Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 423108 times)

Böswilliger Dienstherr

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2940 am: 14.12.2025 19:39 »
Nachdem hier ja viele zu allem eine Meinung haben, mal meine 2 Cent, was ich persönlich an diesem schönen 3. Advent erwarte für die Zukunft:

- Bezogen auf die Jahre bis de dato: Ein Nachzahlungsgesetz, welches die 4K-Familie als Grundsatz nimmt, nicht, weil der Gesetzgeber davon überzeugt wäre, sondern alleine, weil das Urteil keinen anderen Spielraum für den Bund zulässt.

- Bezogen auf das kommende Besoldungsgesetz: Die Abkehr vom Modell und die Einführung nach (aktuell) bayerischem Vorbild mit Ergänzung. Also 20.000 werden fiktiv angerechnet um die "Angemessenheit" zu berechnen, die neue Lebenswirklichkeit wird den Daten des statistischen Bundesamtes festgeschrieben. Für Singles mit Kindern wird es eine Ergänzungsberechnung geben, welche die fehlenden 20.000 bei gleichzeitig ersparten Aufwendungen für eine angemessene Wohnung in Relation stellt um zumindest außerhalb der Metropolen nicht mehr zahlen zu müssen, das ist dann auch der Kernunterschied zu Bayern.

Also schön die Nachzahlung als Rückstellung für den Klageweg nutzen. Spätestens ab dem dritten Kind ist es m.M.n. nicht oder nur schwer möglich als Partner 20.000 € (netto? brutto?) zu verdienen (Haushalt, Hobbys, Elternabende, Hausaufgabenbetreuung, etc.). Ich zumindest kenne niemanden aus meinem Umfeld der mit drei oder mehr Kindern als "Nebenverdiener" mehr als einen Minijob leisten kann und auch dann ist der Alltag mit Kindern stressig genug. Ohnehin ist es mit Schichtdienst des Hauptverdiners schwierig einen passenden 20k Job als Partner/in auszuüben.
Also... je nachdem wie sich der DH entscheidet zu reagieren/agieren/interpretieren: Immer schön Widerspruch einlegen  ;)

Hast schon recht. Und egal ob das Partnereinkommen (wie manche hier meinen) schon vom Tisch ist oder nicht. Es      Bietet eine Angriffsfläche wie sonst kein Konstrukt. Es ist also schwach begründbar. Und da karlsruhe ja die vorarbeit jetzt mit „simplen Tools“ an die Verwaltungsgerichte delegiert hat, ist es durchaus wahrscheinlicher, dass solche Dinge zügiger nach KA durchgereicht werden und (weil Karlsruhe sich nicht mehr mit „schmodder“ und ner Menge sich ständig änderndem Bodensatz der Besoldungsidiotie beschäftigt sieht) entsprechend zügiger als in der Vergangenheit abarbeiten können

AltStrG

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2941 am: 14.12.2025 20:03 »
AltStrG: Soweit der Eindruck entstanden sein sollte, ich wolle dich persönlich angreifen, bedaure ich das. Das war nicht meine Absicht, mir geht es eher um die Sache.

Kein Streß, so habe ich das auch nicht aufgenommen. Ich bin aus reinem Interesse hier, und zwar keinem Eigeninteresse :)

Ich kann mutmaßlich den Ärger über die Besoldung vielleicht  tatsächlich nicht SO nachvollziehen, wie sich das hier viele wünschen (würden), weil meine Bezahlung meiner Arbeit mehr als angemessen ist und ich nicht darum kämpfen muss, sondern mein Arbeitgeber, wenn er mich halten will :)

Es ist jetzt aber auch nicht so, als wenn ein Großteil der Beamten im gehobenen und höheren Dienst weiter am Hungertuch nagen würden, wenn dieses Urteil nicht so deutlich gekommen wäre. Es geht hier vielmehr um eine (berechtigte) Gerechtigkeitsfrage und angemessene Bezahlung für ein beamtenwürdiges Verhalten und eines Statusamtes, welches mit einer entsprechenden Leistung einhergeht.

