Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 2088102 times)

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10620 am: 22.02.2024 07:43 »
Das BMDV kommuniziert derzeit zu seinen nachgeordneten Behörden, dass das Gesetz vor der Sommerpause in Kraft treten soll.

Inwieweit ist man eigentlich vor der „versteckten Rache“ des Dienstherrn geschützt, wenn man wirklich den Klageweg bestreiten sollte?

Soll... ich glaube nicht dran  ;D

Malkav

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10621 am: 22.02.2024 07:47 »
Inwieweit ist man eigentlich vor der „versteckten Rache“ des Dienstherrn geschützt, wenn man wirklich den Klageweg bestreiten sollte?

Da Beurteilungen und anschließende Beförderungsverfahren ausschließlich auf Leistung, Eignnung und Befähigung abstellen (Achtung Ironie!), bedarf es eines solchen Schutzes nicht.

Grundsätzlich darf die individuelle Dienststelle wegen dem Datenschutz doch aber eigentlich gar nichts von einer Klage wissen, wenn diese nicht gerade auch bezügezahlende Stelle ist. Mein direkter Vorgesetzter darf ja auch nichts von meiner Beihilfestelle erfahren.

Ich glaube man darf sich hier auch nicht zu wichtig nehmen. Ich glaube nicht, dass ein Minister, StS oder AL in einem Ministerium seinen Hals riskieren würde, indem das Datenschutzrecht so massiv verletzt wird, nur um einen kleinen Beamten im Geschäftsbereich eines anderen Ministeriums "für seine Klage zu bestrafen".

Der Obelix

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10622 am: 22.02.2024 08:20 »
Es ist witzig zu lesen, wie Kinderlose einen indirekten Hass auf Familien mit Kindern haben. Wie groß kann der Neid sein, dass man schon Kindergeld indirekt kritisiert?

Jeder der Kinder hat weiß, dass Kinder teuer, sogar sehr teuer sind. Und wenn man neidisch auf die ganzen Euros ist, dann steht es jedem frei Nachwusch zu zeugen….

Natürlich hören sich Kindergeld in Höhe von 250 Euro im ersten Blick viel an. Aber dass nur der Kindergarten mit Verpflegung 300 Euro kostet, wird natürlich gerne übersehen.

Sehe ich genaus so:

Meine Ausgaben mit 1 Kind:

Kindergarten 478 €
Verplegungsgeld 60 €
Nachmittagsgeld: 8 € extra
Sportverein (ja Kinder sollen sich bewegen) : 6€
Kleidung: 45 € pro Monat
Private Krankenversicherung: 30 € pro Monat
nur diese Pöstchen sind schon 627 € pro Monat


und so ein Luxus wie Spielzeug, Geburtstag, Essen zu Hause und Urlaub ist da nicht eingerechnet....


Stanis

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10623 am: 22.02.2024 08:51 »
Zitat
Sehe ich genaus so:

Meine Ausgaben mit 1 Kind:

Kindergarten 478 €
Verplegungsgeld 60 €
Nachmittagsgeld: 8 € extra
Sportverein (ja Kinder sollen sich bewegen) : 6€
Kleidung: 45 € pro Monat
Private Krankenversicherung: 30 € pro Monat
nur diese Pöstchen sind schon 627 € pro Monat


und so ein Luxus wie Spielzeug, Geburtstag, Essen zu Hause und Urlaub ist da nicht eingerechnet....

Naja, du bekommst auch entweder Kindergeld oder der Steuerfreibetrag wird berücksichtigt - je nach Einkommen. Du kannst zwar die 627€ erst einmal so stehen lassen, dann solltest du aber auch die steuerlichen Aspekte\ Kindergeld\Freibetrag betrachten. Auch sind die Kosten für den Kindergarten Ländersache.

