Autor Thema: Tarifrunde 2025  (Read 110844 times)

Pendler1

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #210 am: 22.10.2024 13:06 »
Zu der Problematik GKV vs. PKV möchte ich (Pensionär, seit 1975 PKV) etwas beitragen.

 Beispiele:

Mein Urologe, bei dem ich seit Jahrzehnten i Behandlung bin, hat seine Kassenzulassung zurückgegeben, nur noch PKV oder Selbstzahler,  ebenso mein Proktologe. Als GKV Patient kann ich natürlich zu denen noch gehen, aber zahlen!!

Letztes Jahr hatte ich Herzprobleme. In unserem Ärztehaus hat es Kardiologen, die sowohl eine Gesetzliche Praxis haben, als auch eine Privatpraxis. In der gesetzlichen war ein Ansturm und Gedränge bis ins Treppenhaus, Termine in max. 3 Monaten. In der Privatpraxis wunderbare Ruhe, kein Stress Temin in 3 Tagen.

Meine Augenärzte planen aktuell auch, eine zusätzliche Privatpraxis zu eröffnen, da der Ansturm in die jetzige "normale" Praxis nicht mehr vernünftig zu bewältigen ist.

Aber was solls, der real existierende Beamte braucht ja keine Ärzte, da er nie krank wird. Und in eine Privatpraxis zu gehen, da schämt er sich ... das bleibt wohl nur den B-Beamten in Ministerien vorbehalten (Spässchen)

SwenTanortsch

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #211 am: 22.10.2024 13:21 »
@ Nelson

Zunächst kurz vorweg: Ich bin - jedenfalls zumeist - nicht ärgerlich oder ärgere mich über das spezifische Handeln der Besoldungsgesetzgeber, und zwar unter anderem deshalb, weil ich nicht hinreichend beantworten könnte, wie mein Verhalten wäre, sofern ich ihr Teil wäre. Sich zu ärgern, trübt zumeist den Blick, welchen ich mir aber nicht selbst trüben will.

Was mir wie den meisten von uns allen hier Sorge bereitet (das liest sich ggf. wie ein sich ärgern), ist die rechtsstaatliche Erosion, wie sie sich in unserem Thema in einem leider immer erschreckenderen Maße zeigt. Denn wenn ich das die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in zentralen Auslegungen unserer Verfassung ignorierende Handeln aller Besoldungsgesetzgeber nach 2020 bis etwa zu Beginn des Jahres 2022 mit dem seitdem die Rechtsprechung gezielt missachtenden Verhalten vergleiche, dann kann ich hier nur zu dem Schluss kommen, dass hier Extremismus der Mitte wirkt, der auf Dauer rechtsstaatsgefährdend ist, weil solches illegitime Verhalten zwangsläufig mit Ausstrahlungswirkungen verbunden ist, und zwar das nur umso mehr, wenn ein solcher Extremismus der Mitte zugleich mit einer moralischen Arroganz verpackt wird, die sich in jenem Verhalten als extreme Doppelmoral offenbart. Zwangsläufige Folge solcherart politischen Handelns stellt sich für mich zunehmend als zentraler Grund für die immer größeren Wahlerfolge der AfD dar. Denn je stärker das nicht nur in unserem Thema deformierte und rechtsstaatsdeformierende Handeln der jeweils Regierenden, die sich heute in allen 17 Rechtskreisen diesbezüglich praktisch identisch zeigen - Ulrich Battis hat da mit dem Begriff des "konzertierten Verfassungsbruchs" einen offensichtlich schlüssigen Erklärungsansatz geliefert -, offenbar wird, desto weniger tatsächliche Alternativen müssen Wähler sehen, wenn sie wollen, dass sich für sie etwas ändert. Das Ergebnis liegt dann auf der Hand, und zwar das nur umso stärker, je mehr man jeweils regierungsseitig das eigene rechtsstaatsdeformierende Handeln mit einer Doppelmoral verkleistert. Das ärgert mich dabei nicht, erschreckt mich aber - und dieses Erschrecken formuliere ich, ohne dass ich viel Hoffnung habe, dass dieses mein Erschrecken irgendetwas änderte. Formulieren will ich es trotzdem. Denn benannt werden muss das. Als Beamter kann ich genauso wenig wie als Staatsbürger irgendetwas mit zunehmend professonalisiertem Verfassungsbrechertum anfangen (und um nicht missverstanden zu werden, das meine ich explizit nicht moralisch, da ich nicht wissen kann, wie ich mich verhielte, säße ich in dem Boot, in dem die Besoldungsgesetzgeber sitzen).

Dem meisten von dem, was Du in der Kategorie der Stufenabfolge formulierst, kann ich ebenfalls unterschreiben - an einer Stelle gehst Du m.E. fehl, und zwar als Folge dessen (vermute ich; wissen kann ich es nicht), was vonseiten der jeweils Regierenden regelmäßig als Folge ihrer in unserem Thema kontinuierlichen Denkfaulheit und dem Bestreben der Politikvermeidung durch ihre Simulation in die Gesetzesbegründungen reingeschrieben wird. Denn in den Gesetzesbegründunen geht's ja regelmäßig unmittelbar oder mittelbar im weit überwiegenden Maße um das Mindestabstandsgebot, das bekanntlich nichts mit einer amtsangemessenen Alimentation zu tun hat und deshalb als Begründungsansatz weitgehend sachlich unerheblich ist.

Die Fixierung auf das im Besoldungsrecht letztlich sachlich weitgehend unerhebliche Mindestabstandsgebot - wie gesagt, die Mindestaliemtnation hat bekanntlich sachlich nichts mit der amtsangemessenen Alimentation zu tun; deshalb kann man ihre Betrachtung in der Gesetzesbegründung mit drei Sätzen vollziehen, um dann irgendwann mal anzufangen, eine Gesetzesbegründung zu schreiben - verhindert die Rückkehr zu einer amtsangemessenen Alimentation, eben weil sie den Blick auf Alternativen verstellt und damit der Denkfaulheit der Regierenden Vorschub leistet. Wer nicht politisch handeln, sondern Politik nur simulieren will - also keine Alternativen betrachtet -, braucht nicht zu denken, und wer nicht denkt, wird am Ende fast zwangsläufig nur noch simulierend handeln können. Auch deshalb schreibe ich hier - ohne mich zu ärgern - deutlich, da wir durch das spezifische Handeln der jeweils Regierenden in allen Rechtskreisen in unserem Thema mittlerweile in einer so zerfahrenden Situation angekommen sind, dass ein politisches Handeln - das Denken und der Vollzug in Alternativen - zunehmend schwieriger wird. Deshalb habe ich gestern den Weg von 2012 nach heute skizziert: Von 2024 aus betrachtet, haben die jeweils Regierenden 2019 einen geradezu paradiesischen Zustand weiten Entscheidungsspielraum vorgefunden, der sich 2024 nun als - scheinbar! eben als Folge der Fixierung auf das Mindestabstandsgebot - sehr viel enger darstellt, sodass die jeweils Regierenden behaupten, dass sie da nun nichts mehr machen könnten, außer eben - was alle wissen - regelmäßig verfassungswidrig zu handeln. Von 2028 aus betrachtet wird sich 2024 - wenn das so weitergeht - für die jeweils Regierenden als paradiesischer Zustand eines weiten Entscheidungsspielraums darstellen. Darin offenbart sich jeweils die Folge von Denkfaulheit und Simulation von Politik.

