Das Problem ist, dass sich zwar einzelne Politiker und Regierungsparteien abwählen und so durch andere ersetzen lassen. Nur handeln dann bis auf Weiteres die neuen Regierungsparteien mitsamt ggf. neuem Personal i.d.R. genauso, worin sich der konzertierte Charakter des politischen Handelns offenbart, von dem Ulrich Battis spricht. Als Folge dieser konzertierten Struktur gewinnt die Besoldungspolitik des wiederkehrenden Verfassungsbruchs eine enorme Stabilität, da sich keiner der 15 in der TdL verbundenen Arbeitgeber in ihrer Gestalt als Dienstherrn aus dem Konsens herausbewegen kann, ohne sowohl die Politik der anderen 14 als auch die der eigenen Partei in einem anderen Bundesland zu konterkarieren. Entsprechend erweist sich das Handeln für den jeweiligen Politiker sowohl als alternativlos als auch als effektiv: Die verfassungswidrig eingesparten Haushaltsmittel können so für andere politische Belange verwendet werden und sind darüber hinaus i.d.R. genau für diese anderen Belange bereits lange eingeplant. Wer das also ändern wollte, machte sich mindestens in der eigenen Regierung und dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit in der eigenen Partei kaum Freunde, da er ja kaum auf Einsparungen nur in den Ressorts der anderen Regierungsparteien plädieren könnte.
Insofern haben die seit 2020 vollzogenen Regierungswechsel gezeigt, dass sich zwar Regierungen, jedoch nicht das Problem abwählen lassen. Die Oppositionspartei mitsamt ihres verantwortlichen Personals, die eben noch Wahlkampf auch mit dem Thema gemacht und also besoldungsrechtliche Verfassungstreue in den Raum gestellt hat, vergisst das i.d.R. ganz schnell, wenn sie sich nach der Wahl in der Regierung wiederfindet.
Auch darin offenbart sich der demokratiegefährdende Charakter des Problems: Wenn es politisch keine Alternative für Betroffene mehr gibt, schaffen sie sich über kurz oder lange ihre eigenen. Entsprechend nehmen so nicht die politischen Parteien schaden - anders als ggf. einzelne Politiker, die nicht (wieder-)gewählt werden, was aber ob der geringen Zahl an Wählern, die das Thema interessiert, eher unwahrscheinlich ist -, sondern der demokratische Rechtsstaat. Wäre es andersherum, kehrte eine Regierung freiwillig und also auf dem Boden des Rechtsstaats zu einer verfassungskonforme Besoldungsrechtsprechung zurück, würde das prinzipiell den demokratischen Rechtsstaat stärken, jedoch aus den im letzten Absatz genannten Folgen den jeweiligen Regierungsparteien mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit schaden. Auch darin zeigt sich die sich selbst stabilisierende Struktur des offensichtlich konzertierten Handelns. Strukturell oder methodisch kann man das als ein typisches Problem des "Extremismus der Mitte" begreifen.
Entsprechend ist es nicht gänzlich unwahrscheinlich, dass sich die Lösung nicht in der Mitte finden lässt, sondern nur außerhalb der Struktur. Deshalb spielt das Bundesverfassungsgericht eine entscheidende Rolle. Denn so wie das auch Berlin hinsichtlich des Reparaturgesetzes der R-Besoldung 2021 gemacht hat, kann man die eigene Entscheidung als politische(r) Entscheidungsträger als Folge eben jener Rechtsprechung vor anderen Akteuren und den Wählern verkaufen, indem man die Verantwortung auf Karlsruhe delegiert. Darüber hinaus ist ein weiterer Akteur, der hinsichtlich des Themas "amtsangemessene Besoldung" in Teilen mehr politische Beinfreiheit besitzt, Hessen, da es kein Mitglieder der TdL ist. Schließlich haben die mitteldeutschen Länder tendenziell eine geringere Quote an Beamten im öffentlichen Dienst, sodass auch sie in Teilen eher zu Alternativen fähig sind, wie insbesondere Thüringen zeigt, das zugleich mit dem tbb über eine fähigen und arbeitswillige gewerkschaftliche Vertretung sowie mit Bodo Ramelow dem einzigen Ministerpräsidenten der Linke verfügt, weshalb die Linke als Regierungspartei dort tendenziell weniger Rücksicht auf andere Bundesländer und ihre Regierungskollegen nehmen muss, da es sie selten gibt und die Linke in Thüringen weiterhin Vorbild für andere Landesverbände ist, jetzt, da man sich als Linke offensichtlich endgültig selbst zerlegt, nur umso mehr.
Es wird sich zeigen, ob und ggf. wie sich die Situation nach der angekündigten Entscheidung des Zweiten Senats ändern wird. Es darf davon ausgegangen werden, dass Karlsruhe die Erweiterung der ursprünglich auf Bremen konzentrierten Entscheidung(en) auch wegen des offensichtlich konzertierten Handelns der Dienstherrn um Niedersachsen und Schleswig-Holstein erweitert hat, nachdem zu Beginn des Jahres deutlich geworden ist, dass die Nordstaaten mit der spezifischen Einführung eines Doppelverdienermodells eine neue Qualität des wissentlichen und willentlichen, also zielgerichteten Verfassungsbruchs initiiert haben.