Autor Thema: Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung  (Read 239664 times)

BVerfGBeliever

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #540 am: 13.04.2025 12:54 »
Ich frage mich gelegentlich, worauf der Anspruch auf Reallohnerhalt oder gar -steigerung eigentlich fußt!

Deine Frage ist berechtigt. Gewerkschaften würden dir vermutlich antworten, dass ein Kaufkraftverlust für ihre Mitglieder nicht "akzeptabel" sei, unter anderem aufgrund der negativen Effekte auf die Konsumnachfrage.


Eine fairere Lösung zur Ermittlung der Tariflöhne wäre gegebenenfalls ein Blick auf die jeweilige Steigerung der Wertschöpfung sowie die Frage, wie viel die Arbeitnehmer dazu beigetragen haben (unter anderem im Vergleich zu den Investitionen der Arbeitgeber, die damit ja ebenfalls einen Beitrag geleistet haben). Und da bei uns im öD der "Output" nur schwer messbar ist ;-), könnte man sich beispielsweise an der Gesamtwirtschaft orientieren.

BVerfGBeliever

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #541 am: 13.04.2025 12:56 »
Hab mal ne kleine Berechnung gestartet

Hier aus Beamten-Sicht nochmals etwas genauer (jeweils Endstufen-Jahresbruttogehälter, Basisjahr 2000 = 100):

- Zwischen 2000 und 2004 ist real nicht viel passiert.
- Zwischen 2004 und 2007 gab es deutliche Reallohnverluste (auf unter 93).
- Zwischen 2007 und 2020 gab es einen schönen "Reallohngewinn-Lauf" (A3 auf fast 110, A16 immerhin auf gut 107).
- Anschließend gab es erst einen heftigen Einbruch (A3 auf 97, A16 auf 95), gefolgt von einem Auseinanderklaffen zwischen A3 und A16.
- Im Ergebnis lag der A16-Reallohn im Januar 2025 exakt auf dem Niveau von Januar 2000, der A3-Reallohn war hingegen gut 7% höher als 25 Jahre zuvor.

Quelle: https://s1.directupload.eu/images/250413/rclmlp2a.jpg

KlammeKassen

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #542 am: 13.04.2025 17:21 »
Bodenlos. Große Chance vertan. Und vom Ergebnis eigtl auch nicht zu akzeptieren

Also habt ihr eigentlich Zeit für Geld schon. Pro Arbeitstag zahlt man ja circa 5% der JSZmeine ich. Also 10% weniger Jahressonderzahlung. Wieviel Prozent bekommt ihr?

Effektiv zwischen 72-74% um den Dreh.

Die wirtschaftliche Situation im Bankenbereich ist aber in sofern anders als den Kommunen, dass man hier tatsächlich eine Chance zur Wettbewerbsfähigkeit verpasst hat
Bei uns kam heute die Meldung das der Vorstand uns freiwillig den SSZ Topf für die LOV um TEUR 600 aufstockt aufgrund des guten BE von 2024.

Ich warte noch auf das Jahr, wann das mal bei einer Kommune passieren wird  :P.... Da könn(t)en die Überschüsse noch so hoch sein, so etwas würde es nie geben --> schließlich ist das dann Verschwendung von Steuergeldern

KlammeKassen

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #543 am: 13.04.2025 17:24 »
Hab mal ne kleine Berechnung gestartet, was auch in Zukunft als Erwartungswert für Tarifverhandlungen herangezogen werden kann.

Ausgangspunkt ist die erste Tarifrunde 2008, wo es zum ersten mal eine Erhöhung seit Begründung des TVÖD gab. Berechnet habe ich alles für die EG12. EG die darunter liegen können durch Sockel- und Mindestbeträge natürlich mehr profitieren. Gerechnet habe ich bis einschließlich 2026, da uns ja hier schon die Entgelttabellen vorliegen.

Im Vergleich zum Jahreslohn 2007 ist die Entgelttabelle für 2026 um 64,93% erhöht worden. Das entspricht einer jährlichen Steigerung des Entgelts von ca. 2,63% (die Monate Jan-Mär 2027 habe ich hierfür natürlich schon herausgerechnet).