Entsprechend ist diese Deine wiederkehrende Grundannahme sachlich falsch (was ich regelmäßig wiederhole und was nicht schlimm ist, Du bist ja kein Politiker):

"Mein Kernproblem ist hier nach wie vor die in weiten Teilen aus der Grundbesoldung zu alimentierende 4k-Familie und das Prinzip einer amtsangemessenen Besoldung. Hier einfach noch mal der Einwurf, dass man für einen äquivalenten Lebensstandard als 4k-Familie etwa das 2-2,5-fache Nettoeinkommen eines Single-Haushalts benötigt."

Zweifellos muss - als Nachholeffekt von über 20 Jahren "Sonderopfer" und also zur Wiederherstellung der qualitätssichernden Funktion der Grundbesoldung - der Grundgehaltssatz aller Beamten in nicht unerheblichem Maße angehoben werden, und zwar offensichtlich in Bayern oder Baden-Württemberg oder dem Bund in erheblich höherem Maße als bspw. in Sachsen. Aber die Anhebung muss nicht in dem Maße erfolgen, wie Du - und höchstwahrscheinlich auch viele Politiker - das vermuten, da das Bundesverfassungsgericht dem Besoldungsgesetzgeber regelmäßig die Möglichkeiten aufzeigt, die ihm das Alimentationsprinzip lässt, also Alternativen, die ein weiter Entscheidungsspielraum, über den ebenso der Besoldungsgesetzgeber verfügt, eben bietet. Eine habe ich gestern mit dem genannten dritten Leitsatz aus 2012 zitiert:

"In der Entwicklungsfähigkeit des Alimentationsprinzips ist es auch angelegt, anstelle eines grundgehaltsorientierten, nach Dienstaltersstufen [heute: Erfahrungsstufen; ST.] gegliederten Besoldungssystems ein zweigliederiges Vergütungssystem bestehend aus festen Grundgehältern und variablen Leistungsbezügen zu schaffen. Wenn der Gesetzgeber aber von der einen auf eine andere Gestaltungsvariante übergeht, dann muss er – neben den vom Alimentationsprinzip gestellten Anforderungen – auch den sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben Genüge tun. Leistungsbezüge müssen, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken und dadurch kompensatorische Wirkung für ein durch niedrige Grundgehaltssätze entstandenes Alimentationsdefizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein."

Allein hinsichtlich eines leistungsorientierten Zulagenwesens finden sich umfassende Alternativen, die mir nicht schmecken müssen, die aber sachgerecht ausgeformt werden könnten, und zwar im Konzert mit weiteren grundlegenden Maßnahmen, die so oder so notwendig sind, um einen effektiven öffentlichen Dienst in Zeiten des sich vollziehenden starken sozialen Wandels zukünftig zu gewährleisten.

Grundvoraussetzung wäre dabei zunächst einmal, das Problem als Problem anzuerkennen - um dann zu beginnen, Politik zu machen. Das dürfte kein leichter und - politisch betrachtet - kein kurzer Weg sein. Aber wohin Politikvermeidung als Folge ihrer Simulation führt, steht uns ja allen vor Augen - und wird im Verlauf der nächsten zwei Jahre nur noch immer größeren Teilen der Bevölkerung vor Augen stehen und damit die Politik- und zunehmend auch Demokratieverdrossenheit in Teilen der Bevölkerung befeuern; auch darin zeigt sich der rechtsstaatsgefährdende Gehalt von Politiksimulation. Denn die Besoldungsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird sich im Verlauf der nächsten zwei Jahre deutlich beschleunigen, auch wenn das viele hier nicht glauben wollen. Beschleunigen wird sie sich, da sich alles andere, nachdem, was Karlsruhe Ende des letzten Jahres geschrieben hat, sachlich nicht mehr rechtfertigen ließe. Damit wird die Politiksimulation nur immer offensichtlicher.

Wohin dann die Reise geht, wird sich zeigen - das wird zu einem nicht unerheblichen Teil auch davon abhängen, wie sich die Begründung der angekündigten Entscheidungen lesen lässt.

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #212 am: 22.10.2024 15:48 »
Lieber Swen,

an dieser Stelle habe ich dann doch eine Verständnisproblem:

...
Entsprechend ist diese Deine wiederkehrende Grundannahme sachlich falsch (was ich regelmäßig wiederhole und was nicht schlimm ist, Du bist ja kein Politiker):

"Mein Kernproblem ist hier nach wie vor die in weiten Teilen aus der Grundbesoldung zu alimentierende 4k-Familie und das Prinzip einer amtsangemessenen Besoldung. Hier einfach noch mal der Einwurf, dass man für einen äquivalenten Lebensstandard als 4k-Familie etwa das 2-2,5-fache Nettoeinkommen eines Single-Haushalts benötigt."

Zweifellos muss - als Nachholeffekt von über 20 Jahren "Sonderopfer" und also zur Wiederherstellung der qualitätssichernden Funktion der Grundbesoldung - der Grundgehaltssatz aller Beamten in nicht unerheblichem Maße angehoben werden, und zwar offensichtlich in Bayern oder Baden-Württemberg oder dem Bund in erheblich höherem Maße als bspw. in Sachsen. Aber die Anhebung muss nicht in dem Maße erfolgen, wie Du - und höchstwahrscheinlich auch viele Politiker - das vermuten, da das Bundesverfassungsgericht dem Besoldungsgesetzgeber regelmäßig die Möglichkeiten aufzeigt, die ihm das Alimentationsprinzip lässt, also Alternativen, die ein weiter Entscheidungsspielraum, über den ebenso der Besoldungsgesetzgeber verfügt, eben bietet. Eine habe ich gestern mit dem genannten dritten Leitsatz aus 2012 zitiert:

"In der Entwicklungsfähigkeit des Alimentationsprinzips ist es auch angelegt, anstelle eines grundgehaltsorientierten, nach Dienstaltersstufen [heute: Erfahrungsstufen; ST.] gegliederten Besoldungssystems ein zweigliederiges Vergütungssystem bestehend aus festen Grundgehältern und variablen Leistungsbezügen zu schaffen. Wenn der Gesetzgeber aber von der einen auf eine andere Gestaltungsvariante übergeht, dann muss er – neben den vom Alimentationsprinzip gestellten Anforderungen – auch den sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben Genüge tun. Leistungsbezüge müssen, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken und dadurch kompensatorische Wirkung für ein durch niedrige Grundgehaltssätze entstandenes Alimentationsdefizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein."
...