Gleichwohl werde ich mich für meine Beamten-Bekannten und Verwandten in die Materie so weit es geht und möglich einarbeiten, um die Details und Feinheiten zu erforschen. Ich kann aber sagen, dass der Beschluss weitreichend und an BVerfG-Eindeutigkeit schon sehr weit geht, weiter kann das BVerfG quasi nicht gehen, um nicht direkte Vorgaben und quasi konkrete Gesetze zu erlassen. Ich hatte es schon weiter vorne geschrieben, der legislative Gesetzgeber muss weiterhin seine Rolle spielen können und müssen. Das BVerfG kann Ersatzgesetzgeber sein, sollte es aber nicht. Seine Rolle beschränkt sich auf die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit, auf Grundsatzarbeit, auf Leitplankenaufstellung.

Dieses kann enger oder weiter erfolgen. Und in der Besoldungsgesetzgeber hatte bislang weite Planken; jetzt sehr enge.

Die Vorstellung, dass das BVerfG das fiktive Partnereinkommen einfach qua Beschluss verbietet, ist irrational. Es kann aber die Anwendung von alimentierungsfremden Leistungen/Bestandteilen bei der Frage der amtsangemessenen Alimentierung erschweren oder beschränken.

Der Rest des Postings wird später beantwortet; ich muss jetzt mit meiner Frau Urlaub machen :)

AltStrG

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« Antwort #2942 am: 14.12.2025 20:10 »
Selbst in A7/1 sind alle FamZ zusammen "nur" 25% des Gesamten Bruttos. Das ist m.E. nicht exorbitant. Und ich glaube genau darum wird es gehen bei der Ausgestaltung und Berechnung der Grundbesoldung.

Aus Sicht des BVerfG könnte man auf die Idee kommen, dass es schon zu viel ist, wenn ich die bisherige in Verbindung mit der aktuellen Rechtsprechung vergleiche. Stichwort 4K-Familie und wesentliche Besoldungsbestandteil der Grundalimentation ;)

Zudem kommt die bereits besprochene Problematik des Ruhegehalts etc. etc.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2943 am: 14.12.2025 20:11 »
Hallo AltStrG, mich würde bei Gelegenheit noch deine "Meinung" zu Rn. 154 interessieren (https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,126915.msg434472.html#msg434472).

Aber erstmal natürlich einen schönen Urlaub! 8)

AltStrG

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2944 am: 14.12.2025 20:15 »
Selbst in A7/1 sind alle FamZ zusammen "nur" 25% des Gesamten Bruttos. Das ist m.E. nicht exorbitant. Und ich glaube genau darum wird es gehen bei der Ausgestaltung und Berechnung der Grundbesoldung.

Es sind stellenweise 33 % wie rechnest du? Aber gut. Spekuliert wurde hier schon viel darüber wieviel die FamZ sein dürfen. Aber 25% +X halte ich für Zuviel wenn das BVerfG schon früher verlautbart hat die ersten beiden Kinder müssen „im wesentlichen“ aus dem Grundgehalt gestemmt werden und weiterhin das LEISTUNGSPRINZIP gilt

Zumal, und das haben wir hier auch schon diskutiert, die pensionsunwirksamen Zulagen, die das Grundgehalt niedrig halten sollen, dazu führen, dass der DH in der Pensionszeit ein Problem mit dem Alimentationsprinzip bekommen kann.

Natürlich ist das etwas, das man hier nicht mit Menschen diskutieren kann, die die gesetzliche Rente beziehen werden.

Die gesetzliche Rente ist seit Anbeginn (korrigiert mich) als Grundsicherung ausgestaltet und kann gar nicht den gleichen Anspruch an Ausgestaltung haben wie eine Pension die dem Alimentationsprinzip folgt.

Man kann sogar noch weiter gehen: die Pension / das Ruhegehalt ist grundgesetzlich geschützt, die Rente nicht.

Ozymandias

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2945 am: 14.12.2025 20:19 »
Jeder SGB VI Kommentar würde dazu etwas anderes sagen.