Bitte nicht in Populismus verfallen. Das bringt uns nicht weiter und spaltet nur noch mehr.

amy1987

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10624 am: 22.02.2024 08:56 »
Es ist witzig zu lesen, wie Kinderlose einen indirekten Hass auf Familien mit Kindern haben. Wie groß kann der Neid sein, dass man schon Kindergeld indirekt kritisiert?

Jeder der Kinder hat weiß, dass Kinder teuer, sogar sehr teuer sind. Und wenn man neidisch auf die ganzen Euros ist, dann steht es jedem frei Nachwusch zu zeugen….

Natürlich hören sich Kindergeld in Höhe von 250 Euro im ersten Blick viel an. Aber dass nur der Kindergarten mit Verpflegung 300 Euro kostet, wird natürlich gerne übersehen.

Sehe ich genaus so:

Meine Ausgaben mit 1 Kind:

Kindergarten 478 €
Verplegungsgeld 60 €
Nachmittagsgeld: 8 € extra
Sportverein (ja Kinder sollen sich bewegen) : 6€
Kleidung: 45 € pro Monat
Private Krankenversicherung: 30 € pro Monat
nur diese Pöstchen sind schon 627 € pro Monat


und so ein Luxus wie Spielzeug, Geburtstag, Essen zu Hause und Urlaub ist da nicht eingerechnet....

Ich finde es auch absurd, dass hier im Forum so getan wird, als würden Familien mit FZ und AEZ in Saus und Braus leben. Dann liest man so einen Murks von wegen " da lach ich mir ne Witwe mit Kindern an".

Kinder sind immer ein Minusgeschäft, egal welche Zuschläge es gibt. Hier gerne noch ein Beispiel von uns für ein Schulkind:

- Mietkosten zusätzliches Zimmer: 300€
- Lebensmittel zuhause: 150€
- zusätzliche Energiekosten: 50€
- Hortbetreuung: 280€
- Schulessen: 120€
- Judo: 70€
- Musikschule: 60€
- Eigenanteil Ergotherapie (danke Beihilfe): 80€
- Nachhilfe: 100€
- Bekleidung: 50€
- Geschenke: 40€
- Ausflüge: 30€
- Urlaub: 100€
- sonstige Anschaffungen (Fahrrad, Schulmaterial, Möbel, Ferienlager): 100€
- PKV: 40€

Sind wir bei monatlichen Ausgaben für ein Kind von 1570€. Vielleicht erschließt sich da dem ein oder anderen doch, dass Beamte mit Kind einen deutlich(!) höheren alimentativen Bedarf haben als der alleinstehende Single.

Lichtstifter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10625 am: 22.02.2024 09:31 »
@ Swen

Danke für dein unermüdliches Schaffen. Ich hoffe, dass deine Mühen irgendwann Früchte tragen werden.

Ich habe die Tage die Neuberechnung für das Jahr 2024 durchgelesen. Ich weiß, wie ich diese neuen Zahlen zu werten habe.

Was mir auffällt ist, das man sich am Rechtskreis Bayern bedient hat. Meiner einfachen Meinung nach ist dieser "Extremparameter" der Sache aber nicht dienlich. Ja, diese Kosten sind dort durchaus üblich. Aber wäre ein Medianwert (die Ausreißer einfach mal ignoriert) nicht tauglicher? Ich weiß, dass einem Münchener damit nicht geholfen sein wird.
Dieser Posten (und genau wegen Kosten für Unterkunft und Energie läuft ja alles aus dem Ruder) bildet mit vielen weiteren Unkosten ja den Ausgangspunkt für die niedrigste Besoldungsstufe und ab dann geht es mit dem Schneeballeffekt los. Wie du in deinem letzten Beitrag mitgeteilt hast, wird man sehr genau wissen, wo man zahlenmäßig rauskommt, wenn man alle Voraussetzungen erfüllen möchte.
Andernfalls komme ich nicht umhin zu glauben, dass auch das BVerfG sich der Tragweite bewusst ist, wenn sie an diesen Voraussetzungen festhalten würde und sich nicht in gewissen Bereichen um Korrekturen bemüht (eben bei den Werten für bayrische Wohnkosten und dem Alleinverdienermodell, welches nicht mehr die heutige Zeit abbildet).