Eine (zu alimentierende) Familie stellt doch keine im Amt erbrachte Leistung dar. Wenn wir die durch den Richterbund oder auch von Dir errechnete, absolute Minimalalimentation einer 4k-Familie zu Grunde legen, so müssen durch den kleinsten Beamten doch auch jene Besoldungen (von mir aus auch über Leistungskomponenten) ermöglicht werden, die ihm eine entsprechende "Bezahlung" ermöglichen. Wenn diese Leistungsbestandteile aber jedem Beamten offen stehen müssen und ferner keine Familienzulagen gezahlt werden würden, dann verbleibt es bei der Situation, dass ein Single in demselben Amt einen mehr als doppelt so hohen Lebensstandard erreicht. Das mag zunächst ein für die verfassungsrechtliche Beleuchtung unerhebliches Phänomen sein, aber unter Umständen wird das innerhalb der Beamtenschaft zu einem Thema. Kaskadiere ich ein solches Konstrukt über die Ämter nach oben, werden bei Singles schnell Bezüge erreicht, die in keinem Verhätnis mehr zu denen von TBs oder vergleichbaren Angestellten in der pW stehen. Auch das mag in der verfassungsrechtliche Beleuchtung unerheblich sein, stellt aber für den Politiker im Rahmen seiner Wählergunsterhaltung eine ernste Bedrohung dar. Hier dürfen wir nicht vergessen: "Der Wähler" ist in aller Regel  kein Beamter. Und genau deshalb -so meine kühne These- versucht man so viel wie möglich über Zulagen oder die Anrechnung eines fiktiven Partnereinkommens zu regeln.

Ist natürlich nur eine Theorie ;)

Von daher hast Du schon Recht:

Zitat
Wohin dann die Reise geht, wird sich zeigen - das wird zu einem nicht unerheblichen Teil auch davon abhängen, wie sich die Begründung der angekündigten Entscheidungen lesen lässt.

LehrerBW

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #213 am: 22.10.2024 15:53 »
Weise Worte Swen.
Aber ich wüsste jetzt keine Alternative zum bestehenden System der Besoldung.
Bist glaube ich auch Lehrer, oder?
Wie könnte denn bei uns im Schulwesen ein System aus Grundbesoldung und Leistungsbezügen bestehen?
Mir fehlt da echt die Phantasie und ich seh eher nen bürokratisches Monster am Horizont.

Taigawolf

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #214 am: 22.10.2024 16:52 »
Weise Worte Swen.
Aber ich wüsste jetzt keine Alternative zum bestehenden System der Besoldung.
Bist glaube ich auch Lehrer, oder?
Wie könnte denn bei uns im Schulwesen ein System aus Grundbesoldung und Leistungsbezügen bestehen?
Mir fehlt da echt die Phantasie und ich seh eher nen bürokratisches Monster am Horizont.

Deshalb ist es aus gutem Grund eigentlich auch die Aufgabe der Besoldungsgesetzgeber, sich das zu überlegen. Aus diesem Grund haben bzw. hatten sie ja auch einen so weiten Spielraum. Der wurde aber leider nicht genutzt. Jetzt wird vom BVerfG eben immer vehementer in die "richtige" Richtung gedrückt, bis es der Letzte kapiert hat wohin die Reise geht. Das wird aber viel teurer kommen, als wenn man sich einfach mal gründliche Gedanken gemacht hätte, anstatt immer so einen Murks zu fabrizieren. Oder einfach rechtzeitig angefangen hätte, die Grundbesoldungen zu erhöhen. Das BVerfG hat ja immer nur "freundlich" gemeinte Anregungen gegeben, die aber zugunsten der verfassungswidrigen Konstrukte immer beiseite gewischt wurden. Es gleicht dem freundlichen Stupsen mit dem Stöckchen.

Ich habe mir nach den Urteilen immer vorgestellt, wie die Richter gespannt auf der Couch sitzen und zusehen, wie die Besoldungsgesetzgeber ihre neuen Ideen für eine amtsangemessene Besoldung vorstellen. "Kommt schon...kommt schon...bitte. Maidowski, hol noch zwei Schnaps. Ich halte das nicht mehr aus."

SwenTanortsch

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #215 am: 22.10.2024 17:51 »
@ Nelson

Um zunächst noch einmal einen Schritt zurückzugehen (also zu meinem Beitrag unter der Nr. 185), dort habe ich nichts zu den Familienzuschlägen gesagt, weil ich verständlicherweise nicht davon ausgehe, dass jene abgeschafft werden sollten (eventuell ist das aber so rübergekommen). Da der Dienstherr sich auch zukünftig verpflichtet sieht, seine Beamten sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren, und da er eine sachgerechte (Familien-)Alimentation zu gewährleisten hat, dürfte es ihm nicht verwehrt sein, gegenüber 2019 höhere familienbezogene Besoldungskomponenten zu gewähren. Er darf dabei aber nicht in entsprechende Höhen abgleiten, wie das die allermeisten Besoldungsgesetzgeber im Gefolge der aktuellen bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung getan haben. Amtsangemessen ist eine Alimentation insbesondere dann, wenn sie sich vor den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen rechtfertigen lässt. Entsprechend dürfte gegenüber 2019 sicherlich noch Luft nach oben hinsichtlich der Höhe familienbezogener Besoldungskomponenten gewesen sein - das müsste man allerdings weiterhin unabhängig von der Mindestalimentation betrachten, da sie ja keinen sachlichen Bezug zur amtsangemessenen Alimentation enthält, sondern nur die Grenze zur Unteralimentation markiert.

Darüber hinaus hebt das Bundesverfassungsgericht in der von mir ins Feld geführten Entscheidung vom 14. Februar 2012 hinsichtlich von Systemwechseln u.a. hervor (im Link in der Rn. 150 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/02/ls20120214_2bvl000410.html; Hervorhebungen durch mich):

"Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers deckt grundsätzlich auch strukturelle Neuregelungen der Besoldung in Form von Systemwechseln ab, welche die Bewertung eines Amtes und die damit einhergehende besoldungsrechtliche Einstufung betreffen (vgl. BVerfGE 26, 141 <158 f.>; 56, 146 <161 ff.>; 64, 367 <379>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 1999 – 2 BvR 544/97 –, NVwZ 1999, S. 1328). Bei der Einstufung von Ämtern handelt es sich zuvörderst um eine politische, vom parlamentarischen Gesetzgeber zu entscheidende Frage, mit deren Beantwortung er selbst die Wertigkeit eines bestimmten Amtes definiert. Dementsprechend kann der Gesetzgeber ein Amt neu und niedriger bewerten, die Struktur der Besoldungsordnung oder die der einzelnen Besoldungsgruppen, die Struktur des Beamtengehalts sowie die Zahlungsmodalitäten grundsätzlich für die Zukunft ändern (vgl. BVerfG, Beschluss des Vorprüfungsausschusses des Zweiten Senats vom 15. Januar 1985 – 2 BvR 1148/84 –, NVwZ 1985, S. 333; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 1999 – 2 BvR 544/97 –, NVwZ 1999, S. 1328). Eine veränderte Bewertung unter Abweichung von der bisherigen Relation der Ämter zueinander ist – bei entsprechender Besitzstandswahrung – selbst dann denkbar, wenn sich der Amtsinhalt beziehungsweise die Merkmale, nach denen die betreffenden Ämter zu beurteilen sind, nicht verändert haben (vgl. BVerfGE 26, 141 <158>; 56, 146 <163>; 64, 367 <379>)."