Die Inflation ist im gleichen Zeitraum um insgesamt 59,93% gestiegen. Hierbei habe ich als Prognose für 2025 mit 2,2% Inflation und in 2026 mit 2,0% in die Rechnung einfließen lassen. Das entspricht einer jährlichen Inflation von ca. 2,22%.

Im Schnitt hat es also über die gesamte Historie des TVÖD eine jährliche Entgeltsteigerung von ziemlich exakt 0,4% oberhalb der Inflation gegeben. Ich denke diesen Wert werde ich für zukünftige Tarifverhandlungen als realistischen Erwartungswert berücksichtigen. Es ist aber auch vorstellbar, dass dieser Wert in Zukunft etwas absinken kann, da wir es als Deutschland nicht geschafft haben ausreichend in Zukunftstechnologien zu investieren, und wir daher alle "die Gürtel enger schnallen müssen". Eine deutliche Korrektur nach unten hat es ja schon bei der Tarifverhandlung für 2023/2024 gegeben.

Problem werden vor allem die krass explodierenden Sozialabgaben sein. Einerseits schmälern sie unser Netto, verkleinern aber auch den finanziellen Spielraum der Arbeitgeber für Lohnerhöhungen, da diese die Lohnkosten selbst bei Nullrunden schon nach oben treiben

KlammeKassen

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #544 am: 13.04.2025 17:26 »
Zu meiner Berechnung noch ein paar hilfreiche Ergänzungen.
So richtig "bergab" mit den jährlichen Lohneerhöhungen ging es im TVÖD ab 2020. Die Jahre zuvor waren eher "goldene Jahre" der Tariferhöhung. Daher hier mal zwei Spezialbetrachtungen.

2020 bis 2026 - Die Jahre um Inflation, Ukraine und Corona:
Lohnsteigerung: 21,71% (2,75% pa.)
Inflation: 30,61% (3,89% pa.)
Jährliche Differenz Tarifergebnis: 1,14% schlechter als die Inflation

2009 bis 2019 - Die "goldenen Jahre des TVÖD":
Lohnsteigerung: 29,89% (2,41% pa.)
Inflation: 13,38% (1,15% pa.)
Jährliche Differenz Tarifergebnis: 1,26% besser als die Inflation

[Hinweis: 2008 als erste Tarifrunde habe ich herausgerechnet, weil es davor quasi 2 Jahre Nullrunde gab und allein deshalb das Ergebnis sehr hoch war. Das hätte das Ergebnis verfälscht. Würde ich das mit reinnehmen, wäre die prozentuale Steigerung pa sogar noch höher über der Inflation].


Die entscheidende Frage ist nun: Schaffen wir es in Zukunft wieder an die Steigerungs-Werte aus 2009 bis 2019 anzuschließen? So 1,2% oberhalb der Inflation wäre ja durchaus ein starkes Signal. Wollen wir es hoffen.

zu betrachten ist hierbei aber auch, dass es auch viele andere Branchen/Tarifverträge gibt, die sein 2020 im Reallohnverlust festhängen. Es ist nicht nur ein Problem des öD.
In den 2010ern gab es auch kaum Inflation

aronzo

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #545 am: 13.04.2025 20:56 »
Vielleicht macht es trotzdem mehr Sinn vom Durchschnitt auszugehen und nicht irgendwelchen besonderen Lebensläufen.
Wäre ich bei meiner ersten Stelle geblieben, hatte ich ab 01.04. ca. 123 % mehr. Das wäre jetzt nicht so viel weniger und ist ebenso keine so große Entwicklung.
Wenn ich eine Stelle antreten, habe ich ein Anfangseinkommen. Da ich die Steigerungen nicht verhandelt habe, handelt es sich um tarifliche Steigerungen. Kann man auch anders sehen, ich sehe es so; und bin zufrieden.

