Autor Thema: Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern  (Read 106678 times)

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #420 am: 06.09.2025 11:02 »
Dazu kommt: Bundesarbeitsministerin Bas plant laut Medienbericht höhere Sozialbeiträge für "Gutverdiener". Die Beitragsbemessungsgrenze soll in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung weiter angehoben werden. Kennen wir, aber die Gier wächst offensichtlich und zehrt spürbar am Netto.

Tatsächlich liegt hier die viel größere "Gefahr" bei der Gehaltsentwicklung, denn selbst bei einer die Inflation kompensierenden Erhöhung der Bruttolöhne können (oder werden!) die weitestgehend unvermeidlichen Anhebungen der Beitragslasten in den kommenden Jahren zu einem realen Nettoverlust führen. Die im Koalitonsvertrag vereinbarte Entlastung der Einkommensmitte wird mit großer Wahrscheinlichkeit ausfallen und selbst beim Ausgleich der kalten Progression könnte man versucht sein, mal eine "kleine Pause" einzulegen. Blöd ist dabei, dass eine weitere Anhebung der Löhne und Gehälter in der Breite am strukturellen Problem nichts verändert und so entstehende Zuwächse per Inflation wieder aufgefressen würden.

Für den öD muss also die Messlatte die allgemeine Gehaltsentwicklung sein. Wenn wir die erreichen oder sogar ein wenig überschreiten, dann haben wir schon "gewonnen". Das allein ist schon ein schwerer Weg, von realen Einkommenszuwächsen auf der Netto-Seite sollten wir uns aber verabschieden.

Die einzige Hoffnung, die die TB im öD diesbezüglich haben können, sind die Entwicklungen im Bereich der amtsangemessenen Alimentation der Beamten. Das ist ja ein durchaus komplexes Geschehen (welches ich in meiner Rolle als Bürger auch sehr kritisch bewerte), aber eben Rechtslage mit Verfassungsrang. Dort, wo Beamte und TB dann gemeinsam mit vergleichbaren Aufgaben wirken, könnte eine Erhöhung der Besoldung eben auch eine Anhebung der Tarifentgelte erforderlich machen. Das ist aber eher ein mittlelfristiges Geschehen, welches aller Wahrscheinlichkeit nach in dieser Runde auch gar nicht zum Tragen kommen wird.

Trotz meiner die Erwartung dämpfenden Einschätzungen halte ich einen Einstieg in die Verhandlung mit einer Forderung von 7% für etwas unambitioniert. Wir werden sehen, was passiert.

Vollender

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #421 am: 06.09.2025 11:24 »
Gerade bei "Gutverdienern" schlägt die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen voll durch. So mit EG 12/13 ist man rasch voll dabei bei den alljährlichen Anhebungen der Bemessungsgrenze der KV. Das wirkt zusätzlich nicht grade motivierend.

Insbesondere zum Thema JSZ bei den höheren EG sollte Verdi mal sehr klar Stellung beziehen. Oder besteht kein Interesse an neuen Mitgliedern?

cyrix42

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #422 am: 06.09.2025 12:21 »
Dazu kommt: Bundesarbeitsministerin Bas plant laut Medienbericht höhere Sozialbeiträge für "Gutverdiener". Die Beitragsbemessungsgrenze soll in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung weiter angehoben werden. Kennen wir, aber die Gier wächst offensichtlich und zehrt spürbar am Netto.

Was soll diese Empörungs-Kultur? Die Beitragsbemessungsgrenzen und sonstigen relevanten Werte steigen eben mit der allgemeinen Lohnentwicklung an. Das ist automatisiert. Wo siehst du hier Gier?

Konkret relevant dürfte die angestrebte Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung um 300€/Monat sein. Dann zahlt jemand oberhalb dieser Grenze für weitere 300€ seines Bruttogehalts entsprechende Beiträge; also -- über den Daumen gepeilt -- 30€/Monat mehr.

Ist das die Aufregung wert, die du hier erzeugst?

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #423 am: 06.09.2025 12:35 »
Was soll diese Empörungs-Kultur? Die Beitragsbemessungsgrenzen und sonstigen relevanten Werte steigen eben mit der allgemeinen Lohnentwicklung an. Das ist automatisiert. Wo siehst du hier Gier?

Gier ist das falsche Wort - aber ja, es gab schon Überlegungen, die BBG der KV an diejeniege der RV anzugleichen. Auch gibt es Gedanken, die BBG der RV über die allgemeine Lohnentwicklung hinaus anzuheben - ohne dass daraus tatsächlich höhere Ansprüche beim Rentenbezug entstehen.

