Das, was Du schreibst, ist in jedem Punkt für sich richtig, BlauesBlau, und bringt zentrale Problematiken, wie ich finde, klug auf den Punkt - es ist aber ggf. nicht radikal genug (radikal im Sinne der radix). Denn zunächst einmal könnte ja die Betrachtung des höheren Diensts nicht bei den Lehrern stoppen oder anfangen, sondern müsste - genauo für den gehobenen Dienst bis A 12 - alle nach A 13 bis A 16 eingruppierten Beamten betrachten, nicht nur die Lehrer, was für sich betrachtet, nicht zuletzt unter der Prämisse, sachgerecht Personalkosten einzusparen, innerhalb der heutigen Besoldungssystematik aus Sicht der Dienstherrn kaum weiterführen könnte.
Und damit wären wir bei der Radikalität - ein entsprechender Systemwechsel könnte kaum im Rahmen der heutigen Besoldungsordnung A geschehen und sich also darüber hinaus wie zugleich sich nicht auf sie allein beschränken, und zwar allein schon deshalb, weil die einzelnen Besoldungsordnungen als Folge des Abstandsgebots zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen wie kommunizierende Röhren miteinander verbunden sind, womit wir nun beim Thema wären, nämlich dem Systemwechsel - wobei ich dafür zuvor noch einen Schlenker machen muss, der wie folgt aussieht.
Der Senat führt in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung aus:
"Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) hat der Gesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz für die Besoldung und Versorgung der Beamten und Richter auf die Länder (zurück-)übertragen. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) hindert den Besoldungsgesetzgeber zwar grundsätzlich nicht, eigenständige Regelungen zu treffen und dabei den unterschiedlichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 30, 90 <103>; 93, 319 <348 f.>). Gleichwohl ist eine unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge im Bund und in den Ländern durch die infolge der Neuordnung der Kompetenzverteilung im Grundgesetz eröffnete Befugnis zum Erlass jeweils eigener Besoldungsregelungen nicht gedeckt. Art. 33 Abs. 5 GG setzt der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers insoweit Grenzen, ohne ein besoldungsrechtliches Homogenitätsgebot zu postulieren (vgl. BVerfGE 139, 64 <119 Rn. 113>; 140, 240 <288 Rn. 96>)." (BVerfGE 155, 1 <38 Rn. 80>;
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html)
Der Senat führt hier also aus, dass es als Folge der 2006 vollzogenen Reföderalisierung des Besoldungsrechts im Zuge der Ermächtigung der Landesbesoldungsgesetzgeber, die Besoldung der Beamten ihres Rechtskreises eigenständig zu regeln, kein besoldungsrechtliches Homogenitätsprinzip geben kann, das in einem recht weitgehenden Maße zwischen 1971/75 und 2003/06 in der Bundesrepublik gegeben und als Folge der in dieser Zeit herrschenden Kompetenzordnung in jenem recht weitgehenden Maße zwingend war. Von Reförderalisierung sprechen wir dabei, weil vor 1971 eine nicht minder komplexe Kompetenzordnung konkurrierender Gesetzgebung gegeben war, die gleichfalls kein Homogenitätsprinzip kannte, jedoch nicht zuletzt als Folge der föderalen Ordnung der
Bundesrepublik gleichfalls nicht zu einem unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge im Bund und in den Ländern hatte führen dürfen. Das hier auszuführen, würde zu viel Platz in Anspruch nehmen, spielt hier auch nicht die eigentliche Rolle.
Auf dieser Basis - es gibt in der heutigen Kompetenzordnung kein besoldungsrechtliches Homogenitätsprinzip; eine unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge im Bund und in den Ländern ließe sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen - stellt sich heute aus zweierlei Gründen die Frage, ob nicht im Zuge der streckenweise exorbitanten Anhebung von familienbezogenen Besoldungskomponenten heute bereits zwischen einzelnen Rechtskreisen eine
zu unbegrenzte Auseinanderentwicklung der Bezüge gegeben sein könnte (hierauf wird, wenn auch nur en passant, in einem umfangreicheren Beitrag im kommenden Januarheft der ZBR eingegangen). Hier ginge es als erstem Grund um das Besoldungsniveau, das also hinsichtlich der gleichen Ämter ggf. (im Einzelnen) nicht mehr hinreichend gleich zwischen allen Rechtskreisen ausgestaltet ist.