FearOfTheDuck

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #546 am: 13.04.2025 22:15 »
123 % mehr ist tatsächlich nicht weniger, m.E. wäre es aber doch eine enorme Entwicklung. ;) Aber hey, ist halt immer auch ein persönliches Ding.

DiVO

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #547 am: 14.04.2025 06:29 »
Nun, Dir wird sicher nicht entgangen sein, dass insbesondere in den letzten Jahren die Preise extrem gestiegen sind. Von daher ja: auch ich freue mich über Tarifsteigerungen. Aber auch nur, wenn sie über der Inflation liegen. Tun sie das nicht, ist es eine Real-Lohnkürzung. Darüber freue ich mich dann nicht.

Die festen Erfahrungsstufen sind insoweit von Vorteil, dass sie einem erlauben exakt zu berechnen, wie viel man bis zum Renteneintrittsalter in die Rentenversicherung einbezahlt. Wie viele Rentenpunkte es dafür gibt, hängt aber vom Verhältnis zum Durchschnittseinkommen der Rentenversicherung ab. Fallen Tariferhöhung hier niedriger aus als im Rest des Landes, gibt es dafür dann auch weniger Rentenpunkte.

Ich bin 2014 in den öD nach ein paar Jahren Zwischenspiel bei einem KMU zurückgekehrt. Wenn ich beim dortiges Gehalt als Ausgngswert mit 100 % nehme, dann habe ich seitdem durch Stufenaufstiege, "Beförderungen" und Zulagen 149 % Gehaltserhöhungen im öD erlebt. Sobald ab Sommer die neue Zulage gewährt wird, sind es rund 162 %.

Es hat doch jeder, der im öD irgendwann einmal angefangen hat, vorher gewusst, worauf er sich einlässt und welche Gehälter dort gezahlt werden. Wem das nicht gefällt, soll entweder auf Gewährung einer Zulage hinwirken und wenn das nicht klappt kündigen und einen besser bezahlten Job suchen. Aber dieser ständige Rumgejaule nervt nur noch.

CH79

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« Antwort #548 am: 14.04.2025 07:20 »
Ich verfolge die Diskussionen hier nun schon sehr lange, und hab mich jetzt mal registriert, um eine Idee einzubringen, die ich hier noch nicht gelesen habe:

Beim BMAS gibt es einen Mindestlohnrechner: https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsrecht/Mindestlohn/Mindestlohnrechner/mindestlohn-rechner.html

Wir könnten die Tabelle einfach komplett in "x-faches vom Mindestlohn" umrechnen und uns damit Teile der arifverhandlungen ersparen....
Ich habe zwar das Gefühl, dass in meiner Idee ein Pferdefuss steckt. Aber als Ansatz zur Vereinfachung finde ich das interessant

daseinsvorsorge

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #549 am: 14.04.2025 07:44 »

Es hat doch jeder, der im öD irgendwann einmal angefangen hat, vorher gewusst, worauf er sich einlässt und welche Gehälter dort gezahlt werden. Wem das nicht gefällt, soll entweder auf Gewährung einer Zulage hinwirken und wenn das nicht klappt kündigen und einen besser bezahlten Job suchen. Aber dieser ständige Rumgejaule nervt nur noch.

Das ist ja unverschämt - die allermeisten Menschen hier EG> 9a opfern sich völlig selbstlos für den ÖD auf, um dieses Land zu retten. Sie könnten jederzeit problemlos in die pw wechseln, viele tausend Euros mehr im Jahr verdienen, ohne sich mehr anstrengen zu müssen. Und trotzdem bleiben sie ohne irgendeinen Vorteil für sich selber. Statt Vorhaltungen haben Sie mehr Mitleid verdient.

Volksverwirrung

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #550 am: 14.04.2025 07:52 »
Weiß jemand wann die Tariferhöhung tabellenwirksam umgesetzt wird?

Dazu habe ich nichts gefunden. April fällt ja definitiv raus, klappt es dann mit der Mai-Abrechnung?

