Autor Thema: Völlige Entkoppelung von Besoldung und Gehalt nach BVerfG Urteil  (Read 40749 times)

NelsonMuntz

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P.S. Und nur noch mal kurz zur "Einordung", in meiner Beispielrechnung käme es zu folgendem Ergebnis:

1.) Ein 4K-Bürgergeldempfänger würde 0 Stunden arbeiten und bekäme 3.900 € Grundsicherung.
2.) Ein 4K-Beamter müsste 40 Stunden arbeiten und bekäme knapp 4.500 € Nettoalimentation.
3.) Ein Single-Beamter müsste 41 Stunden arbeiten und bekäme rund 3.000 € Nettoalimentation.

Wem gegenüber soll der Single-Beamte "überalimentiert" sein? Gegenüber dem Bürgergeldempfänger? Gegenüber dem 4K-Beamten?

Na, zum einen logischerweise gegenüber dem Single-Bürgergeldler, aber eben auch gegenüber vielen Menschen in der pW, denn diese unterste Alimentation liegt bereits oberhalb des Netto-Medianeinkommens in der StKl.1

Aber ja: Auch zwischen den Beamten besteht eine Ungleichheit, weil ein Single mit 3000 Netto einen deutlich(!) höheren Lebensstandard erreicht, als eine 4k-Familie mit 4500 netto (Ausführungen zum Nettoäquivalenzeinkommen hatte ich an anderer Stelle schon mal platziert).

BVerfGBeliever

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Auch zwischen den Beamten besteht eine Ungleichheit, weil ein Single mit 3000 Netto einen deutlich(!) höheren Lebensstandard erreicht, als eine 4k-Familie mit 4500 netto

Der möglicherweise höhere Lebensstandard des Single-Beamten ergibt sich logischerweise aus der leistungsbezogenen Komponente der Besoldung (und sei es, dass die zugrundeliegende "Leistung" bei unteren Beamten hauptsächlich darin besteht, dass sie Woche für Woche 41 Stunden Dienst leisten).

Gleichzeitig sorgt die alimentative bzw. leistungslose Komponente der Besoldung dafür, dass der 4K-Beamte mit 4.500 € eine deutlich höhere Nettoalimentation als der Single-Beamte mit 3.000 € erhält (in der Beispielrechnung).

NelsonMuntz

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Der möglicherweise höhere Lebensstandard des Single-Beamten ergibt sich logischerweise aus der leistungsbezogenen Komponente der Besoldung (und sei es, dass die zugrundeliegende "Leistung" bei unteren Beamten hauptsächlich darin besteht, dass sie Woche für Woche 41 Stunden Dienst leisten).

Wir drehen uns doch hier immer wieder im Kreis: Die Leistung eines "Ministerialboten" wäre mit 3000€ schlicht überbezahlt. Zum Vergleich: Das wäre mehr als der kinderlose Single mit einer E11/3 im Bund verdient - und da sind wir längst im Bereich des Durchnittseinkommens in diesem Land. Für eine Hilfskraft!

Anderer Lösungsvorschlag: eD und mD schlicht abschaffen. Für die BW müsste man sich da natürlich etwas ausdenken, aber ansonsten braucht man die nicht zwingend. Wenn der gD dann mit 3000 netto einsteigt, dann kann man darüber wieder reden (wobei dann natürlich der 4k-Familien-Beamte mit 4500 (also 115% Bürgergeld) ganz schön bedröppelt dasteht).

Rentenonkel

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Zugleich muss sich die Amtsangemessenheit der Alimentation, um ihre qualitätssichernde Funktion zu erfüllen, auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen bestimmen, die für vergleichbare oder auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden (vgl. BVerfGE 114, 258 <293 f.>; 117, 330 <354>; 119, 247 <268>; 130, 263 <293 f.>; 139, 64 <124 Rn. 124>; 140, 240 <293 Rn. 107>). Ob die Alimentation in einem Amt, das für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte attraktiv sein soll, angemessen ist, zeigt auch ein Vergleich der Besoldungshöhe mit den durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung in der Privatwirtschaft, wobei die Besonderheiten des Status und des beamtenrechtlichen Besoldungs- und Versorgungssystems nicht außer Acht gelassen werden dürfen (vgl. BVerfGE 130, 263 <294>; 139, 64 <124 Rn. 124>; 140, 240 <293 Rn. 107>).

