Eure beider Darstellungen stimmen hinsichtlich des "Pflichtenhefts" nicht und kommen also zu einer anderen Methodik als zunächst einmal der regelmäßigen. Zunächst einmal ist also das, was ich vorhin dargelegt habe, der Sonderfall, also die Erstellung einer "Spitzausrechnung".
Dahingegen ist der Regelfall in der Bemessung der ersten drei Parameter in der Rn. 31 festgehalten:
"Im Ausgangspunkt genügt es daher, die von den Besoldungsgesetzgebern im Regelfall für alle Besoldungsgruppen gleichermaßen vorgenommenen linearen Anpassungen der Bezüge um einen bestimmten Prozentwert zu erfassen. Es stellt die Aussagekraft der Parameter auch nicht in Frage, wenn unterjährige Besoldungsanpassungen dabei so behandelt werden, als seien sie zu Jahresbeginn erfolgt."
Hier wird also zunächst einmal die lineare Anpassung der Besoldung im 15-jährigen Betrachtungszeitraum zur Grundlage genommen. Ob diese unterjährig erfolgt sei, spielt hierbei keine Rolle, ebenso wenig ggf. weitere Besoldungskoponenten, wie das der Senat in der Rn. 32 darlegt: Sockelbeträge, Einmalzahlungen sowie Veränderungen der Sonderzahlungen bleiben ebenso außen vor wie der Zeitpunkt der Tariferhöhung.
Entsprechend wäre also bspw. die zum April 2022 um 1,9 % linear angehobene Besoldung als wie zum Jahresbeginn erfolgt heranzuziehen, um möglichst einfachen und klaren Regeln zu folgen. Legte man eine vereinfachte "Spitzausrechnung" zugrunde, wäre davon auszugehen, dass die 1,9 % in neun von zwölf Monaten gewährt worden sind, also wie eine zum Jahresbeginn erfolgte lineare Erhöhung um 1,43 % wirken würde. Eine solche Bemessung ist aber zunächst einmal nicht vorzunehmen, sondern es werden regelmäßig die für die 15 Jahre als wie zum Jahresbeginn gewährten linearen prozentualen Anhebungen ohne weitere Faktoren wie Sockelbeträge, Einmalzahlungen sowie Veränderungen der Sonderzahlungen betrachtet und daraus der Besoldungsindex berechnet. Ebenso geht man zur Bemessung des Tariflohnindex im öffentlichen Dienst vor. Am Ende stellt man also den so bemessenen Besoldungsindex dem so bemessen Tariflohnindex (1. Parameter), dem Nominlalohnindex (2. Parameter) und dem Verbraucherpreisindex (3. Parameter) gegenüber. Ebenfalls betrachtet man auf der ersten Prüfungsstufe die beiden weiteren Parameter. Damit ist die regelmäßige Betrachtung der ersten Prüfungsstufe beendet.
Erst wenn auf Grundlage dieser Methodik eine erhebliche Zahl von Parametern knapp unterschritten wird oder Besonderheiten der (Besoldungs-)Entwicklung im Raum stehen (insbesondere wiederkehrende unterjährige Besoldungsanpassungen), kann jedoch Anlass bestehen, diesen Umständen im Rahmen der Gesamtbetrachtung der Ergebnisse der ersten Prüfungsstufe Rechnung zu tragen, nun also ein "Spitzausrechnung" vorzunehmen, wie ich das vorhin als Ausnahmefall dargestellt habe.