Auch wird sich ein durch alle Besoldungsstufen ziehender fester Prozentsatz für den Mindestabstand bei den mittlerweile entstandenen Beträgen nicht verwirklichen lassen. Bei niedrigen Ausgangswerten mag das nicht so ins Gewicht fallen. Wenn wir aber bei rund 50.000 € / Jahr anfangen muss man doch zwangsläufig hinten raus relativieren müssen.

Das Thema wurde über Jahre verschleppt und eine schnelle einfache Korrektur nicht mehr möglich. Und weil das alles so kompliziert geworden ist, müssen wir geduldig sein.

Ich denke, dass man irgendwo dahin kommen wird, dass mit wirksamen staatlichen Maßnahmen für Wohnungsbau, Energiewende zuerst die vielen Milliarden in die Hand nehmen muss, um damit wieder das Grundsicherungsniveau nach unten zu regeln.

Solange müssen die Beamten weiter als Sonderopfer herhalten und man repariert mit dem AEV die schlimmsten Fehler, um nochmal durch den TÜV zu kommen.

Im Moment rennen wir den Kosten hinterher und die Kosten sind im Moment schneller, sodass die ganze Geschichte noch lange andauern wird.

Ich beobachte in meinem Beamtenumfeld auch, wie weit auseinander die Schere zwischen "verdienen" und "bekommen" geht. Man könnte sagen, des Amtes nicht angemessen, mangels Aufgaben und Willen. Wenn da pauschal 30% on top kämen, wäre das nicht nur für mich schwer vermittelbar.

Von daher muss man die Zeit, bei der die "Boomer" aus dem Dienst ausscheiden und die Demographie voll einschlägt sinnvoll nutzen und fähiges Personal rekrutieren. Weniger und besseres Personal.

Und damit die Ausgeschiedenen dann nicht mehr so arg zur Last fallen, werden auch bei den Pensionen die Prozente purzeln. Man braucht sich keine Sorgen machen. Bei den Einschnitten werden alle beteiligt werden.

Und in mir keimt die Vermutung, dass man dieses Thema noch 4-5 Jahre in diese kommende Zeit hieven möchte, wo es dann zu einer Abrechnung für alle kommen wird.

Das ist nur ein Szenario. Wie realistisch das ist, wird sich zeigen. Ich dränge diese Vorstellung niemandem auf. Aber ohne andere Zahlen als Bezugsgröße sehe ich eine amtsangemessene Alimentation nicht umsetzbar und es wird von den Entscheidern weiter gemieden werden, sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen.
« Last Edit: 22.02.2024 09:45 von Lichtstifter »

Malkav

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10626 am: 22.02.2024 09:59 »
Aber wäre ein Medianwert (die Ausreißer einfach mal ignoriert) nicht tauglicher? Ich weiß, dass einem Münchener damit nicht geholfen sein wird.

Und genau damit beantwortest du dir die Frage ja selbst. Kein Beamter in Deutschland darf unter die 115% der Grundsicherung rutschen. Genau das würrde aber mit den Beamten in teuren Gegenden geschehen, wenn man einen Median zu Grunde legen würde.

Es kann nicht amtsangemessen sein, dass beim Beamter in München z.B. nur 98 % der dortigen Grundsicherung erhält. Dass ein vergleichbarer Beamter z.B. im Landkreis Elbe-Elster dann 190% der dortigen Grundsicherungsnibeaus erhält, ist nach meinem Dafürhalten verfassungsrechtlich unbedenklich. Kann man politisch sogar als "Stärkung des Ländlichen Raumes" verkaufen, wenn man möchte  ;D

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10627 am: 22.02.2024 10:07 »
Letztlich haben beide Seiten Recht - ich bin hier noch bei dem Thema zuvor -, nämlich sowohl die Beamten mit Kindern, die eine amtsangemessene Alimentation erwarten, als auch die Beamten ohne Kinder, für die dasselbe gilt.