Als Vergleichsgruppe müsste demnach der Arbeitnehmer sein, der eine Stelle ausübt, die in etwa A4 entspricht.

Wenn ich jetzt mal unscharf in der Tabelle nach einer vergleichbaren Tätigkeit eines E4 Mitarbeiters schaue, so kommt der auf grob 1900 EUR netto.

Ich denke, es ist unbestritten, dass der A4 mit 2 Kindern auf jeden Fall in der Gesamtschau auf seine 115 % kommen sollte. Es ist auch so, dass die leistungsbezogenen Komponenten dabei die Oberhand haben sollten und die leistungslosen Komponenten nicht in der Art und Weise verfassungsgemäß sein können, wie es derzeit bei einigen Ländern gehandhabt wird.

Dennoch kann ich den Unmut der Tarifbeschäftigten verstehen, dass es auch am Ende nicht sein kann, dass ein Single Beamter in A4 rund 1000 EUR netto mehr hat als ein vergleichbarer Angestellter.

Es ist jedoch Aufgabe der Politik, hier die Quadratur des Kreises zu finden und ich bin auch der Meinung, dass die leistungslosen Komponenten angepasst werden können, wenn es aus politischen und/oder gesellschaftlichem Wandel für diese leistungslosen Komponenten einen Ausgleich für alle Steuerpflichtigen geben würde.

Ob die Kindergrundsicherung daher zur Deckung des Alimentationsprinzips herangezogen werden kann, dürfte sich insbesondere daran orientieren, ob der Besoldungsgesetzgeber seine Beamten ähnlich wie bei Kindergeld auf diese Leistungen verweisen darf. Das kommt allerdings auf die Ausgestaltung an und die steht, soweit ich das aus der Ferne beurteilen kann, noch nicht fest.

Allerdings werden auch jetzt schon laut über Zuschläge wie der Berlin Zuschlag oder der München Zuschlag nachgedacht (also für Behörden in der Mietenstufe VII), so dass ich wieder auf den ROMZ (RentenOnkels Mietenstufenzuschlag) zurück komme.

Am Ende des Tages wird dem Besoldungsgesetzgeber wohl nichts anderes übrig bleiben, auch leistungsbezogene Komponenten anzuheben. Denkbar ist dennoch aus meiner Sicht eine stärkere Anhebung der leistungslosen Komponenten gegenüber den leistungsbezogenen Komponenten und auch die Einführung neuer, leistungsloser Komponenten, die sich beispielsweise an der Mietenstufe orientieren.

Die Theorie, dass der Besoldungsgesetzgeber ausschließlich leistungsbezogene Komponenten zur Deckung der Unteralimentation anheben muss, teile ich ebenso wenig die die Theorie, dass ihm das ausschließlich durch die Anhebenung leistungsloser Komponenten gelingen kann.

NelsonMuntz

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...
Als Vergleichsgruppe müsste demnach der Arbeitnehmer sein, der eine Stelle ausübt, die in etwa A4 entspricht.

Wenn ich jetzt mal unscharf in der Tabelle nach einer vergleichbaren Tätigkeit eines E4 Mitarbeiters schaue, so kommt der auf grob 1900 EUR netto.

Ich denke, es ist unbestritten, dass der A4 mit 2 Kindern auf jeden Fall in der Gesamtschau auf seine 115 % kommen sollte. Es ist auch so, dass die leistungsbezogenen Komponenten dabei die Oberhand haben sollten und die leistungslosen Komponenten nicht in der Art und Weise verfassungsgemäß sein können, wie es derzeit bei einigen Ländern gehandhabt wird.