Es sollte dem Besoldungsgesetzgeber also unbenommen sein, seine Ämtersystematik neu zu strukturieren, was nicht zuletzt auch für die Ämter des ehemals einfachen und mittleren Diensts gilt. In Anbetracht der zunehmend komplexer werdenden (Arbeits-)Welt, die auch vor dem öffentlichen Dienst nicht Halt macht, stellt sich ggf. insgesamt die Frage, welche Aufgaben sind innerhalb der Möglichkeiten, die Art. 33 Abs. 4 GG belässt, von Bediensteten und welche von Tarifbeschäftigten zu übernehmen sein sollten. Hier wie im Folgenden werde ich nun allerdings insbesondere hinsichtlich des einfachen und mittleren Dienstes keine weiteren Konkretisierungen machen, da ich nicht am Ende verantwortlich dafür zeichnen möchte, Vorschläge in die Welt zu setzen, die missbraucht werden könnten. Wenn man das Zitat in Ruhe liest und also methodisch vollständig durchdringt sowie mit weiteren Ausführungen dieser Entscheidung zum Leistungsgrundsatz bzw. Leistungsprinzip verbindet, ergibt sich ein weites Feld an Möglichkeiten, leistungsorientierte Besoldungsdifferenzierungen sachgerecht einzuführen, und zwar in allen Laufbahnen und Besoldungsgruppen. Dabei stellt der Senat hierzu als Maßgabe in der nächsten Randnummer des Links klar, dass sich der Gesetzgeber bei einer von ihm für notwendig gehaltenen Neuregelung nicht von unsachlichen Erwägungen leiten lassen darf.

Insofern - da ich mich nicht zum Ausgangspunkt der Besoldungsstaffelung öffentlich äußern möchte und werde - gehe ich einfach mal ein paar Besoldungsgruppen nach oben und komme also zum Lehrerberuf und zur Frage von Dir, LehrerBW.

Insbesondere hier, hinsichtlich von Lehrkräften an öffentlichen Schulen, bietet sich ja offensichtlich eine deutlich leistungsorientiertere Besoldung an, da ja deutliche Überschneidungen zur Lehre im Hochschulbereich gegeben sind (nicht umsonst finden wir dort wiederkehrend akademische Räte oder Studienräte im Hochschuldienst); die genannte Entscheidung aus dem Jahr 2012 ist also insbesondere aus den Augen der Besoldung von Hochschullehrern zu lesen, gibt aber nicht wenige Hinweise, die über den Hochschulbereich hinausweisen. Ohne dass ich auch das für unbedingt erstrebenswert erachten wollte (es gilt, was ich gestern lotsch geschrieben habe), dürfte der Dienstherr sicherlich neben der Grundbesoldung in sachgerechter Höhe weitere Leistungskriterien definieren, die man gerade im schulischen Bereich ja vielfach finden dürfte (auch das möchte ich nicht weiter ausformulieren), um so neben der Grundbesoldung eine gestaffelte Systematik an Leistungsprämien einzuführen. Dabei kann man auch hier handwerklich sehr schlecht vorgehen und damit regelrechte Motivationskiller schaffen, was in Anbetracht des hier gegebenen Nachwuchsmangels sicherlich kaum begrüßenswert wäre.

Das könnte aber durchaus auch intelligent erfolgen, eben wenn man sowohl Denkfaulheit einstellen und Partizipation und Transparenz walten lassen würde. Da ja in allen Bundesländern seit mehr als einem Jahrzehnt die sog. eigenverantwortliche Schule propagiert und eingeführt worden ist, was in der Reailtät heißt, dass sich der Dienstherr auch hier aus seine Verantwortung stiehlt, um vielfach unzureichend ausgestattete Schulen ihrem Schicksal zu überlassen und das dann als Eigenverantwortung bezeichnen zu wollen, um entsprechend also auch hier nur vom weitgehend eigenen Versagen ablenken zu wollen, wären auch hier meine Hoffnungen auf intelligente Lösungen eher gering. Allerdings könnte die von oben nach unten durchgedrückte Verwahrlosung der allgemeinbildenden Schule, die man nun eigenveranwortlich nennt, tatsächlich gestärkt werden, wenn eben in transpartener und partizipativer Weise leistungsorientierte Anreize geschaffen werden würden, die die jeweilige Schule tatsächlich zu einem Teil selbst eigenverantwortlich ausgestalten könnten. Auch hier hier sollte sich ein sehr großes Feld an innovativen Möglichkeiten bieten - und natürlich gehe ich nicht davon aus, dass auch nur ein kleines Bisschen davon kommen wird, so wie man Schule in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit hat verwahrlosen lassen. Aber - darum ging es - Möglichkeiten würde es auch hier mehr als genug geben.
« Last Edit: 22.10.2024 17:57 von SwenTanortsch »

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #216 am: 22.10.2024 18:10 »
Weise Worte Swen.
Aber ich wüsste jetzt keine Alternative zum bestehenden System der Besoldung.
Bist glaube ich auch Lehrer, oder?
Wie könnte denn bei uns im Schulwesen ein System aus Grundbesoldung und Leistungsbezügen bestehen?
Mir fehlt da echt die Phantasie und ich seh eher nen bürokratisches Monster am Horizont.

Ideen gibt es in Hamburg. Da ist Vieles schief gelaufen. Aber wir wissen alle, dass der Kollege mit Sport/Erdkunde erheblich weniger Arbeit hat als die Kollegin mit Englisch/Deutsch. Der alte Satz "Augen auf bei der Fächerwahl" hilft da wenig weiter. Statt zwischen Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien auf unterschiedliche Weise zu differenzieren, wäre es ein Ansatz, stärker über Funktionen und Fächerkombinationen zu differenzieren. Könnte auch eine Lösung für Mangelfächer sein.

Über das Fächerbashing hinausgehende Beispiele:
Die Klassenleitung einer Profilklasse an einem bürgerlichen Gymnasium erfordert wesentlich weniger Arbeit als die Klassenleitung einer Mittelstufenklasse an einem Gymnasium in Brennpunktstadtteilen, von "niedrigeren" Schulformen spreche ich dann noch gar nicht. Im ersten Fall sind meine Kontakte zum Jugendamt begrenzt, im zweiten Fall sitze ich u.U. mehrfach pro Woche um 6:30 beim Jugendamt, um einen Fall zu diskutieren.
Mit bestimmten Fächern ist der Korrektur- bzw. Prüfungsvorbereitungsaufwand im Abitur einfach um ein Vielfaches größer, da die Fächer häufiger gewählt werden. Mal ganz davon abgesehen, dass jeder Aufsatz quantitativ mehr Zeit erfordert als der Abgleich von Aufgabe mit einem Erwartungshorizont.
In Fächern wie Kunst und Musik, aber auch in Sport und sogar Religion (Stichwort Schulgottesdienste) KANN man sich massiv engagieren und damit auch das Schulprofil schärfen, es lässt sich auch relativ einfach erfassen, ob man das tut — das tut aber nicht jeder Kollege...

An dieser Stelle lesen vermutlich sowieso nur noch Lehrer*innen mit, und die haben alle Beispiele dafür. Die Idee in Hamburg war in der Theorie gut, hat aber in der Praxis neue Probleme geschaffen. Vernünftig angedacht liegt hier die Lösung. Wir töten jedenfalls mit dem aktuellen System jedes Engagement im Schulwesen, da der Verdienst sich nunmal nicht unterscheidet. Warum soll ich noch mehr zusätzliche Aufgaben annehmen, wenn die Kollegin mit Religion und Erdkunde in Religion nur Mandalas ausmalen lässt und lediglich in ihren 3 Stunden Oberstufenunterricht auch mal was anderes als Bucharbeit macht? Wenn ich Karriere machen will, dann vielleicht. Aber wieviele Kollegen betrifft das? Und in NRW haben sie jetzt nicht mal mehr eine Regelung für Beförderungen an den Sek-I-Schulen, als Folge der Besoldungsangleichung. Und wundern sich dann über fehlende Bewerber — oder "faule Säcke". Und jetzt komme mir keiner mit Ausgleichsstunden. In großen Systemen klappt das vielleicht besser, aber in kleinen Systemen reichen die Stunden kaum für die Schulleitung. Und auch in großen bleibt nichts übrig für zum Beispiel Fachvorsitzende, die alle 4 Jahre neu Curricula schreiben (seien wir mal ehrlich: In der Regel schreiben die Fachvorsitzenden, sobald die Deadline kommt...). Usw. ...