Für die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist grundsätzlich geklärt, dass sie von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist (vgl. BVerfGE 53, 257 <289 f.>; 55, 114 <131>; 69, 272 <298>; 70, 101 <110>; 100, 1 <32>; BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, 1 BvL 9/00 u.a., Umdruck S. 41; stRspr).
Siehe auch: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2007/02/ls20070227_1bvl001000.html Rn 50

Was die tolle Rechtsprechung halt nicht versprechen kann, ist dass dieses Eigentumsrecht auch vor Inflation geschützt ist  ;)

Alexander79

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« Antwort #2946 am: 14.12.2025 20:31 »
Das Problem mit dem Partnereinkommen hat ja das BVerfG erst geschaffen, indem es Beamte mit einer Bedarfsgemeinschaft wie bei Bürgergeldempfänger "verglichen" hat.

Nachdem jetzt diese Berechnungsmethode gefallen ist, frag ich mich wie man das Partnereinkommen überhaupt noch sachlich begründen will.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2947 am: 14.12.2025 20:57 »
Danke BalBund für die Infos.

Anders als einige hier also behaupten, ist das Partnereinkommen nicht tot.

Allerdings wird das Reparaturgesetz vorher kommen müssen und sich dann hinsichtlich des Bestandsschutzes die Frage stellen, ob ein Partnereinkommen gegenüber dem heutigen Stand überhaupt einen negativen Effekt haben kann.

Dann wird man halt widersprechen müssen. Das Prinzip Partnereinkommen schreit ja schon verfassungswidrig.

Abhängigkeit von einem weiteren Einkommen und damit Gefahr der mangelnden Neutralität des Beamten.

Pauschale Anrechnung als negative Form der Gleichbehandlung und damit erhebliche Benachteiligung derjenigen, die tatsächlich keinen erwerbstätigen Partner haben.

Ungleichbehandlung gegenüber abhängigen bzw anderen Beschäftigten, da dort eine Anrechnung nicht erfolgt. Gut, streng genommen erfolgt dort auch keine Verpflichtung zur "Mitversorgung" Angehöriger. Aber das BVerfG wird sich für die pauschale Anrechnung eines Partnereinkommens sehr genau das Verhältnis der Grundbesoldung zu den Grundrechteeinschränkungen des Beamten ansehen.

Meine Partnerin schafft die 20.000 übrigens nicht. Was an der schlechten Betreuungssituation liegt und daran, dass ihr DH sie nicht angemessen alimentiert ;) .


AltStrG

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« Antwort #2948 am: 14.12.2025 21:04 »
Sehe ich auch so.
Da entsteht aber trotzdem ein Problem aus Beamtensicht:
Bevor die Reparaturgesetze kommen ca. Anfang 2027, da Berlin dann z.B. 2008-2026 nachzahlen würde, müsste das Partnereinkommen schon vorher Geschichte sein. Ansonsten muss danach erneut zum 3. mal repariert werden.

Es wird kein Partnereinkommen mehr kommen, da bin ich mir ziemlich sicher. Diese Lektion werden die Volljuristen im Hause Evers wohl gelernt haben.

Und eurer Reparaturgesetzt wird weit vor 01.03.27 kommen; meine Schätzung: weit vor der Berliner Wahl in 2026 mit eher großzügigen Summen und Anspruchskreisen.

AltStrG

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« Antwort #2949 am: 14.12.2025 21:09 »
it anderen politischen Vorgaben und diese sind, soviel sei verraten, kaum deckungsgleich mit den hier verfolgten Denkansätzen.

Wie sagte ein Forist hier so treffend: Das Urteil hat, mangels hinreichender Präzisierung an einigen Stellen, dem Dienstherren ungeahnte Spielräume abseits des monetären Gestaltungsfelds eröffnet und wir dürfen sicher sein, dass diese nicht ungenutzt bleiben werden.

Da ich Zugriff auf die politischen Denkprozesse habe: Manche sind schon ziemlich deckungsgleich.

Und da ich ja lernfähig und interessiert bin: welche ungeahnten Spielräume; welche sollen das bitte sein? Nicht so kryptisch, sondern Fakten auf den Tisch, damit man sie rechtlich auseinandernehmen kann :)

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2950 am: 14.12.2025 21:11 »
@BalBund, danke für Deine Nachricht.

