, die auf den Mindestlohn angewiesen sind, dürfte es wie dem Staat gehen: marode Infrastrukturen! Wenn man schon die Waschmaschine gebraucht gekauft hat und dann noch zwei Kiddys zum Haushalt gehören ....

Was ich nicht nachvollziehen kann/will, warum es so schwer zu verstehen ist, dass es nicht sein darf, dass man trotz Vollzeitjob nicht von dem dafür bezahlten Lohn leben kann! Wir haben über 800.000 Aufstocker in D und 2 Mio. Haushalte haben Anspruch auf Wohngeld. Natürlich sind das nicht alles Vollzeitarbeitnehmer, aber sie sind in den Sozialleistungsempfängern auch keine Minderheit!

Das wird auch ein 15 Euro-Mindestlohn nicht ändern, von dem letztendlich nur der Staat profitiert. Man müsste an ganz anderen Stellschrauben drehen, um diese grundlegenden Probleme zu lösen.

FGL

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Wenn VZ Kräfte kein BG bekommen dürften, dann wäre es auch keine Subvention von Unternehmungen die auf mini Lohn basieren.
Es ist so oder so keine Subvention von Unternehmungen.

"Überzahlung" findet hier aber kaum statt - eben weil der Niedriglohnsektor kaum in Konkurrenz zu anderen internationelen Anbietern steht. Hier sind Löhne - sei es Marktlöhne, Tariflöhne oder Mindestlohn) - einfach ein fester Faktor zur Preisgestaltung und damit dem Marktpreis. Wird der Faktor Lohn zentral (und das ist wichtig) erhöht, dann müssen alle damit umgehen und ihre Preise anders kalkulieren. Trotzdem bleibt der Markt intakt. Darum gibt es hier auch keinen "Marktpreis" - eben weil die Löhne in diesen Branchen den Preis maximal subventionieren.
Selbstverständlich gibt es signifikante Überzahlung. Das ist ja gerade der Zweck des Mindestlohnes: Die Vergütung von Arbeitskraft auf ein Level zu hieven, das der Arbeitnehmer in dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage (dem Marktpreis der Arbeitskraft) nicht erreichen könnte.

Faunus

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und nicht Unternehmen gesetzlich gezwungen werden, Arbeitnehmer überzubezahlen.


Der Unternehmer "Plantagenbesitzer" hat 1x eingekauft, in Ketten gelegt und mit Nahrung versorgt - das war genug Investition in die "ungebildete" Arbeitskraft.

Es gab schon immer Menschen, die Respekt vor dem nicht zu definierenden Wert eines Anderen haben, sonst würde die absolute Mehrheit unserer Bevölkerung immer noch vor einem Lehensherren katzbuckeln und gerade so überleben!
Ein Unternehmen muss mir als Bürger/Gesellschaft nützlich sein - nicht umgekehrt. Das Problem ist, Unternehmen und deren signifikant überbezahlten Vertreter sehen das genau umgekehrt.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Unternehmensvertreter hier unterwegs sind.


 
« Last Edit: 14.03.2025 14:31 von Faunus »

FGL

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Der Unternehmer "Plantagenbesitzer" hat 1x eingekauft, in Ketten gelegt und mit Nahrung versorgt - das war genug Investition in die "ungebildete" Arbeitskraft.
Der freiwillige Tausch von Zeit gegen Geld hat jetzt genau was damit zu tun, dass afrikanische Stämme ihre Landsleute versklavt und dann an die Bleichgesichter verkauft haben?

Es gab schon immer Menschen, die Respekt vor dem nicht zu definierenden Wert eines Anderen haben, sonst würde die absolute Mehrheit unserer Bevölkerung immer noch vor einem Lehensherren katzbuckeln und gerade so überleben!
Verwechselst Du bewusst den Wert der Arbeitskraft eines Menschen mit dem Wert des Menschen an sich oder merkst Du das schon gar nicht mehr?

Ein Unternehmen muss mir als Bürger/Gesellschaft nützlich sein - nicht umgekehrt. Das Problem ist, Unternehmen und deren signifikant überbezahlten Vertreter sehen das genau umgekehrt.
Ein Unternehmen nutzt seinen Kunden, die ihr Geld gegen Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens eintauschen. Und da ich bezweifle, dass die Vergütung der von Dir genannten Unternehmensvertreter gesetzlich geregelt ist, kann auch keine "signifikante Überbezahlung" vorliegen. ;)

Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Unternehmensvertreter hier unterwegs sind.
Wer denn zum Beispiel?

Faunus

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Der Unternehmer "Plantagenbesitzer" hat 1x eingekauft, in Ketten gelegt und mit Nahrung versorgt - das war genug Investition in die "ungebildete" Arbeitskraft.
Der freiwillige Tausch von Zeit gegen Geld hat jetzt genau was damit zu tun, dass afrikanische Stämme ihre Landsleute versklavt und dann an die Bleichgesichter verkauft haben?