All das ist ja nicht konkret, sondern in einer Phase der Gedankenspielerei. Ändert aber alles nichts daran, dass GRV und GKV ohne (schmerzhafte) Reform einfach vor die Wand fahren.

Vollender

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #424 am: 06.09.2025 13:04 »
Seit ihrer Einführung hat sich die BBG massiv nach oben entwickelt. Nicht nur wegen der allgemeinen Lohnentwicklung, sondern auch durch politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Frage ist, wie lange das gesamte System noch funktioniert.

Aleksandra

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #425 am: 06.09.2025 13:43 »
Die einzige Hoffnung, die die TB im öD diesbezüglich haben können, sind die Entwicklungen im Bereich der amtsangemessenen Alimentation der Beamten. Das ist ja ein durchaus komplexes Geschehen (welches ich in meiner Rolle als Bürger auch sehr kritisch bewerte), aber eben Rechtslage mit Verfassungsrang. Dort, wo Beamte und TB dann gemeinsam mit vergleichbaren Aufgaben wirken, könnte eine Erhöhung der Besoldung eben auch eine Anhebung der Tarifentgelte erforderlich machen. Das ist aber eher ein mittlelfristiges Geschehen, welches aller Wahrscheinlichkeit nach in dieser Runde auch gar nicht zum Tragen kommen wird.
Interessanter Gedankengang. Aber ist das realistisch? Kümmert es den Staat denn, wenn Beamte und Angestellte für die gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnt werden? Ich mein, beim Thema Rente vs. Pensionen gibt es ja auch eine sehr große Disparität. Da scheint es ja auch keinen zu interessieren. Warum sollte das beim Thema Lohn dann der Fall sein?
Ernst gemeinte Frage. Weil ich fände es ja gut, wenn es hier entsprechende positive Auswirkungen gibt.
Reallohnverlust seit Dienstantritt: 2,33%
2022: Inflation 6,9% - Verdi 1,8%
2023: Inflation 5,9% - Verdi 0%
2024: Inflation 2,2% - Verdi 9,03%
2025: Inflation 2,4% - Verdi 3,00%
2026/7: Inflation 2,75% - Verdi 3,99%

HammerImaSchon

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #426 am: 06.09.2025 14:06 »
Meine Glaskugel sagt:
  • Wir bekommen das gleiche Ergebnis wie im TVÖD (nur zig Monate später)
  • "Das war das beste Ergebnis, dass wir in diesen schwierigen Zeiten erreichen konnten" - Verdi(enen tut ihr meine Mitgliedsbeiträge nicht wirklich)
Gleichzeitig wird ontop noch beim Personal gesparrt vom AG aus. Immer mehr Stellen hier von bald in Rente gehenden Kollegen werden einfach nicht nachbesetzt und trotzdem erwartet, dass jetzt 9 Mitarbeiter die Arbeit von ehemals 10 erledigen. >:(

Ist es dann nicht legitim mit der eigenen Leistung auch von 100% auf 90% runter zu gehen (oder auf 80% kompensierend für die miese Bezahlung)?
Dann bekämen die Arbeitgeber genau die Art von Mitarbeitern für die sie bezahlen ...  ::)

Sorgen, dass man gekündigt wird bräuchte man sich auch nicht machen ... denn wer wechselt schon freiwillig IN den TV-L hinein, um solche freiwerdende Stellen nachzubesetzen? #Fachkräftemangel  ;D

cyrix42

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #427 am: 06.09.2025 14:11 »
Seit ihrer Einführung hat sich die BBG massiv nach oben entwickelt. Nicht nur wegen der allgemeinen Lohnentwicklung, sondern auch durch politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Aha?

Jahr -- BBG (KV+PV) -- Durchschnittsentgelt West (GRV) -- BBG/Durchschnittsentgelt

2023 -- 59.850 € -- 44.732€ -- 1,338
2020 -- 56.250 € -- 39.167€ -- 1,436
2015 -- 49.500 € -- 35.363€ -- 1,400
2010 -- 45.000 € -- 31.144€ -- 1,445
2005 -- 42.300 € -- 29.202€ -- 1,449
2000 -- 77.400 DM -- 54.256 DM -- 1,427
1995 -- 70.200 DM -- 50.665 DM -- 1,386
1990 -- 56.700 DM -- 41.946 DM -- 1,352
1980 -- 37.800 DM -- 29.485 DM -- 1,282
1970 -- 14.400 DM -- 13.343 DM -- 1,080

Du hast völlig Recht: Die Regierungen Brandt, Schmidt und Kohl haben die Beitragsbemessungsgrenze deutlich stärker angehoben als die Lohnentwicklung! Skandal! Da muss man sich jetzt doch mal deutlich drüber aufregen, weil das ja im Jahr 2025 auch so einen deutlichen Einfluss auf die Lebenswirklichkeit hat...

