Autor Thema: Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung  (Read 241789 times)

Aleksandra

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #360 am: 08.04.2025 10:10 »
Nach so langer Zeit sehe ich es nicht als eine Rücknahme alter Kürzungen, sondern eben als Verbesserung in den oberen Entgeltgruppen, die sie sind.

Aber das war nicht der Punkt.

Also je länger alte Kürzungen zurückliegen, gilt es nicht mehr als Rücknahme davon, sondern als Bonus?
Wenn man dir jetzt für 10 Jahre das Gehalt um 5 % kürzt und die Kürzung dann zurücknimmt, dann dankst du deinem AG für die Erhöhung?
Ich denke das ist eine Frage der Perspektive.
Bei jemandem der schon länger dabei ist (und diese Kürzung aktiv miterlebt hat) habe ich volles Verständnis dafür, dass es lediglich die Rücknahme einer "Ungerechtigkeit" ist.
Bei mir ist es indes so, dass ich seit 2022 dabei bin und die Zeit davor gar nicht kannte. Ich schaue immer nur auf mein Jahresbrutto und wie es sich entwickelt (und da waren die Jahre 2022 bis 2024 keine tollen Jahre...). Aber nun steht bei mir durch die Erhöhung der JSZ eine akzeptable Erhöhung dieses Jahresbruttos im Verhältnis zur anzunehmenden Inflation. Von daher bin ich in meiner Situation damit dann auch zufrieden.
Hier muss ich noch einmal korrigieren. Ich habe mir nun die Werte der JSZ seit Bestehen des TVÖD angeschaut (was bei der aktuellen Serverüberlastung gar nicht so einfach war :D ). Und siehe da: es hat die Unterschiede in der JSZ zwischen EG 1-8, 9-12 und 13-15 schon immer gegeben. Der klassische Split war 90%, 80% und 60%. Dann gab es mal ab ca. 2015 oder so eine zweitweise Reduzierung der JSZ, aber die galt auch für alle EG. Da hat sich an den Verhältnissen nicht viel verschoben.
So gesehen ist die Angleichung der JSZ auf 85% für alle keinesfalls eine Rücknahme einer "Ungleichbehandlung", sondern eine echte Erhöhung für alle oberen EG.
Zumindest bezogen auf den TVÖD. Wie es mal im BAT geregelt war weiß ich nicht. Aber damit jetzt Vergleiche zu ziehen ist sicherlich nochmal ne ganze Ecke schwieriger.
Reallohnverlust seit Dienstantritt: 2,33%
2022: Inflation 6,9% - Verdi 1,8%
2023: Inflation 5,9% - Verdi 0%
2024: Inflation 2,2% - Verdi 9,03%
2025: Inflation 2,4% - Verdi 3,00%
2026/7: Inflation 2,75% - Verdi 3,99%

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #361 am: 08.04.2025 10:23 »
...
In Summe denke ich einfach nur, dass eine 39/40h Woche ein Wahnsinn sind. Ein Wahnsinn den wir als Normalität annehmen, weil wir damit aufgewachsen sind und es damit normalisiert haben. Aber 39/40h pro Woche Arbeit ist einfach nicht mehr zeitgemäß, auch wenn uns nun an allen Ecken und Enden verkauft wird, dass selbst das noch zu wenig sei. Zum Glück halten uns Vertreter der Gen Z da immer wieder den Spiegel vor.

Naja, die 40h-Woche war ja auch ein Zuschnitt auf die kleinbürgerliche Idealfamilie im Alleinverdienermodell. Da hat sich natürlich vieles verändert, vor allem aber eines: Das Alleinverdienermodell ist heute gar nicht mehr geeignet, eine Familie adäquat zu versorgen. Alle AZV-Modelle oder -Ideen gehen jedoch mit einer mittelfristigen Reduktion des Reallohns einher, sofern nicht zeitgleich eine (reale) Produktivitätssteigerung in mindestens der gleichen Höhe stattfindet. Bleibt das aus, wird man in kommenden Tarifrunden zwangsläufig wieder vermehrt auf die kleinen EG blicken und mit Mindest- oder Sockelbeträgen arbeiten. Auch der Mindestlohn und das Bürgergeld schließen dann relativ betrachtet weiter zu Median- und Durchschnittseinkommen auf. Die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben (von demographischem Wandel bis zum Klimawandel) kommt ja auch noch hinzu - Kurzum: Die 80er-Jahre, in denen die IGM mit der 35h-Woche um die Ecke gekommen ist, sind lange vorbei.