Was soll den mit denen passieren, deren Partner aus welchen Gründen auch immer nicht 20.000 € verdienen? Hat die Familie dann Pech gehabt, weil die Zwei Verdiener Familie heute ein Standard ist und wenn der zweite Partner nicht so viel verdienen kann oder will, dann muss man halt den Gürtel enger schnallen?

Ergänzungszuschläge, um so etwas abzupuffern, sind meiner unmaßgablichen Meinung nach wegen der Fortschreibungsprüfung tatsächlich tot.

Ich hoffe doch sehr, dass das BVerfG sich so etwas nicht gefallen lässt und dann zügiger als bisher Recht spricht. Sind bei den noch vorliegenden 70 Fällen auch welche dabei, bei denen das fiktive Partnereinkommen Thema ist?

Ryan

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« Antwort #2951 am: 14.12.2025 21:15 »
1.) Meiner Meinung nach würde es daher helfen, wenn man mathematisch beweisen könnte, dass A14 und A15 bereits 1996 deutlich von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt war, mithin davon auszugehen war, dass beide bereits 1996 keine Alimentation mehr hatten, die dem entspricht, was der Senat in Randnummer 60 ausgeführt hat. Hier kommt zusätzlich zu den Zahlen, die sich in den Teilnehmerunterlagen vom Thüringer Beamtenbund finden, erschwerend hinzu, dass es Anfang der 90er Jahre sozial gestaffelte Erhöhungen und Einmalzahlungen gab, die aus heutiger Sicht als vermutlich verfassungswidrig betrachtet werden müssen. (Das NRW Urteil hatte ich schon mal verlinkt) So wäre es sicherlich hilfreich, den Fehlbetrag zu einer amtsangemessen Besoldung im Fixpunkt 1996 möglichst exakt mathematisch herzuleiten und zunächst in Prozent und daraus folgend in Form eines geänderten Index darzustellen. Je kleiner der Index ausfällt, umso eher und stärker sind die Prüfparameter heute gerissen.

Exakt das hatte ich vor drei Tagen getan, siehe https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,126915.msg434213.html#msg434213.

Und wie gesagt, den Nominallohnindex in seiner heutigen Definition gab es früher anscheinend noch nicht (nach meiner Recherche wurde er übrigens nicht wie von dir behauptet 1996, sondern erst 2007 eingeführt, aber das nur am Rande). Es gab jedoch beispielsweise bereits den "Index der durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste", der unter anderem im Erbbaurecht die "Veränderung der allgemeinen Lebensverhältnisse" abbildet (laut BGH-Rechtsprechung).

Im Vergleich zu diesem Lohnindex hat die A15-Besoldung zwischen 1970 und 1996 einen "Rückstand" von rund zwanzig Prozentpunkten erlitten.

Mit anderen Worten: Die A15-Besoldung hätte 1996 fast 25% (!) höher sein müssen, um wieder ungefähr im gleichen Verhältnis zum Durchschnittslohn-Index wie 1970 zu stehen.
Hier gibt es die Daten zum Nominallohnindex ab 1991:
https://www.statistischebibliothek.de/mir/receive/DESerie_mods_00002395

Der hier
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,127191.msg431787.html#msg431787
gezeigte Index (NLI) basiert auf den o.a. Daten von 1996-2007 und danach auf diesen
https://www-genesis.destatis.de/datenbank/online/statistic/62361/table/62361-0020
____

Zur Diskussion über die Abkopplung vor 1996:

Die von Believer gezeigten Daten sind zweifellos beeindruckend. Ein Gericht müsste aber tiefer eintauchen und sich mit den Besonderheiten der 70er und 80er beschäftigten. Es ist ja nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass es Gründe für eine Abkopplung gibt. Gab es besondere Belastungen für Arbeitnehmer (z.B. Erhöhungen SV-Beiträge)? Besonderheiten bei Beihilfe, Versorgung, Zuschlagswesen? Ölkrise, Arbeitslosigkeit, Strukturwandel, Bildungsniveau? you name it. Ohne da jetzt tiefer einzutauchen: Es wäre viel Arbeit für die Fachgerichte. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Rechtsprechung der Zeit,
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv099300.html
wo teils auch der Zeitraum bis 1996 beleuchtet wird.