Wenn man sich lang genug einredet, dass der Tausch von Geld gegen Zeit freiwillig ist, dann glaubt man daran.

Auch bekommen manche für die "gleiche" Zeit so viel Geld, dass sie theoretisch mit 40 als Privatier leben können und andere andere müssen bei gleichem Zeitaufwand am Ende Ihres Arbeitslebens zur Rente Bürgergeld beantragen werden.
Den Privatier gönne ich jedem, aber in der Rente betteln gehen zu müssen... muss das in so einen reichen Gesellschaft wie unserer wirklich sein?

Übrigens entwickelt sich die Gesellschaft gegen den Willen der Plantagenbesitzer/Fürsten: Sklaverei/Frohnarbeit ist heute immerhin weltweit geächtet - auch wenn es sie nach wie vor in Teilen der Welt noch gibt.

Es gab schon immer Menschen, die Respekt vor dem nicht zu definierenden Wert eines Anderen haben, sonst würde die absolute Mehrheit unserer Bevölkerung immer noch vor einem Lehensherren katzbuckeln und gerade so überleben!
Verwechselst Du bewusst den Wert der Arbeitskraft eines Menschen mit dem Wert des Menschen an sich oder merkst Du das schon gar nicht mehr?
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Das Handeln eines Menschen von seinem Sein getrennt betrachten und unterschiedlichen Werten zuzuordnen...
Was ist der Mensch ohne seine Handlung? Profan ausgedrückt: tot.


Ein Unternehmen muss mir als Bürger/Gesellschaft nützlich sein - nicht umgekehrt. Das Problem ist, Unternehmen und deren signifikant überbezahlten Vertreter sehen das genau umgekehrt.
Ein Unternehmen nutzt seinen Kunden, die ihr Geld gegen Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens eintauschen. Und da ich bezweifle, dass die Vergütung der von Dir genannten Unternehmensvertreter gesetzlich geregelt ist, kann auch keine "signifikante Überbezahlung" vorliegen. ;)
[/quote]

Du hast das System wirklich bis ins Mark verinnerlicht ;)

Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Unternehmensvertreter hier unterwegs sind.
Wer denn zum Beispiel?
[/quote]

Der, der sich den Schuh anzieht. ;D

BAT

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Übrigens entwickelt sich die Gesellschaft gegen den Willen der Plantagenbesitzer/Fürsten: Sklaverei/Frohnarbeit ist heute immerhin weltweit geächtet - auch wenn es sie nach wie vor in Teilen der Welt noch gibt.


Die Wehrpflicht das soziale Jahr steht gerade wieder vor der Einführung, auch mit großer Unterstützung des eher linken politischen Spektrums.

Wer den Wert des Menschen an seiner Arbeitskraft bemisst, steht davon ab ehe jenseits eines humanen Meinungsprektrums.

Warnstreik

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"Überzahlung" findet hier aber kaum statt - eben weil der Niedriglohnsektor kaum in Konkurrenz zu anderen internationelen Anbietern steht. Hier sind Löhne - sei es Marktlöhne, Tariflöhne oder Mindestlohn) - einfach ein fester Faktor zur Preisgestaltung und damit dem Marktpreis. Wird der Faktor Lohn zentral (und das ist wichtig) erhöht, dann müssen alle damit umgehen und ihre Preise anders kalkulieren. Trotzdem bleibt der Markt intakt. Darum gibt es hier auch keinen "Marktpreis" - eben weil die Löhne in diesen Branchen den Preis maximal subventionieren.
Selbstverständlich gibt es signifikante Überzahlung. Das ist ja gerade der Zweck des Mindestlohnes: Die Vergütung von Arbeitskraft auf ein Level zu hieven, das der Arbeitnehmer in dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage (dem Marktpreis der Arbeitskraft) nicht erreichen könnte.

In dem Sinne natürlich schon. Aber worauf ich hinaus wollte: Es hat keinen relevanten Einfluß auf den Markt der Produkte bzw. Dienstleistungen. Es ist halt eine der Regelungen, denen eine Geschäftstätigkeit in der jeweiligen Gesellschaft unterliegt. Vor Deutschland gab es viele Länder mit Mindestlöhnen. Und es hilft/stützt eben genau diejenigen, die garnicht die Kraft haben "ihren" Wert am Markt durchzusetzen. Sei es weil die Nachbarkneipe auch nur 5€ zahlt und man ja konkurenzfähig sein will oder weil man sonst um seine Existenz bangen muss.  Für die Gesellschaft ist ein vernünftiger Mindestlohn zumindest nach meinem Dafürhalten sinnvoll. Z.B. ermöglicht dieser aus meiner Sicht auch eine Sanktionierung auf 0 - weils eben wirklich auskömmlich wäre.