AVP

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #217 am: 22.10.2024 20:46 »
Nachdem nun fast allen Kollegen PKV-Erhöhungen zwischen 60 und 108 EUR (bei mir 85 EUR) ins Haus geflattert sind, hoffe ich doch, dass dieser Umstand, die höchsten Beitragserhöhungen die es je gegeben hat, mit in die Argumentation bei den Lohnverhandlungen einfließen werden.

Vergleiche ich mich als waffentragender Vollzugsbeamter des Bundes nun mit einem Beamten einer LaPo oder Fw, die noch freie Heilfürsorge oder Heilfürsorge haben, habe ich 400 EUR im Monat weniger zur Verfügung. Das sind im mittleren Dienst fast 3 Besoldungsstufen.

Was haben Beamtenprobleme mit den Tarifverhandlungen zu tun. Und wem die PKV zu teuer ist, dem steht doch jederzeit der Weg offen, sofern er unter der BBG verdien,  in die GKV zu wechseln?
Dem Beamten steht der Weg nicht wirklich offen, da er dann die GKV voll selbst zahlen muss und der Dienstherr keinen Pfennig dazu gibt.

SO Pauschal stimmt die Aussage nicht. Für die Budnesbeamten ist das richtig ja, aber nicht generell für "den Beamten". Das Hamburger Modell wurde inzwischen in einigen Bundesländern eingeführt. Man kann dann als Beamter in der GKV sein und der Arbeitgeber zahlt die Hälfte des GKV Beitrags; dürfte wahrscheinlich nur interessant sein , wenn es viele Vorerkrankungen gibt o.ä.; möglich ist dies in:
- Hamburg
- Berlin
- Brandenburg
- Thüringen
- Baden-Württemberg
- Sachsen
- Schleswig-Holstein
- Niedersachsen

MVP, RHP, NRW und Saarland prüfen diese Option wohl... in den o.g. Bundesländern ist es bereits gesetzlich beschlossen
Also darf nach deiner Aussage in den genannten Bundesländer aus der PKV zur GKV wechseln?
Bist du dir da sicher? Oder stimmt meine Aussage doch zu 100%?
Weil er darf sich beim Eintritt für GKV entscheiden, aber doch nicht nach dem er 10Jahre in der PKV war, also die jetzigen Bestandsbeamten, oder?

Zumindest in Niedersachsen kann jeder Bestandsbeamte innerhalb eines Jahres nach Gesetzesstart (01.02.2024 bis 31.01.2025) wechseln. Ich gehe davon aus, dass man in den anderen Bundesländern auch als Bestandsbeamter die einmalige Chance dazu hatte (sonst wäre es ja "unfair" gegenüber den Neuanfängern).
Nach der gesetzten Frist ist es nicht mehr möglich; auch ist ein Wechsel in die PKV danach, wenn man sich für die GKV entschieden hat, nicht mehr möglich - aber zumindest hatten/haben so "teure" Fälle wegen Erkrankungen die Möglichkeit, die man ja aber auch nicht nutzen muss

https://www.gew-nds.de/aktuelles/detailseite/die-pauschale-beihilfe-kommt

Das ist falsch. Kein Bundesland kann die Bestimmungen, wie man in die GKV wechseln kann, ändern. Da ist Bundesrecht, gar keine Regelungskompetenz für die Länder.

Niedersachsen wird ggf. eine Wechseloption zwischen individueller und pauschaler Beihilfe anbieten, diese pauschale Beihilfe hat dann aber nix mit der GKV zu tun. Man bekommt dann lediglich 50% der Kosten einer PKV Vollversicherung erstattet

Dazu übrigens Niedersachsen selbst:

„Beamtinnen und Beamte, die vor Einstellung im niedersächsischen Landesdienst in der GKV versichert waren, haben u. a. bei Erfüllung bestimmter Vorversicherungszeiten innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Berufung in ein Beamtenverhältnis die Möglichkeit, sich freiwillig in der GKV zu versichern (§ 9 SGB V). Mit der Einführung einer pauschalen Beihilfe wird keine neue oder weitere Wechselmöglichkeit in die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung geschaffen. Ob ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung im Einzelfall möglich ist, richtet sich nach bundesgesetzlichen Regelungen. Durch die Einführung einer pauschalen Beihilfe werden diese Regelungen nicht berührt.“

https://www.nlbv.niedersachsen.de/startseite/beihilfe_heilfursorge/pauschale_beihilfe/1-wie-ist-die-versicherungsrechtliche-stellung-von-beamtinnen-und-beamten-228727.html


Oder nochmal ganz einfach erklärt von der AOK:

„Von dem neuen Wahlrecht können diejenigen Beamtinnen und Beamte profitieren, die schon heute in der GKV freiwillig versichert sind, wie auch diejenigen, die das Wahlrecht in die GKV zum Zeitpunkt ihrer Verbeamtung ausüben (vgl. § 9 SGB V). Die dort normierten versicherungsrechtlichen Bedingungen bleiben von der Novelle des Beamtenrechtes unberührt, so dass dieses vom Nds. Landtag beschlossene Gesetz kein erweitertes Zugangs- oder Wechselrecht in die GKV bewirkt. Aktuell ist auch nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auf Bundesebene diesbezügliche Änderungen im SGB V vornehmen wird, weil es in der Koalition hierzu keine gemeinsame Position gibt.“

https://www.aok.de/pp/niedersachsen/nachricht/pauschale-beihilfe-fuer-beamtinnen-und-beamte-in-niedersachsen/