Wir können hier zum Thema Urlaub und Geld ja wirklich viele und oft sehr unterschiedliche Positionen und Wünsche lesen - daher finde ich bei diesen Themen perspektisch eine Flexibilisierung am sinnigsten, um möglichst vielen Bedürfnissen gerecht zu werden. Wichtig ist aber (gilt für den öD und die pW), dass der kumulierte Output nicht schrumpft, denn dann schrumpft auch der Reallohn - und zwar ganz unabhängig von der Arbeitszeit.

BAT

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #362 am: 08.04.2025 10:35 »

In Summe denke ich einfach nur, dass eine 39/40h Woche ein Wahnsinn sind. Ein Wahnsinn den wir als Normalität annehmen, weil wir damit aufgewachsen sind und es damit normalisiert haben. Aber 39/40h pro Woche Arbeit ist einfach nicht mehr zeitgemäß, auch wenn uns nun an allen Ecken und Enden verkauft wird, dass selbst das noch zu wenig sei. Zum Glück halten uns Vertreter der Gen Z da immer wieder den Spiegel vor.

Die Arbeitszeit kommt aus Jahren, in denen noch körperliche Arbeit vorherrschte. In der zunehmenden Dienstleistungsgesellschaft mit geistiger Tätigkeit ist sie insoweit Wahnsinn, als das diese Tage mit mehr als 6 Stunden schlicht unproduktiv sind. Eine AZV würde für den Bürojob zuvörderst aus Gründen der Effizienzsteigerung erfolgen. Insofern ist es ja kurios, dass gerade die IG Metall hier vorgeprescht ist. Andererseits aber auch nachvollziehbar, weil der Premiumvertrag in den 80ern und 90ern von ÖTV in Richtung IGM gewandert ist.

Eine mögliche Work-Life-Balance mag damit korrelieren, ist aber nur ein Nebenprodukt einer 30 Stunden - Woche. Selbstredend bei vollem Lohnausgleich mit den üblichen Gehaltssteigerungen.

BAT

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #363 am: 08.04.2025 10:37 »
Aktueller HInweis des BMI an die Ausweisbehörden:

Oberste Innenbehörden der  Länder
AA, 505
 
 
Sehr geehrte Kollegin, sehr geehrter Kollege,
 
um eine zeitnahe Weiterleitung der nachfolgenden Informationen in geeigneter Weise an die Pass-/Ausweisbehörden Ihres Zuständigkeitsbereichs wird gebeten.
 
Die Bundesdruckerei GmbH informierte Ende März, dass an einzelnen Tagen zum Warnstreik aufgerufen wurde. Auf die von den Bürgerinnen und Bürgern beantragten Express-Bestellungen und die damit korrespondierenden zeitkritischen Produktionsaufträge hatten diese eintägigen Warnstreik-Maßnahmen nach Aussage der Bundesdruckerei GmbH keine signifikanten Auswirkungen.
 
Die Bundesdruckrei GmbH hat dem Bundesministerium des Innern und für Heimat heute mitgeteilt, dass für den Zeitraum vom 8. bis 10. April 2025 zu einem dreitägigen Warnstreik aufgerufen wurde. Da der Streik erstmals über 24 Stunden dauern wird, sind mögliche Auswirkungen in der Produktion von Ausweisdokumenten nicht ausgeschlossen. Zudem sind analog zu den Streikmaßnahmen in den Kommunen auch in diesem Fall Auswirkungen auf den Rollout der PointID®-Systeme leider zu befürchten. Zwar sind nähere Angaben zum Ob und Wie einer etwaigen verlängerten Produktionsdauer aufgrund der ungewissen Lage nicht möglich. Allerdings sollte diese generellen Informationen den Bürgerinnen und Bürgern nicht vorenthalten werden, damit das Behördenpersonal den antragstellenden Personen etwaige verlängerte Wartezeiten begründen kann.
 
Angeregt wird zu prüfen, ob ein Warnhinweis auf der kommunalen Internetseite zur Produktionsdauer von Ausweisdokumenten hilfreich wäre, um ein gesteigertes Anfrageaufkommen von Bürgern, die auf die Aushändigung ihres bereits beantragten Dokuments warten, zu vermeiden.