FearOfTheDuck

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« Antwort #551 am: 14.04.2025 08:01 »
Tendenziell eher ab Juni. Erst befragt Verdi seine Mitglieder und ggf. warten einige AG erst die Redaktionsverhanlungen ab.

SusiE

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« Antwort #552 am: 14.04.2025 08:31 »
Weiß jemand wann die Tariferhöhung tabellenwirksam umgesetzt wird?

Dazu habe ich nichts gefunden. April fällt ja definitiv raus, klappt es dann mit der Mai-Abrechnung?
Mitte Mai endet ja erst die Mitgiederbefragung und Erklärungsfrist. Das dürfte dann nicht mehr machbar sein.
Juni finde ich auch optimistisch, denke ja eher August. Zumindest bei uns ist das ein realistischer Zeitpunkt, der aus Erfahrungswerten kommt.

BAT

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« Antwort #553 am: 14.04.2025 09:01 »
Frühestens Ende Juli, ich denke auch eher August.

Und nein, nicht alle wussten, worauf sie sich einliessen mit dem öD, etliche sind noch unter dem BAT angefangen.

DiVO

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Antw:Tarifrunde TVöD 2025 - Diskussion IV - Tarifeinigung
« Antwort #554 am: 14.04.2025 09:06 »

Es hat doch jeder, der im öD irgendwann einmal angefangen hat, vorher gewusst, worauf er sich einlässt und welche Gehälter dort gezahlt werden. Wem das nicht gefällt, soll entweder auf Gewährung einer Zulage hinwirken und wenn das nicht klappt kündigen und einen besser bezahlten Job suchen. Aber dieser ständige Rumgejaule nervt nur noch.

Das ist ja unverschämt - die allermeisten Menschen hier EG> 9a opfern sich völlig selbstlos für den ÖD auf, um dieses Land zu retten. Sie könnten jederzeit problemlos in die pw wechseln, viele tausend Euros mehr im Jahr verdienen, ohne sich mehr anstrengen zu müssen. Und trotzdem bleiben sie ohne irgendeinen Vorteil für sich selber. Statt Vorhaltungen haben Sie mehr Mitleid verdient.

Wieso sollte das unverschämt sein oder ich irgendjemanden bemitleiden, der aus reiner Faulheit/Bequemlichkeit/Dummheit sich nicht aus seiner Komfortzone herausbewegt und lieber im öD versauert und so auf "viele tausend Euros mehr im Jahr" verzichtet, die derjenige in der PW verdienen könnte?

Entwicklung findet immer außerhalb der eigenen Komfortzone statt. Und die ist bei vielen Leuten, auch hier im Forum, inzwischen sehr gemütlich eingerichtet. Da wird vor und während der dritten Verhandlungsrunde immer laut getönt, dass er unterhalb einer bestimmten Gehaltserhöhung durch den neuen Tarifabschluss zu massenhaften Kündigungen kommen werde. Sobald das Ergebnis verkündet ist, jammern die Leute nochmal zwei Wochen und von Kündigung ist nichts mehr zu lesen.

Ich bin auch EG> 9a und ich opfere mich hier null auf, um das Land zu retten. Warum auch? Ich habe einen Arbeitsvertrag und eine dazugehörige Stellenbeschreibung. Daraus geht genau hervor, was ich zu tun habe, um meine Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erfüllen. Warum sollte ich mehr tun? An welcher Stelle erfüllt denn mein Arbeitgeber mehr als seine mir gegenüber eingegangenen vertraglichen Pflichten?

Ich habe im öD (in der PW schon) noch nie erlebt, dass es außertourlich mal einen vierstelligen Bonus, ein Geschenk für 1.500 Euro oder vier Wochen Putzfrau für zuhause auf Firmenkosten gab. Warum genau sollte ich mich dann hier opfern, nur um meine eigene Gesundheit zu ruinieren und weniger Zeit mit meiner Familie zu verbringen?

Ganz ehrlich: Für persönliche Dummheit und Verharren in der eigenen Komfortzone gibt es von mir kein Mitleid, sondern nur Kopfschütteln.