Du hast es an anderer Stelle öfter mal als Randnotiz erwähnt: Wo früher ein Gehalt für den Unterhalt einer Familie ausreichend war, sind es heute eher 1,5. Das bedeutet final, dass das Existenzminimum eben jener 4k-Familie stärker gestiegen ist, als die Median- und Durchschnittgehälter im Lande. Anders gesagt: Kinder kosten in der Relation heute einfach mehr als 1950.

Der Beamte ist über die Alimentationsprinzipien vor dieser "Not" geschützt - was ich an dieser Stelle auch gar nicht kritisieren möchte. Aber: Wenn man diese "Mehrkosten" für eine Familie zu stark über den Grundsold auffängt, dann entkoppeln sich die Gehälter kinderloser Singles zu stark von vergleichbaren Arbeitnehmern im öD oder der pW. Bei zu geringen Zulagen (oder ohne anderweitige Queralimentation wie dem Kindergeld) leidet überdies die Vergleichbarkeit des erreichbaren Lebensstandards innerhalb des Beamtenwesens: Um im obigen Beispiel zu bleiben: Der Single-Beamte hat 3000 €, die 4k-Familie mit 4500 € kommt auf knapp über 2000 € Nettoäquivalenzeinkommen - steht also bedeutend(!) schlechter da.

Ja, die "Quadratur des Kreises" trifft es also ganz gut.

Eine deutliche Anhebung des Kindergeldes würde diese Problemlage effektiv entschärfen (und auch positiv bei Arbeitnehmern wirken) - aber allein eine Verdoppelung auf 500€ würde mit grob 50 Mrd. p.a. zu Buche schlagen. Das ist aktuell eher illusorisch. ;)

BVerfGBeliever

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Hierzu mal ein kurzes Zitat von @Swen von gestern:
(https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114508.msg377451/topicseen.html#msg377451)

Zitat
Als Folge werden die Dienstherrn über kurz oder lang in allen Rechtskreisen die Grundgehaltssätze signifikant zu erhöhen haben. Diese Erhöhung wird bspw. in Sachsen geringer ausfallen müssen als in Bayern oder dem Bund. Sie wird aber über kurz oder lang kommen: "Über kurz oder lang" wird dabei als Zeitangabe auch davon abhängen, wie die angekündigten Entscheidungen über die Berliner Pilotverfahren begründet werden werden und in welchem Zeitrahmen nun über die mittlerweile über 60 Normenkontrollverfahren aus zwölf Bundesländern entschieden werden wird. Karlsruhe wird sich dabei als Folge der Stellungnahme [...] vom 21. Dezember 2023 [...] veranlasst sehen, ein deutlich höheres Tempo an den Tag zu legen, als das seit dem Mai 2020 geschehen ist. Denn alles andere ließe sich sachlich zunehmend schwieriger bis irgendwann gar nicht mehr sachlich rechtfertigen, um also den effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

Unabhängig also von der Anzahl von Beamten, denen am Ende allesamt wieder eine amtsangemessene Alimentation zu gewährleisten ist [...], werden also die Beamtengehälter und darin die Grundgehaltssätze signifikant steigen, was mehr oder minder zwangsläufig dazu führen dürfte, dass ebenso die Tarifentlohnung im öffentlichen Dienst nach und nach angehoben werden muss, um hier nun nicht nur konkurrenzfähig zu bleiben oder wieder zu werden, sondern auch, dem berechtigten Gerechtigkeitsempfinden der deutlichen Mehrzahl der im öffentlichen Dienst Beschäftigten nachzukommen.

MoinMoin

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Der möglicherweise höhere Lebensstandard des Single-Beamten ergibt sich logischerweise aus der leistungsbezogenen Komponente der Besoldung (und sei es, dass die zugrundeliegende "Leistung" bei unteren Beamten hauptsächlich darin besteht, dass sie Woche für Woche 41 Stunden Dienst leisten).

Wir drehen uns doch hier immer wieder im Kreis: Die Leistung eines "Ministerialboten" wäre mit 3000€ schlicht überbezahlt. Zum Vergleich: Das wäre mehr als der kinderlose Single mit einer E11/3 im Bund verdient - und da sind wir längst im Bereich des Durchnittseinkommens in diesem Land. Für eine Hilfskraft!