BlauesBlau

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #218 am: 22.10.2024 21:59 »
@Swen:
Die Möglichkeiten, die sich durch eine leistungsorientierte Besoldungskomponente ergeben könnten, finde ich interessant und deine beispielhaften Ideen dazu auch sehr sinnvoll.
Ich glaube aber, dass selbst wenn sich der Besoldungsgesetzgeber ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzt (und das ganze auch gut umgesetzt werden würde), die Einsparmöglichkeiten z.B. im Schulbereich eher gering sind.
Im Hochschulbereich war es so, dass die C-Ordnung (höheres Grundgehalt + Erfahrungsstufen) durch die W-Ordnung (geringeres Grundgehalt, keine Erfahrungsstufen, stärkeres Zulagenwesen) abgelöst worden ist.
Die „gesparten“ Summen durch die ausbleibenden Stufenaufstiege dienen der möglichen Vergabe von Leistungsbezügen.
Im Hochschulbereich ist es nun so, dass durch Leistungszuschläge das Grundgehalt extrem erhöht werden kann (bis auf ein B10 Niveau, oder sogar darüber hinaus…).
Im Schulbereich haben wir Ämter verschiedener Wertigkeit. Bei einem Systemwechsel müssten sich auf jeden Fall die Grundgehälter der neuen Besoldungen A12, A13, A14, A15 und A16 amtsangemessen unterscheiden, also einen gewissen Abstand zueinander haben.
Die gewährten Zulangen durch Leistung dürften aber doch jetzt nicht derart gestaltet sein, dass ein Oberstudienrat (A14) durch seine besonderen Leistungen die Besoldung des Studiendirektors (A15), der „nur“ seinen Dienst pflichtgemäß erfüllt übersteigt. Dementsprechend könnten die Leistungszulangen keine sehr großen Dimensionen erreichen, oder?
Ebenso wäre es doch erstmal so, dass bei diesem Systemwechsel der Bestandsbeamte die Wahlmöglichkeit hätte (so war es zumindest bei der Professorenbesoldung). So wären doch bei einem Lehrer in der letzten Erfahrungsstufe gar keine ersparten Erfahrungsstufen vorhanden, die man als Leistungszulagen gewähren könnte.
Und auch bei Ämterneubewertungen müsste es doch einen Bestandsschutz geben. Wenn ich es richtig sehe, schreibt das sogar das Bundesverfassungsgericht in dem von Dir zitierten Urteil
„…Eine veränderte Bewertung unter Abweichung von der bisherigen Relation der Ämter zueinander ist – bei entsprechender Besitzstandswahrung – selbst dann denkbar, wenn sich der Amtsinhalt beziehungsweise die Merkmale, nach denen die betreffenden Ämter zu beurteilen sind, nicht verändert haben (vgl. BVerfGE 26, 141 <158>; 56, 146 <163>; 64, 367 <379>)."

SwenTanortsch

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #219 am: 22.10.2024 23:36 »
Das, was Du schreibst, ist in jedem Punkt für sich richtig, BlauesBlau, und bringt zentrale Problematiken, wie ich finde, klug auf den Punkt - es ist aber ggf. nicht radikal genug (radikal im Sinne der radix). Denn zunächst einmal könnte ja die Betrachtung des höheren Diensts nicht bei den Lehrern stoppen oder anfangen, sondern müsste - genauo für den gehobenen Dienst bis A 12 - alle nach A 13 bis A 16 eingruppierten Beamten betrachten, nicht nur die Lehrer, was für sich betrachtet, nicht zuletzt unter der Prämisse, sachgerecht Personalkosten einzusparen, innerhalb der heutigen Besoldungssystematik aus Sicht der Dienstherrn kaum weiterführen könnte.

Und damit wären wir bei der Radikalität - ein entsprechender Systemwechsel könnte kaum im Rahmen der heutigen Besoldungsordnung A geschehen und sich also darüber hinaus wie zugleich sich nicht auf sie allein beschränken, und zwar allein schon deshalb, weil die einzelnen Besoldungsordnungen als Folge des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen wie kommunizierende Röhren miteinander verbunden sind, womit wir nun beim Thema wären, nämlich dem Systemwechsel - wobei ich dafür zuvor noch einen Schlenker machen muss, der wie folgt aussieht.

Der Senat führt in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung aus:

"Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) hat der Gesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz für die Besoldung und Versorgung der Beamten und Richter auf die Länder (zurück-)übertragen. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) hindert den Besoldungsgesetzgeber zwar grundsätzlich nicht, eigenständige Regelungen zu treffen und dabei den unterschiedlichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 30, 90 <103>; 93, 319 <348 f.>). Gleichwohl ist eine unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge im Bund und in den Ländern durch die infolge der Neuordnung der Kompetenzverteilung im Grundgesetz eröffnete Befugnis zum Erlass jeweils eigener Besoldungsregelungen nicht gedeckt. Art. 33 Abs. 5 GG setzt der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers insoweit Grenzen, ohne ein besoldungsrechtliches Homogenitätsgebot zu postulieren (vgl. BVerfGE 139, 64 <119 Rn. 113>; 140, 240 <288 Rn. 96>)." (BVerfGE 155, 1 <38 Rn. 80>; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html)

Der Senat führt hier also aus, dass es als Folge der 2006 vollzogenen Reföderalisierung des Besoldungsrechts im Zuge der Ermächtigung der Landesbesoldungsgesetzgeber, die Besoldung der Beamten ihres Rechtskreises eigenständig zu regeln, kein besoldungsrechtliches Homogenitätsprinzip geben kann, das in einem recht weitgehenden Maße zwischen 1971/75 und 2003/06 in der Bundesrepublik gegeben und als Folge der in dieser Zeit herrschenden Kompetenzordnung in jenem recht weitgehenden Maße zwingend war. Von Reförderalisierung sprechen wir dabei, weil vor 1971 eine nicht minder komplexe Kompetenzordnung konkurrierender Gesetzgebung gegeben war, die gleichfalls kein Homogenitätsprinzip kannte, jedoch nicht zuletzt als Folge der föderalen Ordnung der Bundesrepublik gleichfalls nicht zu einem unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge im Bund und in den Ländern hatte führen dürfen. Das hier auszuführen, würde zu viel Platz in Anspruch nehmen, spielt hier auch nicht die eigentliche Rolle.

Auf dieser Basis - es gibt in der heutigen Kompetenzordnung kein besoldungsrechtliches Homogenitätsprinzip; eine unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge im Bund und in den Ländern ließe sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen  - stellt sich heute aus zweierlei Gründen die Frage, ob nicht im Zuge der streckenweise exorbitanten Anhebung von familienbezogenen Besoldungskomponenten heute bereits zwischen einzelnen Rechtskreisen eine zu unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge gegeben sein könnte (hierauf wird, wenn auch nur en passant, in einem umfangreicheren Beitrag im kommenden Januarheft der ZBR eingegangen). Hier ginge es als erstem Grund um das Besoldungsniveau, das also hinsichtlich der gleichen Ämter ggf. (im Einzelnen) nicht mehr hinreichend gleich zwischen allen Rechtskreisen ausgestaltet ist.

Als zweiter Grund kann man heute die Frage stellen, ob wir noch eine gleichheitsgerechte Ämterwertigkeit in allen 17 Rechtskreisen vorfinden. Dabei darf man, was die Besoldungsordnung A angeht, in ihren höchsten Besoldungsgruppen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen (nicht umsonst finden wir hier einheitlich die Besoldungsgruppe A 16 vor, die in den 17 Rechtskreisen recht einheitlich ausgeformt wird, sowohl hinsichtlich des Besoldungsniveaus als auch hinsichtlich der Anforderungen an das Amt, dem die entsprechende Besoldung gewährt wird), dass sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein dürften. Anders sieht das aber ggf. in den unteren Besoldungsgruppen und also den jeweiligen Ämtern aus, die in sie eingeordnet sind. Hier zeigt sich heute das folgende Bild hinsichtlich der untersten Besoldungsgruppe:

A 3 Bund (2.706,99), BY (2.438.86)
A 4 HH (2.516.92), MV (2.376.36), SL (2.433.57), ST (2.380.80)
A 5 BE (2.314.42), BB (2.746.48), HB (2.694.64), NI (2.445.50), NW (2.621.19), RP (2.610.18), SN (2.420.66)
A 6 HE (2.531.01), SH (2.588.71), TH (2.623.80)
A 7 BW (2.769,20)

Auch wenn es also in der Bundesrepublik aktuell kein besoldungsrechtliches Homogenitätsprinzip gibt, stellt sich doch die Frage, ob sich die Einstiegsgehälter und also damit verbunden die jeweilige Ämterwertigkeit - nicht zuletzt hinsichtlich des Qualifikationsniveaus, der Anforderungen an das Amt sowie die mit ihm einhergehende Verantwortung - noch sachlich vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden kann. Mich beschleicht hier ein gewisser Zweifel, dass dem so sei.