Und sagen wir es doch mal, wie es ist: Die Grundgehälter des Jahres 1996 als Fortschreibungsbasis zu wählen, ohne davon überzeugt zu sein, dass sie amtsangemessen sind, wäre doch so ziemlich die dümmste Aktion, die man sich vorstellen könnte.

Also selbst wenn vorher eine Abkopplung stattgefunden hat, so ist doch im Lichte des Urteils davon auszugehen, dass das Basisjahr 1996 in Ordnung ist. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass man sich das Basisjahr nicht angeschaut hat. Die Höhe der Grundgehälter im Jahr 1996 und die auch Tatsache, dass nach den neuen Maßstäben das Mindestabstandsgebot im Ausgangspunkt nicht eingehalten war, müssen doch in Karlsruhe bekannt sein. Jeder kann dass in in wenigen Minuten überprüfen, warum nicht das BVerfG. Einen solchen Fauxpas kann man sich doch nicht erlauben.

Ich halte die Idee, die Fachgerichte von einer Abkopplung vor 1996 zu überzeugen, für aussichtslos. Die ganze Argumentation (ob zutreffend oder nicht) wird stets unterstellen müssen, dass man in Karlsruhe ziemlich dämlich gehandelt hat und wichtige Fakten übersehen hat. Ich denke, die Fachgerichte werden sich nicht darauf einlassen, zumal die klaren Vorgaben ja nun eine deutliche Arbeitsentlastung für sie bedeuten.

AltStrG

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« Antwort #2952 am: 14.12.2025 21:15 »
Nachdem hier ja viele zu allem eine Meinung haben, mal meine 2 Cent, was ich persönlich an diesem schönen 3. Advent erwarte für die Zukunft:

- Bezogen auf die Jahre bis de dato: Ein Nachzahlungsgesetz, welches die 4K-Familie als Grundsatz nimmt, nicht, weil der Gesetzgeber davon überzeugt wäre, sondern alleine, weil das Urteil keinen anderen Spielraum für den Bund zulässt.

- Bezogen auf das kommende Besoldungsgesetz: Die Abkehr vom Modell und die Einführung nach (aktuell) bayerischem Vorbild mit Ergänzung. Also 20.000 werden fiktiv angerechnet um die "Angemessenheit" zu berechnen, die neue Lebenswirklichkeit wird den Daten des statistischen Bundesamtes festgeschrieben. Für Singles mit Kindern wird es eine Ergänzungsberechnung geben, welche die fehlenden 20.000 bei gleichzeitig ersparten Aufwendungen für eine angemessene Wohnung in Relation stellt um zumindest außerhalb der Metropolen nicht mehr zahlen zu müssen, das ist dann auch der Kernunterschied zu Bayern.

Der Bund wird bei alle dem keinen Alleingang machen, sondern sich eng mit den Bundesländern abstimmen um keine weiteren Indizes zu produzieren, die ihm um die Ohren fliegen.

Hinsichtlich der "neuen Realität der Mitverdiener" wird man den kompletten Klageweg aussitzen, was erfahrungsgemäß zwei Legislaturen dauern wird.

Ich rate weiterhin dazu, die hier angestellten Rechnungen mit mehr als einer Prise Salz zu betrachten, ebenso die weiteren Spekulationen einiger neuerer Forenteilnehmer. Das Interesse ist zwar Rege, aber die Berechnung erfolgt letztlich andernorts und mit anderen politischen Vorgaben und diese sind, soviel sei verraten, kaum deckungsgleich mit den hier verfolgten Denkansätzen.

Wie sagte ein Forist hier so treffend: Das Urteil hat, mangels hinreichender Präzisierung an einigen Stellen, dem Dienstherren ungeahnte Spielräume abseits des monetären Gestaltungsfelds eröffnet und wir dürfen sicher sein, dass diese nicht ungenutzt bleiben werden.