Oikos

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #364 am: 08.04.2025 10:46 »

Das stimmt. Ist bei mir ähnlich... also abbezahlt dauert noch 20 Jahre :D, aber bin ja auch erst Ende 30. Aber da ich für Miete kaum weniger bezahlt hätte und noch Bausparverträge mit guten Zinsen hatte... habe ich es auch lieber so gelöst. Das wird später definitiv ein Vorteil sein

Naja und es sind halt noch stattliche Ersparnisse für mich durch die Corona-Krise da. Wenn man halt viel in Freizeit und Kultur sowie Reisen investiert, ist da ja noch massig Geld über geblieben.

Amrum statt Barcelona
Ein Buch statt U2
Eine Flasche Veltins statt Cocktail-Abend in der Bar

Krisen sind immer Gewinnmöglichkeiten. Insbesondere Kriege, etc.

Amrum statt Barcelona ist aber im Zweifel eine Verbesserung  8)

BAT

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #365 am: 08.04.2025 10:51 »

Amrum statt Barcelona ist aber im Zweifel eine Verbesserung  8)

Bei mehr Urlaubsanspruch wäre es Amrum UND Barcelona ;)

Oikos

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #366 am: 08.04.2025 10:55 »
Aber so Stunden reduzieren kommt nicht in Frage?
Könntest ja auch sagen, du gönnst dir jetzt quasi eine Nullrunde, indem du deine Stunden reduzierst.

Sagen wir mal: 5 % = 2 Stunden (völlig willkürlich jetzt).

Wenn es 5 % gebe, würdest du die nehmen und nicht die Stunden reduzieren.
Wenn es aber 2 Stunden weniger gebe bei einer Nullrunde, würdest du das gut finden?

Ich frage mich immer was dahintersteckt. Man will nicht reduzieren, weil die Vollzeitkollegen dann mehr Geld bekommen?
Ich hatte das ja schon mal ausgeführt. Die lineare Reduzierung ist zu teuer. Ich wäre auch nur für eine tarifliche Regelung, wenn die Reduzierung der Stunden günstiger zu haben wäre als wenn man selbst die Stunden reduziert. Weil sonst wäre es wirklich witzlos das als Tarifforderung zu haben. Weil dann kann man einfach selbst auf Teilzeit gehen.

Vielleicht stelle ich mich doof an, aber was meinst du mit "günstiger zu haben"?
Das kann ja eigentlich nur sein, dass tariflich eine niedrigere Wochenstundenzahl definiert wird, aber gleichzeitig das Gehalt (relativ) ansteigt.
Das ist dann aber das Gleiche, wie wenn tariflich das Gehalt steigt und du aber Stunden reduzierst.
Ne, Du stellst Dich nicht doof an. Vielmehr ist es so, dass ich in einem "Wünsch Dir was" Modus diesbezüglich bin :)
Die Arbeitszeit lässt sich ja auch jetzt schon reduzieren. Aber immer nur linear auf Kosten des Arbeitsentgelts. Wenn ich 90% arbeite bekomme ich 90% Gehalt.
Meine Idee ist vielmehr, dass eine tarifliche Reduzierung der Wochenregelarbeitszeit günstiger umzusetzen ist. Also zum Beispiel 90% Arbeitszeit bei 95% Gehalt. Und diese 5% Reduktion des Gehaltes könnte man gut in einer Tarifrunde mit zweijähriger Laufzeit durch eine Nullrunde (oder nur 0,2% Lohnerhöhung pa) kompensieren. Die Kommunen stöhnen ja eh immer dass ihnen das Geld fehlt. Und so könnten sie eine Tarifrunde haben, wo man den Kommunen anbieten kann, wir haben euch gehört. Für diese Tarifrunde müsst ihr nicht mehr Geld ausgeben.
Natürlich gibt es einige Bereiche im ÖD wo die Reduzierung der Stunden für die Aufgaben der AG schwer zu kompensieren ist. Aber es gibt auch durchaus Bereiche wo sich diese Stundenreduzierung im Output überhaupt nicht bemerkbar machen würde. Ob man das dann Arbeitszeitverdichtung nennt, oder die Hebung stiller Produktivitätsreserven wäre dann egal... :D
Historisch hat es die IG Metall vorgemacht, dass eine Arbeitszeitverkürzung möglich ist bei vollem Lohnausgleich. Beim TVÖD ist es sicher schwieriger, allein weil er so viele verschiedene Arbeitsfelder abdecken muss.

