Kann die Zahlen jemand in Relation setzen? Wie viel kostet die Besoldung Berlin jährlich?
Ich mache erstmal die Punkte aus dem Bericht, die wichtig sind, dann dazu eine mutmaßliche Einschätzung der (politisch-rechtlichen) Dimension:
-Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Gehältern von Berliner Beamten zwingt den Senat kurzfristig zum Handeln.
Nun, zwingt es nicht. Man hätte schon längst handeln können. Berlins Senat ist nur von der Heftigkeit und Deutlichkeit des Urteils überrascht, das höre ich aus allen Ecken von beteiligten und Kennern des Verwaltungsrechtes
-Für dieses Jahr hat die Koalition wegen mehrerer Nachtragshaushalte noch finanzielle Reserven in der Hinterhand.. Den Weg über die Versorgungsrücklage beschreitet die Koalition, weil man noch nicht in der Lage ist, in den nächsten Haushalt eine genaue Summe zu schreiben, die zu finanzieren ist.
Man beachte: Nachtragshaushalte. Die erste Lektion ist schon einmal gelernt: Klamme Kassen sind kein Grund mehr.
-Im Doppelhaushalt 2026/27, den das Abgeordnetenhaus am 18. Dezember beschließen wird, ist eine weitere Zuführung in die Rücklage von 280 Millionen Euro eingeplant. Die zusammen knapp 500 Millionen Euro sollten dann reichen, um die finanziellen Folgen des Verfassungsgerichtsurteils zur Beamten-Besoldung zu tragen.
Es ist noch weit mehr in den Versorgungsrücklagen, die weiter oben angesprochen worden ist. Die Versorgungsrücklagen (deswegen wird dieses Wort explizit benutzt) sollte zur Abfederung der kommenden Alimentationslasten der Pensionäre genutzt werden. Da ist aufgrund der vergangenen Rückstellungen der vergangenen Haushalt weit mehr drin, als nur 500 Millionen. Die 200 + 280 Millionen dienen der
zusätzlichen Sicherung der Zahlungen, nur um eine erste Dimension zu haben.
-Die Finanzverwaltung rechnet mit Nachzahlungen von mindestens 400 Millionen Euro
Das entscheidene Wort ist
mindestens.
-Diese Summe reicht aber nur dann aus, wenn sich die Nachzahlungen „auf den vom Bundesverfassungsgericht genannten Personenkreis beschränken“, heißt es in einem Bericht der Finanzverwaltung ans Parlament.
Heißt: wir haben nur Kohle für ein paar Tausend Beamte, die eher vierstellig, denn fünfstellig Widerspruch eingelegt haben. Ich habe aus gut unterrichteten Kreisen gehört, das der ganz überwiegende Teil aus Justiz, Polizei und Feuerwehr besteht.
-.... weil man noch nicht in der Lage ist, in den nächsten Haushalt eine genaue Summe zu schreiben, die zu finanzieren ist.
Ja, weil seit 2008 eine Menge Zeit vergangen ist. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dort die Verwaltung, inkl. der Gerichte nicht digitalisiert war. Bedeutet: Papierakte im Keller.
-Im Berliner Senat waren zwischenzeitlich auch Stimmen laut geworden, die eine großzügigere Nachzahlung in Aussicht stellten. Dies scheint nach diesem Bericht wegen der hohen Kosten für den Landeshaushalt eher unwahrscheinlich.
Meine Einschätzung: da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Den Politikern wird erst klarwerden, was für ein Flurschaden in der Verwaltung (und damit potenziellen treuen Wählern!) entsteht, wenn die Summen bekannt werden und der überwiegende Teil aufgrund von Formalien leer ausgeht. Denn eines darf man nicht vergessen: es sind ALLE benannten Gruppen im Beschluss verfassungswidrig alimentiert worden. Unabhängig von individueller Klage oder Widerspruch. Die Anspruchsberechtigung ist der entscheidende Faktor. Da wird es in den nächsten Monaten (bis April) spannend.
Ich wette, es werden Untätigkeitsklagen, Klagen nach dem AGG und Klagen aufgrund von Diskriminierung die Gerichte zusätzlich fluten. Unsere Fachanwälte für Verwaltungsrecht freuen sich schon. Vielleicht sollten die Berufsverbände Verbandsklagen einlegen?
-Zumal damit zu rechnen ist, dass infolge des Urteils auch die laufenden Bezüge vieler Beamtinnen und Beamter erhöht werden müssen.
Das ist faktisch gesetzt. Aber dafür braucht man keine Rückstellungen.
-Die Prüfung von 100.000 Widersprüchen ist sehr kompliziert und zeitraubend
Was keine Ausrede für Langsamkeit ist.
-Nun muss die Behörde prüfen, ob die Beamten nach diesem neuen Maßstab zu wenig Geld bekommen haben. Das wird komplex:
Ja. Selbstverschuldet. Müssen sich die Anspruchsberechtigten nicht zurechnen lassen.
-Zwischen 2008 und 2020 haben Dienstkräfte 100.000 Widersprüche bei ihren Personalstellen erhoben, allerdings sind diese „sehr unterschiedlich“ mit den Einwänden der Beschäftigten umgegangen. „
Dieser Satz lässt mich ehrlich gesagt aufhorchen. Es gibt nur eine gesetzliche Regel, wie mit Einwänden und Widersprüchen umzugehen ist: das Verwaltungsrecht in all seinen Formen. Inklusive der AAO und Nebengesetzen.
Hört sich eher an wie: wir wissen nicht, wo die Akten sind, wir haben keine Bescheide rausgeschickt, wir wissen eigentlich nix.
-Wann das Geld nachgezahlt wird, ist noch unklar – eine Prognose gibt es noch nicht
Doch. Das Reparaturgesetz muss zum 01.03.27 stehen, dann rollen die Nachzahlungen. Wenn nicht, wette ich, dass es eine Vollstreckungsanordnung des BVerfG gibt.
-Wegen dieser Ausgangslage rechnet die Finanzverwaltung damit, dass die „Dauer der Bearbeitung und damit der für die Auszahlungen erforderliche Zeitraum“ variieren werde.
Variieren ist ein nettes Adjektiv, wenn man sagen will, dass alle Verfahren lange dauern werden.
-„Vor diesem Hintergrund ist es derzeit nicht konkret prognostizierbar, bis wann die Nachzahlungen laufen werden“, schreibt Staatssekretär Wolfgang Schyrocki.
Doch. 01.04.27, möglicherweise mit einer kleinen Frist on-top für die Verkündung und Gesetzeskraft. Der Beschluss des BVerfG hat nicht umsonst einen SO engen Zeitrahmen zur Umsetzung beschlossen.
-in den nächsten Haushaltsjahren erhebliche Mittel für die Nachzahlungen bereitzustellen, die dann nicht mehr für andere „notwendige Ausgaben“ zur Verfügung stehen würden.Beamte werden teuer. Das wird Auswirkungen haben.