In den letzten 25 Jahren jedenfalls kann man eher über ein Zurückbleiben der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze hinter der Entwicklung des allgemeinen Lohnniveaus beobachten. Was heißt das nun?

Quellen:
Für die Beitragsbemessungsgrenze: https://www.pkv-vorteile.de/entwicklung-der-beitragsbemessungsgrenze/
Für die Entwicklung des Durchschnittsentgelts: https://de.wikipedia.org/wiki/Durchschnittsentgelt

Dabei wurde 2023 als letztes Jahr betrachtet, da dies das letzte ist, wo das Durchschnittsentgelt endgültig feststeht; für 2024 und 2025 gibt es bisher nur vorläufige Werte, die noch korrigiert werden.

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #428 am: 06.09.2025 14:37 »
Die einzige Hoffnung, die die TB im öD diesbezüglich haben können, sind die Entwicklungen im Bereich der amtsangemessenen Alimentation der Beamten. Das ist ja ein durchaus komplexes Geschehen (welches ich in meiner Rolle als Bürger auch sehr kritisch bewerte), aber eben Rechtslage mit Verfassungsrang. Dort, wo Beamte und TB dann gemeinsam mit vergleichbaren Aufgaben wirken, könnte eine Erhöhung der Besoldung eben auch eine Anhebung der Tarifentgelte erforderlich machen. Das ist aber eher ein mittlelfristiges Geschehen, welches aller Wahrscheinlichkeit nach in dieser Runde auch gar nicht zum Tragen kommen wird.
Interessanter Gedankengang. Aber ist das realistisch? Kümmert es den Staat denn, wenn Beamte und Angestellte für die gleiche Arbeit unterschiedlich entlohnt werden? Ich mein, beim Thema Rente vs. Pensionen gibt es ja auch eine sehr große Disparität. Da scheint es ja auch keinen zu interessieren. Warum sollte das beim Thema Lohn dann der Fall sein?
Ernst gemeinte Frage. Weil ich fände es ja gut, wenn es hier entsprechende positive Auswirkungen gibt.

Den Staat als Dienstherr oder AG kümmern solche Unterschiede natürlich nicht, aber sofern durch die Rechtssprechung tatsächlich eine erheblich Aufwertung der Besoldung stattfindet, gäbe es gerade in kleinen und mittleren Ebenen ziemlich große Unterschiede in den Bezügen. Dieser Unterschied könnte/müsste dann von den Gewerkschaften aufgegriffen werden. Wer würde denn noch als TB anheuern, wenn man z.B. mit einer E10 selbst nach 15 Jahren einen Tausender monatlich weniger erhält als der verbeamtete Kollege am Schreibtisch gegenüber, der exakt das gleiche tut?

Da diese Dinge aber alle noch im Fluss sind, spielen sie zumindest in dieser Runde wohl keine Rolle.


Aleksandra

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Antw:Tarifrunde 2025 - kein Geld in den Ländern
« Antwort #429 am: 06.09.2025 18:53 »
Wer würde denn noch als TB anheuern, wenn man z.B. mit einer E10 selbst nach 15 Jahren einen Tausender monatlich weniger erhält als der verbeamtete Kollege am Schreibtisch gegenüber, der exakt das gleiche tut?
Die Antwort ist wahrscheinlich recht simpel: es wird weniger verbeamtet. Die Diskussion gibt es ja ohnehin in der Politik, rund um die Rententhematik.
Schau Dir doch mal den Bereich an, wo man die Ungleichheit am deutlichsten sieht, die Lehrer. Angestellte Lehrer sind Lehrer zweiter Klasse, sowohl in Lohn als auch insbesondere in Rente. Dennoch gibt es angestellte Lehrer.
Und wenn man weniger Lehrer verbeamtet und stattdessen nur noch anstellt, dann hat man auch gleich das Ungerechtigkeitsproblem gelöst... :D
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