In Summe denke ich einfach nur, dass eine 39/40h Woche ein Wahnsinn sind. Ein Wahnsinn den wir als Normalität annehmen, weil wir damit aufgewachsen sind und es damit normalisiert haben. Aber 39/40h pro Woche Arbeit ist einfach nicht mehr zeitgemäß, auch wenn uns nun an allen Ecken und Enden verkauft wird, dass selbst das noch zu wenig sei. Zum Glück halten uns Vertreter der Gen Z da immer wieder den Spiegel vor.

Aber dann verstehe ich deine Idealvorstellung noch nicht richtig, denn genau das kannst du doch jetzt tun.
Im Prinzip kommt es doch auf das Gleiche hinaus, wenn du nach einer tariflichen Gehaltssteigerung deine Stunden entsprechend reduzierst.
Wenn das Gehalt nach den Tarifverhandlungen entsprechend linear erhöht wird, hast du doch vielleicht bei einer Arbeitszeit von 90 % tatsächlich 95 % des (alten) Gehaltes.
Wo ist das Problem?

Wenn du 95 % vom neuen Gehalt willst, wäre das ja nix anderes als eine Arbeitszeitverkürzung bei einem noch höheren Tarifabschluss. Also wäre die Konsequenz, sich auch da für einen höheren Tarifabschluss einzusetzen, um bei Arbeitszeitreduzierung auf den entsprechenden Lohn zu kommen.

Wenn du einfach nur 95 % vom neuen Gehalt willst, willst du überproportional zu denen verdienen, die Vollzeit arbeiten. Das finde ich schwierig, gerade in Zeiten von Fachkräftemangel, zumal es ja ohnehin durch die Steuerprogression einen relativen Vorteil bei Arbeitszeitverkürzung im Netto-Gehalt hat.
Ich finde daher die Option auf Arbeitszeitverlängerung inkl. Zuschlag sehr gut.

Wenn man den Kommunen anbieten würde, dass der Output bei geringerer Arbeitszeit zu kompensieren sei, dann liefert man der Kommune eigentlich nur das Argument dafür, Stellenanteile dann ja streichen zu können. Da spart man sogar noch mehr. Das würde ich für keine kluge Argumentation halten.

Die Argumentation, dass 40 Stunden nicht mehr zeitgemäß sind, ist auch schwierig. Denn diese könnte man auch in die andere Richtung drehen.
M. E. ist eine höhere Flexibilisierung genau richtig. Wer weniger arbeiten mag, soll meinetwegen auch ein Recht darauf haben. Wer mehr arbeiten mag, aber auch. Vielleicht macht da einfach die Definition einer "Gleitzone" für Vollzeit Sinn. Zwischen 35 und 45 Stunden hat jeder ein Recht zu wählen.

Oikos

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #367 am: 08.04.2025 10:59 »
Das hier gerade zufällig bei Google News gefunden und gelesen:
https://www.nzz.ch/wirtschaft/deutschland-der-tarifabschluss-im-oeffentlicher-dienst-ist-zu-hoch-er-passt-nicht-in-die-wirtschaftliche-landschaft-ld.1879100

Zitat
Ökonomisch betrachtet spricht dies dafür, die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auf eine neue Basis zu stellen. An die Stelle von wochenlangen Tarifverhandlungen, die von wachstumsgefährdenden Warnstreiks begleitet werden, sollte eine Regel treten, die die Löhne beim Staat deutlich langsamer steigen lässt als in der Privatwirtschaft.

So könnte ein Gesetz regeln, die Löhne beim Staat nur halb so schnell steigen zu lassen wie im Durchschnitt der Privatwirtschaft. Das Nachhinken der Löhne wäre durch die schwächere Produktivität im Staatssektor sowie durch die Privilegien der Staatsbediensteten gegenüber den Beschäftigten in der Privatwirtschaft gerechtfertigt. Diese Privilegien bestehen in der Arbeitsplatzsicherheit durch den ausgeprägten Kündigungsschutz, der bei Beamten und langjährigen Angestellten des Staates faktisch einer Unkündbarkeit gleicht. Dazu kommt die vergleichsweise üppige Altersversorgung durch den Staat in Form von Zusatzversorgung und Beamtenpensionen.