Anderer Lösungsvorschlag: eD und mD schlicht abschaffen. Für die BW müsste man sich da natürlich etwas ausdenken, aber ansonsten braucht man die nicht zwingend. Wenn der gD dann mit 3000 netto einsteigt, dann kann man darüber wieder reden (wobei dann natürlich der 4k-Familien-Beamte mit 4500 (also 115% Bürgergeld) ganz schön bedröppelt dasteht).
Für den GEfreiten der Seine Rübe auf dem Schlachtfeld hinhält wäre die 3000€ für meinem Verständnis mitnichten überbezahlt, also hätte ich keine Probleme mit einer gesonderten "S" Besoldung.

BVerfGBeliever

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Bei zu geringen Zulagen (oder ohne anderweitige Queralimentation wie dem Kindergeld) leidet überdies die Vergleichbarkeit des erreichbaren Lebensstandards innerhalb des Beamtenwesens: Um im obigen Beispiel zu bleiben: Der Single-Beamte hat 3000 €, die 4k-Familie mit 4500 € kommt auf knapp über 2000 € Nettoäquivalenzeinkommen - steht also bedeutend(!) schlechter da.

Nochmal: Auch bei Beamten sind (ähnlich wie bei Angestellten) zumindest die ersten beiden Kinder größtenteils "Privatsache", auch und insbesondere laut den Vorgaben des BVerfG.

Und wenn ein kinderloser Beamter in der Folge einen höheren "Lebensstandard" (was immer das genau sein soll) haben sollte als ein 4K-Beamter, dann ist das bewusst seitens Karlsruhe so vorgesehen, Stichwort "It's a feature, not a bug"..

NelsonMuntz

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Nochmal: Auch bei Beamten sind (ähnlich wie bei Angestellten) zumindest die ersten beiden Kinder größtenteils "Privatsache", auch und insbesondere laut den Vorgaben des BVerfG.

Können wir "größtenteils" ein wenig genauer definieren? In meinen Augen wären da 49,99% der Zusatzkosten Kosten zulagenfähig. Eine steuerechtliche Queralimentation über das Kindergeld betrachte ich hier mal als unbeachtlich.

Zitat
Und wenn ein kinderloser Beamter in der Folge einen höheren "Lebensstandard" (was immer das genau sein soll) haben sollte als ein 4K-Beamter, dann ist das bewusst seitens Karlsruhe so vorgesehen, Stichwort "It's a feature, not a bug"..

Hier hast Du eine erste, gaaaaanz knapp gehaltene Definition ;):
https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20037/lebensstandard/

Hinweis am Rande: Für eine stabile, demographische Entwicklung braucht es eine Geburtenziffer von etwa 2,1 - wir liegen grob bei 1,4. Ansonsten braucht es Zuwanderung, aber die, die wir brauchen, wollen nicht kommen und die, die kommen, wollen wir nicht. Dilemma! Deshalb sollten wir die Aufzucht von Nachkommen vielleicht ganz grundsätzlich etwas attraktiver gestalten.

@MoinMoin: Ja, deshalb habe ich die BW auch exkludiert. Allerdings sind Mannschaftsdienstgrade mWn nur bis max. 12 Jahre dabei - der finanzielle Schock bei einer "Anschlussverwendung" in der pW sollte dann auch nicht zu groß ausfallen.


BVerfGBeliever

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Die genaue Definition von "größtenteils" bzw. "überwiegend" ist sicherlich ein Stück weit philosophisch, beginnt in meinen Augen aber jedenfalls nicht schon bei 50,01%. Eventuell bekommen wir ja diesbezüglich demnächst etwas mehr "Guidance" aus Karlsruhe.

Und wie gesagt, wenn man die Aufzucht von Nachkommen attraktiver gestalten möchte, so ist dies in meinen Augen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe (Steuern, Kindergeld, etc.) und nicht etwas, was man durch absurde Zuschlagsorgien für Beamtenkinder erreichen kann/soll/darf.