Der Dienstherr ist zunächst als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums dazu verpflichtet, den Beamten und seine Familie lebenslang amtsangemessen zu alimentieren. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit festgestellt, dass es dabei aber keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtetums gibt, wonach der Beamte einen besonderen Anspruch auf ausreichende "Alimentation seiner Kinder" hätte (wer es nachlesen möchte, vgl. hier die Rn. 45 https://openjur.de/u/173228.html), um in der dort als Rn. 55 wiedergegebenen weiteren Passage hervorzuheben, dass es keinen aus Art. 33 Abs. 5 GG ableitbaren selbständigen Anspruch des Beamten auf Unterhalt für sein Kind gibt. Vielmehr sei im gegenwärtigen System der Besoldungsstruktur eine weitgehende Selbstverständlichkeit,"daß bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. 'familienneutralen' und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten." (dort Rn. 75)

Unter Heranziehung dieser Darlegungen ist eine amtsangemessene Alimentation weitgehend mit den "familienneutralen" Gehaltsbestandteilen zu gewähren, während kinderbezogene Gehaltsbestandteile nur eine ergänzende Funktion haben. Daraus folgt in Verbindung mit dem Indiz der eklatant verletzten Mindestbesoldung, dass zunächst einmal die Grundgehaltssätze deutlich anzuheben sind, wovon alle Beamte profitieren. Darüber hinaus ist dann zugleich dem Beamten mit bis zu zwei Kindern (der alimentative Mehrbedarf ab dem dritten soll hier nicht betrachtet werden; er ist für sich genommen ein komplexer weiterer Zweig des Besoldungsrechts) eine über die "familienneutrale" Besoldung hinausgehende familienbezogene Besoldungskomponente zu gewähren, von der der Beamte aber nicht  ausgehen darf, dass diese ausreichte, die Bedarfe seiner beiden Kinder vollständig zu befriedigen. Im Ergebnis wird dann der (verheiratete) kinderlose Beamte über ein Einkommen verfügen, das ihm einen größeren Spielraum zur eigenen Bedarfsbefriedigung ermöglicht als ein (verheirateter) Beamte mit zwei Kindern.

Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung dafür liegt nun darin, dass es eine eigene Werteentscheidung des Beamten ist, wie er seine Lebenswirklichkeit gestaltet, dass also der Staat zwar die aus der Ehe und Familie resultierenden Schutzrechte garantiert, damit aber keine Werteentscheidung vornimmt. Wer sich also dafür entscheidet, eine Familie zu gründen, muss als Beamter damit leben, dass er dadurch aus der ihm gewährten Alimentation weniger zur eigenen Verfügung hat als der kinderlose Beamte - er ist aber so zu alimentieren, dass er deshalb nicht über die Maßen schlechter gestellt wird als der (ledige und) kinderlose Beamte.

So verstanden sind beide Forderungen berechtigt, sowohl die von Beamten mit Kindern als auch die von kinderlosen Beamten - sie wird erfüllt, sobald wieder amtsangemessene Grundgehaltssätze gewährt werden, die durch sachgerecht ermittelte familienbezogene Besoldungskomponenten ergänzt werden. Und auf dieser Basis kann dann jeder Beamte selbst seine Werteentscheidung fällen, ob er sich für oder gegen die Gründung einer Familie entscheidet, so wie sich dann jeder Beamte mit Kindern in der Lage ist, sich und seine Familie amtsangemessen zu unterhalten.