Beides wirkt wie ein zweiter Lohn im öffentlichen Dienst, der diesen für viele Arbeitnehmer attraktiver macht als eine Beschäftigung in der Privatwirtschaft. Auf diese Weise entzieht der Staat der Privatwirtschaft Arbeitskräfte, die angesichts der demografischen Entwicklung zunehmend knapp werden. In einer marktwirtschaftlichen Ordnung gebührt dem Privatsektor jedoch Vorrang vor dem Staat, zumal die Arbeitskräfte in Unternehmen im Schnitt produktiver sind als beim Staat.

Selten so einen Quark gelesen. Und welche "üppige Altersversorgung? Ich habe nichts durch meinen Arbeitgeber und volle Rentenpunkte sammle ich jetzt schon nicht.

Die Ausführungen sind tatsächlich Unsinn.
Natürlich kann man argumentieren, dass aufgrund der niedrigeren Produktivität und der Arbeitsplatzsicherheit niedrigere Gehälter im Vergleich zur PW gerechtfertigt sind.
Aber das wäre ja nur ein Argument dafür, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt (im Zweifel heute) diese Unterschiede da sind. Die weitere (prozentuale) Entwicklung ist davon ja unabhängig, weil die ggf. gerechtfertigten Gehaltsunterschiede prozentual dann weiter mitgeschleppt werden.

Im Übrigen wurde die Mär davon, dass die Beamten mit ihren Pensionen überversorgt wären, doch längst wiederlegt. Beamte kosten den Staat auf die Gesamtlebenszeit weder mehr noch weniger als Nicht-Beamte.

Ich wusste gar nicht, das ich keine Steuern zahle - wieder was gelernt:

Zitat
Denn anders als in der Privatwirtschaft werden die Gehälter der Staatsbediensteten nicht aus Verkaufserlösen von Waren und Dienstleistungen am Markt, sondern aus Zwangsabgaben gespeist. Diese stammen von den Arbeitnehmern und Unternehmen, die ihre Einkommen und Gewinne im Wettbewerb legitimieren und verteidigen müssen. Vereinfacht gesagt könnte man die Unternehmer und Arbeitnehmer als Steuerproduzenten, die beim Staat Beschäftigten hingegen als Steuerkonsumenten beschreiben.

Aber es wird ja sowieso keiner von uns wirklich benötigt. Reicht ja, wenn der Müll einmal im Monat abgeholt wird, die Kigas nur noch 2 Tage die Woche offen haben und gepflegt werden muss doch auch keiner. Und wehe wenn man nicht früh genug seinen Auslandsaufenthalt plant.

Zitat
Daher könnte es für Polizisten, Soldaten und Richter Ausnahmen vom Lohnabschlag gegenüber der Privatwirtschaft geben. So fände der Staat für jene Bereiche, in denen er unerlässlich ist, weiterhin genügend Arbeitskräfte. Dort, wo er nicht benötigt wird, schrumpfte er mit dem Rückgang der Bewerbungen, die wegen des Lohnabschlags bei ihm eingehen

Naja, es steht ja dabei "vereinfacht gesagt" und da haben sie Recht.
Netto sind Bedienstete im öD Steuerkonsumenten. Wenn dem nicht so wäre, sprich: wenn Beschäftigte im öD mehr Steuern/Abgaben zahlen würden, als sie kosten (wie auch immer das gehen soll), dann wären ja alle finanzwirtschaftlichen Sorgen des Staates gelöst, wenn wir die Anzahl der Stellen im öD einfach verzehnfachen.

Trotzdem ist das maximal ein Argument dafür, dass man im Vergleich (wo und wie auch immer man es vergleichen kann) im öD weniger verdient als in der PW, aber es kein Argument für eine prozentual andere Weiterentwicklung...

BAT

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #368 am: 08.04.2025 11:02 »

Die Argumentation, dass 40 Stunden nicht mehr zeitgemäß sind, ist auch schwierig. Denn diese könnte man auch in die andere Richtung drehen.