Schließlich sollt ja auch ihr öD-Tarifangestellten nicht einfach so "aussterben"..  ;)

Philipp

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Wir können das System gerne so ausreizen. Da die Tarifangestellten dann kollektiv in die Arbeitsverweigerung gehen werden, bliebe den Behörden nichts anderes übrig als die Angestellten dort AT zu bezahlen.
Der Vergleich mit der Privatwirtschaft kann ja auch bei Nicht-Beamten gezogen werden.

MoinMoin

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Nun deine Berechnungen entstammen eben dem Taka Tuka Land

OK, dann gehen wir doch noch mal kurz nach Taka-Tuka-Land und unterstellen, dass "Fritze" (Merz) nächstes Jahr sein Herz für Kinder entdeckt und eine Kindergrundsicherung einführt.

Welche Auswirkungen hätte dies auf eine Beamtenfamilie mit zwei "mittleren" Kindern (zwischen 6 und 13 Jahren)?

1.) Der Grundsicherungsbedarf einer vierköpfigen Bürgergeldfamilie beträgt wie bekannt bis zu 3.860 € (Regelbedarf 1.850 €, Unterkunftskosten 1.550 €, Heizkosten 240 €, Bildung/Teilhabe 80 €, Sozialtarife 140 €).
2.) Somit hat eine vierköpfige Beamtenfamilie einen Anspruch auf eine Nettoalimentation von mindestens 4.440 €.
3.) Abzüglich zwei Mal 555 € Kindergrundsicherung und zuzüglich 660 € PKV-Kosten ergäbe sich eine äquivalente Netto-Mindestbesoldung von 3.990 €.
4.) Addiert man die zu zahlenden Steuern, erhält man die äquivalente Brutto-Mindestbesoldung in Höhe von 4.390 €, unter der Annahme, dass 530 € der PKV-Kosten steuerlich absetzbar wären.
5.) Diese Brutto-Mindestbesoldung würde sich entsprechend aus rund 4.050 € Grundgehalt, 170 € Partnerzuschlag sowie zwei Mal 85 € Zuschlag für die beiden Kinder zusammensetzen.

Was würde dies für einen Single-Beamten bedeuten?

- Die Brutto-Mindestbesoldung würde 4.050 € betragen.
- Nach Abzug der Steuern läge die Netto-Mindestbesoldung bei 3.300 €, unter der Annahme, dass 240 € PKV-Kosten steuerlich absetzbar wären.
- Nach Abzug der PKV-Kosten von 300 € läge die Nettoalimentation somit bei 3.000 € (im Vergleich zu obigen 4.440 € der vierköpfigen Beamtenfamilie).


Du siehst also, dass ein Single-Beamter selbst nach Einführung einer Kindergrundsicherung Anspruch auf eine Bruttobesoldung von rund 4.050 € hätte. Aktuell sind es jedoch nur 2.700 €. Somit beträgt die Lücke rund 1.350 € bzw. 50 Prozent.

Hallo,

bis 4.) konnte ich folgen. Worauf begründet Du 5.)

@clarion, nach Einführung einer Kindergrundsicherung wären ja nach meinem Verständnis die Grundbedürfnisse aller Kinder durch diese abgedeckt.
Wenn diese die Höhe hat, dann ja.
 ob die 555 € Kindergrundsicherung dafür ausreichend bemessen ist, mag man bezweifeln.
Also um bei deinem Beispiel zu bleiben sind von den 4440€ mit Sicherheit nicht nur 1110€ der Anteil der für die Kinder dort drin sind.
Beim Bürgergeld von 2023 wäre 840€ der Regelbedarf der Kinder und 500€ für die Miete (bei deinem Beispiel) ~100 für die Heizkosten und ~100 für den Rest. Das wäre schon mal 220€  mehr.
also schon mal anstelle von 3990 nur noch 3560 . . .


btw In unserer Großstadt wäre die Rechnung übrigens: 1850 + 908 +282 + 80 + 140 =3750 also 690€ niedriger, ob diese als Regionalzulage gewährt werden könnte? aber wieder eine andere Baustelle, der Besoldungssystematik und der Logik die dahinter steht.