@ Lichtstifter

Die Bemessung der amtsangemessenen Bundesbesoldung dürfte sich tatsächlich noch einmal deutlich schwieriger darstellen als die in den 16 Ländern, was aber zunächst einmal Bund und Länder selbst zu verantworten haben, da sie 2006 die Länder dazu ermächtigt haben, konkurrenzlos selbst das Besoldungsrecht in ihrem jeweiligen Rechtskreis zu regeln. Wir haben hier also selbstgeschaffene Leiden, vor denen sie - wie das gestern dargestellte Beispiel Rudolf Summers zeigt - eindringlich gewarnt worden sind.

Entsprechend stellt sich nun dem Bundesbesoldungsgesetzgeber zunächst einmal das Problem, dass er eine Mindestalimentation zu beachten hat, der als einer maßgeblichen Basis zugrundeliegt, dass es dem Beamten nicht zuzumuten ist, in jeweiligen Rechtskreis die jeweils günstigesten Wohnort zur Unterkunft auszuwählen. Entsprechend hat der Zweite Senat in der aktuellen Entscheidung ausgeführt:

"Anders als die Regierung des Saarlandes in ihrer Stellungnahme ausführt, kann der Dienstherr nicht erwarten, dass Beamte der untersten Besoldungsgruppe ihren Wohnsitz „amtsangemessen“ in dem Ort wählen, der landesweit die niedrigsten Wohnkosten aufweist. Diese Überlegung entfernt sich unzulässig vom Grundsicherungsrecht, das die freie Wohnortwahl gewährleistet, insbesondere auch den Umzug in den Vergleichsraum mit den höchsten Wohnkosten. Unabhängig davon dürfen Beamte weder ihre Dienststelle noch ihren Wohnort beliebig wählen. Der Bestimmung der Dienststelle durch den Dienstherrn können nur schwerwiegende persönliche Gründe oder außergewöhnliche Härten entgegengehalten werden". (Rn. 60)

Im Zitat wird die eingeschränkte Freizügigkeit des Beamten hervorgehoben, die sich aus dem Sondferrechtsverhältnis ergibt, dem er unterliegt. Entsprechend sind ihm hinreichende Kompensationen zu gewähren. Von daher kann eine Mindestalimentation nicht so gering bemessen werden, dass sie - realitätsgerecht vollzogen - unterhalb von 15 % über dem Grundsicherungsniveau liegen würde. Das hat der Gesetzgeber zu beachten, weshalb ich die Bemessungen gestern im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anhand des bayerischen Rechtskreises vorgenommen habe.

Auf dieser Basis ist es nun am Bundesbesoldungsgesetzgeber, dem sich seit 2012 zunehmend engere Direktiven vor die Augen gestellt haben, die sich als Folge von seitem erfolgreich vollzogenen konkreten Normenkontrollverfahren eingestellt haben, gemäß seines verfassungsrechtlichen Auftrags und unter Heranziehung des weiten Entscheidungsspielraum, über den er verfügt, im Rahmen seiner 2006 gemeinsam mit den Ländern vollzogenen Entscheidung eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren.

Wie er das macht, ist seine Sache. Denn er hat doch genau diese Situation, die wir heute vorfinden, durch seine ab 2006 vollzogenen Entscheidungen so juridifiziert. Man muss also davon ausgehen, dass der Besoldungsgesetzgeber auch im Bund die von ihm freiwillig vollzogene Verrechtlichung der sozialen Wirklichkeit seiner Beamten genauso hat haben wollen, wie sie sich uns heute verfassungsrechtlich darstellt. Denn er hat sie ja selbst so geschaffen. Insofern besteht nun seine Aufgabe darin, innerhalb der von ihm geschaffenen rechtlichen Wirklichkeit sachgerechte Lösungen zu vollziehen, mit der er die seit Anfang 2021 eingestandene verfassungswidrige Besoldungsrechtslage wieder verfassungskonform herstellt.