Das wäre z. B. die Frage, wenn man Selbständige oder vielleicht auch mal Beamte in die Rentenversicherung mit aufnahmen möchte, die dann evtl. bei 60/70 Wochenstunden bzw. 40 Wochenstunden verharren. Müsste zumindest in die Diskussion, ob solch potentiell gesundheitsschädliches Verhalten in eine Rentenversicherung gehört.

Oikos

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #369 am: 08.04.2025 11:04 »
Also wenn ich auf die Option des Urlaubstausches verzichten könnte um dafür knapp 5% mehr JSZ zu erhalten, würde ich das aber mal sowas von sofort unterschreiben.
Aber da ist sicher auch jeder anders. Ich hatte ja schon gesagt, dass mich diese extra Urlaubstage nicht interessieren. Während monkey und andere, insbesondere Familien mit Kindern, da sehr viel Wert drauf legen.

Urlaub willst du nicht?
Du hast doch immer nach weniger Stunden gebettelt  :D

Ich wollte ja ohnehin immer nur Geld haben  ;D ;D
Was soll ich denn mit Urlaub? :D
Also im Ernst. 30 Tage sind mehr als genug. Dazu noch die ganzen Feiertage plus mögliche Brückentage.
Aber mein Leben findet nun mal leider nicht hauptsächlich im Urlaub statt, sondern im Alltag. Und der Alltag sieht eine 39h Woche vor. Mo-Do sind das inkl. Pause 9h. 8h Schlafen. 2h An- und Abreise inkl. fertig machen. Dann bleiben von einem Tag noch ganze 5h an Freizeit übrig (von der man dann noch Einkauf, Haushalt etc. abziehen kann). Eine Stunde Erhöhung auf 6h wäre dann glatte 20% mehr Freizeit an einem normalen Werktag, der ja den Alltag bestimmt. Das ist wahre Lebensqualität.
Optimal wäre eine 30h Woche - jeden Werktag 6h arbeiten. Aber 35h wäre auch schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.
Ein Urlaubstag mehr oder weniger ist dagegen komplett irrelevant.

Unser Leben findet ebenfalls hauptsächlich im Alltag statt. Und der besteht neben der Arbeit aus Familienleben. Und zu dieser Familie gehören zwei kleine Menschen, die in die Kita gehen. Die Kita und Krippe haben zusammen dieses Jahr 30 Tage geschlossen, da sich nicht alle Schließtage überlappen. Der komplette Jahresurlaub ist also schonmal für die Schließtage aufgebraucht. Sämtliche Termine beim Kinderarzt (z.B. U-Untersuchung und Impfen. Bei 2 Kids ist man praktisch jeden Monat mindestens einmal beim Kinderarzt und das ohne Krankheit) und unsere eigenen Arzttermine versuchen wir so gut es geht auf den späten Nachmittag zu legen. Klappt aber nicht immer, weil andere Berufstätige das genauso machen und sie das in ihren Alltag nach Feieraend integrieren.

Jeder außerplanmäßige Freizeitbedarf muss aktuell durch Überstundenabbau abgedeckt werden. Zusätzliche Urlaubstage würden bei uns und anderen Familien mit kleinen Kindern tatsächlich eine spürbare Entlastung bieten.

Deine eigenen Arzttermine kannst du im TVöD ja sogar in die Arbeitszeit legen lassen (... wenn es nicht anders geht...).
Ich habe das auch nie gemacht, aber es gibt Kollegen, die das nahezu immer so machen

Ansonsten kann ich deine Ausführungen natürlich komplett nachvollziehen


Natürlich kann ich Facharzttermine in die Arbeitszeit legen. Da wir aber gemäß Dienstvereinbarung weder feste Arbeitszeiten noch Kernzeit haben, läuft das komplett auf Freizeit. Erklärung zur Arbeitszeit: Ich muss zwischen 6 und 20 Uhr insgesamt vier Stunden "eingestemeplt" sein, damit es als regulärer Arbeitstag in der Zeiterfassung zählt und kein Gleittag erforderlich ist.

Ganz ehrlich: Das halte ich aber auch für richtig so.

Beschwere mich deswegen ja nicht. Die Vorteile der Flexibilität überwiegen bei dem Modell einfach. Dennoch würden zusätzliche Urlaubstage für mehr Entspannung sorgen.