Und damit endet der Schlenker. Wie ich ja unter anderem wegen der gerade dargestellten Sachlage hier wiederholt hervorgehoben habe, sollte sich die Besoldungssystematik in der Bundesrepublik als Folge nicht zuletzt ihrer Veränderungen ab 2006, beschleunigt in den 2010er Jahren und noch einmal beschleunigt nach 2020, zumindest in einer beträchtlichen Schieflage befinden; ggf. ist sie bereits so deformiert, dass sie sich im Einzelnen nicht mehr sachlich vor der Verfassung rechtfertigen lässt. Entsprechend kommt nun die Radikalität:

Eine systematische Heilung, die spätestens dann notwendig wäre, wenn wir eine übergreifende Deformation feststellen müssten, die sich über einzelne Rechtskreise hinaus erstreckte, wäre einem einzelnen Besoldungsgesetzgeber ggf. gar nicht mehr möglich. Das dürfte dafür sprechen, dass die Kompetenzordnung ggf. erneut zu verändern sein könnte, nämlich wieder hin zu einer (eher) bundeseinheitlichen Regelung. Damit sollte dann - hier endet die Radikalität im abschließenden Resultat - ggf. ein neues Besoldungssystem entwickelt werden, das also die jeweiligen Besoldungsordnungen mitsamt einer Ämterneubewertung sowie einem dann stärker leistungsorientierten öffentlichen Dienst erstellte: Eine Besoldungsordnung A mit dem Ausgangspunkt A 3, A 4, A 5, A 6 oder A 7 mit also 14, 13, 12, 11 oder 10 Besoldungsgruppen würde es dann nicht mehr geben, sondern eine Besoldungsordnung X mit einer einheitlichen Ämterwertigkeit, die eine gewisse Anzahl an Besoldungsgruppen kennte und darüber hinaus nun durch die zwangsläufig vorzunehmende Ämterneubewertung auch eine nun leistungsorientiertere Gestaltung der Besoldung ermöglichte.

Die Attraktivität für die Dienstherrn - eine Neuregelung der Kompetenzordnung setzte eine Grundgesetzänderung voraus - läge nun darin, dass so nun wieder eine amtsangemessene Alimentation gewährleistet werden könnte, die zugleich sicherlich zwangsläufig zu höheren Personalkosten als vor 2020 und auch als heute führen müsste, aber nicht zu dem Ergebnis, das eine Rückkehr zu einer amtsangemessenen Alimentation in den einzelnen Rechtskreisen mit hoher Wahrscheinlichkeit recht zwangsläufig nach sich ziehen dürfte. Der damit stärker leistungsorientiert in die Zukunft gestellte öffentliche Dienst sollte so - wenn ich das richtig sehe - tatsächlich in die Zukunft, also in das 21. Jh. gestellt werden können.

In diesem Sinne wäre nun das zu lesen, was ich gestern und heute geschrieben habe. Die vorletzte Änderung der Kompetenzordnung in der Bundesrepublik hat von 1959/61 bis 1971/75 gedauert und hta als Ergebnis zu einer befriedenden Rechtslage geführt. Die letzte Kompetenzordnung ist ab 2003 bis 2006 weitgehend - so muss man das im Nachhinein formulieren - ohne Sinn und Verstand vollzogen worden und hat dann fast zwangsläufig zur genannten Denkfaulheit und Politiksimulation geführt, was allesamt vor 2006 von kompetenter Seite prognostiziert worden ist. So hat der damalige Herausgeber der ZBR, Rudolf Summer, direkt im Vorfeld der Grundgesetzänderung 2006 hervorgehoben: Es sei "bei der Rückverlagerung der Gesetzgebung auf den Gebieten des Besoldungsrechts und des Beamtenversorgungsrechts mit einer rasch abnehmenden Transparenz des Rechts und einem Fortschreiten des Qualitätsverfalls des Rechts zu rechnen. [...] Die Länder werden mit ihrer Personalausstattung in den Dienstrechtsministerien die Aufgabe aus der neuen Ländergesetzgebung wohl kaum sachgetrecht schultern können." (Summer, ZBR 2006, S. 120 <128 f.>; Hervorhebungen i.O.).

Und genau deswegen, weil sich die Rückkehr zum Recht und also die Gewährleistung des Alimentationsprinzips mit hoher Wahrscheinlichkeit nur in einem übergreifenden Rahmen bewerkstelligen lassen, werde ich hier den Teufel tun und ggf. hierfür sinnvolle Einzelmaßnahmen konkretisieren, die sich dann eventuell hübsch für die nächste Runde der verfassungswidrigen "Systemwechsel" nutzen ließen. Darüber hinaus darf man damit rechnen, dass eine Rückkehr zu einer wieder (eher) bundeseinheitlichen Besoldung, sofern sie sachlich präzise erfolgen sollte, gleichfalls eine Aufgabe sein dürfte, die kaum weniger als ein Jahrzehnt von ihrem Beginn bis zu ihrem Abschluss in Anspruch nehmen sollte; würde man sie entsprechend leistungsorientiert und also mit einem radikalen Systemwechsel verbinden wollen, sollte die Zeitspanne wohl eher mehr als ein Jahrzehnt dauern, vermute ich - und bis sich die Dienstherrn hierzu durchringen könnten, entsprechende Vorstellungen überhaupt erst einmal zu erwägen oder gar zu entwickeln, also wieder stärker hin zu einer (eher) bundeseinheitlichen Besoldung zu denken, dürfte es im Anbetracht der betonten Denkfaulheit sicherlich auch nicht gleich nur bis morgen dauern; denn die Erkenntnis wird nicht wie ein Erweckungserlebnis über sie kommen, vermute ich. Für die hier geschriebenen Gedanken ist die Zeit noch lange nicht reif, weil der Leidensdruck der Besoldungsgesetzgeber weiterhin noch viel zu gering ist, wie das die hervorgehobene Denkfaulheit belegt.