Unter einem solchen Fokus gelesen, kann ich wenig Mitleid mit den 17 Besoldungsgesetzgebern haben und halte es mit dem guten alten Lichtenberg: "Erst wirbeln wir Staub auf und behaupten dann, dass wir nichts sehen können."
« Last Edit: 22.02.2024 10:14 von SwenTanortsch »

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10628 am: 22.02.2024 11:13 »
@Swen: Vielen Dank für den Hinweis auf das BVerfG-Urteil, das, obgleich schon 47 Jahre alt, auch heute noch durchaus relevant zu sein scheint.

In Rn. 45 findet sich übrigens auch folgender Satz: "Einen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Erhaltung des Besitzstandes in bezug auf ein einmal erreichtes Einkommen gibt es nicht."

Falls dieser Satz noch gültig ist, könnten also nach meinem Verständnis die absurden Zuschläge wie z.B. in NRW, insbesondere für die ersten beiden Kinder, problemlos wieder kassiert werden (natürlich in Verbindung mit einer verfassungsgemäßen Anhebung der Grundgehälter für alle Beamten und Pensionäre).

Des Weiteren findet sich sich in Rn. 52 eine schöne Auflistung der Gesichtspunkte, die die Besoldungsgesetzgeber laut BVerfG berücksichtigen müssen:
- Bedeutung der Institution des Berufsbeamtentums
- Rücksicht darauf, daß das Beamtenverhältnis für qualifizierte Kräfte anziehend sein muß
- Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft
- vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung
- Verantwortung des Amtes
- Beanspruchung des Amtsinhabers (häufig als "Leistung" bezeichnet)

Eat this, BMI!

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« Antwort #10629 am: 22.02.2024 11:45 »
Momentan taucht in den Medien wieder die Steuerklassenreform auf.
Bei sämtlichen Berechnungen würde hier im Forum immer die Steuerklasse 3 herangezogen.
Hätte es Auswirkungen auf die amtsangemessene Besoldung wenn die Steuerklassenreform kommt sprich dann 4/4 statt 3/5?

Blablublu

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10630 am: 22.02.2024 12:03 »
Würde man Stkl. 4 mit dem günstigsten Faktor ansetzen. Würde also nichts ändern.

Vollzug122

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« Antwort #10631 am: 22.02.2024 12:28 »
Welchen günstigsten Faktor? Mein Unterschied von Steuerklasse 3 zu 4 beträgt Netto 600€.

CoTrainer

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« Antwort #10632 am: 22.02.2024 12:39 »
Es gibt StKl IV und StKl IV mit Faktor. Bei letzterem dürfte der Unterschied zum Netto bei StKl 3/5 nicht so gravierend ausfallen.

VierBundeslaender

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #10633 am: 22.02.2024 12:45 »
Steuerklasse sind am Ende nur so etwas wie Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer. Wenn das Gericht mit der Einkommensteuer rechnen würde (ich weiß, manchmal tun die das nicht) sind die gewählten Steuerklassen egal.

Bei 3 wird nur der Freibetrag für nichtselbständige Einkünfte des Ehepartners einem von vornherein zugeschlagen, der andere erhält den dann nicht.

Dunkelbunter

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« Antwort #10634 am: 22.02.2024 12:52 »
Steuerklasse sind am Ende nur so etwas wie Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer. Wenn das Gericht mit der Einkommensteuer rechnen würde (ich weiß, manchmal tun die das nicht) sind die gewählten Steuerklassen egal.

Bei 3 wird nur der Freibetrag für nichtselbständige Einkünfte des Ehepartners einem von vornherein zugeschlagen, der andere erhält den dann nicht.

Also bei mir wären es 600,- Euro Netto im Monat weniger. Da bringt mir nichts wenn ich es mit der Steuererklärung ggf. wieder zurück holen kann.
Gerade mit 3 Kindern in Mietstufe 5 als A9er sind 600,- im Monat nicht realisierbar.
Meine Frau ist noch daheim, weil die Kindergrippenplätze voll und auch relative teuer sind.