Entsprechend hat der vorhin genannte Autor in den drei genannten Beiträgen gleichzeitig eine Art Methodik der "Spitzausrechnung" im Blick, die tiefgehender in der weiterhin sich in Arbeit befindenden umfassenden Studie ausgearbeitet wird. Dabei wir der Beitrag des nächsten Monats zeigen, dass die Methodik einer sachgerechten "Spitzausrechnung" von der Fachgerichtsbarkeit bislang nicht erstellt ist, sondern dass damit gerechnet werden darf, dass die Fachgerichtsbarkeit bislang dessen Dimension nicht immer in jedem Fall ggf. immer und ausschließlich, also außnahmslos, hinreichend durchdrungen haben könnte, was zukünftig so dann noch eine nicht auszuschließende und also noch weitgehender zu betrachtende Bedeutung, um nicht fast sagen zu wollen: Konsequenz erlangen werden können sollen haben werden dürfen (ich hoffe, dieser bewusst so formuliert Satz ist in seiner grundlegenden Bedeutung klar verständlich auffassbar; ansonsten empfehle ich im nächsten Monat die ZBR zu lesen, da wird an einem konkreten Fall die bestehende Problematik in sprachlicher eindeutigerer Form betrachtet, was hier - wenn ich das richtig sehe - noch nicht geschehen soll).
Der langen Rede kurzer Sinn: Eine "Spitzausrechnung" ist der Ausnahmefall, der von der Fachgerichtsbarkeit bislang eher selten vollzogen worden ist, sicherlich auch wegen des mehr als hier klar zu formulierenden letzten Satzes des letzten Absatzes (wenn ich das richtig sehe).
Auch genau deshalb aber halte ich es für mehr als wahrscheinlich, dass es im Bund keine wie auch immer geartete Übertragung der Tarifeinigung auf die heutige Sonderzahlungsregelung im Bund wird geben werden: Denn neben den beiden vorhin genannten Argumenten kommt nun ein drittes und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit für den Dienstherrn grundlegendes Argument hinzu:
Da auf der ersten Prüfungsstufe im Regelfall keine "Spitzausrechnung" vollzogen wird, wird eine ggf. vorgenommene (regelmäßige) Erhöhung der Sonderzahlung im späteren verwaltungsgerichtlichen Prüfverfahren keine Rolle spielen, da sie hier ja nicht betrachtet wird (es sei denn der Kläger vollzieht selbst eine solche "Spitzausrechnung"). Ebenso wird das dann auch - davon ist auszugehen - in der Gesetzesbegründung vollzogen werden, wird also auch hier keine "Spitzausrechnung" vorgenommen werden. Für den Besoldungsgesetzgeber folgten nun aber aus einer entsprechenden Anhebung der jährlichen Sonderzahlung Mehrkosten, darüber hinaus aber keinerlei Gewinn für die Begründung, weil die Anhebung ja indiziell keine Rolle spielte. In der Logik der Besoldungsgesetzgeber, wie wir sie seit Jahr und Tag kennen, wäre also eine wie auch immer geartete Anhebung der Sonderzahlung für die Gesetzesbegründung wie zum Fenster herausgeworfenes Geld (es brächte indiziell keinen Vorteil), sodass es in dieser Logik offensichtlich angebrachter sein dürfte, das Geld anderweitig (bspw. in die Anhebung der Familienzuschläge ab dem dritten Kind) zu verwenden, um so im Gesetzgebungsverfahren behaupten zu können, dass man hier den alimentationrechtlichen Mehrbedarf hinreichend ausgleichte.
In der Gesetzesbegründung könnte man dann ggf. - das hielte ich für nicht ganz unwahrscheinlich - genau das anführen, was ich vorhin geschrieben habe: dDie Komplexität einer solchen Anhebung im Rahmen einer Jahressonderzahlung (ein berechtigtes Argument), die heute in das Grundgehalt integriert ist; das nicht vorhandene Recht (und damit die nicht gegebene Pflicht) auf (Zahlung) einer Sonderzahlung (ein nächstes berechtigtes Argument) sowie der dann immer folgende Verweis, dass das natürlich auch deshalb nicht notwendig sei, weil man ja sowieso durch die Neuregelungen eine amtsangemessene Alimentation garantieren werde (ein mehr als zu bezweifelndes Argument, sofern man glaubte, vergangenheits- und zukunftsbezogen mit Mehrausgaben von 1,2 Mrd. € zu einer amtsangemessenen Alimentation gelangen zu wollen).