Ja, das ist absolut nachvollziehbar. So sind aber die Bedarfe unterschiedlich.
Ich könnte relativ problemlos auf 5-10 Urlaubstage im Jahr verzichten und würde das auch tun, wenn ich in entsprechender Höhe dafür mehr verdiene.
Ich denke, weil die Bedarfe so unterschiedlich sind, kann die Lösung nur in mehr Flexibilität liegen. Generell besteht dafür ja bereits die Möglichkeit, Stunden zu reduzieren. Vereinfacht gesagt: man verzichtet auf die Gehaltserhöhung, hat dafür aber mehr frei - wahlweise in weniger Arbeitsstunden pro Woche oder (durch Mehrarbeit auf dem Gleitzeitkonto) mehr freie Tage.
Soweit aber tariflich eine geringer Stundenzahl oder ein höherer Urlaubsanspruch anstelle von mehr Geld vereinbart wird, gibt es für diejenigen, die gerne mehr Geld hätten, keine Umwandlungsmöglichkeit. Daher ja mein klares Plädoyer pro "ausschließlich mehr Gehalt" bei Tarifverhandlungen, gerne verbunden mit dem Recht auf Stundenreduzierung. Wie gesagt: Ich halte ein Modell mit "Gleitzone" in Vollzeit zwischen 35 und 45 Stunden für sehr überdenkenswert.

Aleksandra

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #370 am: 08.04.2025 11:19 »
Wenn du einfach nur 95 % vom neuen Gehalt willst, willst du überproportional zu denen verdienen, die Vollzeit arbeiten.
Nein, ich will dass der Begriff "Vollzeit" neu definiert wird. Finde die jüngsten Ausführungen von BAT dazu auch ganz hilfreich.

Für Bürojobs kann das Ziel eigentlich nur eine 30h Woche sein. Mehr als 6h konzentriertes Arbeiten ist im Büro auf Dauer gar nicht wirklich drin. Die Auszeiten holen sich die Beschäftigten auf die ein oder andere Weise ohnehin selbst wieder rein. Und sei es indem man apathisch aus dem Fenster glotzt oder ne halbe Stunde am Kaffeeautomaten rumhängt.

Klar, da mag es Ausnahmen geben, die bestätigen immer die Regel. Aber im Grunde ist der Mensch weder anatomisch noch psychisch dafür gemacht so lange konzentriert an einem Bildschirmarbeitsplatz zu arbeiten. Je länger man da sitzt, desto stärker leidet die Produktivität. Die Aufrechterhaltung einer 39/40h Woche ist kollektiver Selbstbetrug um an antiquierten Arbeitszeitmodellen festzuhalten.
Reallohnverlust seit Dienstantritt: 2,33%
2022: Inflation 6,9% - Verdi 1,8%
2023: Inflation 5,9% - Verdi 0%
2024: Inflation 2,2% - Verdi 9,03%
2025: Inflation 2,4% - Verdi 3,00%
2026/7: Inflation 2,75% - Verdi 3,99%

NelsonMuntz

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« Antwort #371 am: 08.04.2025 11:20 »

Die Argumentation, dass 40 Stunden nicht mehr zeitgemäß sind, ist auch schwierig. Denn diese könnte man auch in die andere Richtung drehen.


Das wäre z. B. die Frage, wenn man Selbständige oder vielleicht auch mal Beamte in die Rentenversicherung mit aufnahmen möchte, die dann evtl. bei 60/70 Wochenstunden bzw. 40 Wochenstunden verharren. Müsste zumindest in die Diskussion, ob solch potentiell gesundheitsschädliches Verhalten in eine Rentenversicherung gehört.

Wenn es dann zu einem früheren Ableben führt, dann natürlich! ;)

... wenn Du versprichst, das Rauchen auch im hohen Alter nicht aufzugeben, sollst Du gerne auch 50€ extra-Rente erhalten. Systemisch betrachtet ist das bezogen auf die RV ein Gewinn. Die KV sieht das natürlich etwas anders ...

BAT

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #372 am: 08.04.2025 11:21 »
Das Problem ist teils auch das Festhalten an Gewerkschaftsbeiträgen am Tabellenentgelt. Insofern fällt es Verdi auch leicht, diese drei zusätzlichen Urlaubstage mit Verzicht bei der JSZ zu verbinden. Dies wirkt sich nicht auf die Beiträge aus.

