Autor Thema: [BY] Ablehnung Widerspruch amtsangemessen Alimentation - Klagen, aber wie?  (Read 83715 times)

Malkav

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Ich habe die Tagesordnung des Plenums vom Bayrischen Landtag gelesen. Am 25. 04. 2024 steht unter Drucksache 19/1589 das folgende.

[...]

Hat hier zufällig nähere Informationen?

Ich habe leider keine weiteren Infos, finde es aber extrem spannend, dass nunmehr Verfahren bei einem Landesverfassungsgericht anhängig scheinen. Da die Kläger*innen wohl dem Richterdienst der bay. Verwaltungsgerichtsbarkeit angehören, darf man davon ausgehen, dass die sich über Fragen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde etc. Gedanken gemacht haben werden.

Stuttmann forderte ja schon 2016 (oder 2018?) die thematische Einbindung der Landesverfassungsgerichtsbarkeiten zur Entlastung des BVerfG. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber nach dem VG HH und dem OVG Koblenz scheint nun auch der BayVerfGH auf diesen Zug aufzuspringen. Wäre ja mal was neues  :)

Das wäre doch mal was für den Merkur da journalisitisch in München auf den Busch zu klopfen.

lotsch

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Ich habe die Tagesordnung des Plenums vom Bayrischen Landtag gelesen. Am 25. 04. 2024 steht unter Drucksache 19/1589 das folgende.

[...]

Hat hier zufällig nähere Informationen?

Ich habe leider keine weiteren Infos, finde es aber extrem spannend, dass nunmehr Verfahren bei einem Landesverfassungsgericht anhängig scheinen. Da die Kläger*innen wohl dem Richterdienst der bay. Verwaltungsgerichtsbarkeit angehören, darf man davon ausgehen, dass die sich über Fragen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde etc. Gedanken gemacht haben werden.

Stuttmann forderte ja schon 2016 (oder 2018?) die thematische Einbindung der Landesverfassungsgerichtsbarkeiten zur Entlastung des BVerfG. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber nach dem VG HH und dem OVG Koblenz scheint nun auch der BayVerfGH auf diesen Zug aufzuspringen. Wäre ja mal was neues  :)

Das wäre doch mal was für den Merkur da journalisitisch in München auf den Busch zu klopfen.

Wie könnte ein Urteil aussehen? Wahrscheinlich bestenfalls ein Vorlagebeschluss an das BVerfG wie in Hessen. Ich kann mir aber vorstellen, dass man sich bezüglich Aussetzung des eigenen Verfahrens darauf berufen kann.

Malkav

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Wie könnte ein Urteil aussehen? Wahrscheinlich bestenfalls ein Vorlagebeschluss an das BVerfG wie in Hessen. Ich kann mir aber vorstellen, dass man sich bezüglich Aussetzung des eigenen Verfahrens darauf berufen kann.

Nene das ist ja gerade der Vorteil, wenn die LAndesverfassungsgerichte im Boot sind. Es wird immer fälschlicherweise oft so dargestellt, dass alleine das BVerfG eine Kompetenz zur Normverwerfung hätte. Dem ist hinsichtlich der Landesgesetze aber nicht so. Der BayVerfGH ist gem. Art. 60 BayVerf ein eigenständiges Verfassungsorgan des Landes Bayern und kann Landesnormen wie das BayBesG, welche mit der Verfassung des Freistaates Bayern unvereinbar sind, im u.a. Verfahren nach Art. 92 BayVerf (Richtervorlage) oder Art. 120 (Landesverfassungsbeschwerde) selbstständig für (landes-)verfassungswidrig erklären. Ich bin als Küstenkind ja kein Profi, was die Verfassung des Freistaates Bayern angeht, aber so lese ich das zumindest. Und das deckt sich in so weit auch mit den mir vertrauteren Regelungen meines Heimatbundeslandes sowie NRW und Berlin.

Das Ergebnis unterscheidet sich für den individuellen Kläger nicht, ob die Verfassungswidrigkeit vom BVerfG als Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG oder vom BayVerfGH gegen Art. 95 Abs. 1 S. 2 BayVerf festgestellt wird. In beiden Fällen muss der Landtag nachbessern.

Muenchner82

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@SwenTanortsch kannst Du vielleicht mal eine Berechnung einer aktuellen Grundsicherungs Musterfamilie (gem. BVerfG, 2 Erwachsene 2 Kinder) in Mietstufe VII einstellen und dem gegenüber eine A3 Beamtenfamilie?
daraus könnte ich dann zumindest ableiten wie weit es mittlerweile in etwa fehlt.

InVinoVeritas

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Im aktuellen Gesetzentwurf zur Anpassung der Bezüge 2024/2025 Drucksache 19/1555 zu finden auf der Seite des Bayerischen Landtages findet sich in der Gesetzesbegründung auf Seite 50 genau die von dir geforderte Berechnung.

Ozymandias

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Vf. 22-VII-22 Bayerischer Verfassungsgerichtshof

Ist das das Aktenzeichen? Demnach müsste das Eingangsjahr 2022 sein, war das eine Popularklage?
Mal schauen, ob Stuttmann recht hatte, ob hier schnellere Entscheidungen möglich sind.