Zitat
Somit dürfte es vermutlich gar keine Kinderzuschläge mehr für Beamte geben, um eine sachwidrige und unzulässige Besserstellung von Beamtenkindern zu verhindern (@Swen hatte hierzu irgendwann mal etwas geschrieben). In meiner Beispielrechnung war ich jedoch nicht ganz so "streng" mit den Besoldungsgesetzgebern und hatte ihnen zugestanden, einen Zuschlag von 15%, also im Beispiel zwei Mal 85 €, für die ersten beiden Beamtenkinder zu bezahlen.
Klingt für mich absolut nachvollziehbar die fehlenden 15% per Zulage regeln zu können/dürfen (und ab dem drittem Kind müssen!).
Wenn es doch für das dritte Kind zwingend notwendig ist, kann es doch für das 1+2 Kind keine sachwidrige und unzulässige Besserstellung von Beamtenkindern

Zitat
Losgelöst von den konkreten Zahlen wollte ich in erster Linie aufzeigen, dass es auch bei einer signifikanten Erhöhung des Kindergelds oder der Einführung einer Kindergrundsicherung trotzdem ZWINGEND zu einer signifikanten Erhöhung der Grundbesoldungen (also insbesondere auch für Single-Beamte) kommen MUSS, um zu einer verfassungsgemäßen Besoldung zurückzukehren.
Selbst @MoinMoin scheint diesen Punkt ja mittlerweile - zumindest in Ansätzen - verstanden zu haben.
Du irrst, ich habe den Punkt, der notwendigen signifikanten Erhöhung der Besoldung nie in Frage gestellt. Nur die Basis und die sachgerechte Begründung ist halt mit der 4 K Familie fehlerhaft in der Besoldungssystematik, denn es zeigt ein hohes Maß an Widersprüchen, die gelöst werden müssen.
Und dann sprechen wir über eine Erhöhung der Grundbesoldung von 10-15% und nicht 50%.

Oder ist es für dich begründbar, dass die Wertigkeit der Besoldung eines Dienstposten von der Höhe des Kindergeldes abhängig ist. 
Also durch eine Erhöhung des Kindergeldes das Amt an Angemessenheit verliert?

Rentenonkel

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Nochmal: Auch bei Beamten sind (ähnlich wie bei Angestellten) zumindest die ersten beiden Kinder größtenteils "Privatsache", auch und insbesondere laut den Vorgaben des BVerfG.


Genau an der Stelle hat das BVerfG klargestellt, dass es eben keine Privatsache der Beamten ist, wie sie den Lebensunterhalt für ihre Kinder sicherstellen. Das ist grundsätzlich Aufgabe des Dienstherrn, dafür zu sorgen, dass auch der kleinste Beamte mit seiner Alimentation in der Lage sein muss, den Lebensunterhalt für sich, seine Ehefrau und seine beiden Kinder abdecken zu können. Bezogen auf A4 muss er auch einen Abstand zum Grundsicherungsbedarf von mindestens 15 % haben. Allerdings ist es dem Beamten zuzumuten, zur Deckung des Unterhaltes der ersten beiden Kinder (im Gegensatz zum dritten und weiteren Kindern) auch auf leistungsbezogene Komponenten der Alimentation zurück zu greifen, so er denn dazu in der Lage ist.

Während also der Familienzuschlag ab Kind 3 zusammen mit dem Kindergeld mindestens auf dem Niveau der Grundsicherung sein muss, darf der Familienzuschlag für die ersten beiden Kinder auch geringer sein. Oder, um es umgekehrt auszudrücken, kann man diese Aussage auch rechtlich so verstehen: Der Familienzuschlag für die ersten beiden Kinder wäre demnach verfassungswidrig, wenn er sich mindestens auf dem gleichen Niveau bewegen würde, wie ab dem dritten Kind.

Wäre es auch bei Beamten Privatsache, könnte der Dienstherr den Beamten genau wie den Angestellten auf bedarfsorientierte Leistungen wie Bürgergeld, Kinderzuschlag oder Wohngeld zur Deckung der "Privatsache" (also der Kinder) verweisen.