Änderungen in der Arbeitszeit würden es sehr wohl, nach unten durch weniger Einnahmen, nach oben in der Vermittlung dieses Anstieges an die Mitglieder.

NelsonMuntz

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« Antwort #373 am: 08.04.2025 11:27 »
Für Bürojobs kann das Ziel eigentlich nur eine 30h Woche sein. Mehr als 6h konzentriertes Arbeiten ist im Büro auf Dauer gar nicht wirklich drin. Die Auszeiten holen sich die Beschäftigten auf die ein oder andere Weise ohnehin selbst wieder rein. Und sei es indem man apathisch aus dem Fenster glotzt oder ne halbe Stunde am Kaffeeautomaten rumhängt.

Jetzt mal ganz konkret auf Dich bezogen: Wie verbringst Du diese 2 unproduktiven Stunden am Tag? Stehst Du wirklich auf dem Standpunkt, zwei Stunden bezahltes Nichtstun auf deinem täglichen Zettel zu haben?

Und wärst Du andererseits bereit, auf diese 2 Stunden (was auch immer Du in diesen machst) zu verzichten? Dein täglicher Output darf ja nicht sinken. Also wären dann alle Kaffeepausen und Unterhaltungen faktisch aus deinem Arbeitsalltag zu streichen. Ich hege gewisse Zweifel, dass eine solche Leistungsverdichtung wirklich in der Breite gut ankommt. (Nach einer Zeit von 60 Sekunden ohne Keyboard-Anschlag erfolgt dann eine automatisierte Pausenbuchung ;))

Umlauf

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #374 am: 08.04.2025 11:53 »
Nach so langer Zeit sehe ich es nicht als eine Rücknahme alter Kürzungen, sondern eben als Verbesserung in den oberen Entgeltgruppen, die sie sind.

Aber das war nicht der Punkt.

Also je länger alte Kürzungen zurückliegen, gilt es nicht mehr als Rücknahme davon, sondern als Bonus?
Wenn man dir jetzt für 10 Jahre das Gehalt um 5 % kürzt und die Kürzung dann zurücknimmt, dann dankst du deinem AG für die Erhöhung?
Ich denke das ist eine Frage der Perspektive.
Bei jemandem der schon länger dabei ist (und diese Kürzung aktiv miterlebt hat) habe ich volles Verständnis dafür, dass es lediglich die Rücknahme einer "Ungerechtigkeit" ist.
Bei mir ist es indes so, dass ich seit 2022 dabei bin und die Zeit davor gar nicht kannte. Ich schaue immer nur auf mein Jahresbrutto und wie es sich entwickelt (und da waren die Jahre 2022 bis 2024 keine tollen Jahre...). Aber nun steht bei mir durch die Erhöhung der JSZ eine akzeptable Erhöhung dieses Jahresbruttos im Verhältnis zur anzunehmenden Inflation. Von daher bin ich in meiner Situation damit dann auch zufrieden.
Hier muss ich noch einmal korrigieren. Ich habe mir nun die Werte der JSZ seit Bestehen des TVÖD angeschaut (was bei der aktuellen Serverüberlastung gar nicht so einfach war :D ). Und siehe da: es hat die Unterschiede in der JSZ zwischen EG 1-8, 9-12 und 13-15 schon immer gegeben. Der klassische Split war 90%, 80% und 60%. Dann gab es mal ab ca. 2015 oder so eine zweitweise Reduzierung der JSZ, aber die galt auch für alle EG. Da hat sich an den Verhältnissen nicht viel verschoben.
So gesehen ist die Angleichung der JSZ auf 85% für alle keinesfalls eine Rücknahme einer "Ungleichbehandlung", sondern eine echte Erhöhung für alle oberen EG.
Zumindest bezogen auf den TVÖD. Wie es mal im BAT geregelt war weiß ich nicht. Aber damit jetzt Vergleiche zu ziehen ist sicherlich nochmal ne ganze Ecke schwieriger.

Na dann schau vor 2005 nach.

Im BAT lese ich nichts von einer Differenzierung. Nur eine Festschreibung der Tabellengrundlage auf das Jahr 1993. Damit sanken zwar mit jeder Tariferhöhung die Prozente, aber für alle auf den gleichen Wert.