Muenchner82

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Im aktuellen Gesetzentwurf zur Anpassung der Bezüge 2024/2025 Drucksache 19/1555 zu finden auf der Seite des Bayerischen Landtages findet sich in der Gesetzesbegründung auf Seite 50 genau die von dir geforderte Berechnung.

Besten Dank. Da hat der Freistaat ja quasi selbst die Verfassungswidrigkeit (sofern man die Märchenonkelkomponente rausrechnet) seiner Besoldung vorgerechnet ;-)!

Malkav

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[...] war das eine Popularklage?

Also zumindest 2023 gab es laut Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes (https://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de/media/images/bayverfgh/jahresbilanz_2023.pdf) zu dem Thema wohl mindestens eine Popularklage:

"Neun neue Popularklagen richten sich gegen gesetzliche Vorschriften. Betroffen sind
in erster Linie Bestimmungen bayerischer Landesgesetze, wie z. B. Normen [...] des Bayerischen Besol-
dungsgesetzes [...]"

Es wird nicht langweilig, aber irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass sich kein Richter/Senat als erster aus der Deckung wagen will. Das kann man menschlich aufgrund der Brisanz (es dauert nach Veröffentlichung keine zehn Minuten bis das Telefon des Vorsitzendes sturmklingelt) natürlich verstehen, aber irgendwann muss entschieden werden.

PolareuD

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Das Ergebnis unterscheidet sich für den individuellen Kläger nicht, ob die Verfassungswidrigkeit vom BVerfG als Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG oder vom BayVerfGH gegen Art. 95 Abs. 1 S. 2 BayVerf festgestellt wird. In beiden Fällen muss der Landtag nachbessern.

Ein Unterschied müsste es aber geben. Ein Beschluss des BayVerfGH, dass das Bay. Besoldungsgesetz nicht mit Art. 95 Abs. 1 S. 2 BayVerf vereinbar ist, würde letztendlich nur für Bayern gelten. Andere Bundesländer und der Bund wäre von dem Beschluss nicht betroffen, oder?

Malkav

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Ein Unterschied müsste es aber geben. Ein Beschluss des BayVerfGH, dass das Bay. Besoldungsgesetz nicht mit Art. 95 Abs. 1 S. 2 BayVerf vereinbar ist, würde letztendlich nur für Bayern gelten. Andere Bundesländer und der Bund wäre von dem Beschluss nicht betroffen, oder?

Deswegen schrieb ich ja "für den individuellen Kläger"  ;)

Aber auch sonst sehen wir ja die Bereitschaft aller Besoldungsgesetzgeber Beschlüsse zu ignorieren, wenn nicht der eigene Name drauf steht, obwohl die inhaltlich 1:1 übertragbar sind. Das Spiel werden die Besoldungsgesetzgeber wieder spielen, wenn z.B. die Anrechnung/Fingierung von Partnereinkommen (z.B. in SH) für verfassungswidrig erklärt werden sollte. Dann würden die Finanzminister anderer Länder immer irgendeinen kleinen Unterschied in der Rechtslage finden um zu sagen: "Ne ne das betrifft unsere Rechtslage nicht!"


Allgäuer

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Klage ist beim VG eingegangen mit dem Hinweis, die Klage innerhalb sechs Wochen zu begründen.

Beamtenehepaar

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Nur nach mal eine kurze Nachfrage:

Ist das eigentlich für jedes Jahr eine einzelne Klage oder wird es insgesamt als eine Klage gesehen?

Also wenn ich für die Jahre 2020 - 2023 müsste ich dann 4 x 483 EUR Gerichtskosten bezahlen? Kommt dazu ein Bescheid oder muss man das direkt vorab mit entrichten?

Vielen lieben Dank.

PolareuD

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Nur nach mal eine kurze Nachfrage:

Ist das eigentlich für jedes Jahr eine einzelne Klage oder wird es insgesamt als eine Klage gesehen?

Also wenn ich für die Jahre 2020 - 2023 müsste ich dann 4 x 483 EUR Gerichtskosten bezahlen? Kommt dazu ein Bescheid oder muss man das direkt vorab mit entrichten?

Vielen lieben Dank.

Nein, der Widerspruchsbescheid sollte die Jahre 2020-2023 umfassen. Man erhebt die Klage dann gegen den Widerspruchsbescheid. Man kann eine Klage aber auch später erweitern, wenn weitere Widerspruchsbescheide erst später erfolgen. Zumindest solange bist das Verfahren abgeschlossen ist.

Beamtenehepaar

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ahh okay danke.

also kostet das dann jetzt nur 1 x 483 EUR? Das geht dann ja aber echt finde ich.

Ozymandias

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Ja, man kann mehrere Jahre mit 483 Euro einklagen.
Das sind auch steuerliche Werbungskosten. Gewinnt man nach zig Jahren, bekommt man die Gebühren zurück und dann wären es negative Werbungskosten, die anzugeben wären.