Weil das eben nicht so ist, kommen wir auf diese teilweise massive Unterdeckung der Alimentation. Dabei hat das BVerfG dem Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum zugestanden, wie er dieses Problem löst. Dabei hat Swen ja in vielen seiner Beiträge schon darauf hingewiesen, an welchen Stellen der Ermessensspielraum des Besoldungsgesetzgeber schon jetzt durchaus eingeschränkt ist. Weitere Einschränkungen sind mit den nächsten Urteilen zu erwarten, die hoffentlich endlich 2025 veröffentlicht werden.

In welchem Verhältnis dabei leistungsbezogene Komponenten und leistungslose Komponenten genau zueinander stehen dürfen, ist noch nicht abschließend verfassungsrechtlich geklärt. Auch ist nicht geklärt, was schlussendlich als amtsangemessen angesehen werden muss und was nicht. Zur Frage der Amtsangemessenheit kommt ja man erst, wenn man in die tiefere Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation kommt; dazu muss die Alimentation des kleinsten Beamten ja auch erst einmal die Hürde der 115 % nehmen, weil sie ansonsten ja in jedem Fall verfassungswidrig ist. Und genau an der Stelle kommen wir zu dem Thema "amtsangemessen", was ja im weiteren Sinne auch was mit dem Gerechtigkeitsgefühl zu tun hat. Dabei darf man aber nicht ausblenden, dass Recht und Gerechtigkeit nicht immer ein und dasselbe sind.

Während also der Ministerialbote mit 3000 EUR netto im Verhältnis zu PW sicherlich zu gut bezahlt würde, ist es in der Justiz durchaus anders. So sind die Jahresbezüge deutscher Richterinnen und Richter zu Beginn ihrer Laufbahn im Vergleich zu den bundesweiten Durchschnittsgehältern insgesamt nach wie vor die niedrigsten in der EU. Bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten ist die Situation laut der EU Kommission nicht erfreulicher: Auch ihre Einstiegsbesoldung rangiert im Verhältnis zum durchschnittlichen Bruttojahresgehalt im europaweiten Vergleich im untersten Bereich. Die Kommission empfiehlt Deutschland daher, „Maßnahmen zu treffen, um eine angemessene Besoldung der Richter und Staatsanwälte zu gewährleisten und dabei europäische Standards für die Besoldung in der Justiz zu berücksichtigen“.

Daher muss man, wenn man tatsächlich amtsangemessen besolden will, tiefer in die einzelnen Gruppen gehen und regionale Unterschiede berücksichtigen. Je nach Aufgabe des Beamten wird man dann mal mehr und mal weniger stark anheben müssen, wenn man denn das Ziel amtsangemessen ernst nimmt. Dabei ist das Abstandsgebot natürlich zu beachten. Es wäre daher aus meiner Sicht an der Zeit, eine grundlegende Reform der Alimentation der Beamten durchzusetzen und nicht nur punktuell Ausbesserungen vorzunehmen.

Die Kindergrundsicherung, auf die ich noch später eingehen möchte, kann helfen, das 115 % Ziel zu erreichen, ohne ausufernde Familienzuschläge zu gewähren. Bei der Frage der Amtsangemessenheit der Besoldung hilft die Kindergrundsicherung allerdings nicht weiter.

KlammeKassen

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1. Die wenigsten Familien in Deutschland haben 3 Kinder. Der Durchschnitt liegt bei ~1,4 Kinder pro Frau. Bei höherem Bildungsabschluss sogar weniger

2. Die Familienzuschläge sind zeitlich begrenzt. Von ~40 Dienstjahren wir man grob (wenn überhaupt) nur die Hälfte dieser Zeit die Kinderzuschläge erhalten

3. Bei Beamtenfamilien erhält nur ein Beamter die Zuschläge, die Jahressonderzahlung hingegen erhalten zB 2 Tarifbeschäftigte Eheleute auch zusammen 2x.