Vielen Dank für deine Einschätzung BalBund. Die gleiche Vermutung /Befürchtung hatte ich auch. Was ich beim Modell Bayern besonders problematisch finde ... auch in den Fällen, wo tatsächlich kein Partnereinkommen vorliegt (z.B. dreijährige Elternzeit wird ausgereizt), trotzdem 20.000 € angerechnet werden. Die Länder und der Bund werden jedenfalls das fiktive Partnereinkommen nicht kampflos aufgeben.

Ich bin auch gespannt, wie NRW reagieren wird. Aktuell ist das Bundesland für Beamte mit Kindern der absolute Spitzenreiter. Wenn NRW die hohen Familienzuschläge beibehält, wird es seine Spitzenposition für Beamte mit Kindern verteidigen können.

Sie können nicht mehr "kämpfen", weil es die Option dafür nicht mehr gibt. Der Beschluss hat mit den wesentlichen Alimentattionsbestandteilen die Leitplnake sehr eng gemacht.

NRWs Kinderzuschläge dürften in ganz naher Zukunft der Vergangenheit angehören. Ich bin gespannt, wie es sich mit den bisherigen Zahlungen dahingegehnd verhält.

AltStrG

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« Antwort #2953 am: 14.12.2025 21:17 »
- Bezogen auf das kommende Besoldungsgesetz: Die Abkehr vom Modell und die Einführung nach (aktuell) bayerischem Vorbild mit Ergänzung. Also 20.000 werden fiktiv angerechnet um die "Angemessenheit" zu berechnen, die neue Lebenswirklichkeit wird den Daten des statistischen Bundesamtes festgeschrieben. Für Singles mit Kindern wird es eine Ergänzungsberechnung geben, welche die fehlenden 20.000 bei gleichzeitig ersparten Aufwendungen für eine angemessene Wohnung in Relation stellt um zumindest außerhalb der Metropolen nicht mehr zahlen zu müssen, das ist dann auch der Kernunterschied zu Bayern.

Im Endeffekt würde das bedeuten, dass die Grundbesoldung nur im Rahmen der Übernahme der TV-Ergebnisse steigen würde, wie bisher auch, und nicht einen Cent mehr.

Die Nachzahlungen erfolgen ggf. separat über ein Reparaturgesetz für den betreffenden Personenkreis. Und für die Zukunft gilt der Mehrverdienerhaushalt.

Und da es keine Pflicht zur Übernahme von Tarifergebnissen gibt, kann man daran (wie an vielen anderen Punkten) erkennen, dass es kein Partnereinkommen mehr geben wird, da man den Beamten quasi Besoldungslos stellen könnte, wenn der Ehepartner entsprechend hoch verdient.

Verwalter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2954 am: 14.12.2025 21:24 »
Sehe ich auch so.
Da entsteht aber trotzdem ein Problem aus Beamtensicht:
Bevor die Reparaturgesetze kommen ca. Anfang 2027, da Berlin dann z.B. 2008-2026 nachzahlen würde, müsste das Partnereinkommen schon vorher Geschichte sein. Ansonsten muss danach erneut zum 3. mal repariert werden.

Es wird kein Partnereinkommen mehr kommen, da bin ich mir ziemlich sicher. Diese Lektion werden die Volljuristen im Hause Evers wohl gelernt haben.

Und eurer Reparaturgesetzt wird weit vor 01.03.27 kommen; meine Schätzung: weit vor der Berliner Wahl in 2026 mit eher großzügigen Summen und Anspruchskreisen.

Ein Reparaturgesetz mit erweiterten Anspruchskreisen kann ich mir nicht vorstellen. Warum sollte Berlin als Nehmerland im Finanzausgleich über die BVerfG-Entscheidung hinaus gehen. Klar könnte dies der Gesetzgeber, jedoch will er dies? Zu verlockend ist es, die "Sonderopfer" weiter mitzunehmen. Hinzu kommt der Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung und die eingestellten Gelder sprechen für das Gegenteil. Alles andere würde mich wundern!
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