Als zweiter Grund kann man heute die Frage stellen, ob wir noch eine gleichheitsgerechte Ämterwertigkeit in allen 17 Rechtskreisen vorfinden. Dabei darf man, was die Besoldungsordnung A angeht, in ihren höchsten Besoldungsgruppen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen (nicht umsonst finden wir hier einheitlich die Besoldungsgruppe A 16 vor, die in den 17 Rechtskreisen recht einheitlich ausgeformt wird, sowohl hinsichtlich des Besoldungsniveaus als auch hinsichtlich der Anforderungen an das Amt, dem die entsprechende Besoldung gewährt wird), dass sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein dürften. Anders sieht das aber ggf. in den unteren Besoldungsgruppen und also den jeweiligen Ämtern aus, die in sie eingeordnet sind. Hier zeigt sich heute das folgende Bild hinsichtlich der untersten Besoldungsgruppe:
A 3 Bund (2.706,99), BY (2.438.86)
A 4 HH (2.516.92), MV (2.376.36), SL (2.433.57), ST (2.380.80)
A 5 BE (2.314.42), BB (2.746.48), HB (2.694.64), NI (2.445.50), NW (2.621.19), RP (2.610.18), SN (2.420.66)
A 6 HE (2.531.01), SH (2.588.71), TH (2.623.80)
A 7 BW (2.769,20)
Auch wenn es also in der Bundesrepublik aktuell kein besoldungsrechtliches Homogenitätsprinzip gibt, stellt sich doch die Frage, ob sich die Einstiegsgehälter und also damit verbunden die jeweilige Ämterwertigkeit - nicht zuletzt hinsichtlich des Qualifikationsniveaus, der Anforderungen an das Amt sowie die mit ihm einhergehende Verantwortung - noch sachlich vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden kann. Mich beschleicht hier ein gewisser Zweifel, dass dem so sei.
Und damit endet der Schlenker. Wie ich ja unter anderem wegen der gerade dargestellten Sachlage hier wiederholt hervorgehoben habe, sollte sich die Besoldungssystematik in der
Bundesrepublik als Folge nicht zuletzt ihrer Veränderungen ab 2006, beschleunigt in den 2010er Jahren und noch einmal beschleunigt nach 2020, zumindest in einer beträchtlichen Schieflage befinden; ggf. ist sie bereits so deformiert, dass sie sich im Einzelnen nicht mehr sachlich vor der Verfassung rechtfertigen lässt. Entsprechend kommt nun die Radikalität:
Eine systematische Heilung, die spätestens dann notwendig wäre, wenn wir eine übergreifende Deformation feststellen müssten, die sich über einzelne Rechtskreise hinaus erstreckte, wäre einem einzelnen Besoldungsgesetzgeber ggf. gar nicht mehr möglich. Das dürfte dafür sprechen, dass die Kompetenzordnung ggf. erneut zu verändern sein könnte, nämlich wieder hin zu einer (eher) bundeseinheitlichen Regelung. Damit sollte dann - hier endet die Radikalität im abschließenden Resultat - ggf. ein neues Besoldungssystem entwickelt werden, das also die jeweiligen Besoldungsordnungen mitsamt einer Ämterneubewertung sowie einem dann stärker leistungsorientierten öffentlichen Dienst erstellte: Eine Besoldungsordnung A mit dem Ausgangspunkt A 3, A 4, A 5, A 6 oder A 7 mit also 14, 13, 12, 11 oder 10 Besoldungsgruppen würde es dann nicht mehr geben, sondern eine Besoldungsordnung X mit einer einheitlichen Ämterwertigkeit, die eine gewisse Anzahl an Besoldungsgruppen kennte und darüber hinaus nun durch die zwangsläufig vorzunehmende Ämterneubewertung auch eine nun leistungsorientiertere Gestaltung der Besoldung ermöglichte.