BWBoy

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #220 am: 23.10.2024 08:23 »
@Swen:
Die Möglichkeiten, die sich durch eine leistungsorientierte Besoldungskomponente ergeben könnten, finde ich interessant und deine beispielhaften Ideen dazu auch sehr sinnvoll.
Ich glaube aber, dass selbst wenn sich der Besoldungsgesetzgeber ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzt (und das ganze auch gut umgesetzt werden würde), die Einsparmöglichkeiten z.B. im Schulbereich eher gering sind.
Im Hochschulbereich war es so, dass die C-Ordnung (höheres Grundgehalt + Erfahrungsstufen) durch die W-Ordnung (geringeres Grundgehalt, keine Erfahrungsstufen, stärkeres Zulagenwesen) abgelöst worden ist.
Die „gesparten“ Summen durch die ausbleibenden Stufenaufstiege dienen der möglichen Vergabe von Leistungsbezügen.
Im Hochschulbereich ist es nun so, dass durch Leistungszuschläge das Grundgehalt extrem erhöht werden kann (bis auf ein B10 Niveau, oder sogar darüber hinaus…).
Im Schulbereich haben wir Ämter verschiedener Wertigkeit. Bei einem Systemwechsel müssten sich auf jeden Fall die Grundgehälter der neuen Besoldungen A12, A13, A14, A15 und A16 amtsangemessen unterscheiden, also einen gewissen Abstand zueinander haben.
Die gewährten Zulangen durch Leistung dürften aber doch jetzt nicht derart gestaltet sein, dass ein Oberstudienrat (A14) durch seine besonderen Leistungen die Besoldung des Studiendirektors (A15), der „nur“ seinen Dienst pflichtgemäß erfüllt übersteigt. Dementsprechend könnten die Leistungszulangen keine sehr großen Dimensionen erreichen, oder?
Ebenso wäre es doch erstmal so, dass bei diesem Systemwechsel der Bestandsbeamte die Wahlmöglichkeit hätte (so war es zumindest bei der Professorenbesoldung). So wären doch bei einem Lehrer in der letzten Erfahrungsstufe gar keine ersparten Erfahrungsstufen vorhanden, die man als Leistungszulagen gewähren könnte.
Und auch bei Ämterneubewertungen müsste es doch einen Bestandsschutz geben. Wenn ich es richtig sehe, schreibt das sogar das Bundesverfassungsgericht in dem von Dir zitierten Urteil
„…Eine veränderte Bewertung unter Abweichung von der bisherigen Relation der Ämter zueinander ist – bei entsprechender Besitzstandswahrung – selbst dann denkbar, wenn sich der Amtsinhalt beziehungsweise die Merkmale, nach denen die betreffenden Ämter zu beurteilen sind, nicht verändert haben (vgl. BVerfGE 26, 141 <158>; 56, 146 <163>; 64, 367 <379>)."

Also Ich denke, es wäre leichter zu akzeptieren, wenn jemand aufgrund seiner besonderen Leistungen und seines Engagements durch entsprechende Leistungszulagen die Besoldung von einem höherwertigen Dienstposten der nur mit Dienst nach Vorschrift ausgeführt wird übersteigt, sofern ganz transparent aufgezeigt ist warum und wofür diese Zulagen gewährt wurden und die entsprechenden Vorraussetzungen auch wirklich erbracht werden und nicht einfach so ins blaue mit beantragt werden, als es das bei den Teils überhöhten Familienzuschlägen (wie in NRW) auf Kosten des Grundgehalts der Fall ist.

Wenn zum Beispiel ein A8 nur aufgrund seiner drei Kinder mehr bekommt als der A11er, egal wie viel sich der A11er auf seinem DP reinhängt, hat das nichts mehr mit dem Amt und der Ausführung seines Dienstes zu tun.

Wenn aber er das durch seinen herausragenden Einsatz und einer dadurch gewährten Zulage erreicht, hätte es wohl etwas mit der Qualität seiner Arbeit und damit auch mit der Ausübung seines Amtes zu tun. Mir würden jedenfalls direkt Beispiele einfallen wo Leute in niedrigeren Ämtern deutlich mehr leisten als ihre höher besoldeten Kollegen.


Klar ist Natürlich auch, dass wir eben nicht direkt "für unseren Dienst bezahlt werden" , sondern eine "gewissenhafte Ausübung des Dienstes erwartet wird." Wobei es dann doch teilweise sehr subjektiv ist was die einzelnen Personen darunter verstehen.
Da das nunmal so ist, und auch das Beurteilungswesen den Namen nicht wert ist, da es mit der Realität der Leistung NULL zu tun hat, ist eine Einführung von Leistungskomponenten oder gar eine Nutzung der bereits bestehenden Mittel zur Leistungsförderung vermutlich sehr utopisch gedacht.

Ich meine wenn es nicht mal möglich ist, dem Highperformer die ihm zustehende Beurteilung zu geben, wenn sich seine Kette an Vorgesetzten auf dem Besoldungsbasar nicht durchgesetzt hat und dementsprechend keine Top-Beurteilungen verteilen kann, dann kann der Leistungsaspekt nur hinten runterfallen.


NelsonMuntz

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« Antwort #221 am: 23.10.2024 08:46 »
@Swen:

Ich fürchte, dass wir beide ein wenig aneinander vorbei debattieren - aber das ist auch gar nicht schlimm oder verkehrt, weil wir das Problem und die sich daraus ergebenden Lösungen schlicht aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Du beschränkst Dich auf den verfassungsrechtlichen Rahmen, die bestehenden und gerichtlich festgestellten Verletzungen desselben, und zeigst die verbliebenen Gestaltungsmöglichkeiten auf. Juristisch hochprofessionell belässt Du den Auftrag zur Lösung bei den Besoldungsgesetzgebern (also denen mit der Denkfaulheit ;) ), stellst keine eigenen Ideen oder Vorstellungen in den Raum, und nimmst zu den Vorschlägen der Diskussionsteilnehmer (wie mir) ausschließlich eine rechtliche Stellung.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich das wirklich bewundere und aus Deinen Beiträgen viel mitnehmen konnte. :)

Meine Sorgen bezüglich der kommenden Entwicklung konntest Du dabei jedoch nur bedingt zerstreuen. Final bewerten wird eine Lösung der Souverän. Letzterer ist (und das gilt für viele westliche Demokratien) in den letzten Jahren nicht unbedingt zufriedener geworden. Sollte er zu der Erkenntnis kommen, dass eine final verfassungsrechtlich konforme Besoldung "Maß und Mitte" verlässt, wäre das sicher nicht besonders förderlich für das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen und Behörden. Dass es "Angriffe" auf Besoldungserhöhungen geben wird, ist sicher unbestritten. Der Verweis auf die Verfassung verliert als Argument zumindest in der Wahrnehmung vieler Menschen auch immer mehr an Gewicht - wie man sehr schön beim Thema Asyl beobachten kann. Ob die Politik im Rahmen einer repräsentativen, parlamentarischen Demokratie ihre Denkfaulheit überwindet, oder ob sie in dieser Form den Problemen des 21. Jahrhunderts überhaupt noch gewachsen ist, wird die Zeit zeigen. Die Besoldung der Beamten ist in diesem Zusammenhang aber auch nur ein ganz kleiner Baustein.

Die Dinge werden ihren Weg gehen.

bebolus

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« Antwort #222 am: 23.10.2024 09:19 »
Verstehe ich das richtig: 15% über Bürgergeld bedeutet in Deiner Welt "Maß und Mitte" zu verlassen?

NelsonMuntz

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #223 am: 23.10.2024 09:28 »
Verstehe ich das richtig: 15% über Bürgergeld bedeutet in Deiner Welt "Maß und Mitte" zu verlassen?

Nein, aber wenn es in der Besoldungsstruktur dazu führt, dass man in der A9 als Single ohne Kinder eine Nettoalimentation von deutlich über 4000€ erhält, dann werden "Maß und Mitte" verletzt.


bebolus

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Antw:Tarifrunde 2025
« Antwort #224 am: 23.10.2024 09:37 »
Verstehe ich das richtig: 15% über Bürgergeld bedeutet in Deiner Welt "Maß und Mitte" zu verlassen?

Nein, aber wenn es in der Besoldungsstruktur dazu führt, dass man in der A9 als Single ohne Kinder eine Nettoalimentation von deutlich über 4000€ erhält, dann werden "Maß und Mitte" verletzt.

Ich finde es gerade nicht.. Wo wurde das hier so behauptet?