4. Im TVÖD gibt es deutlich höhere Zulagen für Wochenend-, Nacht-, und Sonntagsarbeit etc.

5. Im TVÖD gilt eine geringere Wochenarbeitszeit

6. Der TVÖD verhandelt zeitlich früher als die Landesbeamtenbesoldung. Landesbeamte haben vor 3 Tagen gerade erst ihre +200€ brutto erhalten, die +5,5% gibts erst nächstes Jahr. Der TVÖD verhandelt vorher bereits erneut um die nächsten +8%.

7. Die „günstige“ PKV der Beamten wird bei Teilzeit oder Elternzeit ziemlich teuer, da einkommensunabhängig

8. Der TVÖD hat lediglich 6 Erfahrungsstufen, höhere Stufen und die Endstufe werden viel früher erreicht als eine Stufe 12 in der Landesbesoldung

9. In den meisten Konstellationen (ohne viele Kinder) verdient man im TVÖD aktuell besser als in der Besoldung (zB E11 Stufe 4 vs A 11 Stufe 5 NBesO)

10. Die Gehälter im TVÖD sind Verhandlungssache. Hier können die Gewerkschaft viel verhandeln. Schaut man sich z.B. die Gehaltsentwicklung bei IGM an, dann ist bei gutem Organisationsgrad sehr viel möglich. Die Beamtenalimentation bemisst sich derzeit am tiefsten gerade noch so verfassungskonformen Maß (oder sogar darunter).

Anmerkungen zu

3. Wieso sollten auch nicht beide die Jahressonderzahlung bekommen, wenn beide dafür arbeiten?
Nur weil beide Beamte sind, habt ihr ja nicht zusammen mehr Kinder... Es wäre daher überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn beide die Zuschläge bekommen würden.
Die Gleichstellung ist auch schwierig, da bei mir beispielsweise von der Jahressonderzahlung in Steuerklasse I nicht einmal 50 % übrig bleiben (das Problem der Sozialabgaben..... dass Beamte eben nicht haben; dort geht nur die Steuer von den Zuschlägen runter).

In der Regel bleibt von E10 = A10, E11 = A11, E12 = A12 bei den Beamten auch ohne Kinder netto mehr übrig, Monat für Monat; so dass die Jahressonderzahlung hier wenigstens etwas hilft, sich netto anzunähern. Den TVöD Angestellten hat man bei der Umstellung des BAT dafür ja auch sämtliche Zuschläge gestrichen (Ortszuschlag, Familienzuschlag)...


6. Das ist überhaupt nicht zu vergleichen. Dafür, dass die Länder sich in den Tarifverhandlungen von Bund und Kommunen abgespalten haben, können die Bund- und Kommunalangestellten ja nun nichts. Dass die verdi bei den Ländern noch schlechter verhandeln als bei Bund und Kommunen auch nicht.
Mit den Tarifangestellten der Länder bist du hier genau gleich, diese bekommen auch ab diesem Monat + 200 Euro und ab Februar + 5,5 %; der vorherige Abschluss war beim Land sogar besser als bei Bund/VKA


9. Ich finde es wichtiger, das Netto zu vergleichen und das ist eben nicht höher aufgrund der ganzen Sozialabgaben und auch der 1,81 % zur VBL.
Mein Brutto ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal, für mich ist entscheidend, was auf dem Konto landet.

KlammeKassen

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Wem gegenüber soll der Single-Beamte "überalimentiert" sein? Gegenüber dem Bürgergeldempfänger? Gegenüber dem 4K-Beamten?

Die abstrakte Antwort hierzu würde lauten:
Viele Personen in der Privatwirtschaft (und auch bis EG12 aufwärts (zumindest in den unteren Stufen)) kommen in Steuerklasse I (= Single Beamter) keine 3.000 Euro Netto.

In manchen Berufen muss man sich sogar mit unter 2.000 Euro netto vergnügen.

Mindestlohn bei 174 Stunden (40 h Woche) x 12,41 Euro = 2.159,34 Euro.
--> hiervon Abzüge für Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung, Krankenkasse und Steuern => definitiv keine 2.000 Euro netto