Die Attraktivität für die Dienstherrn - eine Neuregelung der Kompetenzordnung setzte eine Grundgesetzänderung voraus - läge nun darin, dass so nun wieder eine amtsangemessene Alimentation gewährleistet werden könnte, die zugleich sicherlich zwangsläufig zu höheren Personalkosten als vor 2020 und auch als heute führen müsste, aber nicht zu dem Ergebnis, das eine Rückkehr zu einer amtsangemessenen Alimentation in den einzelnen Rechtskreisen mit hoher Wahrscheinlichkeit recht zwangsläufig nach sich ziehen dürfte. Der damit stärker leistungsorientiert in die Zukunft gestellte öffentliche Dienst sollte so - wenn ich das richtig sehe - tatsächlich in die Zukunft, also in das 21. Jh. gestellt werden können.
In diesem Sinne wäre nun das zu lesen, was ich gestern und heute geschrieben habe. Die vorletzte Änderung der Kompetenzordnung in der Bundesrepublik hat von 1959/61 bis 1971/75 gedauert und hta als Ergebnis zu einer befriedenden Rechtslage geführt. Die letzte Kompetenzordnung ist ab 2003 bis 2006 weitgehend - so muss man das im Nachhinein formulieren - ohne Sinn und Verstand vollzogen worden und hat dann fast zwangsläufig zur genannten Denkfaulheit und Politiksimulation geführt, was allesamt vor 2006 von kompetenter Seite prognostiziert worden ist. So hat der damalige Herausgeber der ZBR, Rudolf Summer, direkt im Vorfeld der Grundgesetzänderung 2006 hervorgehoben: Es sei "bei der Rückverlagerung der Gesetzgebung auf den Gebieten des Besoldungsrechts und des Beamtenversorgungsrechts mit einer
rasch abnehmenden Transparenz des Rechts und einem
Fortschreiten des Qualitätsverfalls des Rechts zu rechnen. [...] Die Länder werden mit ihrer Personalausstattung in den Dienstrechtsministerien die Aufgabe aus der neuen Ländergesetzgebung wohl kaum sachgetrecht schultern können." (Summer, ZBR 2006, S. 120 <128 f.>; Hervorhebungen i.O.).
Und genau deswegen, weil sich die Rückkehr zum Recht und also die Gewährleistung des Alimentationsprinzips mit hoher Wahrscheinlichkeit nur in einem übergreifenden Rahmen bewerkstelligen lassen, werde ich hier den Teufel tun und ggf. hierfür sinnvolle Einzelmaßnahmen konkretisieren, die sich dann eventuell hübsch für die nächste Runde der verfassungswidrigen "Systemwechsel" nutzen ließen. Darüber hinaus darf man damit rechnen, dass eine Rückkehr zu einer wieder (eher) bundeseinheitlichen Besoldung, sofern sie sachlich präzise erfolgen sollte, gleichfalls eine Aufgabe sein dürfte, die kaum weniger als ein Jahrzehnt von ihrem Beginn bis zu ihrem Abschluss in Anspruch nehmen sollte; würde man sie entsprechend leistungsorientiert und also mit einem radikalen Systemwechsel verbinden wollen, sollte die Zeitspanne wohl eher mehr als ein Jahrzehnt dauern, vermute ich - und bis sich die Dienstherrn hierzu durchringen könnten, entsprechende Vorstellungen überhaupt erst einmal zu erwägen oder gar zu entwickeln, also wieder stärker hin zu einer (eher) bundeseinheitlichen Besoldung zu denken, dürfte es im Anbetracht der betonten Denkfaulheit sicherlich auch nicht gleich nur bis morgen dauern; denn die Erkenntnis wird nicht wie ein Erweckungserlebnis über sie kommen, vermute ich. Für die hier geschriebenen Gedanken ist die Zeit noch lange nicht reif, weil der Leidensdruck der Besoldungsgesetzgeber weiterhin noch viel zu gering ist, wie das die hervorgehobene Denkfaulheit belegt.